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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.01.2024, RV/4100153/2023

Wunschstudium - "schädlicher Studienwechsel"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG, Bahnhofstraße 51 Tür DG, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum September 2022 - März 2023 für ***1*** und zu Unrecht bezogener "Geschwisterstaffel" für ***2*** für den Zeitraum September 2022, Ordnungsbegriff ***3***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Rahmen der Überprüfung des Familienbeihilfeanspruches der Beschwerdeführerin (Bf.) im Februar 2022 für Sohn ***1***, geb. ***4***, wurde das Studienblatt der Universität ***7*** vorgelegt, wonach ***1*** im WS 2020/21 mit dem Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften (UB 033 305) zur Fortsetzung gemeldet war.

Mit via FinanzOnline eingebrachten Anbringen vom gab die Bf. bekannt, dass Sohn ***1*** ab an die ***5*** Medizinuniversität nach ***6*** wechseln werde.

Das Finanzamt (FA) teilte der Bf. mit, dass ein Studienwechsel vorliege und ersuchte sie im Vorhalt vom um Vorlage eines allfälligen Anrechnungsbescheides, widrigenfalls liege eine Stehzeit von 4 Semester (das seien die bereits absolvierten Semester) vor.

In Beantwortung des Vorhaltes teilte die Bf. am mit, dass ***1*** Wunschstudium immer schon Humanmedizin gewesen sei. ***1*** habe sich nach Absolvierung des Zivildienstes beim Roten Kreuz an der MedUni ***7*** zum Aufnahmeverfahren für Humanmedizin angemeldet. Er habe jedes Jahr Vorbereitungskurse der FH Kärnten und anschließend die Aufnahmeverfahren absolviert. Eine positive Zusage an der MedUni ***7*** habe er leider nicht erhalten. Vorübergehend habe er 2020 das Studienfach Pharmazie inskribiert und dieses zwei Jahre lang betrieben. Damit er sein Wunschstudium aber dennoch beginnen habe können, habe er sich 2022 neben der MedUni ***7*** zusätzlich an der ***5*** Universität für Gesundheitswesen in ***6*** angemeldet. Die Beilagen belegten, dass ***1*** alles unternahm, um ehestmöglich das Medizinstudium beginnen zu können.
Beilagen:
- E-Mails der Medservicestelle Klagenfurt vom , , und über die Anmeldungen bzw. Registrierung zu den Vorbereitungskursen Medizin für 2019, 2020, 2021 und 2022
- Teilnahmebestätigung der MedUni ***7*** hinsichtlich der von Sohn ***1*** absolvierten Aufnahmeverfahren für Humanmedizin in ***7*** vom , und
- Einzelergebnisreporte der Medizinaufnahmetests
- E-Mail der ***5*** Privatuniversität ***6*** vom betreffend Erhalt eines Studienplatzes für den Bachelorstudiengang Medical Science

Mit Bescheid vom forderte das FA die Familienbeihilfe sowie die Kinderabsetzbeträge für ***1*** für den Zeitraum 09/2022 - 03/2023 sowie die "Geschwisterstaffel" für ***2*** für den Zeitraum 09/2022 zurück. Begründend wurde auf die §§ 26, 2 Abs. 1 lit. b, 8 Abs. 3 FLAG 1967 und 17 StudFG verwiesen. Ein Wunschstudium werde nicht anerkannt, weil das Aufnahmeverfahren mehrmals ohne Erfolg durchlaufen worden sei und der tatsächliche Wechsel aber auf die ***5*** Universität in ***6*** erfolgt sei. Für diese Universität sei die Aufnahme zu einem früheren Zeitpunkt nicht angestrebt worden. Da auch für ***2*** Familienbeihilfe bezogen worden sei, sei auch die anteilige Geschwisterstaffel zurückzufordern gewesen.

Gegen den Rückforderungsbescheid erhob die Bf. am Beschwerde.
Nach Darlegung des Inhaltes des Bescheides brachte die Bf. im Einzelnen vor:

"Die gewünschte Ausbildung meines Sohnes, ***1***, war seit jeher das Studium der Humanmedizin an der MedUni in ***7***.
Nach Ende des Zivildienstes beim Roten Kreuz Kärnten in
***8*** hat sich mein Sohn umgehend an der MedUni ***7*** zum Aufnahmeverfahren (MedAT) für Humanmedizin in ***7*** angemeldet.
Am 22. und sowie am 21. und nahm mein Sohn an den Vorbereitungskursen für das Medizinstudium teil.
Das Aufnahmeverfahren (MedAT) fand sodann am statt.
Beweis: Anmeldebestätigung vom und vom 3. Feber 2020, Bestätigung über das Aufnahmeverfahren 2020, Teilnahmebestätigung vom 14. Feber 2023
Nachdem mein Sohn das Aufnahmeverfahren im Jahr 2020 nicht bestanden hat, nahm er am und in weiterer Folge am an den weiteren, einmal jährlich stattfindenden Aufnahmeverfahren für Humanmedizin in
***7*** teil.
Beweis: Bestätigungen über das Aufnahmeverfahren 2021 und 2022 samt Einzelergebnisreport
Obwohl sich die Ergebnisse meines Sohnes ständig verbesserten, konnte er aufgrund der erzielten Ergebnisse und der begrenzten Teilnahmeplätze keinen Studienplatz an der MedUni
***7*** erlangen.
Aus diesem Grund hat er ab WS 2020 das Studium Pharmazie begonnen, welches er zielstrebig betrieben hat.
Um sein absolutes Wunschstudium dennoch beginnen zu können, meldete sich mein Sohn im Jahr 2022 neben der MedUni in
***7*** zusätzlich noch an einer Privatuniversität - der ***5*** Universität für Gesundheitswissenschaften in ***6*** - für das Aufnahmeverfahren an und erhielt am auch eine Studienplatzzusage.
Beweis: Studienplatzzusage der
***5*** Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften vom

Mein Sohn hat die von ihm ins Auge gefasste Ausbildung bzw. sein Wunschstudium der Humanmedizin stets zielstrebig verfolgt und seinen Studienplatz schließlich erlangt.
Bei einer entsprechenden rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ist daher davon auszugehen, dass im vorliegenden Fall kein schädlicher Studienwechsel im Sinnes des
§ 17 StudFG, sondern ein Wechsel zum Wunschstudium vorliegt, dessen Möglichkeit zur Aufnahme mein Sohn jährlich konsequent wahrgenommen hat (vlg. ).
Es ist nochmals festzuhalten, dass das Medizinstudium von vornherein das Wunschstudium meines Sohnes war. Dieser Umstand wird auch durch die regelmäßige Teilnahme an den diesbezüglich erforderlichen Aufnahmetests zwecks Zulassung zu einem der begrenzt vorhandenen Studienplätzen untermauert.

Um die Wartezeit zwischen den Abschluss der Schulausbildung bzw. des Zivildienstes und der weiteren Berufsausbildung zu überbrücken, hat mein Sohn ein der Humanmedizin verwandtes Studienfach - und zwar jenes der Pharmazie - gewählt.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.

Nicht nachvollziehbar und vollkommen unbegründet sind die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, wonach ein Wunschstudium nur deshalb nicht anerkannt werde, weil der Wechsel von der Uni ***7*** auf die ***5*** Universität in ***6*** erfolgt ist.

Mein Sohn hat immer schon den Wunsch gehabt, Medizin zu studieren. Nachdem er im Jahr 2020 erstmals zur Aufnahmeprüfung angetreten und letztendlich dreimal gescheitert ist, hat er sich parallel an der ***5*** Universität zum Aufnahmeverfahren angemeldet.

Es ist nicht nachvollziehbar und vollkommen lebensfremd, weshalb mein Sohn zu einem früheren Zeitpunkt die Aufnahme an der ***5*** Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) am Campus ***6*** anstreben hätte sollen.

Fakt ist, dass mein Sohn nach den gescheiterten Aufnahmeverfahren in ***7*** letztendlich nicht weitere Zeit verstreichen lassen wollte und sich parallel an der ***5*** Privatuniversität für das Aufnahmeverfahren angemeldet hat.

Es handelt sich daher nicht um einen schädlichen Studienwechsel im Sinne des § 17 StudFG, sondern vielmehr um einen Wechsel zum Wunschstudium, dessen Möglichkeit zur Aufnahme mein Sohn immer jährlich wahrgenommen und welches er schließlich an der ***5*** Privatuniversität begonnen hat.

Die dargelegte Rechtsansicht des Finanzamtes hätte jedenfalls die Konsequenz, dass Studenten aufgrund des strengen und oft langen Auswahlverfahrens auf den öffentlichen Universitäten gezwungen wären, einen Studienplatz auf einer Privatuniversität zu erlangen.

Aufgrund der Tatsache, dass gerade im medizinischen Bereich die Studiengebühren auf den Privatuniversitäten deutlich höher sind, können sich viele Familien eine Privatuniversität nicht oder nur schwer leisten.

Es sollte doch jeder Studentin und jedem Studenten freistehen, ihr bzw. sein Wunschstudium zunächst an einer staatlichen Universität anzutreten bzw. das Auswahlverfahren an einer öffentlichen Universität zu absolvieren.

Aus den dargelegten Gründen ist der angefochtene Bescheid sohin unbegründet, weshalb meinem Sohn, ***1***, zumindest für den Zeitraum vom September 2022 bis März 2023, die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag 2022 und 2023 zusteht.

Auch ist aus vorgenanntem Sachverhalt die Rückforderung der FB, betreffend die anteilige Geschwisterstaffel für ***2***, VSNR ***9***, unberechtigt, und steht mir diese für den Zeitraum September 2022 bis März 2023 ebenfalls zu.

Ich ersuche daher höflich, den Rückforderungsbescheid vom , Zahl: ***3***, ersatzlos aufzuheben und mir die Familienbeihilfe, samt Kinderabsetzbetrag, für meinen Sohn, ***1***, VSNR ***10*** (FB und KG), im Zeitraum vom September 2022 bis zum März 2023 und für meinen Sohn ***2***, VSNR ***9*** (FB), für den Zeitraum September 2022 zuzuerkennen sowie festzustellen, dass eine Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages im Zeitraum von September 2022 bis März 2023 in Höhe von gesamt € 1.617,70 unberechtigt ist.

Ferner ersuche ich, bis zur Klärung des Anspruches von der Einhebung des Rückforderungsbetrages von € 1.617,70 abzusehen.

Unter Einem lege ich auch Urkunden vor, die den vorgenannten Sachverhalt bestätigen. Einer positiven Stattgebung dankend entgegensehend."
Beigelegt wurden erneut die o.a. Beilagen sowie der Rückforderungsbescheid.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde nach Anführung der gesetzlichen Bestimmungen mit folgender Begründung ab:

"Im gegenständlichen Fall hat Ihr Sohn ***1*** ab dem Wintersemester 2020/21 bis zum Sommersemester 2022 das Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften betrieben.
Mit dem Wintersemester 2022/23 und somit nach vier Semestern, erfolgte ein Studienwechsel zur Studienrichtung Medical Sciences.
Wie Sie in Ihrem Schreiben bestätigen, war das angestrebte Wunschstudium Ihres Sohnes das Studium der Humanmedizin an der MedUni ***7***. Die Aufnahme zu gewünschtem Studiengang wurde seit 2019 forciert.
Der tatsächliche Wechsel mit Wintersemester 2022/23 erfolgte jedoch zum Studiengang Medical Sciences an der ***5*** Privatuniversität.
Nach der Rechtsprechung des , auf welche Sie sich in Ihrem Beschwerdebegehren berufen, wurde die Änderung der Studienrichtung zum Wunschstudium nicht als (schädlicher) Studienwechsel, sondern als Wechsel zum Wunschstudium beurteilt.
Der dortige Fall unterscheidet sich von gegenständlichem Sachverhalt. Dass es sich beim Diplomstudium der Humanmedizin um das angestrebte Wunschstudium handelte, ist unstrittig. Beim nunmehr betriebenem Studium handelt es sich jedoch um den Bachelorstudiengang "Medical Science". Die Aufnahmeverfahren beider Universitäten unterscheiden sich maßgeblich voneinander bzw. werden wechselseitig nicht anerkannt. Nachweise betreffend Anrechnungen von Leistungen aus dem Vorstudium wurden nicht vorgelegt, weshalb von keiner Verkürzung der Wartezeit auszugehen ist.

Gemäß § 8 (1) FLAG 1967 bestimmt sich der einer Person zustehende Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird. Gemäß § 8 (3) FLAG 1967 erhöht sich die Familienbeihilfe monatlich um 7,10 € bzw. ab für jedes Kind um 7,50 €, wenn sie für zwei Kinder gewährt wird.
Im Beschwerdezeitraum wurde ursprünglich für Ihre beiden Söhne ***2*** und ***1*** Familienbeihilfe gewährt. Durch die Rückforderung der Familienbeihilfe von ***1*** besteht auch für ***2*** kein Anspruch in der bisher ausbezahlten Höhe.

Mit Schriftsatz vom beantragte die nunmehr bekanntgegebene steuerliche Vertretung die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Verwiesen wurde im Wesentlichen auf die bisherigen Ausführungen der Bf., deren Einvernahme beantragt wurde.

Das FA legte die Beschwerde mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sohn der Bf., ***1***, geb.***4***, maturierte im Juni 2019 und leistete vom 09/2019 - 05/2020 den Zivildienst beim Roten Kreuz ab.

Er beabsichtigte ein Studium der Humanmedizin an der MedUni ***7*** zu beginnen.

***1*** war an den vom Kärntner Gesundheitsfonds veranstalteten Vorbereitungskursen bzw. Einführungsveranstaltungen zum Medizinstudium im Februar 2019, 2020, Jänner 2021 und Februar 2022 registriert.

***1*** hat am am Aufnahmeverfahren für Humanmedizin an der MedUni ***7*** teilgenommen, konnte allerdings zufolge des Ergebnisses und der begrenzten Teilnehmerzahl nicht aufgenommen werden.

Mit WS 2020/21 begann ***1*** mit dem Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften (UB 033 305) an der Universität ***7***.

Am und nahm ***1*** erneut an den Aufnahmeverfahren für Humanmedizin an der MedUni ***7*** teil, erreichte aber die für die Aufnahme maßgeblichen Rangplätze nicht.

Im Jahr 2022 meldete sich ***1*** auch zum Aufnahmetest an der ***5*** Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften in ***6*** an und erlangte mit Schreiben vom eine Studienplatzzusage.

Das bislang betriebene Studium Pharmazeutische Wissenschaften an der Universität ***7*** brach ***1*** mit 08/2022 ab.

Seit dem WS 2022/23 studiert ***1*** an der ***5*** Privatuniversität den Bachelorstudiengang Medical Science. Das Studium dauert 6 Semester (180 ECTS).

Beschrieben wird das Studium folgendermaßen (https:www.kl.ac.at ):

"Die ***5*** Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften (KL) bietet ein nach dem Bologna-Modell ausgerichtetes, interdisziplinär aufgebautes Studium im Bereich der Medizin. Das Bachelorstudium Medical Science eröffnet den Studierenden den Zugang zu neuen, innovativen Berufsfeldern in den Gesundheitswissenschaften und stellt die Grundlage für die Ausbildung zum:zur Mediziner:in dar.

Durch die Integration der Felder Humanmedizin, Medizintechnik und Gesundheitsökonomie werden medizinische Expert:innen mit einem zukunftsorientierten Qualitätsprofil ausgebildet. Die Absolvent:innen finden sich in der vernetzten Umgebung des gesamten Public-Health-Bereichs zurecht. Dank einer strukturierten, vernetzten Vermittlung professioneller Fähigkeiten und eines interdisziplinär erarbeiteten Wissens verfügen sie über eine fächerübergreifende Kommunikations-, Handlungs- und Lösungskompetenz in medizinischen, medizintechnischen und gesundheitsökonomischen Fragestellungen.

Das Bachelorstudium Medical Science ist der erste Teil des Medizinstudiums und stellt die Voraussetzung für das integrativ angelegte Masterstudium Humanmedizin dar. Erst nach dem vollendeten Masterstudium Humanmedizin sind alle Voraussetzungen für die Erlangung der Berufsberechtigung als Ärztin bzw. Arzt erfüllt."

Laut dem Curriculum der MedUni ***7*** ist das Studium der Humanmedizin folgendermaßen beschrieben (https: ***7*** )

2. Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, den von der Bf. beigebrachten Unterlagen, den Erhebungen des Bundesfinanzgerichtes (Internetabfragen sowie Abfragen der Familienbeihilfedatenbank). Es ist unbestritten, dass es sich beim Studium der Humanmedizin um das Wunschstudium von ***1*** gehandelt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), BGBl 376/1967 idgF., haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe
….
lit b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

….

lit d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird; ….

lit e) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § …. und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § … begonnen oder fortgesetzt wird, …

Gemäß § 8 Abs. 1 FLAG 1967 bestimmt sich der Betrag an Familienbeihilfe nach der Anzahl und dem Alter der Kinder, für die die FB gewährt wird, wobei die FB-Höhe nach dem Alter in Abs. 2 Z 3 und der zusätzliche Erhöhungsbetrag (= "Geschwisterstaffel") ua. bei drei Kindern in Abs. 3 Z 3 lit b dieser Bestimmung näher geregelt wird.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs. 1 FLAG 1967 lautet:

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.

In § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG), BGBl 305/1992 idgF, wird zum "Studienwechsel" bestimmt:

(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

§ 167 Abs. 1 BAO lautet:

Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen keines Beweises.

Nach § 183 Abs. 3 BAO sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind,….

Rechtsprechung:

a) Rückzahlung zu Unrecht bezogener Familienleistungen:

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 und § 33 Abs. 3 EStG 1988 ergibt sich eine objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu Unrecht bezogen hat. Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs der Familienleistungen an (vgl. ; ), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; ).

Subjektive Momente, wie Verschulden an der (ursprünglichen oder weiteren) Auszahlung der Familienleistungen (etwa durch unrichtige Angaben im Antrag gemäß § 10 FLAG 1967 oder Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 25 FLAG 1967), Gutgläubigkeit des Empfangs der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags oder die Verwendung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrags, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Gleiches gilt für den gutgläubigen Verbrauch der Beträge. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (vgl. ; ).

b) Studienwechsel:

Jeder der in § 17 Abs. 1 Z 1-3 StudFG genannten Tatbestände stellt je ein selbständiges Ausschlussmerkmal dar ().

Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender/eine Studierende das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor (vgl. ; ).

Ein Studienwechsel liegt auch vor, wenn der/die Studierende ein von ihm/ihr bisher betriebenes Studium nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betreibt, sondern neben diesem Studium oder im Anschluss an dieses Studium ein anderes Studium beginnt, das er/sie ernsthaft und zielstrebig betreibt (vgl. ).

Die Rückforderungstatbestände entsprechen ***2*** mutandis den Anspruchstatbeständen.

Strittig ist,

1. ob sich der Familienbeihilfenanspruch im Streitzeitraum (09/2022 - 03/2023) auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 stützt und damit der Beginn des Bachelorstudiengangs Medical Science an der ***5*** Universität ***6*** unter gleichzeitiger Aufgabe des bisher an der Uni ***7*** betriebenen Bachelorstudiums Pharmazeutische Wissenschaften als für den Bezug der Familienbeihilfe schädlicher Wechsel darstellt, der mit Anspruchsverlust im nunmehr betriebenen Studium verbunden ist,
oder

2. ob sich der Familienbeihilfenanspruch im Streitzeitraum auf § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 stützt, weil mit dem nunmehr tatsächlich betriebenen Studium an der ***5*** Universität ***6*** zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach der Beendigung des Präsenzdienstes begonnen worden war und das zuvor betriebene Studium lediglich zur Überbrückung des Zeitraumes bis zum Beginn des "Wunschstudiums" diente.

Nach dem sinngemäß anzuwendenden Erkenntnis hat die Bewerbung um eine weitere Ausbildung unmittelbar nach Beendigung der Schulausbildung zu erfolgen und müssten in weiterer Folge die bis zum tatsächlichen Ausbildungsbeginn erforderlichen Schritte (etwa Antreten zu Bewerbungsgesprächen, Aufnahmeprüfungen udgl.) ohne Verzögerung gesetzt werden. Bewerbungen um einen Studienplatz vor Abschluss der Schulausbildung bleiben daher (auch im konkreten Fall) außer Betracht.

Unstrittig ist, dass der Sohn der Bf. (vor und) nach bestandener Reifeprüfung (06/2019) bzw. Ableistung des Zivildienstes (05/2020) das Studium der Humanmedizin an der MedUni ***7*** anstrebte.

***1*** nahm im August 2020, Juli 2021 und Juli 2022 an den Aufnahmeverfahren für das Studium Humanmedizin an der MedUni ***7*** teil, erreichte aber nicht den für das Studium geforderten Rangplatz. Er konnte somit das angestrebte Studium nicht beginnen.

Tatsächlich begann ***1*** aber mit im WS 2020/21 mit dem Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften an der Uni ***7*** und betrieb dieses Studium bis zum SS 2022, somit vier Semester.

Im Sommer 2022 absolvierte ***1*** erfolgreich das Aufnahmeverfahren für den Bachelorstudiengang Medical Science an der ***5*** Universität ***6*** und begann mit WS 2022/23 mit diesem Studium.

In seiner Rechtsprechung hat sich der VwGH wiederholt zur Frage des frühestmöglichen Zeitpunkts des Beginns eines Wunschstudiums nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG 1967 oder § 2 Abs. 1 lit e FLAG 1967 und zum allfälligen Vorliegen eines Studienwechsels geäußert:

Dem Erkenntnis Ro 2018/16/0048, liegt der Sachverhalt zugrunde, dass die Tochter S ein Harfestudium beginnen wollte. Tatsächlich sei nach Beendigung der Schulausbildung im Oktober 2014 mit dem Hauptstudium "Vergleichende Literaturwissenschaft" und anderen Studien begonnen worden, da zwar die jährlichen Zulassungsprüfungen zum Harfestudium an der MUK Privatuniversität Wien bestanden worden seien, es aber an Studienplätzen gemangelt habe. Tatsächlich wurde dann im Sommersemester 2016 an der Universität für Musik und darstellende Kunst mit dem Harfestudium begonnen.
Der VwGH hat ua. ausgeführt:

"29 Der Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit d FLAG ist grundsätzlich unabhängig davon, wie die Wartezeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und dem Beginn der weiteren Berufsausbildung überbrückt wird.

30 So hat es der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2012/16/0088, betreffend die insoweit vergleichbare Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG als unmaßgeblich erachtet, dass der Sohn des damaligen Beschwerdeführers als Überbrückung vor der Aufnahme des gewünschten und tatsächlich begonnenen Studiums der Humanmedizin das Biologiestudium begonnen hat.

31 Wird die ins Auge gefasste Berufsausbildung tatsächlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen, gründet sich der Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen dem Abschluss der Schulausbildung und der Aufnahme der weiteren Berufsausbildung auf § 2 Abs. 1 lit. d FLAG. Ein zur bloßen Überbrückung der Wartezeit aufgenommenes Studium stellt in diesem Fall keine, einen eigenständigen Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG auslösende, Berufsausbildung dar.

32 Erfüllt ein zur Überbrückung der Wartezeit nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG aufgenommenes Studium aber nicht die Voraussetzungen einer Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG, kann mit der Aufnahme des Wunschstudiums zum frühestmöglichen Zeitpunkt aber auch kein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG vorliegen. Damit stellen sich aber Fragen zur Anwendung der in § 17 StudFG normierten Regeln für den Anspruch auf Familienbeihilfe von vornherein nicht.

33 Dem Umstand, dass die frühestmögliche Aufnahme des von vornherein ins Auge gefassten Studiums mit der Aufgabe (Abbruch) des zur Überbrückung der Wartezeit begonnenen Studiums für die Frage der Familienbeihilfe keinen Studienwechsel darstellt, für die Frage der Studienbeihilfe jedoch nach den Bestimmungen des § 17 StudFG schon, stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keinen Widerspruch dar, verfolgen das FLAG und das StudFG doch unterschiedliche Zielsetzungen. So handelt es sich bei der Familienbeihilfe um einen vom Einkommen des Anspruchsberechtigten grundsätzlich unabhängigen Beitrag zur Unterhaltslast, während die Studienbeihilfe einen vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abhängigen Beitrag zu den Kosten des Studiums darstellt.

34 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die gewünschte Berufsausbildung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wurde.

35 Wie sich aus dem (zur insoweit vergleichbaren Regelung des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG ergangenen) Erkenntnis vom , 2011/16/0057, VwSlg 8643/F, ableiten lässt, ist in einem solchen Fall für die Frage der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 lit. d FLAG maßgebend, ob die tatsächlich begonnene Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgenommen wurde. Nur in diesem Fall kommt ein Anspruch auf Familienbeihilfe für die Zeit zwischen der Beendigung der Schulausbildung und der tatsächlich aufgenommenen Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. d FLAG in Betracht. Für die tatsächlich aufgenommene Berufsausbildung steht aber (bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen) ein eigenständiger Familienbeihilfenanspruch nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG zu. Stellt das tatsächlich aufgenommene Studium aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG dar, kann die spätere Aufnahme eines von vornherein ins Auge gefassten, jedoch nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnenen Studiums sehr wohl einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG darstellen.

36 Ein solcher liegt vor, wenn das Studium nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt wird. In diesem Fall steht ein Familienbeihilfenanspruch erst nach Ablauf der in § 17 Abs. 4 StudFG (idF vor BGBl. I Nr. 54/2016) bzw. Abs. 3 StudFG (idF BGBl. I Nr. 54/2016) normierten Wartezeit zu. ….."

Maßgeblich ist somit, ob das ins Auge gefasste und schließlich auch tatsächlich begonnene Studium zum objektiv frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen wurde. Der frühestmögliche Zeitpunkt ist somit jener, zu dem die Ausbildung begonnen hätte werden können, unabhängig davon, ob Anmeldefristen zu beachten, Vorbereitungskurse zu absolvieren oder Aufnahmeprüfungen zu bestehen gewesen wären (vgl. BfG vom , RV/3100177/2019).

Laut Rechtsprechung liegt keine zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnene Berufsausbildung vor, wenn der tatsächliche Beginn der Berufsausbildung wegen des durch die Zahl der zu vergebenden Ausbildungsplätze beschränkten Zugangs dazu auch bei Bestehen eines Aufnahmetestes erst später erfolge. Das Risiko nicht aufgenommen zu werden, sei Studien mit beschränktem Zugang immanent.

Im Beschwerdefall kommt der Tatbestand des § 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967 ("frühestmöglicher Beginn der Berufsausbildung nach Ende des Zivildienstes") nicht in Betracht, weil das angestrebte Studium der Humanmedizin an der MedUni ***7*** einerseits gar nicht begonnen wurde und andererseits der aufgenommene Bachelorstudiengang Medical Science in ***6*** von vorneherein nicht angestrebt wurde und dieses Studium mit dem Studium der Humanmedizin an der MedUni ***7*** nicht vergleichbar ist.

Der Ansicht der Bf., dass ein Wechsel zum Wunschstudium vorliegt, kann nicht gefolgt werden: Tatsächlich hat ***1*** im WS 2020/21 das Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften an der Uni ***7*** aufgenommen und nach dem vierten Semester abgebrochen. Dieses Studium stellte aber eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 dar und stellt die Aufnahme des Bachelorstudiengangs Medical Science im WS 2022/23 einen "schädlichen" Studienwechsel nach § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG dar. Auf dieses Studium wurde nach dem dritten inskribierten Semester gewechselt. Familienbeihilfe steht erst wieder nach der in § 17 Abs. 4 StudFG normierten Wartezeit zu.

Da der Anspruch auf Familienbeihilfe im Streitzeitraum nicht gegeben war, war auch der Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs. 3 EStG 1988) sowie des aufgrund der Geschwisterstaffel iSd § 8 Abs. 3 FLAG 1967 zustehenden Betrages, nicht mehr gegeben.

Soweit im Vorlageantrag die Einvernahme der Bf. beantragt wird, ist festzuhalten, dass die vorgebrachten Tatsachen offenkundig sind, die von der Bf. vorgebrachten Tatsachen als richtig anzusehen sind und der Sachverhalt unstrittig ist.
ISd § 183 Abs. 3 BAO ist von der Aufnahme beantragter Beweise abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden. Aus diesem Grunde war der Antrag auf Einvernahme der Bf. abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Lösung der Frage, ob in Zusammenhalt mit dem angestrebten Wunschstudium allenfalls ein "schädlicher Studienwechsel" vorliegt, ergibt sich in Anwendung der dargelegten VwGH-Judikatur. Insofern liegt keine Rechtsfrage von "grundsätzlicher Bedeutung" vor und ist eine Revision daher nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 183 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 10 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 167 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 25 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 Abs. 1 Z 1 bis 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. e FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 Abs. 4 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 8 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953
§ 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 8 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 26 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100153.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at