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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.02.2024, RV/1100018/2023

Nachweis einer kürzeren als der gesetzlich vorgesehenen Nutzungsdauer ?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. W in der Beschwerdesache Bf., E-Straße-xx, Gde X, vertreten durch die XY Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH, R-Straße-xy, GDe Y, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961 idgF, für das Jahr 2019 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit notariellem Kaufvertrag vom erwarben die Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) je zur Hälfte die (gesamt 708 m2 große) Liegenschaft in EZ abcd (Grundbuch efghi N) mit GSt.Nren. mno/kl und .stuv und der Grundstücksadresse "M-Straße-yy, GdeX" samt dem darauf befindlichen Wohnhaus und erzielten in der Folge (ab Mai 2019) Einkünfte aus der Vermietung dieses ausschließlich zu Wohnzwecken verwendeten Objekts.

Mit bei der Abgabenbehörde am elektronisch eingelangter Erklärung der Einkünfte von Personengesellschaften/-gemeinschaften 2019 haben die Bf. im Hinblick auf die oben bezeichnete Liegenschaft negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung iHv 13.773,96 € erklärt. Dabei machten die Bf. ua. unter dem Titel "Absetzung für Abnutzung (AfA) - (Kennzahl 9500)" Werbungskosten im Betrage von 2.213,56 € geltend; diese jährliche AfA ermittelten sie wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Anschaffungskosten gesamt
574.810,72 €
auf das Gebäude entfallender AK-Anteil
14,07%
Anschaffungskosten Gebäude (ohne Grundanteil)
80.903,82 €
AfA jährlich gesamt
AfA Gebäude jährlich (AFA-Satz 1,5%, RND 67 Jahre)
AfA Einbauküche (Ablöse iHv 5.000,00 €, ND 5 Jahre)
2.213,56 €
1.213,56 €
1.000,00 €

Im Rahmen eines abgabenbehördlichen Vorhalteverfahrens (vgl. Ergänzungsersuchen vom ) legten die Bf. die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung für 2019, den Kaufvertrag vom , den Mietvertrag vom sowie das Schätzungsgutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen BM DR vom (GZ. AB xx/yy) samt Beilagen vor.

Das Finanzamt stellt in der Folge mit Bescheid vom die Einkünfte der Bf. aus Vermietung und Verpachtung für das Beschwerdejahr gemäß § 188 BAO erklärungsgemäß mit -13.773,96 € fest.

In der gegen diesen Feststellungsbescheid 2019 über FinanzOnline am eingebrachten Beschwerde brachte die steuerliche Vertretung der Bf. vor, dass auch wenn bereits mit Vorhaltsbeantwortung vom versucht worden sei, eine Einigung über den Abschreibungssatz des Gebäudeanteils zu erreichen, werde nunmehr eine jährliche Abschreibung des Gebäudeanteils iHv 5.724,40 € beantragt; damit ergäben sich folgende geänderte Kennzahlen: 6.724,40 € (KZ 9500) und -18.284,80 € (KZ 370; Hinweise: das Schätzgutachten gehe auf den Seiten 5, 6, 11 und 12 von einer Restnutzungsdauer von 11 Jahren aus). Fakt sei, dass das Gebäude zum Zeitpunkt der Erstellung des Schätzgutachtens bereits 64 Jahre alt gewesen und der auf Seite 11 ermittelte Total-Neubauwert von 242.650,00 € um eine Alters- und Abnützungsabschreibung von 78%, d.s. 189.267,00 €, gekürzt worden sei, sodass sich ein Gebäude-Sachzeitwert von 53.383,00 € errechne.
Die Berechnung der KZ 9500 ergebe sich wie folgt: Verkehrswert (It. Seite 12 des Schätzungsgutachtens) = (Gebäude-Sachzeitwert v. 53.383,00 € + Gebäude-Ertragswert v. 82.033,00 €) : 2 = 67.708,00 € - Mangel geringe Raumhöhe v. 7% = Gebäudewert v. 62.968,44 € : 11 Jahre RND = jährliche Afa Gebäudewert v. 5.724,40 € + jährliche Afa-Küche v. 1.000,00 € = 6.724,40 € (KZ 9500).

Nach Ergehen des abweisenden Bescheides über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO (Beschwerdevorentscheidung gem. § 262 BAO) für 2019 vom [die Abweisung wurde damit begründet, dass der Zweck des Gutachtens von BM DR lediglich die Ermittlung des Verkehrswerts und nicht die umfassende Ermittlung des Bauzustandes sowie der Restnutzungsdauer zum Inhalt habe, weswegen das Gutachten in diesem Punkt als nicht schlüssig zu bewerten sei und es somit bei dem AfA-Satz von 1,5% bleibe] beantrage die steuerliche Vertretung der Bf. mit Anbringen (FinanzOnline) vom 16. Mai 202, die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen. Im Vorlageantrag brachte sie unter Vorlage der Stellungnahme des Gutachters BM DR vom und in Erwiderung auf die abgabenbehördlichen Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung vor, dass der Bauzustand und die Restnutzungsdauer vom erfahrenen, gerichtlich beeideten und zertifizierten Gutachter BM DR sehr wohl umfassend ermittelt worden seien. Ohne diese seriöse Grundlage habe er den Verkehrswert gar nicht berechnen können. Das eine bedinge das andere. Es werde daher nochmals auf das Gutachten DR (GZ. AB xx/yy) sowie auf die beigeschlossene Stellungnahme des Gutachters verwiesen und erneut der Antrag gestellt, die Restnutzungsdauer ab 2019 mit 11 Jahren anzusetzen, was einem jährlichen Gebäudeabschreibungsbetrag von 5.724,40 € entspreche; dementsprechend werde ersucht, der Beschwerde Folge zu geben. Dazu sei auch noch anzumerken, dass das Finanzamt in seinem Bescheid für das Jahr 2021 tatsächlich von einer Restnutzungsdauer von 11 Jahren ausgegangen sei. Es sei also ein Widerspruch in sich, wenn für die Jahre 2019 und 2020 eine andere Restnutzungsdauer angenommen werde wie für das Jahr 2021.

Mit der angeschlossenen Stellungnahme vom hat der gerichtlich beeidete Sachverständige BM DR im Wesentlichen ausgeführt, dass der gegebene Bauzustand im Schätzungsgutachten beschrieben und auch dementsprechend in die Bewertung eingeflossen sei. Des Weiteren habe sich daraus eine Restnutzungsdauer, welche sich aus der Gesamtnutzungsdauer von 75 Jahren, bei einem Alter des Objektes von 64 Jahren, von 11 Jahren errechnet. Zum gegebenen Bauzustand sei aus gutachterlicher Sicht zu sagen, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des Objektes Baustoffe und technische Einrichtungen einfacher Qualität verwendet worden seien und damit die dem Gutachten zugrundeliegende Gesamtnutzungsdauer von 75 Jahren absolute Richtigkeit habe. Die Begründung der Gesamtnutzungsdauer von nur 75 Jahren liege auch darin, dass heute ein allgemeiner Standard verlangt werde, welchen solche Objekte nicht mehr bieten könnten und diese vielfach schon früher, also vor 75 Jahren, abgetragen würden. Eine weitere Begründung für einen vorzeitigen Abtrag solcher Objekte, wie das gegebene, mit einer geringen Baunutzungszahl auf einem sehr hochpreisigen Grundstück, woraus ein absolutes Missverhältnis von Grundpreis und Objektnutzung entstehe, lasse sich vielfach nachweisen. Im Übrigen möchte er darauf hinweisen, dass in Zusammenhang mit einer Objektbewertung eine Lokalaugenscheinnahme obligatorisch sei, diese auch stattgefunden habe und daraus der Bauzustand in das Gutachten aufgenommen worden sei. Mit dieser Stellungnahme wolle er, unter Berufung auf seinen Eid als zertifizierter, gerichtlich beeideter Sachverständiger für das Bauwesen, sein Gutachten vom (GZ. AB xx/yy) in seiner Richtigkeit und im Besonderen die darin ausgewiesene Restnutzungsdauer von 11 Jahren bestätigen.

Mit Vorlagebericht vom wurde die im Spruch genannte Beschwerde schließlich - wie den Bf. auch mitgeteilt wurde - dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Dabei gab die Abgabenbehörde noch nachstehende Stellungnahme ab:

"Eine kürzere Restnutzungsdauer bzw. eine höhere Afa als die gesetzliche von 1,5% (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988) zu belegen, ist Aufgabe des Steuerpflichtigen.
Dies kann zum Beispiel durch ein schlüssiges Gutachten nachgewiesen werden. Der Zweck des gegenständlichen Gutachtens, erstellt durch Baumeister
DR, bestand darin, den Verkehrswert zu ermitteln. Dabei ging der Gutachter im Bereich der Restnutzungsdauer zu wenig genau auf die Bausubstanz ein. Deshalb war das Gutachten als nicht schlüssig zu bewerten. Daher war der gesetzliche Abschreibungssatz von 1,5% (entspricht einer Restnutzungsdauer von 67 Jahren) anzuwenden.
Siehe dazu .
Verwiesen wird auch auf .
Darüber hinaus wird klargestellt, dass entgegen dem Vorbringen im Vorlageantrag das Finanzamt auch im Jahr 2021 nicht beabsichtigt, eine Restnutzungsdauer des Gebäudes von 11 Jahren anzuerkennen."

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:

Sachverhalt:

Wie im Verfahrensgang dargestellt, erwarben die Bf. mit notariellem Kaufvertrag vom je zur Hälfte die (gesamt 708 m2 große) Liegenschaft in EZ abcd (Grundbuch efghi N) mit GSt.Nren. mno/kl und .stuv und der Grundstücksadresse "M-Straße-yy, GdeX" samt dem darauf befindlichen (in den Jahren 1951 - 1954 errichteten) Einfamilienhaus mit Carport und erzielten in der Folge (ab Mai 2019) Einkünfte aus der Vermietung dieses ausschließlich zu Wohnzwecken verwendeten Objekts.

Die Bf. legten zum Nachweis einer (kürzeren) Nutzungsdauer das Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen BM DR vom (GZ. AB xx/yy) samt Stellungnahme vom vor. Darin wird zwecks Festlegung des Verkehrswertes der gegenständlichen Liegenschaft zum Bewertungsstichtag () im Rahmen der Verlassenschaftssache nach AL (Auftraggeber des Gutachtens: Gerichtskommissar des BG X) die (verkürzte) Restnutzungsdauer des gegenständlichen Mietobjektes mit 11 Jahren (entspricht einem Afa-Satz von 9,09%) insofern ermittelt, als von der angenommenen Gesamtnutzungsdauer (75 Jahre) das Alter des Gebäudes zum Bewertungsstichtag (1954-2018: 64 Jahre) abgezogen wird.

Das Finanzamt erachtet den Nachweis der geringeren Nutzungsdauer mit dem gegenständlichen Gutachten als nicht erbracht und beantragt die Berücksichtigung des gesetzlichen Afa-Satzes.

Strittig ist nunmehr daher allein, ob die Bf. im Hinblick auf dieses in Rede stehende Mietobjekt den Nachweis für eine kürzere als die gesetzlich vorgesehene Nutzungsdauer von rund 67 Jahren (entspricht einem Afa-Satz von 1,5%) erbracht haben.

Rechtliche Beurteilung:

Vorab sei erwähnt, dass sich das Finanzgericht grundsätzlich den Sachverhaltsdarstellungen, Überlegungen und Einschätzungen der Abgabenbehörde, welches das Gutachten nicht als taugliches Beweismittel zum Nachweis der kürzeren Nutzungsdauer beurteilt, anschließt und auf die diesbezüglichen Ausführungen des Finanzamtes in der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung wie auch im Vorlagebericht verweist.

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskoten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen oder Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderung von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Werbungskosten sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

Nach § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 (idF AbgÄG 2012 und StRef G 2015/2016) sind Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8). Gehört ein Gebäude oder ein sonstiges Wirtschaftsgut nicht zu einem Betriebsvermögen, so gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung ua. Folgendes:

lit. d: "Bei Gebäuden, die der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung dienen, können ohne Nachweis der Nutzungsdauer jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage (lit a bis c) als Absetzung für Abnutzung geltend gemacht werden."

Mit dieser Vorschrift stellt das Gesetz die Vermutung im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO auf, dass die Nutzungsdauer eines Gebäudes, das der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dient, 66 2/3 Jahre und nicht weniger beträgt. Diese Nutzungsdauer gilt in gleicher Weise für neu errichtete wie für im gebrauchten Zustand angeschaffte Gebäude.
Die kürzere Nutzungsdauer ist anlässlich des erstmaligen Ansatzes der AfA geltend zu machen. Es handelt sich um ein Wahlrecht, das in einem späteren Jahr nicht mehr geltend gemacht werden kann. Eine Änderung der Nutzungsdauer ist nur dann zulässig, wenn sich die Nutzungsverhältnisse grundlegend ändern.
Die AfA von 1,5% gilt für den Vermieter auch dann, wenn der Mieter das Gebäude zu einem Zweck verwendet, der nach § 8 Abs. 1 EStG 1988 einen höheren AfA-Satz zulässt.

Bei der Nutzungsdauer spricht das Gesetz weder von einer technischen noch von einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer. Der Verwaltungsgerichtshof (vgl. zB ) versteht unter Nutzungsdauer iSd § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 die normale technische und wirtschaftliche Nutzungsdauer. Das Höchstgericht räumte bislang bei Mietgebäuden der technischen Nutzungsdauer den Vorrang ein; diese hängt bei einem neu errichteten Gebäude (Neubau) in erster Linie von der Bauweise ab, während bei einem erworbenen Gebäude (Altbau) der Bauzustand (der tragenden, nicht erneuerbaren Bauteile; die kürzere Lebensdauer einzelner anderer Gebäudebestandteile rechtfertigt es nicht, für ein Haus eine geringere als die sich aus den konstruktiven und haltbaren Bauteilen ergebende technische Nutzungsdauer abzuleiten) im Zeitpunkt des Erwerbs relevant ist; bei einem Altbau ist sohin nicht dessen Alter, sondern vielmehr der konkreter Bauzustand des Mauerwerks bzw. der konstruktiven haltbaren Bauteile entscheidend (zB schlechter Bauzustand, schlechte Bauausführung, besondere statische Probleme; vgl. zB ; ; ; ).
Die Nutzungsdauer ist keine errechenbare, sondern nur eine im Schätzungswege feststellbare Größe. Die Beweislast für die Widerlegung dieser gesetzlich normierten Vermutung mit der Behauptung des Vorliegens einer kürzeren (Rest-)Nutzungsdauer trifft den Steuerpflichtigen, wobei ein solcher Beweis im Regelfall durch die Vorlage eines Sachverständigengutachtens zu erbringen ist (vgl. zB ). Eine Aufforderung durch die Abgabenbehörde zur Erbringung eines solchen Nachweises bedarf es nicht. Wegen der vom Gesetzgeber aufgestellten Vermutung eines AfA-Satzes von 1,5% ist die Abgabenbehörde nicht gehalten, von sich aus Ermittlungen anzustellen, ob eine kürzere Nutzungsdauer des Gebäudes vorliegt.
Der Nachweis kann gerade angesichts der vom Verwaltungsgerichtshof geforderten Kriterien und der erforderlichen Fachkenntnisse und Erfahrungen trotz grundsätzlicher Unbegrenztheit der Beweismittel nur mit einem schriftlichen Gutachten eines Sachverständigen über den bautechnischen Zustand (im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung) erbracht werden (vgl. dazu zB auch ). Finden sich in einem Gutachten keine hinreichenden Aussagen über den Bauzustand, keine Feststellungen zur Qualität der Bauausführungen oder zu allfälligen bereits bestehenden Schäden, etwa als Folge aufsteigender Feuchtigkeit oder eines vermuteten Schädlingsbefalls, und zu deren Behebbarkeit, ist es nicht geeignet, einen höheren AfA-Satz zu stützen. Ein zur Entkräftung der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer erstelltes Gutachten muss jedenfalls auf den konkreten Bauzustand eingehen und einen nachvollziehbaren Bezug zwischen dem Befund und der vom Gutachter angesetzten Restnutzungsdauer herstellen (vgl. dazu Doralt, EStG13, § 16 Tz 159; Jakom/Ebner EStG, 2023, § 16 Rz 42, und die dort zitierte VwGH-Judikatur; Sutter/Pfalz in Hofstätter-Reichel, EStG-Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 8 Anm 97 f, jeweils mwN; siehe auch ; ).

Ein Sachverständigengutachten unterliegt der freien Beweiswürdigung durch die Behörde wie auch des Bundesfinanzgerichtes. Die Behörde und das Finanzgericht sind an das Gutachten nicht gebunden, doch haben sie im Fall des Abgehens zu begründen, weshalb sie das Gutachten für unrichtig erkennen.

Nach Ansicht des Finanzgerichtes ist das vorliegende Gutachten nicht geeignet, den Nachweis einer kürzeren Nutzungsdauer als 67 Jahren des gegenständlichen Mietobjektes zu führen.
Abgesehen davon, dass das in Rede stehende Gutachten grundsätzlich dem Zweck der Festlegung des Verkehrswertes diente und die Ermittlung der Restnutzungsdauer durch den Abzug des Alters des Gebäudes von der Gesamtnutzungsdauer - wie im vorliegenden Fall geschehen - keine taugliche Schätzungsgrundlage darstellt (aus dem Baujahr bzw. dem Alter allein kann nicht auf die weitere Nutzungsdauer des Gebäudes geschlossen werden; vgl. dazu ; ; , mwN; siehe zB auch ), sondern - wie oben dargestellt - ausgehend vom technischen Bauzustand (im Zeitpunkt des Liegenschaftserwerbs) die verbleibende Restnutzungsdauer zu schätzen ist, stellt der Sachverständige BM DR im Hinblick auf die ermittelte Restnutzungsdauer konkret auch keinen detaillierten Bezug zum zu bewertenden Objekt her. Er beschreibt - nach Durchführung eines entsprechenden Lokalaugenscheines - wohl das Gebäude und dessen Konstruktion (Stampfbeton-Streifenfundamente, Beton-Mauerwerk, Isolierziegel-Mauerwerk, Tramdecken mit Einlegeböden und Beschüttung, zimmermannmäßig abgebundenes Satteldach mit Kehlbalkenlage, Pfannen-Ziegel-Deckung mit Hartfaserplatten-Unterdach, CU-Blech, usw.) mit der Anmerkung, dass das gegenständliche Objekt über eine gemischte Bauweise mit massiven Wänden und Tramdecken sowie über einen Dachstuhl in Holzbauweise verfüge, aber dem heutigen Standard in Bezug auf Wärmedämmung und Schallschutz nicht mehr entspreche, unterlässt es aber - abgesehen von allgemein gehaltenen Ausführungen ua. dahingehend, dass das gesamt Objekt nach dem Stand der Technik seiner Herstellungszeit entsprechend errichtet wurde, wobei Baustoffe und Bauelemente sehr bescheidener Qualität verwendet wurden, sich der allgemeine Bauzustand, innen und außen, bei mäßig guter Unterhaltung dem Alter entsprechend darstelle (normale alters- und gebrauchsbedingte Abnutzung) und der Feststellung, dass abgesehen von der geringen Raumhöhe im Kellergeschoss, welche durch eine Tieferlegung des Kellerbodens beheben werden kann, keine wesentlichen Mängel oder Schäden gegeben sind, welche eine unmittelbare Behebung erforderlich machen - weitere hinreichende, tiefergehende (exakt nachvollziehbare) Ausführungen betreffend die für die technische Lebensdauer der tragenden, konstruktiven Bauteile des Gebäudes relevanten Faktoren [Dauerhaftigkeit des Rohbaus, Güte der Ausführung, die Qualität der Planung, der Statik und der Bauausführung, laufende Unterhaltung, äußere Einflüsse, Beeinträchtigungen verschiedenster Ursachen; kein detaillierter technischer Befund der tragenden Bauteile, auf dem eine nachvollziehbare Schätzung der Restnutzungsdauer aufgebaut werden kann] samt entsprechender Schlussfolgerungen (kein nachvollziehbarer gutachterlicher Bezug zwischen Befund und angesetzter verbleibender Nutzungsdauer) und ziffernmäßiger, schlüssiger Darstellung bzw. Berechnung der verbleibenden Nutzungsdauer (mit Nennung der Ausgangswerte und Darstellung der Berechnungsmethoden) vorzunehmen.

Angesichts dieser Überlegungen ist auch durch die im Verfahrensgang dargestellten Ausführungen des gerichtlich beeideten Sachverständigen BM DR in seiner Stellungnahme vom für die Beschwerde nichts zu gewinnen.
Die Ausführungen des Sachverständigen sind insgesamt gesehen zu allgemein gehalten. Soll tatsächlich von der gesetzlich vermuteten Nutzungsdauer abgegangen werden, wäre eben ein genaues Eingehen des Gutachters auf den Gesamtzustand des Gebäudes, insbesondere auf dessen tragenden Teile, und anschließend auch eine entsprechende genaue Dokumentation der Auswirkungen bzw. Wertung der Befundergebnisse auf die verbleibende Restnutzungsdauer samt schlüssiger Berechnungen unumgänglich gewesen.

Im konkreten Fall ist damit der Nachweis des Vorliegens einer kürzeren (Rest)Nutzungsdauer durch Widerlegung der gesetzlichen Vermutung nicht gelungen; nachdem die Abgabenbehörde - wie auch das Finanzgericht - nicht gehalten war, von sich aus Ermittlungen anzustellen, ob eine kürzere Nutzungsdauer vorliegt, war im Hinblick auf das gegenständliche Mietobjekt - der Vorgehensweise der Abgabenbehörde folgend - jährlich 1,5% der Bemessungsgrundlage als Absetzung für Abnutzung in Ansatz zu bringen.

Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen einheitlichen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100018.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at