Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Anna Mechtler-Höger über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe des Antragstellers ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Bonafide Treuhand & Revisions GmbH, Berggasse 10, 1090 Wien, vom für das Beschwerdeverfahren betreffend den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit welchem der Antrag vom auf Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2002 und 2003 sowie Anspruchszinsen 2002 und 2003 zurückgewiesen wurde, Steuernummer ***1***, beschlossen:
Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.
Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde der Antrag des ***Bf1*** vom auf Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2002 und 2003 und der Anspruchszinsenverfahren 2002 und 2003 als verspätet zurückgewiesen und in der Begründung nach Zitat des § 304 BAO und des § 207 Abs. 1 BAO wie folgt ausgeführt:
"Die Verfahren Einkommensteuer und Anspruchszinsen 2002 und 2003 waren zum Zeitpunkt der Antragstellung am gem. § 209 Abs 3 BAO jeweils seit bereits ca. zehn Jahren verjährt (vgl. § 304 lit a BAO).
Gegen die jeweils in 2006 rechtswirksam zugestellten Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide 2002 und 2003 (siehe die Ausführungen in Kapitel (A.)) wurde in 2006 kein Rechtsmittel eingebracht, die Bescheide wurden 2006 rechtskräftig. Die Anträge auf Wiederaufnahme wurden somit nicht innerhalb von drei Jahren ab der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides gestellt (vgl. § 304 lit b BAO)."
Dieser Bescheid wurde nachweislich am rechtswirksam zugestellt.
Mit Schreiben vom wurde um Erstreckung der Beschwerdefrist bis ersucht und gleichzeitig die Gewährung von Verfahrenshilfe beantragt, da es sich um schwierige Rechtsfragen handle und aufgrund des von der Finanzbehörde eingeleiteten Insolvenzverfahrens zur endgültigen Fixierung des Sanierungsverfahrens im Frühjahr 2024 die dritte Zahlung geleistet werden müsse. Auch erscheine die beabsichtigte Rechtsverfolgung weder offenbar mutwillig noch aussichtslos, zumal bereits ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben worden sei.
Rechtslage:
Gemäß § 292 Abs. 1 BAO ist auf Antrag einer Partei (§ 78), wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,
1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und
2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Gemäß § 292 Abs. 7 Z 1 BAO kann der Antrag ab Erlassung des Bescheides, der mit Beschwerde angefochten werden soll, gestellt werden.
Gemäß § 292 Abs. 8 BAO hat der Antrag zu enthalten
1. die Bezeichnung des Bescheides (Abs. 7 Z 1) bzw. der Amtshandlung (Abs. 7 Z 2) bzw. der unterlassenen Amtshandlung (Abs. 7 Z 3),
2. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
3. die Entscheidung der Partei, ob der Kammer der Wirtschaftstreuhänder oder der Rechtsanwaltskammer die Bestellung des Verfahrenshelfers obliegt,
4. eine Darstellung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers und der wirtschaftlich Beteiligten.
Gemäß § 292 Abs. 10 BAO hat das Verwaltungsgericht über den Antrag mit Beschluss zu entscheiden. Hat das Gericht die Bewilligung der Verfahrenshilfe beschlossen, so hat es die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer hievon zu benachrichtigen.
Gemäß § 292 Abs. 11 BAO hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder bzw. die Rechtsanwaltskammer mit Beschluss den Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt zu bestellen, dessen Kosten die Partei nicht zu tragen hat. Wünschen der Partei über die Auswahl der Person des Wirtschaftstreuhänders oder Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen. Von der Bestellung sind die Abgabenbehörde und das Verwaltungsgericht zu verständigen.
Wird der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb einer für die Einbringung der Beschwerde (§ 243, § 283), des Vorlageantrages (§ 264) oder einer im Beschwerdeverfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht einzuhaltenden Frist gestellt, so beginnt diese Frist gemäß § 292 Abs. 12 BAO mit dem Zeitpunkt, in dem
1. der Beschluss über die Bestellung des Wirtschaftstreuhänders bzw. Rechtsanwaltes zum Vertreter und der anzufechtende Bescheid dem Wirtschaftstreuhänder bzw. Rechtsanwalt bzw.
2. der den Antrag nicht stattgebende Beschluss der Partei
zugestellt wurde, von neuem zu laufen.
Ob eine Rechtsverfolgung offenbar aussichtslos ist, muss objektiv beurteilt werden. Dass der Antragsteller selbst die Aussichtslosigkeit nicht erkennt oder nicht erkennen kann, ist dabei ohne Bedeutung (so Ritz/Koran, BAO7, § 292 Tz 24 unter Verweis auf Bydlinski in Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze3 II/1, § 63 ZPO Rz 20).
Geht man - wie die belangte Behörde - davon aus, dass die Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide 2002 und 2003 im Jahr 2006 rechtswirksam zugestellt wurden, so sind sie bereits 2006 in Rechtskraft erwachsen. Dem im Jahr 2023 gestellten Wiederaufnahmeantrag kann daher gemäß § 304 lit b BAO kein Erfolg beschieden sein, da er unstrittig erst im Jahr 2023 und somit nicht innerhalb von drei Jahren ab Eintritt der Rechtskraft der Bescheide eingebracht worden ist.
Ist jedoch das Vorbringen des steuerlichen Vertreters zutreffend, dass die Einkommensteuer- und Anspruchszinsenbescheide 2002 und 2003 im Jahr 2006 nicht ergangen sind, so fehlt für eine erfolgreiche Wiederaufnahme einerseits ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren und ist andererseits bezüglich dieser Abgaben bereits in den Jahren 2007 bzw. 2008 Verjährung eingetreten. Nach Eintritt der Verjährung wäre gemäß § 304 lit a BAO eine Wiederaufnahme nur zulässig, wenn der Wiederaufnahmeantrag vor Eintritt der Verjährung gestellt worden wäre. Der Wiederaufnahmeantrag wurde aber unstrittig erst im Jahr 2023 gestellt.
Da in beiden Varianten eine Beschwerde gegen die vom Finanzamt vorgenommene Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrages aussichtslos ist, war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.
Der Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2023/13/0063, mit welchem der , wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben worden ist, kann dem Antrag nicht zum Erfolg verhelfen, weil es im dortigen Verfahren um eine Beschwerde gegen die Einkommen- und Anspruchszinsenbescheide 2002 und 2003 gegangen ist, während im vorliegenden Fall die Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages beschwerdegegenständlich ist.
Die Fragen, ob die zu entscheidende Rechtsfrage "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweist bzw. die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts bestritten werden können, mussten bei dieser Sachlage nicht beantwortet werden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt hier nicht vor. Die Entscheidung folgt vielmehr hinsichtlich des Eintritts der Rechtskraft und der Verjährung der Judikatur der Höchstgerichte.
Belehrung und Hinweise
Dem Antragsteller steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (Freyung 8, 1010 Wien) zu erheben. Die Beschwerde ist direkt beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Personen mit geringem Einkommen und Vermögen können einen Antrag auf Gebührenbefreiung und/oder auf kostenlose Beigebung einer Rechtsanwältin oder eines Rechtsanwaltes stellen. Der Verfahrenshilfeantrag selbst ist gebührenfrei und muss nicht von einer Rechtsanwältin oder einem Rechtsanwalt eingebracht werden. Es muss aber die Rechtssache, für die Verfahrenshilfe begehrt wird, angegeben und bekannt gegeben werden, ob die beschwerdeführende Partei von der Entrichtung der Eingabengebühr befreit werden will und/oder ob ihr eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt beigestellt werden soll. Das Antragsformular samt Vermögensbekenntnis kann beim Verfassungsgerichtshof elektronisch, postalisch oder persönlich eingebracht werden. Das Formular für postalische oder persönliche Einbringung liegt in der Geschäftsstelle des Verfassungsgerichtshofes auf; es kann auch von der Website des Verfassungsgerichtshofes (www.vfgh.gv.at; im Bereich Kompetenzen und Verfahren / Verfahrenshilfe) heruntergeladen werden. Die Einbringung per E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung. Zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen wird auf die Website des Verfassungsgerichtshofes verwiesen.
Dem Antragsteller steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung, wenn das Bundesfinanzgericht dies in seinem Spruch zugelassen hat, eine ordentliche, ansonsten eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision ist schriftlich innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der Entscheidung beim Bundesfinanzgericht, 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, einzubringen. Sie ist - abgesehen von den gesetzlichen Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (in Abgaben- und Abgabenstrafsachen auch von einer Steuerberaterin bzw. einem Steuerberater oder einer Wirtschaftsprüferin bzw. einem Wirtschaftsprüfer) abzufassen und einzubringen. Bei entsprechend ungünstiger Einkommens- und Vermögenslage kann Verfahrenshilfe gewährt werden. Wird die Verfahrenshilfe bewilligt, entfällt die Eingabengebühr und es wird eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt bestellt, die oder der den Schriftsatz verfasst. Der Antrag ist im Falle der ordentlichen Revision beim Bundesfinanzgericht einzubringen. Das Antragsformular ist elektronisch auf der Website des Bundesfinanzgerichtes (https://www.bfg.gv.at/public/faq.html) erhältlich. Zur Erhebung einer außerordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof (Postfach 50, 1016 Wien) einzubringen; bereits der Antrag hat diesfalls eine Begründung zu enthalten, warum die Revision für zulässig erachtet wird. Das Antragsformular für postalische oder persönliche Einbringung ist im Servicecenter des Verwaltungsgerichtshofes (Judenplatz 11, 1010 Wien) oder elektronisch auf der Website des Verwaltungsgerichtshofes (www.vwgh.gv.at; im Bereich Verfahren/Verfahrenshilfe) erhältlich, auf welche auch zur Vorgangsweise für die elektronische Einbringung und zu weiteren Informationen verwiesen wird.
Die für eine allfällige Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühren von 240,00 Euro ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.
Die belangte Behörde ist nicht Partei des Verfahrens betreffend Gewährung der Verfahrenshilfe, ihr steht daher kein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss zu (vgl. ; ).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 292 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 Abs. 10 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 Abs. 11 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 Abs. 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 207 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 292 Abs. 7 Z 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:VH.7100017.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at