Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2024, RV/7100884/2021

Qualifikation als Einkunftsquelle bei vorzeitiger Beendigung der Vermietungstätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Eco Wth Stb - ecostb GmbH, Hietzinger Hauptstraße 122, 1130 Wien, über die Beschwerden vom bzw gegen die Bescheide des Finanzamtes Baden Mödling bzw des Finanzamtes Österreich vom bzw betreffend Einkommensteuer 2019 und Umsatzsteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses. Die Einkommensteuer wird endgültig festgesetzt.

  • Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer sind dem Bescheid vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

a. Der vorläufige Einkommensteuerbescheid für 2019vom erging an den Beschwerdeführer (Bf) erklärungsgemäß mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung von -4.772,24 Euro (aus der Beteiligung an einer Vermietungsgemeinschaft). Einkünfte aus der Vermietung von Eigentumswohnungen wurden nicht erfasst.

Der steuerliche Vertreter brachte mit der Beschwerde vom eine korrigierte Einkommensteuererklärung ein, in der die Daten für die Vermietung der einzelnen Eigentumswohnungen ergänzt wurden.

Das Finanzamt änderte den Einkommensteuerbescheid 2019 mit Beschwerdevorentscheidungvom , wobei die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung mit 18.840,45 Euro angesetzt wurden. Dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Eigentumswohnung W6 683,16
Einkünfte aus Beteiligung 111 -4.772,24
Einkünfte aus Beteiligung 222 22.929,53
Summe 18.840,45

Überdies wurde ein Steuerbetrag für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz von 30%) berücksichtigt.

In der Begründung verwies das Finanzamt hinsichtlich der Liebhabereibeurteilungen auf die Begründung in den Einkommensteuerbescheiden 2009 bis 2018. Hinsichtlich der Veräußerung der Wohnung in Bregenz mit Kaufvertrag vom erläuterte das Finanzamt die Berechnung der 30%igen Immobilienertragsteuer.

Im Vorlageantrag vom wandte der Bf ein, das Finanzamt habe in den Vorjahren sämtliche Wohnungsvermietungen als Liebhaberei beurteilt, wogegen Beschwerde eingelegt worden sei. Für 2019 seien demgegenüber aber die positiven Ergebnisse aller Wohnungen als Einkommen angesetzt worden. Sollte die Abgabenbehörde an ihrer Ansicht betreffend 2009 - 2018 festhalten, so wären die positiven Ergebnisse aus 2019 ebenfalls nicht anzusetzen.

b. Der Umsatzsteuerbescheid für 2019vom erfasste erklärungsgemäß die Mieterlöse aus sämtlichen Eigentumswohnungen in Höhe von 8.555,43 Euro sowie Vorsteuer von 161,28 Euro und wurde in der Folge mit Bescheid vom gemäß § 299 BAO aufgehoben.

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid vom ging von steuerpflichtigen Vermietungsumsätzen von lediglich 1.464,24 Euro und Vorsteuer von 11,79 Euro aus.

In der Beschwerdevom gegen den Umsatzsteuerbescheid vom wandte der steuerliche Vertreter ein, dass die Wohnungen an die X GmbH übertragen worden seien, die Vermietung jedoch nicht eingestellt worden sei. Gemäß der VwGH Judikatur () sei es nicht schädlich, wenn die Vermietung vor Erzielung eines Gesamtüberschusses aufgegeben werde oder die Wohnungen ungeplant an eine Gesellschaft, deren Eigentümer der Verkäufer sei, übertragen werden.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der gesonderten Begründung führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung bei Auftreten von Verlusten Liebhaberei anzunehmen sei. Eine Anerkennung der Betätigung als Einkunftsquelle setze voraus, dass trotz Auftretens zeitweiliger Verluste die Erzielung eines Gesamtgewinns oder Gesamtüberschusses in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten sei. Aus § 2 Abs. 4 erster Satz Liebhabereiverordnung ergebe sich, dass bei der Beurteilung eines abgeschlossenen Betätigungszeitraumes grundsätzlich nur die Ergebnisse innerhalb dieses Zeitraumes heranzuziehen seien. Lasse die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit von vornherein keinen Gesamtüberschuss innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erwarten, liege ungeachtet der Gründe, die zur Beendigung der Betätigung geführt haben, jedenfalls Liebhaberei vor.

Der Beschwerdeführer habe mit den vermieteten Eigentumswohnungen ausschließlich Verluste erwirtschaftet, bevor er diese an die X GmbH verkauft habe.

Werde eine Betätigung, für die möglicherweise ein Gesamtüberschuss innerhalb des absehbaren Zeitraumes zu erwarten gewesen wäre, vor Erzielung dieses Gesamterfolges beendet, sei für den abgeschlossenen Zeitraum eine Einkunftsquelle nur dann anzunehmen, wenn Unwägbarkeiten vorliegen. Laut Rechtsprechung sei es Aufgabe des Steuerpflichtigen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant war, sondern sich die Beendigung erst nachträglich durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten ergeben habe.

Der Beschwerdeführer habe aus privaten Gründen die Mietobjekte vor Erzielung eines Gesamtüberschusses an die X GmbH verkauft. Dass den Beschwerdeführer eine Unwägbarkeit zu dem Verkauf veranlasst hat, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom dieVorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht. Er merkte ergänzend an, dass der Verkauf der vermieteten Eigentumswohnungen an die X GmbH erfolgte, um im Ablebensfall die Immobilien in einer Hand weiterverwalten zu können.

Das Finanzamt legte die Beschwerden und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

c. Das Bundesfinanzgericht führte im Ersuchen um Stellungnahme vom aus, dass dem Verkauf der Eigentumswohnungen an die X GmbH offensichtlich keine unvermeidbaren Unwägbarkeiten zugrunde liegen, und gab bekannt, wie sich nach der Aktenlage die in der Beschwerdevorentscheidung angesetzten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Jahres 2019 betragsmäßig zusammensetzen.

Mit Eingabe vom legte die steuerliche Vertretung den Sachverhalt und ihre Rechtsansicht wie folgt dar:

Der Bf habe in den Jahren 2009 - 2015 Wohnungen gekauft, die er jeweils an fremde Dritte vermietet habe. Aufgrund der Aufwendungen und Zinsen seien zunächst Verluste entstanden, in weiterer Folge Gewinne. Aufgrund der Prognoserechnungen zeige sich, dass jeweils ein Totalüberschuss erzielbar und geplant gewesen sei.

Der Bf habe die Wohnungen am an die X GmbH verkauft, die der Bf 2018 gegründet habe und deren Anteile bei Ankauf der Wohnungen dem Bf alleine gehörten. Die Verkäufe seien vor Erzielung eines Totalüberschusses erfolgt.

Der steuerliche Vertreter legte die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes näher dar (, ), aus der folge, dass der Steuerpflichtige nachzuweisen habe, dass er nicht von allem Anfang an den Plan gehabt habe, die Betätigung vor Erzielung eines Einnahmenüberschusses einzustellen. Nicht nur ein unerwartetes Ereignis, eine Unwägbarkeit, könne zur Änderung des ursprünglichen Planes führen, sondern auch andere Gründe - etwa private Motive.

Der Bf habe als Angestellter in führender Position signifikante Einkünfte erzielt, die ein Ansparen von Vermögen gesichert hätten. Der Bf habe sich entschlossen, auch Immobilieninvestitionen durchzuführen, wobei aus der Vermietung an fremde Dritte laufende Einkünfte bezogen werden sollten.

Der Bf habe - wie am Immobilienmarkt durchaus üblich - zum Aufbau von Immobilienvermögen Teile des Kaufpreises fremdfinanziert. Neben den Anlaufkosten und allfälligen Sanierungskosten sei auch ein gewisser Zinsaufwand zu kalkulieren gewesen. Die betrieblichen Planrechnungen bzw Prognoserechnungen würden in einem absehbaren Zeitraum, nämlich in weniger als 20 Jahren (je nach Wohnung unterschiedlich), die Erwirtschaftung eines Gesamtüberschusses zeigen.

Ab diesem Zeitpunkt würden dem Bf laufende Überschüsse zur Verfügung stehen, die dem Bf zur Absicherung des Lebensstandards nach der Pensionierung dienen sollten. Dies beziehe sich auf den Bf selbst und auch auf seine Familie.

Eine Beendigung der Vermietung durch Verkauf, gemeint als Realisierung des Wertes am Markt, sei aus diesem Grund zu keinem Zeitpunkt angedacht gewesen. Langfristiges Immobilienvermögen sollte als zusätzliches Standbein und als Pensionsabsicherung aufgebaut werden.

Erstmals im Jahr 2017 sei im Familienkreis besprochen werden, dass die Immobilieninvestitionen auch der Ehefrau und den beiden Kindern zu Gute kommen sollten. Die Ehefrau habe den Wunsch geäußert, in irgendeiner Form direkt am Vermögen beteiligt zu sein. Auch mit den Kindern habe es entsprechende Diskussionen gegeben, ob und wann sie mit Unterstützungen bzw mit einem vermögensmäßigen Rückhalt rechnen könnten.

Dem Bf sei bewusstgeworden, dass im Erbfall oder bei Schenkung eine Zuordnung einzelner Wohnungen an bestimmte Familienmitglieder eine unterschiedliche zukünftige Wertentwicklung zu einer Ungleichheit führen könnte.

Bei einer Übertragung der Wohnungen an alle Familienmitglieder ergebe sich das Problem, dass Wohnungseigentum nur von maximal zwei Personen gehalten werden können. Auch die Gestionierung von Wohnungen mit mehreren Eigentümern könne schwieriger werden.

Nach Beratung mit dem damaligen Steuerberater habe sich der Bf zur Gründung einer GmbH entschlossen, auch wenn bei Ausschüttung der erzielten Gewinne aus der GmbH wahrscheinlich kein Vorteil, sondern sogar ein Nachteil in der laufenden Besteuerung gegeben sei. Vermietungseinkünfte im Privatvermögen seien mit dem normalen Steuersatz besteuert. Die GmbH bezahle hingegen Körperschaftsteuer und auf die Ausschüttungen entfalle Kapitalertragsteuer, sodass eine Steuerbelastung von rund 46% gegeben sei. Bei einem theoretischen Verkauf sei die Rechtsform der GmbH insofern nachteilig, als diese Steuerbelastung einer Immobilienertragsteuer von 30% gegenüberstehe.

Zusätzlich falle Grunderwerbsteuer und Eintragungsgebühr an.

Die Möglichkeit einer Privatstiftung sei wieder verworfen worden.

Die Entscheidung, die Wohnungen in die neu gegründete GmbH zu verkaufen, habe der Bf daher erst lange Jahre nach der jeweiligen Anschaffung getroffen. Zunächst habe der Plan bestanden, die jeweiligen Wohnungen, die immer ertragsgeeignet gewesen seien, mindestens bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses zu behalten.

Hätte von Anfang an der Plan bestanden, die Wohnungen nach einigen Jahren aus der Rechtsform einer Gesellschaft zu vermieten, wäre es völlig unverständlich, warum die Wohnungen nicht von Anfang an von dieser Gesellschaft gekauft wurden. Eine Vermietung im Privatvermögen und nach einigen Jahren die Übertragung der Wohnungen an eine GmbH mache keinen Sinn, da die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr (insgesamt 4,6%) zu einer doppelten Kostenbelastung geführt habe. Dazu seien noch die Kosten der Kaufvertragserrichtung gekommen.

Der Bf habe sich entschlossen, diese Nachteile zu akzeptieren, weil ihm die Zusammenführung des von ihm aufgebauten Familienvermögens in einer Gesellschaft zur Vermeidung von familieninternen Streitigkeiten als beste Lösung erschienen sei.

Aus diesen Überlegungen folge auch, dass der Plan der Übertragung in eine GmbH logischerweise nicht von Anfang an bestanden haben könne. Er hätte andernfalls die GmbH von allem Anfang an gegründet und die Wohnungen durch die GmbH gekauft.

Bei Erwerb der Wohnungen habe der Bf daher den Plan der langfristigen Einkunftserzielung ("Pensionsvorsorge") gehabt. Erst ab 2017 habe der Bf die dargestellten Überlegungen angestellt, die er 2019 tatsächlich umgesetzt habe. Es sei daher von Vermietungen auszugehen, die bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses durchgeführt werden sollten.

In der mündlichen Verhandlungam wurde zum Punkt Liebhaberei für die Jahre ab 2009 folgendes vorgebracht:

Der steuerliche Vertreter fasste den Inhalt der Stellungnahme vom zusammen. Die Vertreterin des Finanzamtes ging diesbezüglich weiterhin davon aus, dass im Rahmen des Verkaufs der Wohnungen keine Unwägbarkeiten vorgelegen sind.

Der steuerliche Vertreter entgegnete, dass nach der VwGH-Rechtsprechung nicht unbedingt Unwägbarkeiten vorliegen müssen. Auch ein Verkauf aus privaten Gründen sei anzuerkennen, sofern der ursprüngliche Plan bestanden habe, die Wohnungen bis zur Erzielung eines Gesamtüberschusses zu behalten.

Die Vertreterin des Finanzamtes wandte ein, dass der Beschwerdeführer jedenfalls nachzuweisen habe, dass er nicht schon ursprünglich geplant hat, die Wohnungen vorzeitig zu verkaufen.

Dem wird Seitens des steuerlichen Vertreters entgegengehalten, dass Indizien für einen geplanten vorzeitigen Verkauf nicht vorhanden seien.

Auf Nachfrage der Verhandlungsleiterin gab die Vertreterin des Finanzamtes zu den vorliegenden Prognoserechnungen der einzelnen Wohnungen keine Erklärung ab.

Der steuerliche Vertreter gab bekannt, dass alle Wohnungen zu Wohnzwecken vermietet wurden.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Zu Sachverhalt und Beweiswürdigung im Detail wird auf die Entscheidung , betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer der Vorjahre (2009 - 2018) verwiesen, der dieselbe Sach- und Rechtslage zu Grunde liegt.

Zusammengefasst wird folgendes festgehalten:

Der Bf erwarb in den Jahren 2009 - 2015 insgesamt sechs Eigentumswohnungen, die an fremde Dritte vermietet wurden. Am gründete der Bf die X GmbH, bei der er als Gesellschaftergeschäftsführer fungiert. Der Bf veräußerte mit Kaufvertrag vom sämtliche Wohnungen an die X GmbH.

Die Vermietung der Wohnungen führte in den ersten Jahren ausschließlich zu Verlusten. Aufgrund der vorliegenden unstrittigen, jeweils zu Beginn der Vermietung vom Bf erstellten Prognoserechnungen war jedoch in einem absehbaren Zeitraum jeweils ein Gesamtüberschuss zu erwarten. In dem durch den Verkauf abgeschlossenen Zeitraum ergab sich in der Folge lediglich für die Wohnung W6 ein Gesamtüberschuss, für die übrigen fünf Wohnungen W1, W2, W3, W4 und W5 aber jeweils ein Gesamtverlust. Nicht strittig ist die objektive Ertragsfähigkeit der einzelnen Wohnungen. Fest steht auch, dass dem Verkauf der Wohnungen an die "eigene" GmbH keine Unwägbarkeiten, sondern private Motive zugrunde lagen.

Im Rahmen der Beweiswürdigung wird davon ausgegangen, dass ein Verkauf der Eigentumswohnungen vor Erzielen eines Gesamtüberschusses nicht bereits im Zeitpunkt des jeweiligen Erwerbs geplant gewesen ist, sondern der Entschluss zur Übertragung der Mietobjekte an die X GmbH erst später gefasst wurde (zur näheren Begründung siehe ).

Im Zeitraum von bis zur Veräußerung am erzielte der Bf nach der Aktenlage folgende Vermietungs¬einkünfte aus den gegenständlichen Wohnungen:


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W1
-205,13
W2
-739,31
W3
190,97
W4
219,32
W5
560,19
W6
683,16
Summe der Vermietungseinkünfte
709,20

Diese Aufstellung wurde sowohl der steuerlichen Vertretung (mit Schreiben vom ) als auch der Abgabenbehörde (E-Mail vom ) zur Kenntnis gebracht. Keine der Parteien erhob dagegen Einwendungen.

Zusätzlich fielen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus den Beteiligungen von - 4.772,24 Euro und 22.929,53 Euro an.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Liebhaberei ist gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 LVO bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.
Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 LVO ausgeschlossen sein.

§ 2 Abs. 4 LVO regelt:
Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird. Bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Z 3 gilt als absehbarer Zeitraum ein Zeitraum von 20 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens 23 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt gemäß § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei).

Treten in den in § 1 Abs 2 LVO bezeichneten Fällen Verluste auf, ist grundsätzlich Liebhaberei zu vermuten. Soll die Betätigung dennoch als Einkunftsquelle anerkannt werden, muss ein Gesamtüberschuss in einem absehbaren Zeitraum tatsächlich zu erwarten sein (objektive Ertragsfähigkeit und Widerlegung der Vermutung nach § 2 Abs 4 LVO).

Die Vermietung von Eigentumswohnungen führt grundsätzlich zur Prüfung der einzelnen Wohnungen, wobei jede Wohnung für sich zu beurteilen ist (vgl. auch ).

Im vorliegenden Fall wies die Vermietung der streitgegenständlichen Eigentumswohnungen in den ersten Jahren ausschließlich Verluste auf, wobei anhand der vorliegenden Prognose-rechnungen allerdings in einem absehbaren Zeitraum ein Gesamtüberschuss der Einnahmen als wahrscheinlich zu erwarten war. In dem durch den Verkauf abgeschlossenen Zeitraum ergab sich in der Folge lediglich für eine Wohnung ein Gesamtüberschuss, für die übrigen fünf Wohnungen aber jeweils ein Gesamtverlust.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in seiner ständigen Rechtsprechung zur vorzeitigen Beendigung einer Vermietungstätigkeit - vor Erzielen eines Gesamtüberschusses - durch Verkauf der Liegenschaft folgende Rechtsansicht (zB , , , ):

"Es muss der Ertragsfähigkeit einer Vermietungsbetätigung nicht entgegenstehen, wenn die Liegenschaft vor der tatsächlichen Erzielung eines gesamtpositiven Ergebnisses übertragen wird. Dies gilt entsprechend für den Fall der Einstellung einer Vermietung. Die Behörde kann allerdings in der Regel keine Kenntnis davon haben, ob der Steuerpflichtige geplant hat, die Vermietung unbegrenzt (bzw. zumindest bis zum Erzielen eines gesamtpositiven Ergebnisses) fortzusetzen, oder ob er die Vermietung für einen zeitlich begrenzten Zeitraum geplant hat. Daher wird es, wenn der Steuerpflichtige die Vermietung tatsächlich einstellt, an ihm gelegen sein, den Nachweis dafür zu erbringen, dass die Vermietung nicht von vornherein auf einen begrenzten Zeitraum geplant gewesen ist, sondern sich die Beendigung erst nachträglich, insbesondere durch den Eintritt konkreter Unwägbarkeiten, ergeben hat."

Der Steuerpflichtige, der eine Tätigkeit vorzeitig einstellt, hat den Beweis zu führen, dass seine ursprüngliche Planung auf die Aufrechterhaltung der Tätigkeit (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamteinnahmenüberschusses abgestellt und sich der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben hat. In diesem Zusammenhang kommt nach ständiger Rechtsprechung auch solchen Umständen steuerlich beachtliche Indizwirkung zu, die den Bereich der privaten Lebensführung betreffen. Dass aber nur der "Notverkauf der Einkunftsquelle auf Grund eines de facto nicht zu beeinflussenden Ereignisses" als Beweis für eine auf Dauer geplante Vermietung angesehen werden kann, ist aus der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht ableitbar. Der Verkauf des Mietobjektes vor der Erzielung eines positiven Gesamtergebnisses und ohne Vorliegen einer Unwägbarkeit im Sinne der Rechtsprechung ist für den Verwaltungsgerichtshof ein Indiz dafür, dass die Vermietung von vornherein nicht für die Dauer eines absehbaren Zeitraumes iSd § 2 Abs. 4 LVO beabsichtigt war (siehe , ). Der Verwaltungsgerichtshof betont aber, dass "in solchen Fällen nicht ,nur' eine Unwägbarkeit zur Verneinung der Liebhaberei führen kann" ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat somit als entscheidend beurteilt, dass der ursprüngliche Plan auf eine Vermietung (zumindest) bis zur Erreichung eines Gesamtüberschusses gerichtet war, auch wenn schließlich eine Übertragung des Mietobjektes aus privaten Gründen, ohne Vorliegen von Unwägbarkeiten erfolgt.

Im vorliegenden Fall ist von ursprünglich auf Dauer geplanten Vermietungen zur Erzielung von Gesamtüberschüssen auszugehen. Der Entschluss zur Übertragung der Wohnungen mit Kaufvertrag vom hat sich erst nachträglich ergeben. Da die Vermietungstätigkeiten nach den Prognoserechnungen innerhalb des jeweils absehbaren Zeitraumes ertragsgeeignet waren, führt die vorzeitige Beendigung als nachträglich gefasster Entschluss aufgrund der dargelegten Judikatur für alle Mietobjekte zur Beurteilung als Einkunftsquelle.

Der Einkommen- und der Umsatzsteuerbescheid 2019 waren daher abzuändern.

Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzen sich wie folgt zusammen:


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Einkünfte aus den Wohnungen für bis
709,20
Beteiligung lt. BVE
- 4.772,24
Beteiligung lt. BVE
22.929,53
Summe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
18.866,49

Berechnung der Einkommensteuer für 2019:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
-32,94
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
86.629,15
Vermietung und Verpachtung
18.866,49
Gesamtbetrag der Einkünfte
105.462,70
Sonderausgaben
-146,01
Einkommen
105.316,69
Einkommensteuer:
0% für die ersten 11.000
0,00
25% für die weiteren 7.000
1.750,00
35% für die weiteren 13.000
4.550,00
42% für die weiteren 29.000
12.180,00
48% für die weiteren 30.000
14.400,00
50% für die restlichen 15.316,69
7.658,35
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
40.538,35
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
40.138,35
Steuer für die sonstigen Bezüge 6%
821,45
Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen 30%
2.020,77
Einkommensteuer
42.980,57
Anrechenbare Lohnsteuer
-36.434,12
Rundung
-0,45
Festgesetzte Einkommensteuer
6.546,00

Die Umsatzsteuer für 2019 ist wie im Erstbescheid vom festzusetzen, mit dem die Vermietungstätigkeit anerkannt worden war. Die Parteien haben gegen den diesbezüglichen Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom keine Einwendungen erhoben.

3.2. Zur Nichtzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, da das Bundesfinanzgericht die Frage der Qualifikation als Einkunftsquelle bei vorzeitiger Beendigung der Vermietungstätigkeit auf Grundlage der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (zB. , ) beurteilt hat.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
Zitiert/besprochen in
Ehgartner/Knechtl in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100884.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at