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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2024, RV/4100474/2022

Ausgleichsanspruch - keine Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz

Beachte

Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0024. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KRW Kärnten Steuerberatungsgesellschaft mbH, Hausergasse 31, 9500 Villach, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Streit zwischen den Verfahrensparteien besteht darüber, ob Zahlungen, die der Beschwerde-führer im Zuge der Beendigung seiner Handelsvertretertätigkeit erhalten hat, dem laufenden Gewinn (Versteuerung zum Tarif) oder dem Veräußerungs-bzw. Aufgabegewinn (Versteuerung mit dem Hälftesteuersatz) zuzurechnen sind.

Der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) reichte die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 am elektronisch ein. Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid 2020 am . Die Einkommensteuer wurde mit einer Nachforderung in Höhe von 56.359 Euro festgesetzt. Die vom Bf. beantragte Einbeziehung der von der ***1*** erhaltenen Ausgleichssumme in den durch die Betriebsaufgabe bedingten Übergangsgewinn wurde von der belangten Behörde abgewiesen. Die Entschädigungszahlung wurde der laufenden Tätigkeit zugerechnet und zum Tarif versteuert.

Nach Gewährung einer Fristverlängerung hat der Bf. am eine Beschwerde eingebracht und die Veranlagung im Sinne der eingereichten Einkommensteuererklärung beantragt. Begründend angeführt wurde, der Hälftesteuersatz stehe ihm zu, da er bis zur endgültigen Aufgabe der betrieblichen Tätigkeit noch mit der Firma ***1*** Geschäfte abschließen musste. Er habe erst eine Vertretung suchen müssen, daher handle es sich um eine Forderung, die im Laufe der Geschäftstätigkeit entstanden und daher in den Übergangsgewinn zu erfassen sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die einem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses gemäß § 24 HVertrG 1993 gebührenden Entschädigungen der laufenden Tätigkeit zuzurechnen seien, ab. Diese Entschädigungen würden auch dann nicht zum begünstigten Aufgabegewinn zählen, wenn sie mit der gleichzeitigen gänzlichen Einstellung der Tätigkeit zusammenfallen. Die Betriebsaufgabe sei mit bekannt gegeben worden, sodass dieses Datum das Ende des Vertragsverhältnisses darstelle. Das Entstehen des Ausgleichsanspruches sei jedenfalls erst die Folge der Beendigung dieses Vertragsverhältnisses.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde inhaltlich auf das Beschwerdevorbringen verwiesen und kein ergänzendes Vorbringen erstattet.

Mit Bericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanz-gericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung unter Verweis auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war als selbstständiger Handelsvertreter für die Firma ***1*** mit Sitz in ***2*** tätig und hat aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Der Betrieb wurde im Beschwerdejahr aufgegeben.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 gab der Bf. Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 127.507,71 Euro bekannt und beantragte die Besteuerung mit dem Hälftesteuersatz. Diesem Antrag wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht gefolgt. Abzüglich des Freibetrages für Veräußerungsgewinne in Höhe von 7.300 Euro und des Gewinnfreibetrages in Höhe von 3.900 Euro ergaben sich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 116.307,71 Euro, die von der belangten Behörde zum Tarif versteuert wurden.

In den Einkünften aus Gewerbebetrieb ist ein Erlös in Höhe von 134.700 Euro enthalten. Dabei handelt es sich um einen Ausgleichsanspruch gemäß 24 Abs. 1 Handelsvertretergesetz, den der der Bf. gegenüber der ***1*** geltend gemacht. Der Zufluss erfolgte im Beschwerdejahr.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich auf Basis des oben geschilderten Verwaltungs-geschehens, der vorgelegten Aktenteile und der Einsichtnahme in den elektronischen Veranlagungsakt des Bf. durch die erkennende Richterin.

Die Beendigung der Tätigkeit als Handelsvertreter für die ***1*** im Beschwerdejahr ist unstrittig.

Die Feststellung zur Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb folgt aus der eingereichten Einkommensteuererklärung und dem angefochtenen Bescheid.

Dass der Bf. einen Ausgleichsanspruch iSd § 24 HVertrG geltend gemacht hat, geht aus der Rechnung Nr. 20200501 vom hervor. Die Höhe von 134.700 Euro ergibt sich aus dem Durchschnitt der jährlichen Provisionen der Jahre 2015 bis 2019. Der Zufluss im Beschwerdejahr ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Rechtsgrundlagen
Gemäß § 24 Abs. 1 EStG 1988 sind Veräußerungsgewinne Gewinne, die erzielt werden
1. bei der Veräußerung
- des ganzen Betriebes
- eines Teilbetriebes
- eines Anteiles eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist.
2. der Aufgabe des Betriebes (Teilbetriebes).

Gemäß § 37 Abs. 1 EStG 1988 ermäßigt sich der Steuersatz für außerordentliche Einkünfte (Abs. 5) auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes.
Außerordentliche Einkünfte iSd Abs. 5 leg.cit. sind Veräußerungs- und Übergangsgewinne, wenn die Betriebsveräußerung oder -aufgabe aus folgenden Gründen erfolgt:

(…)
3.Der Steuerpflichtige hat das 60. Lebensjahr vollendet und stellt seine Erwerbstätigkeit ein. Eine Erwerbstätigkeit liegt nicht vor, wenn der Gesamtumsatz aus den ausgeübten Tätigkeiten 22.000 Euro und die gesamten Einkünfte aus den ausgeübten Tätigkeiten 730 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.

Für Veräußerungs- und Übergangsgewinne steht der ermäßigte Steuersatz nur über Antrag und nur dann zu, wenn seit der Eröffnung oder dem letzten entgeltlichen Erwerbsvorgang sieben Jahre verstrichen sind.

Gemäß § 24 Abs. 1 Handelsvertretergesetz 1993 gebührt dem Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn und soweit
1. er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat,
2. zu erwarten ist, dass der Unternehmer oder dessen Rechtsnachfolger aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann, und
3. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit den betreffenden Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht.

Der Ausgleichsanspruch beträgt gem. Abs. 4 leg. cit. mangels einer für den Handelsvertreter günstigeren Vereinbarung höchstens eine Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Hat das Vertragsverhältnis weniger als fünf Jahre gedauert, so ist der Durchschnitt der gesamten Vertragsdauer maßgeblich.

Rechtliche Erwägungen
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass der Erlös aus dem Ausgleichsanspruch im Sinne des § 24 HVertrG 1993 nicht dem Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn des Handelsvertreters zuzurechnen ist, weil er nicht für die Übertragung eines Wirtschaftsgutes (Kundenstock) geleistet wird und daher kein Entgelt für die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe darstellt (; , 2010/15/0207 mwN.). Das Entstehen des Ausgleichsanspruches iSd § 24 HVertrG 1993 ist erst die Folge der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Zahlungen, die im Aufgabezeitpunkt noch nicht als Forderungen bestehen, zählen nicht zum Übergangsgewinn. Ist der Tatbestand, der das Entstehen einer Forderung auslöst, erst dann verwirklicht, wenn der Betrieb veräußert bzw. aufgegeben ist, hat die Forderung zum Stichtag der Übergangsgewinnermittlung noch nicht bestanden ().

Unter Bedachtnahme auf die dargestellte Rechtslage und Rechtsprechung konnte der Beschwerde kein Erfolg beschieden sein.

Der Bf. war als Handelsvertreter für die ***1*** tätig und hat diese Tätigkeit im Beschwerdejahr eingestellt. Wie in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, handelt es sich bei der von der ***1*** an den Bf. geleisteten Zahlung in Höhe 134.700 Euro um die Abgeltung eines Anspruches im Sinne des § 24 Abs. 1 HVertrG 1993 infolge Beendigung des Vertragsverhältnisses. Die Vergütung erfolgte laut aktenkundiger Rechnung vom als Durchschnitt der Provisionen der letzten fünf Jahre und wurde somit der Höhe nach gemäß § 24 Abs. 4 HVertrG 1993 berechnet. Dass der Zufluss im Beschwerdejahr erfolgte, wurde vom Bf. nicht bestritten.

Da ein Ausgleichsanspruch im Sinne des § 24 HVertrG 1993 nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Entgelt für die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes anlässlich einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe darstellt, ist die streitgegenständliche Zahlung dem laufenden Gewinn zuzurechnen und nicht mit dem begünstigten Steuersatz nach § 37 EStG 1988 zu besteuern.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich an der höchstgerichtlichen Judikatur, wobei entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100474.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at