Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2024, RV/4100302/2023

Abweisung eines Antrages auf erhöhte Familienbeihilfe wegen einer Unterhaltsleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch VertretungsNetz - Erwachsenenvertretung, Hermann-Fischer-Straße 2, 9400 Wolfsberg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff ***1***, betreffend die Abweisung des Antrages auf (erhöhte) Familienbeihilfe zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf), geb. am ***2*** 1974, beantragte durch ihren Erwachsenenvertreter, den Verein VertretungsNetz Erwachsenenvertretung Wolfsberg, 9400 Wolfsberg, Hermann-Fischer-Straße 2, dieser vertreten durch die Erwachsenenvertreterin ***3***, am mittels den Formularen Beih 100-PDF und Beih 3-PDF die (erhöhte) Familienbeihilfe.

Mit Bescheiden des Finanzamtes Österreich vom wurde der Antrag auf Zuerkennung der Familienbeihilfe und der erhöhten Familienbeihilfe abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für verheiratete oder geschiedene Kinder kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn der (frühere) Ehepartner Unterhalt zu leisten hat.

Gegen diesen Bescheid hat die Erwachsenenvertreterin der Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Bf einen Grad an Behinderung von 60 % aufweise und somit die Voraussetzungen für den Bezug er erhöhten Familienbeihilfe erfülle. Wenn der Unterhalt, den der Ehegatte der Bf zu leisten vermag, nicht zur Deckung der bescheidenen Unterhaltsbedürfnisse der Bf ausreiche, sei der Bf die Familienbeihilfe samt Erhöhungsbetrag zuzusprechen.

Mit Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass jeder Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten die Gewährung der Familienbeihilfe ausschließe. Es sei lediglich zu prüfen, ob der Unterhaltsverpflichtete seine eigenen Unterhaltsbedürfnisse noch decken könne.

Mit Eingabe vom beantragte die Erwachsenenvertreterin der Bf die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Unterhaltsverpflichtete bedürfe eines außergewöhnlichen Pflegeaufwandes in einem Pflegeheim. Dieser Umstand sei bislang nicht berücksichtigt worden, weshalb der Bf die erhöhte Familienbeihilfe zugesprochen werden müsse.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf, geb am ***2*** 1974, ist dauernd erwerbsunfähig und zu mehr als 60 % behindert. Der Ehegatte der Bf, ***4***, befindet sich seit in einem Pflegeheim.

Am wurde zwischen der Bf und ihrem Ehegatten eine Unterhaltsvereinbarung geschlossen. Demnach schuldet ***4*** seiner Ehegattin € 466,70 an monatlichem Unterhalt und seiner Tochter € 334,84 an monatlichem Unterhalt.

Der Ehegatte der Bf verfügte im März 2023 nach Abzug des Verpflegungskostenanteils aber vor Unterhaltsleistung über einen Betrag von € 1.458,80 monatlich.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt des vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsaktes. Der Sachverhalt ist unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 6 Abs.1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben minderjährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Gemäß § 6 Abs.2 lit.d FLAG haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs.1 lit.a bis c zutreffen und wenn sie wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst Unterhalt zu verschaffen und sich in keiner Anstaltspflege befinden.

Gemäß § 6 Abs.5 FLAG haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und die sich nicht auf Kosten der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe in Heimerziehung befinden, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen ein Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat.

Ist einem verheirateten Kind Unterhalt von seinem Ehegatten zu leisten, haben weder die Eltern Anspruch auf Familienbeihilfe noch besteht ein Eigenanspruch des Kindes. Der Wortlaut des § 6 Abs.1 lit.b FLAG spricht eindeutig dafür, dass jeder Unterhaltsanspruch gegenüber dem Ehegatten die Gewährung von Familienbeihilfe ausschließt. Dass die Unterhaltspflicht des Ehegatten einen Umfang erreichen müsse, dass damit der überwiegende Unterhalt des Unterhaltsberechtigten abgedeckt würde, wird vom Wortlaut der Bestimmung nicht gefordert (, Lenneis/Wanke FLAG § 6 Rz.9).

Art und Umfang des Unterhaltsanspruches eines Ehegatten gegenüber dem anderen Ehegatten ergeben sich aus dem Zivilrecht. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Ehegatte den mit der Bf vereinbarten Unterhalt leistet. Zudem ist die Invaliditätspension des Ehegatten über dem Existenzminimum (Richtsätze gemäß § 293 ASVG), weshalb ein Anspruch auf Unterhaltsleistung besteht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor. Die zu lösende Rechtsfrage wurde bereits vom Verwaltungsgerichtshof entschieden.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100302.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at