zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2024, RV/7102436/2018

Notärztliche Tätigkeit für einen Rettungsdienst: Keine DB-Pflicht, da keine Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs. 2 EStG vorliegen und die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 lit a) bzw. lit c) ASVG zur Anwendung kommt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Dr. Hans Blasina, die Richterin Mag. Monika Ahorn sowie die fachkundigen Laienrichter Ing. KomzlR. Hans Eisenkölbl und Gerald Cuny-Kreuzer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Baldinger & Partner Unternehmens- und Steuerberatung GmbH, Ferrogasse 35, 1180 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe, § 323b BAO) vom betreffend Dienstgeberbeitrag 2011 bis 2015 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am und am in Anwesenheit des Schriftführers Dietmar Gratz zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Kurzübersicht:
Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA), stellte der Prüfer der ***1*** Gebietskrankenkasse (***1*** GKK) nach umfangreichen Erhebungen ua fest, dass die Notarzttätigkeiten der einzelnen Ärzte nicht im Rahmen von freien Dienstverhältnissen durchgeführt worden seien, sondern dass vielmehr von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs. 2 EStG auszugehen sei. Die belangte Behörde folgte den Feststellungen und setzte aufgrund vorliegender Dienstnehmereigenschaft der Notärzte den Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2011 bis 2015 fest. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

Im Detail:
Während der Prüfung durch die ***1*** GKK wurden neun Ärzte, darunter auch ***2***, der damalige Notärzte-Koordinator sowie ***3***, der damalige Landesgeschäftsführer, bezüglich ihrer notärztlichen Tätigkeit für die Bf. einvernommen.

Den Niederschriften dieser Vernehmungen sind (zusammengefasst) folgende Punkte zu entnehmen:
Vor Aufnahme der notärztlichen Tätigkeit müssen die Ärzte ihr Notarztdekret bzw Nachweise über absolvierte Auffrischungskurse vorlegen. Die Überprüfung übernehme der ärztliche Stützpunktleiter. Auch wenn die Ärzte bereits als Notärzte tätig waren, erfolge jedenfalls eine Einschulung auf die (im Rettungswagen befindlichen) Geräte, da dies nach dem Medizinproduktegesetz vorgeschrieben sei. Weitere Einschulungsmaßnahmen wie beispielsweise das Begleiten eines anderen Notarztes bei seinen Einsätzen sei möglich, könne aber auch entfallen.

Es gebe fix vorgegebene Schichtzeiten, die je nach Stützpunkt variieren, wobei sich die Ärzte auch mit den Kollegen absprechen können, um beispielsweise einen Dienst zu teilen oder später zu beginnen. Für jeden Stützpunkt werde ein Dienstplan erstellt, in den die Eintragung durch die Ärzte freiwillig, im Vorhinein erfolge. Der ärztliche Stützpunktleiter mache die endgültige Einteilung auf Grundlage der erfolgten Eintragungen oder die Notärzte fixieren den endgültigen Dienstplan bei einem gemeinsamen Treffen. Ab diesem Zeitpunkt sei der Dienstplan "verbindlich".

Der Vertretungsfall wurde von den einvernommenen Ärzten unterschiedlich beschrieben. Es werde eine Meldung an den ärztlichen Stützpunktleiter gemacht, der sich dann um einen Ersatz aus dem Pool der Notärzte kümmere. Sollte niemand gefunden werden, müsse der Notarztwagen als nicht verfügbar gemeldet werden. Ob dies für die zu vertretenden Ärzte Konsequenzen nach sich zieht, ist den Vernehmungsniederschriften nicht zu entnehmen. Andere Ärzte wiederum suchen im Verhinderungsfall selbst Ersatz aus dem Pool der vorhandenen Notärzte.

An den Stützpunkten stehen den Notärzten Räumlichkeiten (Notarztzimmer und Gemeinschaftsraum) zur Verfügung. Bei Dienstbeginn erfolge in den meisten Fällen eine Meldung am Stützpunkt und die Übernahme von Pager und gegebenenfalls des Diensthandys. Andernfalls erfolge die Einsatzmeldung über das Privathandy.

Die Arbeitsmittel (Rettungswagen, medizinische Geräte, Medikamente, Arbeitskleidung) werden grundsätzlich von der Bf. zur Verfügung gestellt. Manche Ärzte verwenden ihre eigene Notarztkleidung, andere beispielsweise ihr eigenes Stethoskop oder einen eigenen Reflexhammer.

Im Fall eines Einsatzes sei die vom Land ***1*** vorgegebene Ausrückzeit einzuhalten. Während des Einsatzes müssen laufend Statusmeldungen abgegeben und über jeden Einsatz muss ein (medizinisches) Protokoll angefertigt werden.

Die Haftungsfrage im Falle von ärztlichen Fehlentscheidungen wurde bei den Vernehmungen offenbar nicht gestellt bzw finden sich diesbezüglich keine Aussagen in den Vernehmungsniederschriften. Alle befragten Ärzte gaben an, eine ärztliche Haftpflichtversicherung abgeschlossen zu haben.

***2***, damaliger Notärzte-Koordinator und auch selbst als Notarzt tätig, gab in seiner Niederschrift (BFG-Akt, OZ 15) zusätzlich an, dass die Bereitschaftszeit nicht am Stützpunkt absolviert werden müsse, sondern auch an einem anderen Ort erfolgen könne. Es müsse lediglich die vom Land geforderte Ausrückzeit eingehalten werden.

Weiters gab er an, dass neben den für die Bf. oder eine andere Rettungsorganisation tätigen Notärzte auch bei den Landeskliniken angestellte Ärzte Notarzttätigkeiten im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses erbringen. Sie werden im Bedarfsfall von der Landesklinikenholding der Bf. oder einer anderen Rettungsorganisation zur Verfügung gestellt und unterbrechen dafür ihre ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus.

Der Niederschrift über die Vernehmung von ***3*** (BFG-Akt, OZ 18), dem damaligen Landesgeschäftsführer der Bf. sind Ausführungen zur Entwicklung des notärztlichen Rettungswesens in ***1*** sowie der vertraglichen Ausgestaltung zwischen der Bf. und dem Land ***1*** zu entnehmen. Aus diesen vertraglichen Verpflichtungen resultieren gewisse Ablauforganisationen bei den Rettungsorganisationen, um die unterschiedlichen Arten der Einsätze abwickeln zu können.

Neben anderen Rettungsorganisationen sei auch die Bf. an der ***4*** GmbH beteiligt. Diese übernehme die Alarmierung und Disposition.

Die Verrechnung mit den Notärzten sei bis ca März 2011 folgendermaßen erfolgt: Von den Bezirksstellen des Roten Kreuzes sei die Verrechnung auf Vollständigkeit geprüft und danach an eine 100 prozentige Tochter des Landes ***1*** (***5***) weitergeleitet worden. Die Bezahlung sei somit durch das Land ***1*** erfolgt. Ab April 2011 sei das System insofern umgestellt worden, als die Verrechnung für die sechs Stützpunkte durch ***Bf1*** selbst durchzuführen sei. Daher stellen die Notärzte seither ihre Honorarnoten an die Bf., die diese im Namen des Landes ***1*** begleiche. Die Bf. übernehme dabei nur die Koordination der sechs Stützpunkte wohingegen die anderen Stützpunkte vom Land ***1*** koordiniert werden.

***2*** fungiere als Hauptkoordinator (Notärzte-Koordinator). Dieser sei auch Ansprechpartner für die einzelnen Stützpunkt-Koordinatoren und diese wiederum für die einzelnen Notärzte. Hauptaufgabenbereich sei dabei die Koordinierung und Planung der Einsätze. Da das Ärztegesetz die Dokumentation der Einsätze vorsehe, werden die ärztlichen Protokolle angefertigt. Am Unfallort sei der Notarzt oberste Instanz und laut Ärztegesetz gegenüber allen anderen, zB den Sanitätern weisungsbefugt.

Auf Grundlage des Berichtes des Prüfers der GPLA setzte die Behörde den Dienstgeberbeitrag fest und verwies in der Begründung auf den Bericht vom und auf die Niederschrift zur Schlussbesprechung.

Nach Ansicht der Behörde seien die Notarzttätigkeiten nicht im Rahmen von freien Dienstverhältnissen (unter Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 ASVG) erbracht worden, sondern sei von Dienstverhältnissen iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 auszugehen, weshalb eine entsprechende DB-Pflicht iSd § 41 FLAG 1967 bestehe und der Dienstgeberbeitrag daher festgesetzt wurde.

In der gegen diese Bescheide eingebrachten Beschwerde wurde eingewendet, die Einstufung der notärztlichen Tätigkeit als Dienstverhältnisse entspreche nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Sollte dennoch ein Dienstverhältnis vorliegen, so könne ein solches nur zwischen den Notärzten und dem Land ***1*** zustande kommen, da das Land ***1*** laut ***1*** Rettungsdienstgesetz für die Einrichtung und Aufrechterhaltung des überregionalen Rettungs- und Krankentransportdienstes, der auch den Notarztrettungsdienst beinhalte, verpflichtet sei. Das Land ***1*** sei somit Auftraggeber und gesetzlich Verpflichteter.

In weiterer Folge wurden, wie auch schon in der Stellungnahme, die als Beilage zur Niederschrift zur Schlussbesprechung verfasst wurde, die Tätigkeit der Notärzte sowie die organisatorischen Rahmenbedingungen beschrieben.

Weiters wurde auf die (ab gültige) gesetzliche Änderung des § 49 Abs. 3 Z 26a ASVG hingewiesen, in der klargestellt werde, dass es sich bei der notärztlichen nebenberuflichen Tätigkeit um eine selbständige Tätigkeit handelt. Die notärztliche Tätigkeit sei auch bereits vor 2016 in der gleichen selbständigen Weise durch die Notärzte erbracht worden.

Der Stellungnahme des Prüfers zur Beschwerde ist zu entnehmen, dass diese Ausnahmebestimmung vom Entgeltsbegriff (§ 49 Abs. 3 Z 26a ASVG) aus Sicht des Prüfers nichts an der grundsätzlichen Einstufung der Tätigkeiten als Dienstverhältnisse iSd § 4 Abs. 2 ASVG ändere. Es seien nur die Entgelte beitragsfrei gestellt worden, dennoch liegen sozialversicherungsrechtliche bzw steuerliche Dienstverhältnisse vor.

Im Rahmen der am stattgefundenen mündlichen Verhandlung vor dem BFG erläuterte der nunmehrige Notärzte-Koordinator (= Ärztlicher Leiter Rettungsdienst), ***6*** auszugsweise:
"[…] Für jeden NEF Stützpunkt gibt es einen koordinierenden Notarzt (umgangssprachlich auch Stützpunktleiter genannt, fungiert aber als Primus inter pares) der in Abstimmung mit den anderen Notärzten des Stützpunktes die Diensteinteilung organisiert. ***Bf1*** hat damit nichts zu tun, das regeln die Notärzte untereinander.

Im Vertretungsfall hat primär der Arzt selbst sich darum zu kümmern. Nur wenn er dafür keine Zeit hat, übernimmt das der koordinierende Notarzt. Aus welchen Gründen man sich vertreten lässt, und ob man sich und in welchem Ausmaß für Dienste einträgt, bleibt jedem Notarzt selbst überlassen und hat keine Sanktion zur Folge.

Der Vertreter muss auf Grund der gesetzlichen Vorgaben selbst die Notarztausbildung haben. Ob er ***Bf1*** oder einer anderen Einsatzorganisation oder im Spital tätig ist, ist für die Auswahl des Vertretungsarztes aber egal.

Die Abrechnung erfolgt immer stundenweise. Bleibt ein Notarzt länger im Dienst, weil der Nachfolger sich verspätet, wird das auch bei der Abrechnung entsprechend berücksichtigt.

Die Beauftragung des Notarztdienstes an sich erfolgt durch das Land ***1***. Dieses hat im Streitzeitraum ***7*** Stützpunkte selbst betrieben mit den im Stützpunktspital angestellten Ärzten. ***10*** Stützpunkte hat ***Bf1*** betrieben, ***8*** davon gemeinsam mit dem ***9***.

Der koordinierende Notarzt wird nicht ***Bf1*** bestimmt, sondern ergibt sich aus der Gruppe der Notärzte. Weder gibt es eine Verpflichtung, diese Funktion zu übernehmen, noch kann ***Bf1*** Einfluss darauf nehmen, dass ein Arzt einen Notarztdienst übernimmt.

Für die Tätigkeit als koordinierender Notarzt gib es ein Zusatzhonorar. Wann und wie er den Dienstplan koordiniert und welches Aussehen der fertige Dienstplan hat, ist seine freie Entscheidung. Es gibt kein einheitliches Formular.

Der Notärztekoordinator für ***1*** hat wiederum die Aufgabe, mit den koordinierenden Notärzten Treffen durchzuführen für einen fachlichen Austausch. Dabei geht es vor allem um Empfehlungen an das Land ***1*** und an ***Bf1*** bei der Anschaffung von Ausrüstung und dem Angebot von Schulungen usw. […]"

Weiters wurde in der mündlichen Verhandlung unter Verweis auf die ständige Rechtsprechung (zB OGH 9 Ob 76/15i) angegeben, dass - anders als bei angestellten Spitalsärzten - bei einer ärztlichen Fehlentscheidung durch den Notarzt ausschließlich dieser in Regress genommen werde - niemals jedoch die Bf.

Die Höhe des Honorars der Notärzte werde durch Landtagsbeschluss festgesetzt und vom Land ***1*** ausbezahlt. Die Bf. prüfe lediglich die von den Notärzten vorgelegten Honorarnoten (in Papierform oder elektronisch anhand der durch die Eintragung der Einsatzzeiten im System der Bf. vorhandenen Daten, die dem Arzt zur Verfügung gestellt und von ihm abgeändert werden können) und gebe die Honorare an die Notärzte weiter.

Auch die Tätigkeit der Ärzte im funkärztlichen Bereitschaftsdienst, mit denen die notärztliche Tätigkeit vergleichbar sei, sei eine selbständige ( 9 Ob A99/91).

Bis zum Erkenntnis des BVwG (BVwG , W145 2010655-1) sei die Tätigkeit als Notarzt auch vom Arbeitsinspektorat und der gewerblichen Sozialversicherung als selbständige Tätigkeit beurteilt worden. Dieser Fall sei mit dem vorliegenden nicht vergleichbar, da es vor dem BVwG um das Sekundärnotarztsystem (Transport von einem Krankenhaus in ein anderes) gegangen sei, hier vorliegend gehe es jedoch um das Primärnotarztsystem (Transport vom Unfallort ins Krankenhaus).

Betriebsmittel des Notarztes seien sein Wissen und seine Behandlungsentscheidung. Die Tätigkeiten am Einsatzort selbst und die Bedienung der Geräte erfolge durch die Sanitäter. Der Notarzt könne auch eigene Bekleidung tragen; diese müsse jedoch gewissen Ö-Normen entsprechen. Zu Aussagen in den Vernehmungsprotokollen von Notärzten, dass diese ihren Dienst persönlich ausüben müssten, wurde in der Verhandlung angegeben, dass es sich dabei nur um eine moralische Verpflichtung aus Sicht des Arztes handeln könne, vertraglich sei er diesbezüglich frei.

Anhand der Dienstpläne werde die Leitstelle des Landes ***1*** informiert, damit diese weiß, welche Notärzte alarmiert werden können. Kurzfristige Verschiebungen machen die Notärzte untereinander aus. Bei kurzfristigen Dienstausfällen müsse der Sanitäter das Fahrzeug bei der Leitstelle abmelden.

Wie in der mündlichen Verhandlung angekündigt, übermittelte die steuerliche Vertretung weitere Unterlagen aus dem entsprechenden Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Mit Schreiben vom nahm die Abgabenbehörde zu den übermittelten Unterlagen Stellung. Im Wesentlichen verwies sie auf die Ausführungen in den Bescheiden der ***1*** GKK (nunmehr ÖGK-***1***) vom (BFG-Akt, OZ 53 sowie OZ 55), und sprach sich für eine organisatorische Eingliederung der Notärzte in die Organisation der Bf. aus.

Unter dem Kriterium der persönlichen Weisungsgebundenheit führte sie aus, dass kein generelles Vertretungsrecht (entsprechend zB ; , 2010/08/0204; , 2009/08/0194) bestehe, da nicht generell die in ***1*** zugelassenen Notärzte als Vertretung herangezogen würden, sondern nur jene, deren fachliche Qualifikation vom durch die Bf. eingesetzten "Koordinator/ärztlichen Leiter" positiv beurteilt wurden.

Für die persönliche Weisungsgebundenheit spreche auch die Verpflichtung der Notärzte, sich während des Bereitschaftsdienstes am Stützpunkt (oder in der Nähe) aufzuhalten. Weiters würden "neue" Notärzte von den bereits für die Bf. tätigen Notärzten hinsichtlich der üblichen Verfahrensabläufe und technischen Abläufe eingeschult und seien nach Ansicht der Behörde auch daran gebunden.

Zum Unternehmerwagnis (insbesondere Haftung) führt die Behörde (mVa Gerhard Aigner, Die Haftung von Notarzt und Sanitäter, RdM 2002, 100) aus, dass Rettungsorganisationen idR aus dem Behandlungsvertrag für Fehlverhalten der von ihnen eingesetzten Notärzte und Sanitäter gemäß § 1313a ABGB haften. Der Notarzt hafte idR - aufgrund Vorliegens eines Behandlungsvertrages mit der Organisation - solidarisch mit dieser nur, wenn gleichzeitig eine deliktische Schädigung vorliegt (vgl Mirian Gschwandtner/Daniel Staribacher, Notfall: Notarztwesen, RdM 2017/155).

Da die Notärzte meist im Rahmen einer Rettungsorganisation tätig werden und nicht ad personam mit dem Rettungseinsatz beauftragt werden, sei nicht der Notarzt Vertragspartner des Notfallpatienten, sondern die Organisation, für die dieser als sog. Erfüllungsgehilfe iSd
§ 1313a ABGB tätig wird.

Weiters widerspricht die Behörde der Sicht der Bf., dass die Haftung der Notärzte für eine selbständige Tätigkeit spreche, und verweist auf das Erkenntnis des BVwG zu Notärzten einer Flugrettungs-GmbH (BVwG , I413 2232187-1). Die Haftung für Behandlungsfehler (deliktische Haftung) treffe selbständige wie unselbständige Ärzte gleichermaßen und könne daher nicht als Unterscheidungskriterium herangezogen werden.

Auch begründe die Bezahlung nach geleisteter Arbeitszeit kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko (vgl mwN) und das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos sei für die Behörde nicht erkennbar, da die Betriebsmittel von der Bf. zur Verfügung gestellt würden.

Weiters führt die Behörde in ihrer Stellungnahme aus, dass der Bf. - und nicht dem Land ***1*** - die Arbeitgebereigenschaft hinsichtlich der für sie tätigen Notärzte zukommt, da sie auch die Verträge mit ihnen abschließt.

Mit Schreiben vom replizierte die Bf. auf die Stellungnahme der Abgabenbehörde und führte im Wesentlichen Folgendes aus:
Zur organisatorischen Eingliederung verweise das Finanzamt lediglich auf organisatorische Notwendigkeiten, die mit jeder Tätigkeit als Notarzt zwingend verbunden seien. Eine darüberhinausgehende Eingliederung liege jedoch nicht vor.

Mit Verweis auf die mündliche Verhandlung vom sei klar erkennbar, dass entgegen der Annahme des Finanzamtes, die koordinierenden Notärzte (von der Behörde als "Koordinator/ärztlicher Leiter" bezeichnet) eben gerade nicht von der Bf. sondern von den Notärzten selbst zur Koordinierung ihrer Tätigkeit eingesetzt werden, weshalb dies kein Argument für das Vorliegen persönlicher Weisungsgebundenheit darstelle. ***6*** habe in der Verhandlung ausgesagt, dass es für jeden NEF-Stützpunkt einen koordinierenden Notarzt (umgangssprachlich auch Stützpunktleiter genannt, fungiert als primus inter pares) gebe, der in Abstimmung mit den anderen Notärzten des Stützpunktes die Diensteinteilung organisiere. ***Bf1*** (selbst) habe damit nichts zu tun, das regeln die Notärzte untereinander. Es gebe keine Verpflichtung die Funktion des koordinierenden Notarztes zu übernehmen. Der Umstand, dass die koordinierenden Notärzte eben gerade nicht von der Bf. sondern von den Notärzten selbst eingesetzt werden, sei von der Behörde nicht berücksichtigt worden.

Den Ausführungen der Behörde zum Unternehmerwagnis widerspricht die Bf. insofern, als der Behandlungsvertrag nicht mit der Bf. sondern mit dem Arzt zustande komme und dass aus dem bloßen Umstand dass die Bf. Erfüllungsgehilfen einsetzt für deren Verschulden sie haftet, keinesfalls auf eine unselbständige Tätigkeit geschlossen werden könne. Es sei weder erforderlich, dass der Gehilfe zum Schuldner in einem dauernden und festen Verhältnis steht, noch dass er vom Schuldner wirtschaftlich oder sozial abhängig ist. Auch ein selbständiger Unternehmer bzw ein Notarzt könne Erfüllungsgehilfe sein, selbst wenn er in keinem Dienstverhältnis zur Rettungsorganisation stehe (Schacherreiter in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.09 § 1313a Rz 36).

Allfällige Organisationsverpflichtungen können keinen Einfluss auf die Abgrenzungsfrage haben, da es der Rettungsorganisation selbst überlassen bleibe, ob sie ihren Organisationspflichten durch Anstellung unselbständiger Dienstnehmer oder durch Beschäftigung von selbständigen Notärzten nachkommt. Auch der von der Behörde zitierte Artikel (Gerhard Aigner, Zur Haftung von Notarzt und Sanitäter, RdM 2002, 100) gehe davon aus, dass Ansprüche gegen die Rettungsorganisation erhoben werden, "falls der (vermeintliche) Schädiger in einem Dienstverhältnis steht bzw stand".

Weil hier vorliegend die Notärzte nicht als unselbständige Dienstnehmer beschäftigt seien, kommen auch die Haftungsprivilegien des DHG nicht zur Anwendung, sodass sich eine schadenersatzpflichtige Rettungsorganisation grundsätzlich uneingeschränkt bei den schadensverursachenden Notärzten regressieren könnte.

Aus der Definition des Behandlungsvertrages (RIS Justiz RS0021335) gehe eindeutig hervor, dass der Behandlungsvertrag mit dem Arzt und nicht mit der Rettungsorganisation geschlossen wird. Daher sei eine volle vertragliche Haftung des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten gegeben, ohne Zurechnung seines Handelns zur Rettungsorganisation.
Komme kein Behandlungsvertrag zustande, scheide eine Haftung der Rettungsorganisation jedenfalls aus, weil der Notarzt (selbst) als Geschäftsführer ohne Auftrag bzw im Notfall tätig wird. Daher werde auch regelmäßig der Notarzt (und nicht die Rettungsorganisation) in Anspruch genommen ().

Sollte die Tätigkeit des Notarztes analog der Entscheidung des BVwG (BVwG , I413 2232187-1) nicht auf Grundlage eines Werkvertrages erbracht werden, handle es sich mVa aber jedenfalls um eine Tätigkeit auf Grund eines freien Dienstvertrages. Entgegen der Ansicht der Behörde sei die Haftung sehr wohl ein Merkmal der selbständigen Tätigkeit, durch die sich das Unternehmerrisiko verwirklichen könne ().

Das Unternehmerrisiko zeige sich weiters sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig, da die Notärzte einerseits keine Einkünfte beziehen, wenn sie krank oder sonst verhindert sind. Andererseits liege auch ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko vor, das sich auch aus der Haftung der Notärzte gegenüber den Patienten für Behandlungsfehler ergebe.

Am wurde die mündliche Verhandlung fortgesetzt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. betreibt im Auftrag des Landes ***1*** Notarzt-Stützpunkte, soweit nicht das Land ***1*** selbst im Rahmen von Stützpunkten an Landesspitälern mit den dort angestellten Ärzten die Notarztversorgung sicherstellt.

Für jeden Stützpunkt übernimmt einer der Notärzte zusätzlich die Funktion des Stützpunktkoordinators, der die Notärzte des jeweiligen Stützpunktes koordiniert. Weiters gibt es noch den Notärztekoordinator für ***1***, der mit den jeweiligen Stützpunktkoordinatoren Treffen für einen fachlichen Austausch organisiert.

Die Organisation der Dienstpläne erfolgt durch die an einem Stützpunkt tätigen Notärzte gemeinschaftlich, wobei der Stützpunktkoordinator, der auch ärztlicher Stützpunktleiter genannt wird, die Finalisierung und Meldung der monatlichen Dienstpläne übernimmt. Die Notärzte sind in ihrer Entscheidung, ob und wie viele Dienste sie leisten, frei. Die Bezahlung erfolgt nach tatsächlich geleisteten Stunden, die Abrechnung erfolgt auf Basis der vom Notarzt gelegten Honorarnoten. Der Nichtantritt oder eine Dienstzeitverkürzung ist sanktionslos. Ersatz im Verhinderungsfall sucht entweder der Notarzt selbst, oder der Stützpunktkoordinator aus dem Pool der für die Bf. eingetragenen Notärzte. Findet sich kein Ersatz, wird der Notarztwagen vom Fahrer abgemeldet. Der Stützpunktkoordinator hat keinerlei fachliche oder sonstige (insbesondere das arbeitsbezogene Verhalten betreffende) Weisungsbefugnis gegenüber den Notärzten.

Auch, wenn sie nicht dazu verpflichtet sind, halten sich die Notärzte während des Notarztdienstes üblicherweise am Stützpunkt auf, um die vom Land ***1*** vorgegebenen Ausrückzeiten einhalten zu können. Die Bf. stellt am Stützpunkt ein Notarztzimmer und einen Aufenthaltsraum zur Verfügung, die von den Notärzten genutzt werden können.

Im Einsatzfall ist Hauptaufgabe des Notarztes, medizinische Entscheidungen zu treffen, im Notfall einzuschreiten und über die Versorgung und Verbringung des Patienten zu entscheiden.

Aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen besteht eine gewisse Ablauforganisation: "Neue" Notärzte müssen ihr Notarztdekret sowie Nachweise über die absolvierten Auffrischungskurse vorlegen, den Vertrag mit der Bf. abschließen und anschließend erfolgt jedenfalls eine Geräteeinschulung (rechtlich vorgeschrieben gemäß Medizinproduktegesetz). Eine darüberhinausgehende Einschulung kann unterbleiben, wenn der Arzt bereits als Notarzt tätig war. Bei Dienstbeginn werden Pager bzw Telefon vom Notarzt übernommen, bei Einsätzen sind die einzelnen Abläufe zu protokollieren.

Alle für einen Rettungseinsatz benötigten Arbeitsmittel (wie zB Rettungswagen, medizinische Geräte, Medikamente, Arztkoffer, Notarztkleidung) werden von der Bf. zur Verfügung gestellt, wobei es den Notärzten auch freisteht, eigene Kleidung (die aufgrund gesetzlicher Vorgaben bestimmten Ö-Normen entsprechen muss) sowie den eigenen Arztkoffer zu verwenden. Wesentlich für die Tätigkeit des Notarztes ist sein "Know-how".

Die Ärzte haben ihre notärztliche Tätigkeit weisungsfrei und ohne jegliche Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bf. ausgeübt und konnten sich bei ihrer Tätigkeit vertreten lassen. Ob Unternehmerwagnis gegeben ist, kann nicht eindeutig festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht übermittelten Aktenteilen, den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung sowie aus den nachgereichten Unterlagen.

Aus dem Vertrag über den Notarztrettungsdienst in ***1*** (BFG-Akt, OZ 65) mit dem Land ***1*** ergibt sich die Verpflichtung der Bf. die Notarztstützpunkte in ***1*** zu betreiben.

Die weiteren Feststellungen ergeben sich va aus den Niederschriften über die Vernehmungen einzelner Ärzte im Zuge der Prüfung (BFG-Akt, OZ 9 bis OZ 18) darunter va auch von ***3***, dem damaligen Landesgeschäftsführer (BFG-Akt, OZ 18) und von ***2***, dem damaligen Notärztekoordinator (BFG-Akt, OZ 15) sowie aus den Aussagen von ***6***, dem aktuellen Notärztekoordinator in der mündlichen Verhandlung vom sowie vom .

Wenn die Behörde in ihrer Stellungnahme vom ausführt, dass ein generelles Vertretungsrecht nicht vorliege, da nicht alle in ***1*** zugelassenen Notärzte als Vertretung herangezogen werden können, sondern nur jene, deren fachliche Qualifikation vom durch die Bf. eingesetzten "Koordinator/ärztlichen Leiter" positiv beurteilt wurde, kann ihr nicht gefolgt werden.

Entgegen dieser Ansicht, dass der "Koordinator/ärztliche Leiter" von der Bf. eingesetzt wird und somit sozusagen die Bf. die (gesetzlichen) Voraussetzungen für die Tätigkeit eines Notarztes überprüft, folgt das Gericht der Darstellung der Bf., dass die koordinierenden Notärzte nicht von der Bf. eingesetzt werden, sondern sich einer der Ärzte aus der Gruppe der für einen Stützpunkt tätigen Notärzte dazu bereit erklärt, als "Koordinator" einerseits die Diensteinteilung in Abstimmung mit den anderen Notärzten des Stützpunktes zu organisieren und andererseits das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zu überprüfen, bevor ein "neuer" Notarzt für die Bf. tätig wird. Es gibt aber keine "Aufnahmeprüfung" und auch kein Auswahlverfahren. Diese Thematik wurde in der mündlichen Verhandlung vom nochmals aufgegriffen und glaubhaft erläutert.

Auch wenn ***2*** als Notärztekoordinator in seiner Vernehmung vom ausgeführt hat, dass der Kreis der Notärzte, die als Vertretung in Frage kommen, aufgrund der gesetzlichen Vorgaben eingeschränkt ist, ist der Pool der in ganz ***1*** tätigen Notärzte sehr groß. Die Notärzte haben dabei freie Wahl aus diesem sehr großen Kreis einen Vertreter zu organisieren. Auch hat ***6*** in der Verhandlung vom ausgeführt, dass Vertretungen nicht notwendigerweise bereits im Notärzte-Pool der Bf. sein müssen, sondern es kommen auch für andere Organisationen oder Krankenhäuser tätige Notärzte als Vertreter in Frage. Dass sich der koordinierende Notarzt zur Verfügung stellt, gegebenenfalls selbst Ersatz für einen Notarzt zu suchen, schränkt die Vertretungsbefugnis des Notarztes nicht ein, da er auch selbst für die Vertretung sorgen könnte. Wird kein Vertreter gefunden, muss der Notarztwagen bei der Leitstelle abgemeldet werden, da er dann nicht zur Verfügung steht. Abgesehen davon gibt es keinerlei Konsequenzen.

Dass einige der im Zuge der Prüfung einvernommenen Notärzte ausgesagt haben, ihr Vertretungsrecht bisher nicht in Anspruch genommen zu haben, kann nicht als "nicht gelebtes Vertretungsrecht" qualifiziert werden. Einerseits haben dies nur einige der befragten Ärzte ausgesagt und die dagegen anders gelebte Vertretungspraxis wurde von ***6*** in der mündlichen Verhandlung glaubhaft beschrieben. Andererseits ist das erkennende Gericht der Ansicht, dass es gerade im Bereich des Rettungsdienstes und der notärztlichen Hilfe nicht Ausfluss einer rechtlichen Verpflichtung sondern eines moralischen Anspruchs der Beteiligten ist, zugesagte Dienste auch zu absolvieren, und nur deshalb für viele Notärzte der Vertretungsfall noch nie eingetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen. Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG, sowie […]. Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, […]. Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs. 1
Z 1 lit a. und b. EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988 und an freie Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 4 ASVG.

Ein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. […]

Dieser Legaldefinition sind zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die (nicht bloß sachliche, sondern persönliche) Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. In Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf weitere Abgrenzungskriterien (wie etwa auf das Fehlen eines Unternehmerrisikos, oder die Befugnis, sich vertreten zu lassen) Bedacht zu nehmen (vgl. Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 56 mwV; Jakom/Ebner, EStG16 § 47 Rz 5 mwV).

Ob bzw. in welcher Ausprägung und Intensität im konkreten Fall die einzelnen genannten Kriterien vorliegen, ist eine Sachverhaltsfrage ().

Für das Kriterium der Weisungsgebundenheit muss der Arbeitnehmer verpflichtet sein, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen, was bedeutet, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 33).

Weisungsgebundenheit ist durch weitgehende Unterordnung gekennzeichnet und führt zu einer weitreichenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Dienstnehmers. Ein persönliches Weisungsrecht beschränkt die Entschlussfreiheit über die ausdrücklich übernommenen Vertragspflichten hinaus (). Es ist dabei stets die persönliche Weisungsgebundenheit (im Unterschied zur sachlichen Weisungsgebundenheit, die sich iRv Werkverträgen auf das zu erbringende Werk bzw den Arbeitserfolg bezieht) zu verstehen. Bei leitenden bzw höher qualifizierten Tätigkeiten tritt die Weisungsgebundenheit als Merkmal der Abgrenzung in den Hintergrund (, betr RA-GmbH; , Ra 2017/13/0041, betr Ärzte). (vgl. Jakom/Lenneis EStG16, § 47 Rz 6 mwV)

Wie ***2*** in seiner Vernehmung angegeben hat, sind ein aufrechtes Notarztdekret, eine erfolgte Einschulung nach dem Medizinproduktegesetz sowie eine abgeschlossene Rahmenvereinbarung mit der Bf. Voraussetzung für die Ausübung der notärztlichen Tätigkeit. Dabei handelt es sich aber um gesetzliche Rahmenbedingungen und nicht um von der Bf. vorgegebene Weisungen.

Auch liegt in der am Beginn eines Vertragsverhältnisses vorgenommenen Festlegung des Aufgabenumfanges als solche keine Weisungsunterworfenheit. Weisungsunterworfenheit bedeutet vielmehr, dass der Arbeitgeber durch individuell-konkrete Anordnungen das Tätigwerden des Dienstnehmers beeinflussen kann ().

Der Arzt ist in Ausübung seiner notärztlichen Tätigkeit (fachlich) weisungsfrei und oberste Instanz. Die Notärzte sind keinerlei Weisungen der Bf. unterworfen, denn die rechtlichen Rahmenbedingungen (Ausrückzeit bzw maximale Zeit für das Eintreffen am Einsatzort) sind vom Land ***1*** vorgegeben und somit keine Anordnungen der Bf. und andere individuell-konkrete Anordnungen durch die Bf. sind nicht ersichtlich; die Notärzte sind nicht einmal verpflichtet, ihre Rufbereitschaft am Stützpunkt zu absolvieren.

Sie sind somit weder fachlich noch persönlich weisungsgebunden.

Das zweite Kriterium zur Abgrenzung des Vorliegens eines Dienstverhältnisses ist die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers. Eine solche organisatorische Eingliederung wird nach der ständigen Rechtsprechung durch jede nach außen als auf Dauer angelegt erkennbare Tätigkeit hergestellt, mit der der Unternehmenszweck der Gesellschaft verwirklicht wird (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 45). Der Arbeitnehmer muss dabei Teil des geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sein.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers zeigt sich ua in der Vorgabe der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie die unmittelbare Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers ().

Je nach den Vorgaben vom Land ***1*** gibt es für die einzelnen Stützpunkte bestimmte Schichtzeiten, die mit Notärzten (und Sanitätern) zu besetzen sind. Daher gibt es Einsatzlisten (Dienstpläne) in die sich die Notärzte freiwillig eintragen. Es besteht jedoch keinerlei Verpflichtung einen bestimmten Dienst zu übernehmen oder sich für eine bestimmte Mindeststundenanzahl einzutragen. Die Ärzte sind dabei gänzlich frei. Die Einteilung des Dienstplanes anhand dieser Eintragungen nimmt auch einer der Notärzte, der koordinierende Notarzt (Stützpunktkoordinator), vor. Dabei kann er aber nicht durch Weisung Ärzten aus der Notarztliste unbesetzte Dienste zuteilen. Es ist auch sanktionslos, wenn ein Notarzt sich nicht einträgt oder einen eingetragenen Dienst nicht antritt.

Wie ***6*** in der mündlichen Verhandlung und auch einige Ärzte bei ihren Einvernahmen angegeben haben, sind die Schichtzeiten für die Ärzte nicht fix einzuhalten. Es kann mit einem anderen Notarzt beispielsweise auch vereinbart werden, dass ein Dienst geteilt wird. Auch kommt es immer wieder vor, dass ein Notarzt seinen Dienst verspätet antritt (beispielsweise aufgrund längerer Operationen im Krankenhaus) und daher den zuvor diensthabenden Notarzt ersucht, länger zu bleiben. Kann ein Notarztwagen nicht durchgehend besetzt werden, ist die einzige Konsequenz, dass er vom Sanitäter in der Leitstelle abgemeldet wird.

Entscheidet sich der Notarzt dafür, in Zukunft keine Dienste mehr zu übernehmen, muss er nicht "kündigen", sondern trägt sich einfach nicht mehr in die Liste ein. Dies zieht keinerlei Konsequenzen nach sich.

Alle nötigen Arbeitsmittel für einen Rettungseinsatz - Rettungswagen, medizinische Geräte, Medikamente, Arztkoffer, Notarztkleidung - werden von der Bf. zur Verfügung gestellt. Den Notärzten steht es frei, eigene Kleidung (die aufgrund gesetzlicher Vorgaben bestimmten Ö-Normen entsprechen muss) sowie den eigenen Arztkoffer zu verwenden oder auf die zur Verfügung gestellten Gegenstände zurückzugreifen. Der Notarzt ist dabei in seiner Entscheidung frei und an keine Vorgaben seitens der Bf. gebunden.

Der Behörde ist beizupflichten, wenn sie in ihrer Stellungnahme vom ausführt, dass der Notarzt - selbst wenn er seine eigene Kleidung und / oder den eigenen Arztkoffer verwendet - jedenfalls keine eigenen Mittel in wesentlichem Umfang einsetzt.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, auf die der steuerliche Vertreter in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat, liegt es allerdings in der Natur eines "funkärztlichen Bereitschaftsdienstes", dass ein entsprechender Sachaufwand bereitgestellt und eine bestimmte Einsatzzeit vorgegeben wird (wie bsplw auch beim Nachtdienst der Apotheken, dem Auskunftsdienst der Rechtsanwälte oder bei den den Kassenärzten auferlegten Vorgaben) ( 9 Ob A 99/91).

Die weiteren Arbeitsmittel, wie Rettungswagen, medizinische Geräte und Medikamente betreffen den Notarzt in seiner Tätigkeit nicht direkt. Wie ***6*** in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, benötigt der Notarzt für seine Tätigkeit im Grunde lediglich sein Know-How, um die Sanitäter anzuweisen, die weiteren Schritte zu setzen. Die Bedienung der Geräte sowie die Gabe von Medikamenten erfolgt durch die Sanitäter auf Anweisung des Notarztes. Die wesentliche Tätigkeit des Notarztes ist es somit in bestimmten medizinischen Fragen einzuschreiten und Entscheidungen zu treffen.

Das Gericht teilt somit die Ansicht der Bf. in ihrer Stellungnahme vom , dass es sich bei den einzelnen Punkten lediglich um organisatorische Notwendigkeiten handelt, die analog der oa Rechtsprechung des mit jeder Tätigkeit als Notarzt zwingend verbunden sind, jedoch keine darüberhinausgehende organisatorische Eingliederung in den Betrieb der Bf. stattfindet.

Auch die von der Bf. bereitgestellte Infrastruktur am Stützpunkt wie Notarztzimmer und Aufenthaltsraum kann von den Notärzten genutzt werden. Der Aufenthalt am Stützpunkt ist allerdings nicht verpflichtend. Der Notarzt kann seine Bereitschaftszeit vielmehr auch andernorts verbringen, sofern die Ausrückzeit bzw die Zeit des Eintreffens am Unfallort sichergestellt ist.

Eine persönliche Abhängigkeit der Notärzte oder eine Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Bf. ist für das Gericht daher nicht erkennbar.

Unternehmerrisiko liegt vor, wenn der Steuerpflichtige sowohl die Einnahmenseite als auch die Ausgabenseite beeinflussen und damit den materiellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 58 mVa ).

Die Notärzte können die Einnahmenseite steuern, da sie die Anzahl der Dienste, für die sie sich eintragen, selbst bestimmen. Sie erhalten auch nur für die tatsächlich absolvierten Dienste ein Entgelt, nicht jedoch, wenn sie sich beispielsweise vertreten lassen oder ihren vereinbarten Dienst schlicht absagen.

Die Möglichkeit, die Einnahmen- und die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen, wird dabei nicht schon dadurch beseitigt, dass der Leistungserbringer nach einem bestimmten Tarif oder einem bestimmten Stundensatz honoriert wird, wie dies bei vielen Freiberuflern, aber auch bei Gewerbetreibenden der Fall ist. Das Unternehmerrisiko kommt nämlich auch darin zum Ausdruck, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit Aufträge anzunehmen oder abzulehnen und solcherart den Umfang seines Tätigwerdens bzw dessen wirtschaftlichen Erfolg selbst zu bestimmen ( mVa ).

Dies trifft bei den Notärzten zu, da sie sich nach eigenem Wunsch für Dienste eintragen - oder eben nicht und dadurch den Umfang ihres Tätigwerdens selbst bestimmen.

Die Behörde ist gegenteiliger Meinung und führt in ihrem Schreiben vom das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, , an. Demnach begründet die Bezahlung nach geleisteter Arbeitszeit kein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko. Auch sei das Vorliegen eines ausgabenseitigen Unternehmerrisikos für die Behörde nicht erkennbar, da die Betriebsmittel von der Bf. zur Verfügung gestellt werden.

Weil die angeführten Judikate des Verwaltungsgerichtshofes unterschiedliche Lösungen derselben grundsätzlichen Frage bieten, ist es nicht eindeutig, wie das einnahmenseitige Unternehmerrisiko bei Bezahlung nach einem bestimmten Stundensatz zu werten ist. Da die einzelnen Merkmale zur Beurteilung des Vorliegens eines Dienstverhältnisses nicht alle in gleicher Intensität ausgeprägt sein müssen (), kann dieser Punkt (einstweilen) auch ungeklärt stehen bleiben. Am Ende der Prüfung der Kriterien kommt es dann darauf an, ob dieses Merkmal einen entscheidenden Ausschlag in die eine oder andere Richtung bringen kann.

Zur Haftungsfrage als Kennzeichen des (ausgabenseitigen) Unternehmerwagnisses ist Folgendes auszuführen:
Steht ein Notarzt als (vermeintlicher) Schädiger in einem Dienstverhältnis, werden Ansprüche in erster Linie gegen die Rettungsorganisation erhoben, für die die Leistungserbringung erfolgte, wobei auch ein Regress gegenüber dem Mitarbeiter möglich ist. Neben dieser vertraglichen Haftung ist auch eine persönliche Haftung des Schädigers wegen deliktischer Rechtswidrigkeit zu beachten. (vgl. Gerhard Aigner, Zur Haftung von Notarzt und Sanitäter, RdM 2002/24, A. 1.)

Daran erkennt man aber schon, dass die Haftungsfrage in diesem Fall kein Abgrenzungsmerkmal für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sein kann, da die geschilderte Folge nur eintritt, SOFERN der Notarzt in einem Dienstverhältnis mit der Rettungsorganisation steht. Eine deliktische Haftung trifft den Notarzt immer persönlich - unabhängig davon, ob er in einem Dienstverhältnis steht oder nicht - und kann daher auch nicht zur Abgrenzung herangezogen werden.

Erfüllungsgehilfen iSd § 1313a ABGB können sowohl nichtselbständig Beschäftigte als auch selbständige Unternehmer sein (vgl. Schacherreiter in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.09 § 1313a, Rz 36), weshalb auch die Haftung für einen Erfüllungsgehilfen kein taugliches Unterscheidungsmerkmal dafür ist, ob ein Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG vorliegt.

In der mündlichen Verhandlung wurde von der Bf. ausgeführt, dass die Ärzte bei Behandlungsfehlern in Ausübung ihrer notärztlichen Tätigkeit direkt belangt werden und nicht die Bf. Dies wurde auch mit dem untermauert. Anders sei die Situation bei angestellten Spitalsärzten, die ihre Notarzttätigkeit im Rahmen ihrer Anstellung erbringen. Hier sei der Regress gegen die Krankenanstalt zu führen. In dem Urteil des OGH regressierte sich der Unfallversicherungsträger zu Recht direkt am Notarzt und nicht an der Rettungsorganisation. Dem Arzt war bei der notärztlichen Versorgung ein Behandlungsfehler unterlaufen, wodurch der Patient verstarb. Allerdings kann dieses Urteil für den hier vorliegenden Fall nicht herangezogen werden, da einerseits nicht ersichtlich ist, ob dieser Notarzt auch für einen Rettungsdienst tätig war und es sich andererseits nicht um einen ***1*** Fall gehandelt hat.

Wenn die Behörde der Rechtsansicht von Gschwandtner/Staribacher (Notfall: Notarztwesen, RdM 2017/155, D.2.a.) folgt und das Vorliegen von Dienstverhältnissen damit untermauert, dass Rettungsorganisationen aus dem Behandlungsvertrag für Fehlverhalten der von ihnen eingesetzten Notärzte und Sanitäter haften, ist ihr nicht zu folgen. Wie bereits ausgeführt, ist die Frage des Vorliegens von Dienstverhältnissen zuerst zu beantworten (vgl. nochmals Gerhard Aigner, Zur Haftung von Notarzt und Sanitäter, RdM 2002/24, A. 1.).

Auch das von der Behörde im Schreiben vom zum Thema der Haftung angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG , I413 2232187-1) ist für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Einerseits ist der Fall nicht vergleichbar, weil es ein anderes Bundesland betrifft und somit eine andere landesgesetzliche Regelung für den Rettungsdienst zur Anwendung kommt. Andererseits betrifft es einen Notarzt, der für ein Flugrettungsunternehmen tätig war. Der für den hier streitgegenständlichen Zeitraum abgeschlossene Vertrag der Bf. mit dem Land ***1*** (samt seinen Zusatzvereinbarungen) umfasst jedoch keinen Notarzthubschrauberrettungsdienst.

Nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, weshalb es einem Arbeitnehmer grundsätzlich verwehrt ist, sich vertreten zu lassen (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47, Rz 70 mVa ).

Die für die Bf. tätigen Notärzte haben die Möglichkeit, sich ohne Angabe von Gründen vertreten zu lassen, und selbst ein kurzfristiger Vertretungsfall oder Dienstausfall zieht keinerlei Konsequenzen nach sich.

Im Fall der der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes () zugrundeliegenden Fitnesstrainerin durfte die Vertretung nur aus dem Kollegenkreis erfolgen. Dies ist hier anders gestaltet, weshalb das Erkenntnis nicht einschlägig ist. Die Einschränkung der Vertretungsmöglichkeiten ergibt sich rein aus den gesetzlichen Qualifikationserfordernissen für den Notarztdienst, nicht aus Vorgaben der Rettungsorganisation.

Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist durch § 47 EStG 1988 nicht abschließend definiert, sondern wird als Typusbegriff durch eine Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die nicht alle in gleicher Intensität ausgeprägt sein müssen ( unter Verweis auf ; ebenso ). Entscheidend ist nur, ob die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit dem "Tatbild" des § 47 entspricht (vgl ). (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a § 47 Rz 19)

Da bereits die Weisungsbindung und Eingliederung fehlt und auch keine vertraglichen Beschränkungen des Vertretungsrechtes bestehen, kommt dem Merkmal des Unternehmerwagnisses keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass im streitgegenständlichen Zeitraum keine Dienstverhältnisse iSd § 47 Abs. 2 EStG vorliegen.

Mit einem Werkvertrag wird die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges vereinbart, nicht aber eine auf Dauer angelegte und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen, wie es bei einem Dienstvertrag oder bei einem freien Dienstvertrag erfolgt, dessen Leistungsinhalt die Arbeit selbst ist (Kirchmayr/Denk in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG 21a
§ 47, Rz 79 mVa ; , 2008/15/0190).

Die Notärzte führen nicht ein bestimmtes Werk aus oder müssen einen bestimmten Arbeitserfolg erbringen, sondern stellen ihre Arbeitskraft für die Zeit der zugesagten (und angetretenen) Schicht zur Verfügung. Ein Werkvertrag kann somit keinesfalls vorliegen.

Ein freier Dienstvertrag ist gegeben, wenn sich eine Person auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet; wenn sie diese Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringt und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt. Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich vom (echten) Dienstvertrag durch die persönliche Unabhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber ( mwN). (Ebner in Jakom EStG16, § 47 Rz 9)

Wie ausführlich dargestellt, sind die Notärzte persönlich unabhängig - sie sind weder weisungsgebunden noch in die Organisation der Bf. eingegliedert, erbringen ihre Leistung aber im Wesentlichen persönlich und verfügen über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel. Im gegebenen Fall liegen somit freie Dienstverhältnisse vor.

Dazu ist auch zu bemerken und der Bf. zuzustimmen, dass das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG , W145 2010656-1) für den vorliegenden Fall nicht einschlägig ist, da es- im Gegensatz zum hier ausschließlich vorliegenden Primärnotarztsystem - hauptsächlich das Sekundärnotarztsystem betrifft, welches notärztliche Leistungen bei Transferierungsdiensten zwischen Krankenanstalten umfasst und Aufgaben im Rahmen der Primärversorgung nur am Rande erwähnt.

Es bleibt somit zu beurteilen, ob die Bf. für die im Rahmen von freien Dienstverträgen in den Jahren 2011 bis 2015 für sie tätig gewordenen Notärzte den Dienstgeberbeitrag gemäß
§ 41 FLAG 1967 zu leisten hat.

§ 4 ASVG lautet auszugsweise:
(1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer
[…]
14. die den Dienstnehmern im Sinne des Abs. 4 gleichgestellten Personen.
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […]
Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um […].
(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung,
seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines
statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen
Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts
bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen
einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder
b) […] oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien
Berufe
begründet, ausgeübt wird oder
d) […].
(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs. 4 aus.

Hier vorliegend ist ein Fall von § 4 Abs. 4 Z 1 ASVG gegeben, weshalb die in Frage kommenden Ausnahmebestimmungen der lit. a) und c) weiter zu prüfen sind.

§ 2 FSVG lautet auszugsweise:
(1) […]
(2) Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen pflichtversichert:
1. die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer, wenn sie freiberuflich tätig
und nicht als Wohnsitzärzte (§ 47 des Ärztegesetzes 1998, BGBl. I Nr. 169) in die Ärzteliste
eingetragen sind;
2. […]
(2a) Eine freiberufliche Tätigkeit nach Abs. 2 ist auch
1. eine Tätigkeit im Rahmen einer Gruppenpraxis nach § 52a Abs. 1 Z 1 ÄrzteG 1998 […];
2. die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse im Sinne des § 49 Abs. 3 Z 26 ASVG
sowie die Tätigkeit als Notarzt/Notärztin im Sinne des § 49 Abs. 3 Z 26a ASVG;
3. eine Tätigkeit nach § 47a Abs. 4 und 5 ÄrzteG 1998;
4. […].

Der Ärztekammer gehören alle Ärzte an, die in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste eingetragen sind (§ 68 Abs. 1 ÄrzteG), wobei diese Eintragung eine der Voraussetzungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes in Österreich ist (§ 4 ÄrzteG).

Daraus ergibt sich, dass alle in Österreich tätigen Ärzte Mitglieder der Ärztekammer sind. Dass die Notärzte freiberuflich tätig waren, wurde bereits festgestellt, weshalb die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 lit. a ASVG zum Tragen kommt.

Sollten sich unter den Ärzten jedoch Wohnsitzärzte (vgl § 2 Abs. 2 Z 1 FSVG) befinden und die zitierte Ausnahmebestimmung daher nicht anwendbar sein, so greift aber jedenfalls die Befreiung des § 4 Abs. 4 lit c ASVG, wodurch eine Gleichstellung der für die Bf. tätigen Notärzte mit den Dienstnehmern keinesfalls stattfindet.

Zusammengefasst kommt das Gericht somit zur Beurteilung, dass die für die Bf. im Beschwerdezeitraum tätig gewordenen Notärzte von der Regelung des § 4 Abs. 4 ASVGausgenommen sind, weshalb für diese auch kein Dienstgeberbeitrag gemäß § 41 FLAG zu leisten ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Anmerkung: Mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2015 wurde § 49 Abs. 3 ASVG dahingehend geändert, dass mit der Z 26a eingefügt wurde, dass auch Entgelte für die Tätigkeit als Notarzt im landesgesetzlich geregelten Rettungsdienst nicht als Entgelt im Sinne der Absätze 1 und 2 gelten, sofern diese Tätigkeit weder den Hauptberuf noch die Hauptquelle der Einnahmen bildet. Weil keine Dienstverhältnisse vorliegen, kann eine diesbezügliche Beurteilung unterbleiben. Daher erübrigt sich schlussendlich auch eine Behandlung der Thematik der rückwirkenden Geltung dieser Bestimmung für den gegebenen Sachverhalt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im vorliegenden Fall entscheidungswesentlich die in freier Beweiswürdigung vorgenommene Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (Vorliegen von Dienstverhältnissen gemäß § 47 Abs. 2 EStG) war, liegen die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor.

Es war daher gemäß § 25a Abs. 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102436.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at