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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.02.2024, RV/3100122/2021

Kein "vorsätzliches Zusammenwirken" im Sinne des § 83 Abs. 3 EStG, wenn der Arbeitnehmer bloß von der Nichtbesteuerung bestimmter Gehaltsbestandteile wusste

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100122/2021-RS3
Die Zurücknahme eines Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung ist auch noch im wiederaufgenommenen Verfahren zulässig (vgl. ). Eine solche Zurücknahme wäre lediglich dann unzulässig bzw. wirkungslos, wenn ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt.
RV/3100122/2021-RS4
Ein "vorsätzliches Zusammenwirken" im Sinne des § 83 Abs. 3 EStG 1988 erfordert ein aktives Handeln sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Das bloße Wissen oder Dulden des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer verkürzt, stellt noch kein vorsätzliches Zusammenwirken dar.
Folgerechtssätze
RV/3100122/2021-RS1
wie RV/3100359/2023-RS1
Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, der in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt wird, begründet keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Das gilt auch für einen Antrag, der in einem Schreiben zur Mängelbehebung gestellt wird.
RV/3100122/2021-RS2
wie RV/1100263/2021-RS1
Sowohl für die Anwendung des § 26 Z 4 EStG 1988 wie auch des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ist Voraussetzung, dass die betreffende Leistung des Arbeitgebers Ersatz konkreter Aufwendungen für eine bestimmte Dienstreise ist, wobei eine solche Konkretisierung bereits der Leistung des Arbeitgebers für jede einzelne Dienstreise zugrunde zu liegen hat (vgl. , und , mwN). Werden vom Arbeitgeber, unabhängig davon, wie viele Dienstreisen tatsächlich unternommen wurden, monatlich gleichbleibende Pauschalbeträge für auswärtige Verpflegung geleistet, sind diese weder gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 noch gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 begünstigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. David Hell LL.B. LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Lenfeld | Leys | Sonderegger - Rechtsanwälte (GesbR), Malserstraße 19, 6500 Landeck, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2014 bis 2016, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Der Beschwerde wird im Sinne des Eventualantrags auf Zurücknahme der Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagungen stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide werden (ersatzlos) aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

1. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Am erließ das Finanzamt Innsbruck gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) acht Bescheide, nämlich

  1. 3 Bescheide über die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2014 bis 2016,

  2. 3 neue Einkommensteuerbescheide für 2014 bis 2016 und

  3. 2 Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2014 und 2015.

In den Wiederaufnahmebescheiden führte die Abgabenbehörde begründend aus, dass nachträglich aufgrund eines berichtigten oder neuen Lohnzettels Umstände bekannt geworden seien, aus denen sich eine geänderte Einkommensteuerfestsetzung ergebe. Zur näheren Begründung verwies die Behörde auf die neuen Sachbescheide.

Die neuen Sachbescheide wurden mit der "Änderung auf Grund neuer Tatsachen" (wohl gemeint: aufgrund neu hervorgekommener Tatsachen) begründet, wobei die Daten der geänderten Lohnzettel jeweils auf Seite 4 der neuen Sachbescheide angeführt sind.

Mit Schreiben vom , zur Post gegeben am und bei der Behörde eingelangt am , erhob der Bf. Beschwerde gegen die Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide. Begründend führte er zusammengefasst aus, dass ihm keine Unterlagen zu den Änderungen bekanntgegeben worden seien, das nachträglich gemeldete Einkommen zu hoch erscheine und die Begründung für den Bf. somit nicht nachvollziehbar sei. Er beantragte die Aufhebung der angefochtenen Bescheide und Erlassung neuer Bescheide, mit welchen seinem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird.

Mit Schreiben vom , bei der Behörde eingelangt am , ergänzte der Bf. die Beschwerde, indem er sein Begehren dahingehend konkretisierte, dass er die Reduktion der Einkommensteuer auf den Betrag vor der Wiederaufnahme des Verfahrens begehrt. Gleichzeitig erklärte er, seine Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2014 bis 2016 für den Fall, dass seinem Begehren nicht vollinhaltlich stattgegeben werde, zurückzunehmen.

Nach Durchführung eines - nach Ansicht des Gerichts nicht notwendigen - Mängelbehebungsverfahrens wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide mit Beschwerdevorentscheidungen vom als unbegründet ab, wobei sie begründend auf eine beim Arbeitgeber des Bf. durchgeführte Außenprüfung verwies, welche ergeben habe, dass der Bf. vom Arbeitgeber zusätzlich zum vereinbarten Lohn monatlich einen Betrag in Höhe von 500 € bar erhalten habe, welcher im Lohnkonto nicht erfasst worden sei. Über Dienstreisen sei nicht einzeln abgerechnet worden, weshalb die Reisekosten ebenfalls nachzuversteuern seien. Zudem habe der Bf. ein arbeitgebereigenes Kfz privat nutzen können, ohne dass diesbezüglich ein Sachbezug angesetzt worden sei. Der Bf. werde als Arbeitnehmer gemäß § 83 Abs. 3 EStG unmittelbar in Anspruch genommen, weil er vorsätzlich mit seinem Arbeitgeber zusammengewirkt habe, um eine Lohnsteuerverkürzung zu bewirken, und sein Arbeitgeber mittlerweile insolvent sei. Am stellte der Bf. über seine rechtsfreundliche Vertretung diesbezüglich einen Vorlageantrag ohne weitere Begründung.

Im Zuge der Finanzorganisationsreform trat mit das Finanzamt Österreich an die Stelle der bescheiderlassenden Behörde. Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde am samt Akt und Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesfinanzgerichts vom wurde die gegenständliche Rechtssache der mit neu besetzten Gerichtsabteilung 4013 zugewiesen.

Die Beschwerde wurde vom Gericht hinsichtlich der Anspruchszinsenbescheide mit Erkenntnis vom , RV/3100359/2023 mittlerweile rechtskräftig abgewiesen. Die - erst im Schreiben zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags erhobene - Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide hat das Gericht mit Beschluss vom , RV/3100361/2023, ebenfalls mittlerweile rechtskräftig als verspätet zurückgewiesen.

Mit Vorhalt vom brachte das Gericht dem Bf. mehrere Beweismittel und seine vorläufige Rechtsansicht zur Kenntnis. In der fristgerechten Stellungnahme des Bf. bestreitet er einerseits, mehr (steuerpflichtigen) Gehalt bezogen zu haben, als auf den Lohnzetteln ausgewiesen war, und andererseits auch das vorsätzliche Zusammenwirken mit seinem Arbeitgeber. Er sei zu Recht davon ausgegangen, dass er neben dem Lohn (steuerfreie) Spesenersätze für seine Außendiensttätigkeit erhalten habe. Abschließend wiederholt der Bf. seinen Hauptantrag auf Wiederherstellung des Zustandes vor der Wiederaufnahme sowie seinen Eventualantrag auf Zurücknahme der Anträge auf Durchführung einer Arbeitnehmerveranlagung und stellte gleichzeitig einen weiteren Eventualantrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO.

Mit Schreiben vom übermittelte das Gericht der belangten Behörde die Stellungnahme des Bf. und teilte ihr gleichzeitig seine Rechtsansicht mit, wonach die Zurücknahme eines Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung auch im wiederaufgenommenen Verfahren zulässig ist und im vorliegenden Fall ohne vorsätzliches Zusammenwirken des Bf. mit dem Arbeitgeber kein der Zurücknahme entgegenstehender Pflichtveranlagungstatbestand vorliegt. Die belangte Behörde erstattete dazu keine Stellungnahme.

Der Bf. beantragte im Schreiben vom zur Beantwortung des Mängelbehebungsauftrags sowie in der Stellungnahme vom die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, aber nicht in der Beschwerde oder im Vorlageantrag.

2. Sachverhalt

Der Bf. war von April 2011 bis Oktober 2016 bei der ***Arbeitgeber-GmbH*** als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde vereinbart, dass ein monatlicher Gehaltsbetrag in Höhe von 1.500,00 € netto auf das Konto überwiesen wird, zusätzlich wurde eine monatliche Barauszahlung von 500,00 € vereinbart. Reisekosten- bzw. Diätenaufzeichnungen wurden vom Bf. keine geführt.

Von der Arbeitgeberin wurde dem Bf. ein PKW zur Verfügung gestellt, den er auch privat nutzen konnte. Diesbezügliche Aufzeichnungen wurden nur zu Beginn der Anstellung geführt. Als der Bf. Kenntnis davon erlangte, dass kein anderer Mitarbeiter die Fahrten aufzeichnete, stellte auch der Bf. die Aufzeichnungen ein. Im Zeitraum bis (in welchem der Bf. noch ein Fahrtenbuch führte) legte er ca. 100.000 km mit dem arbeitgebereigenen PKW zurück, wobei nur vereinzelt private Fahrten erfolgten. Der Bf. verfügte im gesamten Zeitraum über einen eigenen PKW. Die Ziele der beruflichen Fahrten des Bf. lagen nahezu ausschließlich in Nordtirol. Nur in Einzelfällen umfassten die beruflichen Fahrten des Bf. eine Nächtigung am Zielort.

Seitens der Arbeitgeberin wurden weder die monatlichen Barauszahlungen von 500,00 € dem Lohnsteuerabzug unterworfen noch wurde ein Sachbezug für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ angesetzt. Dies war dem Bf. aufgrund der ausgestellten Lohnzettel bekannt. Er wusste jedoch nicht von der Steuerpflicht dieser Gehaltsbestandteile und hat auch nicht mit der Arbeitgeberin vereinbart, dass diese Gehaltsbestandteile trotz bestehender Steuerpflicht nicht versteuert werden.

Die Arbeitgeberin des Bf. ist mittlerweile insolvent (Datum der Insolvenzeröffnung ***Datum1***, Konkurs mit Beschluss vom ***Datum2*** mangels Kostendeckung aufgehoben). Im Zuge einer Außenprüfung bei der Arbeitgeberin des Bf. wurden im Jahr 2018 die Barauszahlungen und Sachbezüge der Lohnsteuer sowie dem DB, DZ und der Kommunalsteuer unterworfen. Es erfolgte eine Korrektur der Lohnzettel für die Jahre 2014, 2015 und 2016.

3. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich - soweit in der Folge nichts anderes angegeben ist - widerspruchsfrei aus den übereinstimmenden Sachverhaltsdarstellungen einerseits des Bf. (bei seiner Einvernahme bei der Tiroler Gebietskrankenkasse am und in den im Zuge des Beschwerdeverfahrens abgegebenen Stellungnahmen) sowie andererseits jener der belangten Behörde (im Vorlageantrag).

Die Feststellungen zur Nutzung des arbeitgebereigenen PKW durch den Bf. sowie zu den Zielorten und zum deutlichen Überwiegen eintägiger Dienstreisen ergeben sich aus den vom Bf. dem Gericht im Original vorgelegten glaubwürdigen Fahrtenbüchern. Dass er selbst über einen PKW verfügte, konnte das Gericht mit einer Abfrage der Kfz-Zulassungsdatenbank überprüfen.

Dass von der Arbeitgeberin des Bf. weder die monatlichen Barauszahlungen von 500,00 € dem Lohnsteuerabzug unterworfen noch ein Sachbezug für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ angesetzt wurde, ergibt sich aus den vorgelegten Lohnzetteln, da der Bf. diese auch erhalten hatte, musste ihm auch bekannt gewesen sein, dass diese Gehaltsbestandteile seitens seiner Arbeitgeberin nicht dem Lohnsteuerabzug unterworfen wurden. Dass diese Gehaltsbestandteile im Zuge einer Außenprüfung von der belangten Behörde gegenüber der Arbeitgeberin festgesetzt wurden, ergibt sich aus der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom . Die Feststellung zur Insolvenz der Arbeitgeberin basiert auf der amtswegigen Einsichtnahme in das Firmenbuch (FN ***Arbeitgeber-FN***) durch das Gericht.

Der Bf. hat - insbesondere in seiner Stellungnahme vom - glaubhaft dargetan, dass er nicht von der Steuerpflicht der Barauszahlungen wusste, da er unter anderem aufgrund einer Bestätigung der Arbeitgeberin vom davon ausging, dass es sich dabei um pauschalierte Spesenersätze für seine Außendiensttätigkeit handelte und diese - analog zu Reisekostenersätzen und Taggeldern - steuerfrei seien. Ebenso glaubhaft hat er dargetan, dass er nicht von der Steuerpflicht des Firmen-PKW wusste, zumal er diesen tatsächlich nur in sehr untergeordnetem Ausmaß privat nutzte. Mangels Kenntnis von der Steuerpflicht dieser Gehaltsbestandteile konnte er auch nicht mit der Arbeitgeberin vereinbart haben, dass diese trotz bestehender Steuerpflicht nicht versteuert werden.

Das Gericht hat der belangten Behörde eingeräumt, eine Gegenäußerung zur letzten Stellungnahme des Bf. abzugeben. Davon hat die belangte Behörde jedoch nicht Gebrauch gemacht. Insbesondere hat die belangte Behörde die Glaubwürdigkeit der Angaben des Bf. nicht bestritten und keine Gründe angegeben, warum von einem vorsätzlichen Zusammenwirken des Bf. mit seiner Arbeitgeberin auszugehen sei. Aus all diesen Gründen gelangte das Gericht zu den Feststellungen, dass der Bf. nicht von der Steuerpflicht dieser Gehaltsbestandteile wusste und auch nicht mit der Arbeitgeberin vereinbar hatte, dass diese trotz bestehender Steuerpflicht nicht versteuert werden.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1. Zur beantragten mündlichen Verhandlung

Gemäß § 274 Abs. 1 BAO hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn dies in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wurde oder wenn der Einzelrichter es für erforderlich hält.

Anträge, die in einem die Beschwerde ergänzenden Schreiben gestellt werden, begründen jedoch keinen Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Das gilt auch für einen Antrag, der in einem Schreiben zur Mängelbehebung gestellt wird (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 274 Rz 3 f mit zahlreichen Judikaturfundstellen). Der Antrag wurde im vorliegenden Fall daher nicht wirksam gestellt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erschien dem Gericht bei der gegebenen Sach- und Rechtslage auch sonst nicht geboten.

4.2. Zum Hauptantrag (Wiederherstellung des Zustands vor der Wiederaufnahme)

Reisekostenersätze und Tagesgelder, die vom Arbeitgeber gezahlt werden, sind unter gewissen Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 steuerfrei bzw. stellen nach § 26 Z 4 EStG 1988 Werbungskosten beim Arbeitnehmer dar.

Sowohl für die Anwendung des § 26 Z 4 EStG 1988 wie auch des § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 ist Voraussetzung, dass die betreffende Leistung des Arbeitgebers Ersatz konkreter Aufwendungen für eine bestimmte Dienstreise ist, wobei eine solche Konkretisierung bereits der Leistung des Arbeitgebers für jede einzelne Dienstreise zugrunde zu liegen hat (vgl. , und , mwN). Werden vom Arbeitgeber, unabhängig davon, wie viele Dienstreisen tatsächlich unternommen wurden, monatlich gleichbleibende Pauschalbeträge für auswärtige Verpflegung geleistet, sind diese weder gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 noch gemäß § 3 Abs. 1 Z 16b EStG 1988 begünstigt.

Hinzu kommt, dass bei den eintägigen Reisebewegungen der hier gegenständlichen Art nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (und des Bundesfinanzgerichtes) überhaupt keine Tagesgelder zustehen. Allfällige aus der anfänglichen Unkenntnis über die lokale Gastronomie resultierende Verpflegungsmehraufwendungen können in solchen Fällen durch die entsprechende zeitliche Lagerung von Mahlzeiten bzw. die Mitnahme von Lebensmitteln abgefangen werden (). Zudem reichen die allermeisten Dienstreisen des Bf. nicht über sein Einsatzgebiet hinaus, weshalb im Wesentlichen eine regelmäßige Fahrtätigkeit in einem lokal eingegrenzten Bereich vorliegt, sodass im Rahmen der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise das Entstehen eines Verpflegungsmehraufwandes zu verneinen ist (vgl. mwN).

Die Barzahlungen in Höhe von 500 € pro Monat, die der Bf. von seiner Arbeitgeberin bezogen hatte, sind daher nicht steuerfrei und stellen folglich weitere steuerpflichtige Einkünfte des Bf. aus nichtselbständiger Arbeit dar. Dem Hauptantrag des Bf. auf vollinhaltliche Stattgabe und Wiederherstellung des Zustands vor der Wiederaufnahme kann daher schon deshalb nicht Folge gegeben werden. Auf die weitere Frage der Steuerpflicht der Verwendung des arbeitgebereigenen Fahrzeugs muss daher nicht näher eingegangen werden.

4.3. Zum Eventualantrag (Zurücknahme der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung)

Der Bf. hat im gegenständlichen Beschwerdeverfahren erklärt, für den Fall, dass seiner Beschwerde nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, seine Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung zurückzuziehen. Derartige Eventualanträge sind - auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung - im Allgemeinen zulässig (siehe Hell, Bedingte Verfahrenshandlungen im Abgabenverfahren, SWK 35/2023, 1322).

Die Zurücknahme eines Antrags auf Arbeitnehmerveranlagung ist auch noch im wiederaufgenommenen Verfahren zulässig (vgl. ). Eine solche Zurücknahme wäre lediglich dann unzulässig bzw. wirkungslos, wenn ein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt.

Seitens der belangten Behörde wurde (ausschließlich) der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 11 EStG 1988 geltend gemacht. Nach dieser Bestimmung ist ein Arbeitnehmer zu veranlagen, wenn er nach § 83 Abs. 3 EStG 1988 unmittelbar in Anspruch genommen wird. Gemäß § 83 Abs. 3 EStG 1988 kann ein Arbeitnehmer unmittelbar in Anspruch genommen werden, wenn er und der Arbeitgeber vorsätzlich zusammenwirken, um sich einen gesetzeswidrigen Vorteil zu verschaffen, der eine Verkürzung der vorschriftsmäßig zu berechnenden und abzuführenden Lohnsteuer bewirkt.

Ein "vorsätzliches Zusammenwirken" im Sinne des § 83 Abs. 3 EStG 1988 erfordert nach Ansicht des Gerichts ein aktives Handeln sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Das bloße Wissen oder Dulden des Arbeitnehmers, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer verkürzt, stellt noch kein vorsätzliches Zusammenwirken dar (vgl. Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22 § 83 Tz 15 f). Umso weniger kann im vorliegenden Fall ein vorsätzliches Zusammenwirken angenommen werden, da der Bf. nach den Feststellungen zwar davon wusste, dass die Barauszahlungen und die Nutzung des arbeitgebereigenen PKW nicht versteuert wurden, aber nicht von deren Steuerpflicht, und somit von vornherein kein Vorsatz auf eine Verkürzung der Lohnsteuer vorliegen kann.

Andere Pflichtveranlagungstatbestände hat die Behörde nicht geltend gemacht und es liegen dem Gericht auch keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass ein solcher erfüllt sein könnte. Der Beschwerde war daher im Sinne des Eventualantrags stattzugeben. Infolge der Zurücknahme der Anträge auf Arbeitnehmerveranlagung sind die angefochtenen Bescheide ersatzlos aufzuheben. Der weitere Eventualantrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO - welcher im Übrigen ohnehin nicht in die Zuständigkeit des Gerichts fiele - wurde infolgedessen gegenstandslos.

4.4. Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da - soweit für das erkennende Gericht erkennbar - keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Auslegung des § 83 Abs. 3 EStG 1988, insbesondere zum Begriff des "vorsätzlichen Zusammenwirkens" existiert, war die Revision zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise




ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100122.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at