Maßnahmenbeschwerde gegen Ankündigung einer Betriebsprüfung ist unzulässig
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Wirtschaftstreuhänder Mag. Rudolf Rudari, Felderstraße 5, 6706 Bürs, betreffend Maßnahmenbeschwerde gemäß § 283 BAO vom , Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:
Die Beschwerde vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
In der Maßenahmenbeschwerde vom brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:
"Der angefochtene Verwaltungsakt ist die Ankündigung einer Betriebsprüfung vom für die Jahre 2018 - 2022 durch die Prüferin ***1*** ***2***. Auslöser dieses Verwaltungsaktes ist die Finanzbeamtin ***3*** ***4***, vermutlich Abteilungsleiterin.
Die beabsichtigte Durchführung dieser Betriebsprüfung ist ein reiner Racheakt dieser Finanzbeamtin.
Hintergrund des Ganzen ist eine vorangehende Außenprüfung gem. § 147 BAO Für die Zeiträume 7/23 - 3/23.
Infolge gewisser Missverständnisse bzw. häufiger Abwesenheit des Herrn ***Bf1*** in der Türkei (sein Betrieb war ab verpachtet), aus gesundheitlichen Gründen, wurden die verlangten Belege Kassa, Bank usw. nicht vorgelegt. Der Prüfer (***5*** ***6***) hatte sich auch nicht sonderlich bemüht, diese zu bekommen. Er habe 1 x angerufen und Herrn ***Bf1*** nicht erreicht. Es wurden jedoch die Kontoblätter und die Saldenliste des Jahres 2022 zur Verfügung gestellt.
Ab dem Jahr 2023 wurde keine Buchhaltung mehr geführt, da der Betrieb verpachtet war. Der einzige Fehler, der entdeckt wurde, war, dass die UVA 1/23 nicht rechtzeitig abgegeben wurde. Die Ursache war, dass Herr ***Bf1*** glaubte, nur mehr vierteljährlich UVAs abgeben zu müssen. Irgendeine Person mit steuerlichem Halbwissen hatte ihm das erzählt. Sofort nach Erkennen des Irrtums wurden die UVAs 1, 2, 3 abgegeben.
Am fand im Finanzamt Feldkirch die Schlußbesprechung statt.
Der Prüfer verhängte einen Sicherheitszuschlag von 10 % auf die Erlöse 7-12/23.
Dieser SZ wurde in keiner Weise begründet, weder dem Grund noch der Höhe nach.
Wir brachten zur Schlußbesprechung die Buchungsjournale und einen Stick mit, der leider nichts hergab - vermutlich infolge eines technischen Defekts.
Wir ersuchten, die verlangten Unterlagen (Kassa- Bankbelege usw. ) nachbringen zu können. Dies wurde vom Prüfer strikt abgelehnt. (Zeuge ***7***).
Gegen die ergangenen Bescheide hinsichtlich Festsetzung der USt für die Monate 7/22 bis 12/22 wurde am Beschwerde eingebracht, (rechtzeitig).
Am Dienstag, um ca. 8.30 h rief mich die genannte Frau ***4*** an.
Sie wollte, dass ich meine Beschwerde zurückziehe.
Wenn nicht, könne man einerseits einen Sicherheitszuschlag bis zu 30% verhängen, bzw. eine Betriebsprüfung anordnen.
Dies war m.E. ein unzulässiger Erpressungsversuch.
Prompt folgte dann mit Datum die Ankündigung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2018, 2019, 2020, 2021 u. 2022.
Dies entspricht nicht den Regeln des Organisationshandbuches der Finanzverwaltung, wo eine Ausdehnung auf 5 Jahre nur in fiskalisch bedeutsamen Fällen erfolgen soll. Wo bei diesem alten Türken die fiskalische Bedeutung liegen soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Prüfung des Herrn ***Bf1*** war im Prüfplan nicht enthalten, sondern erfolgt ausschliesslich auf Veranlassung von Frau ***4***. Die Frist zur Einbringung einer Maßnahmenbeschwerde beträgt gem. § 283 (2) 6 Wochen, ist somit rechtzeitig.
Ich ersuche somit, diesen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
§ 283 BAO lautet:
"(1) Gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Abgabenbehörden kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde (Maßnahmenbeschwerde) erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
(2) Die Maßnahmenbeschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Beschwerdeführer von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt Kenntnis erlangt hat, sofern er aber durch sie behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung beim Verwaltungsgericht einzubringen. Wird die Maßnahmenbeschwerde rechtzeitig bei einem anderen Verwaltungsgericht oder bei einer Abgabenbehörde eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung; solche Maßnahmenbeschwerden sind unverzüglich an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten.
(3) Die Maßnahmenbeschwerde hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes;
b) soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ den angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat;
c) den Sachverhalt;
d) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt;
e) das Begehren, den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären;
f) die Angaben, die zur Beurteilung der fristgerechten Einbringung der Maßnahmenbeschwerde erforderlich sind.
(4) Der angefochtene Verwaltungsakt ist vom Verwaltungsgericht mit Erkenntnis für rechtswidrig zu erklären, wenn die Maßnahmenbeschwerde nicht mit Beschluss bzw. mit Erkenntnis
a) als nicht zulässig oder nicht fristgerecht eingebracht zurückzuweisen ist (§ 260),
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos zu erklären ist (§ 256 Abs. 3) oder
c) als unbegründet abzuweisen ist.
(5) Dauert der für rechtswidrig erklärte Verwaltungsakt noch an, so hat die belangte Behörde unverzüglich den dem Erkenntnis entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
(6) Partei im Beschwerdeverfahren ist auch die belangte Behörde.
(7) Sinngemäß sind anzuwenden:
a) § 245 Abs. 3, 4 und 5 (Frist),
b) § 256 Abs. 1 und 3 (Zurücknahme der Beschwerde),
c) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
d) § 265 Abs. 4 und 6 (Verständigungspflichten),
e) § 266 (Vorlage der Akten),
f) § 268 (Ablehnung wegen Befangenheit oder Wettbewerbsgefährdung),
g) § 269 (Obliegenheiten und Befugnisse, Ermittlungen, Erörterungstermin),
h) § 271 (Aussetzung der Entscheidung),
i) §§ 272 bis 277 (Verfahren),
j) § 280 (Inhalt des Erkenntnisses oder des Beschlusses)."
Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahme) wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Prüfungsmaßstab ist die Rechtswidrigkeit; Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die nachträgliche Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer derartigen behördlichen Maßnahme an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung der Amtshandlungen (nähere Ausführungen siehe z.B. Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3 § 283 Anm 3).
Ein Verwaltungsakt der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt liegt lediglich dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - als faktische Amtshandlungen in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (z.B. ; ; siehe dazu Ritz, BAO5, § 283 Tz 5 ff mit entsprechenden praktischen Beispielen).
Es muss also ein Verhalten von Behördenorganen vorliegen, das als physische "Zwangsgewalt" (wie Festnahme, Beschlagnahme, Hausdurchsuchung, Personendurchsuchung, Betreten eines Hauses und Nachschau in einigen Zimmern, etc.), zumindest aber als Ausübung von "Befehlsgewalt", gedeutet werden kann.
Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in Form eines Befehles gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein Befolgungsanspruch nicht objektiv nicht vor, käme es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (siehe Fischerlehner aaO, ).
Wäre die genannte Teamleiterin befangen, hätte sie sich gemäß § 76 Abs. 1 BAO von sich aus der (weiteren) Amtshandlungen, außer bei Gefahr im Verzug, zu enthalten gehabt. Anders als im Finanzstrafrecht (vgl. § 73 FinStrG) gibt es jedoch im Abgabenverfahren kein subjektives Recht auf Ablehnung (vgl. ; ). Das Einschreiten eines befangenen Organwalters würde sein Handeln aus diesem Aspekt heraus nicht zur ausgeübten unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt machen.
Laut dem Vorbringen des Beschwerdeführers wurde ihm am eine Betriebsprüfung für die Jahre 2018 bis 2022 angekündigt. Eine derartige bloße Wissensmitteilung über einen verfahrensrechtlichen Zustand ist jedoch, wie wohl allgemein einsichtig, kein auf den Beschwerdeführer ausgeübter physischer Zwang. Durch diese Ankündigung wurde niemandes Hausrecht oder persönliche Freiheit beeinträchtigt; nichts der Gewahrsame einer anderen Person entzogen. In gleicher Weise wurde dadurch dem Beschwerdeführer nichts befohlen, was bei Nichterfüllung den unmittelbaren Zwang von irgendetwas nach sich ziehen würde: Die Mitteilung einer betreffend einen Beschwerdeführer gegebenen Verfahrenslage oder rechtlichen Situation ist keine faktische Amtshandlung (, Slg. 9614).
Das von den Beschwerdeführen in ihrer Sachverhaltsdarstellung geschilderte behördliche Handeln ist daher nicht geeignet, den tauglichen Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde zu bilden.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Im gegenständlichen Fall liegt aber eine eindeutige und durch die Rechtsprechung der Höchstgerichte gesicherte Rechtslage vor, weshalb keine ordentliche Revision zuzulassen ist.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 283 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RM.1100001.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at