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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.02.2024, RV/7100082/2019

KESt iZm verdeckter Ausschüttung (Parteiengehör, Schätzung, Ermessen)

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 1222/2024 anhängig. Ablehnung der Beschwerde mit Beschluss vom . Mit Beschluss vom über nachträglichen Antrag dem VwGH zur Entscheidung abgetreten.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Katrin Allram in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom betreffend Festsetzung der Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1/2010 bis 12/2013, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Streit besteht im vorliegenden Fall darüber, ob die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer im Zusammenhang mit bei der ***B GmbH*** festgestellten verdeckten Ausschüttungen gegenüber dem Beschwerdeführer (Bf.) als Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer zu Recht erfolgte.

Im Zusammenhang mit verdeckten Ausschüttungen, die im Rahmen der Außenprüfung bei der ***B GmbH*** festgestellt wurden, setzte die belangte Behörde betreffend den Bf. mit Bescheid vom die Kapitalertragsteuer für den Zeitraum 1/2010 bis 12/2013 in Höhe von Euro 46.791,62 fest.

Dagegen erhob der Bf. mit Eingabe vom Beschwerde. In der Begründung wurde zunächst das mangelnde Gehör im Betriebsprüfungsverfahren gerügt. Inhaltlich führte der Bf. aus, dass die Zuschätzung aufgrund der Teigmasse nicht nachvollziehbar sei. Der Bf. verwende andere Rezepturen, sodass mindestens 30% der Teigmasse am nächsten Tag nicht mehr verwendbar seien. Schließlich beantragte der Bf. die vollinhaltliche Stattgabe mit dem Hinweis, dass die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer beim Empfänger rechtswidrig erfolgt sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das Betriebsprüfungsverfahren betreffend die ***B GmbH*** in ständiger Absprache mit dem damals alleinig zuständigen Masseverwalter durchgeführt worden sei. Es seien keine Einwände gegen die Feststellungen der Betriebsprüfung erhoben worden. Das Parteiengehör sei auf keine Weise verletzt worden, da der Bf. infolge des Konkursverfahrens nicht der Ansprechpartner für die Abgabenbehörde gewesen sei. In Bezug auf die Schätzung wurde auf die ausführliche Kalkulation im angefochtenen Bescheid verwiesen. Infolge der Insolvenz der ***B GmbH*** wurde die Kapitalertragsteuer im Ermessen ausnahmsweise dem Bf. vorgeschrieben. Der Bf. sei alleinig herangezogen worden, da ihm eine tragende bzw. leitende Position zugekommen sei.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. In der Begründung wurde nochmals darauf hingewiesen, dass mangels Verständigung und Mitwirkungsmöglichkeit der steuerlichen Vertretung ein Verfahrensmangel vorliege.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Im angeschlossenen Vorlagebericht wurde die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache mit Stichtag der GA 1017 zur Entscheidung zugeteilt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war Mehrheitsgesellschafter und im Zeitraum Mai 2006 bis April 2014 alleiniger Geschäftsführer der ***B GmbH***. Die GmbH betrieb eine Pizzeria.

Im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung bei der ***B GmbH*** wurden Buchführungs- und Kassenmängel festgestellt (Bericht vom ). Es erfolgte daher eine Schätzung in Form einer kalkulatorischen Verprobung anhand des Mehleinkaufes. Die festgestellten Kalkulationsdifferenzen wurden den Umsätzen und Gewinnen der Jahre 2010 bis 2013 hinzugerechnet.

Die Kalkulationsdifferenzen wurden dem Bf. als verdeckte Ausschüttungen zugerechnet. Mit Bescheid vom wurde gegenüber dem Bf. die diesbezügliche Kapitalertragsteuer festgesetzt.


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Jahr
Verdeckte Ausschüttung
Kapitalertragsteuer
2010
Euro 37.366,02
Euro 9.341,51
2011
Euro 63.313,75
Euro 15.828,44
2012
Euro 61.864,23
Euro 15.466,06
2013
Euro 24.622,49
Euro 6.155,62

Der Bf. war im Streitzeitraum sowohl Mehrheitsgesellschafter als auch Geschäftsführer der ***B GmbH*** und es kam ihm eine tragende und leitende Position zu. Die verdeckten Ausschüttungen wurden dem Bf. in vollem Ausmaß zugerechnet. Der Bf. hat weder zum Zufluss der verdeckten Ausschüttungen an ihn noch zum Ausmaß der Zurechnung Vorbringen erstattet.

Die ***B GmbH*** wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom in ***B1 GmbH*** umbenannt. Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum 1***, ***GZ***, wurde der Konkurs eröffnet. Das Konkursverfahren wurde mit Beschluss vom ***Datum 2*** mangels Kostendeckung aufgehoben. Im Anschluss wurde die Firma infolge Vermögenslosigkeit amtswegig im Firmenbuch gelöscht.

Der Insolvenzverwalter der ***B1 GmbH*** nahm an der Schlussbesprechung am teil. Der Bericht über die Betriebsprüfung vom wurde dem Insolvenzverwalter zugestellt. Der Insolvenzverwalter erhob keine Einwendungen betreffend die Ergebnisse der Betriebsprüfung.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, insbesondere auf die Feststellungen der Betriebsprüfung, sowie auf Datenbankabfragen (Firmenbuch, Finanzanwendungen).

Das Fehlen von Aufzeichnungen ist ebenso unstrittig wie die damit einhergehende Berechtigung zur Schätzung. Weiters wurden im Rahmen der Außenprüfung keine Einwendungen in Hinblick auf die Methode und Höhe der Schätzung erhoben. In der Beschwerde brachte der Bf. betreffend die Höhe der erfolgten Zuschätzungen vor, dass er andere Rezepturen verwende und demnach die Zuschätzung um mindestens 30% zu vermindern sei. Die belangte Behörde nahm in der Beschwerdevorentscheidung zu den inhaltlichen Bedenken des Bf. Stellung und erläuterte, dass die Kalkulation und Zuschätzung anhand des erklärten Mehleinkaufes erfolgt sei und die Vorgehensweise der üblichen auf Erfahrungswerten basierenden Kalkulation bei vergleichbaren Betrieben entspreche. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH kommt abweisenden Beschwerdevorentscheidungen Vorhaltscharakter zu (vgl. bspw ). Es wäre daher am Bf. gelegen, den Darstellungen der belangten Behörde im Vorlageantrag substantiiert entgegenzutreten. Im Vorlageantrag finden sich keine diesbezüglichen Ausführungen. Insgesamt wird das Vorbringen des Bf. in Bezug auf die Schätzungshöhe und die angestrebte pauschale Kürzung weder durch konkrete Nachweise noch durch eine entsprechende Kalkulation gestützt. Demnach geht der Einwand des Bf. über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Demgegenüber erweisen sich die Darstellungen der Betriebsprüfung und die durchgeführte Schätzung als nachvollziehbar und plausibel.

Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse durfte das Bundesfinanzgericht daher in freier Beweiswürdigung von den obigen Sachverhaltsfeststellungen ausgehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zum behaupteten Verfahrensmangel

Gemäß § 80 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Schuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Insolvenzverfahrens erlangt (Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 2 Abs. 2 der Insolvenzordnung). Der Insolvenzverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Insolvenzmasse - soweit die Befugnisse des Schuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Schuldners iSd § 80 BAO. Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Insolvenzeröffnung der Insolvenzverwalter an die Stelle des Schuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Insolvenzmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter, der insofern den Schuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. mwN).

Betreffend das Vorbringen, dass die steuerliche Vertretung nicht in das Betriebsprüfungsverfahren der ***B GmbH*** eingebunden wurde und demnach eine Verletzung des Parteiengehörs vorliege, ist darauf hinzuweisen, dass mit dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, somit ab dem ***Datum 1***, der Insolvenzverwalter gemäß § 80 BAO gesetzlicher Vertreter der Schuldnerin war. Demnach wurde zurecht die Schlussbesprechung am mit dem Insolvenzverwalter abgehalten und diesem auch der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom zugestellt. Der vom Bf. vorgebrachte Verfahrensmangel, wonach die vor Insolvenzeröffnung eingesetzte steuerliche Vertretung auch während des aufrechten Insolvenzverfahrens zum Betriebsprüfungsverfahren hinzuzuziehen gewesen wäre, liegt folglich nicht vor.

Zur Schätzung

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist nach Abs. 2 leg.cit. insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen (Abs. 1) wesentlich sind.

Zu schätzen ist nach Abs. 3 leg.cit. ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Ziel einer Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. ).

Das Parteiengehör ist bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen zu wahren. Der Partei sind daher vor Bescheiderlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzungsmethode und das Schätzungsergebnis zur Kenntnis zu bringen. Es liegt danach an der Partei, begründete Überlegungen vorzubringen, die zB für eine andere Schätzungsmethode oder gegen einzelne Elemente der Schätzung sprechen (vgl. Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 184 Rz 20 mwN).

Aufgrund der fehlenden und mangelhaften Aufzeichnungen hatte im streitgegenständlichen Fall unstrittig eine Schätzung zu erfolgen. Die von der Betriebsprüfung vorgenommene kalkulatorische Verprobung anhand des Mehleinkaufes und die entsprechende Zuschätzung sind für das Bundesfinanzgericht nachvollziehbar und erscheint das Schätzungsergebnis plausibel. Dem Insolvenzverwalter, der zu diesem Zeitpunkt der gesetzliche Vertreter der ***B GmbH*** war, wurden die Ergebnisse der Betriebsprüfung zur Kenntnis gebracht (siehe Niederschrift vom ). Es wäre an diesem gelegen, bei Bedenken begründete Einwendungen hinsichtlich der Schätzung vorzubringen. Die Einwendungen des Bf. in der vorliegenden Beschwerde gehen in Hinblick auf die von der Betriebsprüfung aufgezeigten Mängel und die erfolgte nachvollziehbare Schätzung - wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - über bloße Behauptungen nicht hinaus. Die Schätzung erfolgte daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig.

Zur Festsetzung der Kapitalertragsteuer

Gemäß § 95 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008, beträgt die Kapitalertragsteuer 25%.

Schuldner der Kapitalertragsteuer ist gemäß Abs. 2 leg.cit. der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Dem Empfänger der Kapitalerträge ist gemäß Abs. 5 leg.cit. die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 112/2012 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn

1. der Abzugsverpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat oder

2. der Empfänger weiß, dass der Abzugsverpflichtete die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt.

Bei inländischen Einkünften aus Kapitalvermögen wird die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben (§ 93 Abs. 1 EStG 1988; Kapitalertragsteuer).

Zu den abzugsteuerpflichtigen Kapitalerträgen gehören auch verdeckte Ausschüttungen (vgl. ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind Mehrgewinne einer Kapitalgesellschaft, die in ihrem Betriebsvermögen keinen Niederschlag gefunden haben, regelmäßig als den Gesellschaftern verdeckt zugeflossene Ausschüttungen anzusehen (vgl. mwN).

Derartige Mehrgewinne sind den Gesellschaftern grundsätzlich nach dem auch sonst geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zuzurechnen, es sei denn, dass die Mehrgewinne abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur einem oder einigen der Gesellschafter zugeflossen sind. Dass die durch Gewinnzuschätzungen ermittelten Mehrgewinne überhaupt nicht zur Ausschüttung gekommen seien, also weiterhin bei der Gesellschaft verwendet worden seien, ist vom Abgabepflichtigen zu beweisen (vgl. ).

Der Bf. wendet sich in der Beschwerde ausschließlich gegen die Höhe der Zuschätzung, nicht jedoch gegen die Zuschätzung dem Grunde nach.

Wie bereits oben ausgeführt, waren unstrittig die Voraussetzungen zur Schätzung gegeben und erweisen sich die Schätzungsergebnisse, die von der Betriebsprüfung im Rahmen einer kalkulatorischen Verprobung anhand des Mehleinkaufes ermittelt wurden, als nachvollziehbar und plausibel. Es liegen folglich Mehrgewinne in Höhe der Zuschätzungen vor. Dass die durch die Gewinnzuschätzungen ermittelten Mehrgewinne nicht für eine verdeckte Ausschüttung an den Gesellschafter zur Verfügung standen, wurde vom Bf. weder behauptet noch nachgewiesen. Es ist demnach davon auszugehen, dass im Ausmaß der festgestellten Mehrgewinne verdeckte Ausschüttungen stattgefunden haben.

Nach der angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sind Mehrgewinne in der Regel den Gesellschaftern entsprechend den Beteiligungsverhältnissen zuzurechnen, es sei denn, dass die Mehrgewinne abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel nur einem oder einigen der Gesellschafter zugeflossen sind. Aufgrund der tragenden und leitenden Position des Bf. rechnete die belangte Behörde dem Bf. die verdeckten Ausschüttungen abweichend vom allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel zur Gänze zu. Es wäre am Bf. gelegen, nachzuweisen, dass ihm keine verdeckte Ausschüttung zugeflossen ist bzw. in welcher Höhe ihm diese zugeflossen ist. Der Bf. hat keinerlei diesbezügliches Vorbringen erstattet, weshalb das Bundesfinanzgericht - auch mangels gegenteiliger Anhaltspunkte - von einem Zufluss in voller Höhe an den Bf. ausgeht.

Sowohl für das EStG 1972 wie auch für das EStG 1988 gilt, dass die Kapitalertragsteuer grundsätzlich vom Schuldner der Kapitalerträge abzuführen ist. Nur ausnahmsweise wird der Empfänger der Kapitalerträge in Anspruch genommen. Sind die Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 (bzw. Abs. 4) EStG 1988 erfüllt, liegt es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob die Haftung beim Schuldner der Kapitalerträge geltend gemacht wird oder der Steuerschuldner unmittelbar in Anspruch genommen wird (vgl. mwN).

Die Vornahme verdeckter Ausschüttungen ist ein klassischer Anwendungsfall des § 95 Abs. 5 (bzw. Abs. 4) EStG 1988, besteht das Wesen verdeckter Ausschüttungen doch gerade darin, die Zuwendung von Vorteilen an die Gesellschafter nicht nach außen in Erscheinung treten zu lassen und auch keine vorschriftsmäßige Kürzung der Kapitalerträge vorzunehmen (vgl. ).

Da infolge der verdeckten Ausschüttungen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 95 Abs. 5 (bzw. Abs. 4) EStG 1988 erfüllt sind, liegt es im Ermessen der Abgabenbehörde, ob die Haftung beim Schuldner der Kapitalerträge geltend gemacht wird oder der Steuerschuldner unmittelbar in Anspruch genommen wird.

Bei der Ermessensübung ist immer auf den Einzelfall abzustellen. Die Ermessensentscheidung muss sich nach § 20 BAO in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Dabei wird dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei" und dem Begriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliche Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beigemessen (vgl. ).

Der Bf. war in den Streitjahren 2010 bis 2013 Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der ***B GmbH***. Als Vertreter der GmbH gemäß § 80 Abs. 1 BAO hatte er insbesondere auch deren abgabenrechtliche Pflichten wahrzunehmen und sohin auch Kapitalertragsteuer einzubehalten und abzuführen. Das steuerliche Verhalten des Bf. ist folglich unter dem Aspekt der "Billigkeit" zulasten berechtigter Interessen der Partei zu berücksichtigen. Da über die ***B GmbH*** mit Beschluss vom ***Datum 1*** der Konkurs eröffnet und mit Beschluss vom ***Datum 2*** der Konkurs mangels Kostendeckung aufgehoben wurde, erweist sich in Hinblick auf die Sicherung der Abgabeneinbringung die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer gegenüber dem Bf. als zweckmäßig. Ausgehend von den vorliegenden tatsächlichen Gegebenheiten wird das Ermessen in Anbetracht der Kriterien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit in gesetzmäßiger Weise geübt, wenn der Bf. als Steuerschuldner der Kapitalertragsteuer unmittelbar in Anspruch genommen wird.

Insgesamt war die Beschwerde daher als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Bei der Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage ist das Bundesfinanzgericht der angeführten ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise





ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100082.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at