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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.02.2024, RV/7104022/2023

Rechtmäßige Rückforderung einer Ausgleichszahlung ob Bezuges einer gleichartigen ausländischen Beihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung der Ausgleichszahlung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (Familienbeihilfe) für den Zeitraum vom bis zum zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Rückforderungsbescheid vom

Der Bf. wurde in Österreich aufgrund einer Beschäftigung, für die beiden Söhne ***2***, geb. ***3*** und ***4***, geb. ***8***, im Zeitraum 07/2021 bis 07/2023, eine Ausgleichszahlung (Differenzzahlung) ausbezahlt.

Der Kindesvater ist in der Tschechischen Republik beschäftigt. Die Familie wohnt zusammen an der Adresse ***5***.

Am gelangte an die Bf. ein einmaliges Kindergeld in Höhe von 5.000 CZK pro Kind zur Auszahlung.

Demzufolge wurde mit Bescheid vom die Differenzzahlung (08/2022) in Höhe von 404,22 € für beide Kinder zurückgefordert und hierbei begründend nachstehendes ausgeführt:

"Der Betrag der österreichischen Ausgleichszahlung wurde auf Grund der Änderung der anzurechnenden ausländischen Familienleistung neu berechnet.

Aufgrund der in Tschechien ausbezahlten einmaligen pauschalen Kinderzulage (Jednoräzovy pffspevek na dite) in Höhe von CZK 5.000,- pro Kind, hat sich der Betrag der österreichischen Ausgleichszahlung geändert und wurde neu berechnet. Gemäß den Informationen der tschechischen Behörden wurde die einmalige pauschale Kinderzulage in Höhe von CZK 5.000,- für ihr Kind im Monat/Jahr gewährt. Bei der pauschalen Kinderzulage handelt es sich um eine Familienleistung im Sinne der EU-VO (EG) Nr. 883/2004. Daher kürzt der in Tschechien ausbezahlte Betrag in Höhe von CZK 5.000,- die österreichische Familienleistung."

Beschwerde vom

Mit Eingabe vom erhob die Bf. gegen den Rückforderungsbescheid eine Beschwerde nachstehenden Inhalts:

"Hiermit erhebe ich innerhalb offener Frist nachstehende Beschwerde, welche ich wie folgt begründe:

In Ihrem Rückforderungsbescheid vom fordern Sie mich auf, einen Betrag in der Höhe von € 404,22 zurückzuzahlen. Dieser sollte auf Grund einer Änderung der ausländischen Leistung entstanden sein. Sollte es sich um eine von Ihnen sogenannte einmalige Kinderzulage in der Höhe von CZK 5.000 pro Kind, ausbezahlt in 08/2022, handeln, ist dann auszuführen, dass sich bei der einmaligen pauschalen Kinderzulage zwar um eine Familienleistung im Sinne der zitierten Verordnung handelt, jedoch ist diese ähnlich wie das tschechische Kinderbetreuungsgeld mit der österreichischen Familienbeihilfe nicht vergleichbar und daher nicht an die österreichische Familienbeihilfe als solche anzurechnen. Es ist aus meiner Sicht notwendig die einzelnen Familienleistungen zu unterscheiden und konkret ähnliche Leistungen zu vergleichen. Eine tschechische Kinderzulage entspricht somit keinesfalls der österreichischen Familienbeihilfe möge man sie als Familienleistung bezeichnen wollen. Ich beantrage daher die Aufhebung des gegenständlichen Bescheides."

Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom

In der Folge wurde das Rechtsmittel der Bf. mit BVE vom mit nachstehender Begründung abgewiesen:

Sachverhalt:

Sie leben mit ihren Kindern, ***6*** (geb. ***8***) und ***7*** (geb. ***3***) gemeinsam an der Adresse ***9***. Im Jahr 2022 war der Kindesvater in Tschechien nicht selbständig erwerbstätig und sie in Österreich nicht selbständig erwerbstätig. Im August 2022 wurde Ihnen die einmalige tschechische Kinderzulage für ihre beiden Kinder ***10*** und ***11*** in Höhe von jeweils 5.000 CZK in Tschechien ausbezahlt.

Rechtliche Beurteilung:

Aufgrund des grenzüberschreitenden Sachverhalts ist im Beschwerdezeitraum die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO (EG) 883/2004) maßgebend.

Gemäß Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO (EG) 883/2004 gilt diese für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, welche Familienleistungen betreffen.

Familien in der Tschechischen Republik, mit einem Haushaltseinkommen unter 1.000.000 CZK brutto, erhalten einen einmaligen Zuschuss von 5.000 CZK pro Kind unter 18 Jahre. Diese Familienbeihilfeleistung gebührt für Kinder, die zwischen und geboren wurden.

Diese Leistung ist als Familienleistung im Sinne der VO (EG) 883/2004 zu qualifizieren. Bei nachrangiger Zuständigkeit Österreichs ist diese Leistung daher auf die Ausgleichszahlung anzurechnen.

Für die Familienleistung vorrangig zuständig ist der Beschäftigungsstaat. Sind beide Eltern beschäftigt, richtet sich die vorrangige Zuständigkeit nach dem Wohnort des Kindes. Gemäß Artikel 68 Abs. 1 Buchstabe b VO (EG) 883/2004 ist daher Tschechien vorrangig für die Familienleistung zuständig.

Aufgrund Ihrer Beschäftigung in Österreich, hat Österreich gemäß Artikel 68 Abs. 2 VO (EG) 883/2004 als nachrangig zuständiger Staat Familienleistungen zu leisten, auf welche die tschechischen Familienleistungen iSd VO (EG) 883/2004 anzurechnen sind.

Daher wurde die österreichische Familienleistung einmalig um 5.000 CZK im Monat August 2022 bei Ihnen gekürzt und wurde mit Bescheid vom zurückgefordert.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Vorlageantrag vom

Gegen die mit datierte BVE wurde am ein Vorlageantrag nachstehenden Inhalts eingebracht:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

In Reaktion auf Ihre Beschwerdevorentscheidung stelle ich einen Antrag auf Entscheidung über meine Beschwerde vom durch das Bundesfinanzgericht. Ich teile die Ansicht des geschätzten Finanzamtes Österreich, dass es sich bei mir um einen grenzüberschreitenden Sachverhalt, welcher in den Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit fällt. Wie es mir allenfalls bekannt ist, wird durch die Verordnung eine Mehrzahl von Familienleistungen geregelt bzw. koordiniert. Aus meiner Sicht heißt es daher nicht, dass dem Grunde und dem Zweck nach verschiedene Familienleistungen vermischt werden dürfen und mit unrichtigen nationalen, in unserem Fall österreichischen, Leistungen verglichen werden. In dieser Hinsicht muss angeführt werden, dass es sich bei dem einmaligen Zuschuss vom 5.000 CZK pro Kind, wie es vom Finanzamt Österreich bezeichnet wird, um keine FamilienBEIHILFEIeistung handelt. Der einmalige Zuschuss vom 5.000 CZK war keine universale Leistung für Familien im Unterschied zu der österreichischen Familienbeihilfe. Die tschechische Behörde hat entgegen der Ansicht Ihres Finanzamtes nicht auf Kriterien gesetzt, welche bei der österreichischen Familienbeihilfe beurteilt werden, insbesondere wurde die obengenannte Verordnung durch die tschechischen Behörden so ausgelegt, dass gerade keine ausländische Leistung anzurechnen war. Insbesondere wurde die im August 2022 ausbezahlte Sonderleistung an österreichischer Familienbeihilfe in Tschechien nicht in Abzug gebracht. Aus europarechtlicher Sicht ist die Ansicht von Finanzamt Österreich inkongruent mit der Ansicht jenes Staates, welcher selbst die Legislative betreffend den konkreten Zuschuss kreiert und erlassen hat und welcher somit unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien die europaweite Auslegung seines Rechtsaktes hätte bestimmen sollen. Es lässt sich aus meiner Sicht erkennen, dass es sich schon um eine Familienleistung handelt, diese aber nach der Absicht des Gesetzgebers nicht der Familienbeihilfe entspricht, weil auch Familien, welche keinen Anspruch auf tschechische Familienbeihilfe haben, die gegenständlichen 5.000 CZK erhalten haben. Es kann auf die Situation des tschechischen Kinderbetreuungsgeldes hingewiesen werden, welches auch nicht auf die österreichische Familienbeihilfe angerechnet wird, sondern eindeutig an das österreichische Kinderbetreuungsgeld und das ebenfalls im Anwendungsbereich der oben zitierten Verordnung. Die Verordnung 883/2004 ermächtigt doch keinen Mitgliedstaat dazu, durch einen Pick and Choose Prinzip unvergleichbare Leistungen unter Berufung auf Familie in Abzug zu bringen."

Aus allen oben genannten Gründen sehe ich einen Abzug der Leistung aus CZ als nicht berechtigt und beantrage ich wiederholt die Aufhebung des ursprünglichen Bescheides vom .

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt

In der Folge legt das BFG dem Erkenntnis nachstehenden, auf der Aktenlage und dem Parteienvorbringen basierenden Sachverhalt zu Grunde:

Der am in der Tschechischen Republik domizilierten Familienwohnsitz lebenden Bf. wurden aufgrund einer im Bundesgebiet entfalteten Beschäftigung, für die die minderjährigen Kinder ***11*** und ***12*** im Zeitraum vom bis zum , Ausgleichszahlungen zugezählt.

Aufgrund des Faktums, dass am in der Tschechischen Republik auf Basis des Gesetzes über die einmalige Kinderzulage Nr. 196/2022 Kindergeld in Höhe von 5.000 CZK pro Kind gewährt bzw. zur Auszahlung gelangt ist, wurde vermittels des in Beschwerde gezogenen Bescheides vom für den Monat August 2022 die Ausgleichzahlung im Ausmaß des in Höhe von umgerechnet 404,22 Euro erhaltenen Kindergeldes als unrechtmäßig bezogen zurückgefordert.

2. Streitgegenstand

Vor dem Hintergrund des unter Punkt 1 dargelegten Sachverhaltes steht in Streit ob die Auszahlung des einmaligen Kindergeldes in der Tschechischen Republik als eine Leistung iSd Art 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 bzw. aus innerstaatlicher Sicht als eine gleichartige Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 zu qualifizieren ist und ergo dessen auf die österreichische Familienleistung (Ausgleichszahlung) in der Höhe des Rückforderungsbetrags von 404, 22 € anzurechnen ist.

Während die belangte Behörde die Rechtmäßigkeit der Rückforderung mit dem Argument, der Subsumierung des Zuschusses unter den Terminus der Familienleistung im Sinne des Art 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 begründet, stellt die Bf. vorgenannte Subsumierung per se zwar nicht in Abrede, sondern vertritt diese demgegenüber die Auffassung, dass dem einmaligen Zuschuss - ob der im Vergleich zur österreichischen Familienbeihilfe fehlenden Universalität der Leistung - teleologisch die Funktion eines nicht auf die österreichische Ausgleichzahlung anzurechnenden Kinderbetreuungsgeldes beizumessen ist.

3. Rechtliche Würdigung

3.1. Rechtsgrundlagen

3.1.1. Rechtsgrundlagen des FLAG 1967

Nach § 2 Abs. 1 lit. a Familienlastenausgleichsgesetz 1967 idgF (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach Abs. 2 leg cit. hat jene Person Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Gemäß § 2 Abs. 8 haben Personen nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben.

§ 4 Abs. 1 FLAG 1967 normiert, dass Personen, die Anspruch auf eine gleichartige Beihilfe haben, keinen Anspruch auf österreichische Familienbeihilfe haben.

In § 4 Abs. 2 FLAG 1967 ist vorgesehen, dass österreichische Staatsbürger, die gemäß Abs. 1 und § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beilhilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten zu gewähren wäre.

Nach Abs. 3 leg. cit. wird die Ausgleichszahlung in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen der gleichartigen ausländischen Beihilfe und der Familienbeihilfe, die nach diesem Bundesgesetz zu gewähren wäre, geleistet.

§ 4 Abs. 6 FLAG 1967 normiert, dass die Ausgleichszahlung, mit Ausnahme der Bestimmungen über die Höhe der Familienbeihilfe, als Familienbeihilfe im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt.

Gemäß § 5 Abs. 3 FLAG 1967 besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hierbei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten.

Nach § 10 Abs. 2 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe von Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

§ 26 Abs.1 FLAG 1967 normiert, dass derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen hat.

3.1.2. Rechtsgrundlagen des Europarechts

Im Beschwerdefall sind aber nicht nur die innerstaatlichen Bestimmungen des FLAG 1967 zu beachten. Vielmehr sind die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der Folge als VO (EG) Nr. 883/2004 bezeichnet, und (EG) Nr. 987/2009 vom zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der VO (EG) Nr. 883/2004, die beide ab in Kraft traten, anzuwenden. Diese haben allgemeine Geltung, sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in jedem Mitgliedstaat ("Durchgriffswirkung"). Die Verordnungen gehen dem nationalen Recht in ihrer Anwendung vor ("Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts").

Artikel 67 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen

Eine Person hat auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden.

Artikel 68 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 lautet:

Prioritätsregeln bei Zusammentreffen von Ansprüchen

(1) Sind für denselben Zeitraum und für dieselben Familienangehörigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten zu gewähren, so gelten folgende Prioritätsregeln:

a) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus unterschiedlichen Gründen zu gewähren, so gilt folgende Rangfolge: an erster Stelle stehen die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelösten Ansprüche, darauf folgen die durch den Bezug einer Rente ausgelösten Ansprüche und schließlich die durch den Wohnort ausgelösten Ansprüche.

b) Sind Leistungen von mehreren Mitgliedstaaten aus denselben Gründen zu gewähren, so richtet sich die Rangfolge nach den folgenden subsidiären Kriterien:

i)) bei Ansprüchen, die durch eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder, unter der Voraussetzung, dass dort eine solche Tätigkeit ausgeübt wird, und subsidiär gegebenenfalls die nach den widerstreitenden Rechtsvorschriften zu gewährende höchste Leistung. Im letztgenannten Fall werden die Kosten für die Leistungen nach in der Durchführungsverordnung festgelegten Kriterien aufgeteilt;

iii) bei Ansprüchen, die durch den Wohnort ausgelöst werden: der Wohnort der Kinder.

3.1.3 Rechtsgrundlagen der Tschechischen Republik

Der tschechische Gesetzgeber normierte als Grundlage für die Gewährung der einmaligen Kinderzulage im Gesetz Nr. 196-2022 Sb (übersetzt mit google translate) nachstehendes:

§ 1 Einleitende Bestimmungen

Der Staat gewährt einem Kind eine einmalige Kinderzulage (nachstehend "Zulage" genannt) als finanzielle Unterstützung für den Unterhalt und andere persönliche Ausgaben. Die Kosten der Zulage, einschließlich der mit ihrer Auszahlung verbundenen Kosten, werden aus dem Staatshaushalt bestritten.

Ergänzend lauten die - ebenfalls per google translate in die deutsche Sprache übersetzten - rechtspolitischen Erwägungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales betreffend die Gewährung des Zuschusseses Jednorázový příspěvek na dítě (mpsv.cz) wie folgt:

1. Absatz: Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen, die Sie für die Beantragung der einmaligen Familienbeihilfe benötigen und für wen sie bestimmt ist. Die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten in der gegenwärtigen Situation sind wahrscheinlich für jeden spürbar. Eine der am meisten gefährdeten Gruppen sind Haushalte mit Kindern. Wir wollen so vielen von ihnen wie möglich helfen und zahlen deshalb ab August 2022 eine einmalige Beihilfe von 5 000 CZK pro Kind an Familien mit mittlerem und niedrigem Einkommen."

3.2. Rechtliche Beurteilung

3.2.1. Vorliegen eines europarechtlichen Sachverhalts

Die Verordnungen 883/2004 und DVO 987/2009 traten am in Kraft und sind daher für den gegenständlichen Fall anwendbar. Die Bf. fällt als EU-Staatsbürger unter den persönlichen Geltungsbereich der VO 883/2004.

Die Bf. ist Staatsbürgerin der Tschechischen Republik und in Österreich beschäftigt. Ihr in der Tschechischen Republik ebenfalls erwerbstätige Ehegatte und ihre beiden Söhne leben in nämlichem Staat.

Ausgehend von obigen Eckdaten ist daher nach den Prioritätsregeln des Art. 68 Abs. 2 Buchstabe b lit. i der VO 883/2004 die Tschechische Republik vorrangig zur Auszahlung der Familienleistungen zuständig und besteht in Österreich ein Anspruch auf Ausgleichszahlung.

3.2.2. Subsumtion des einmaligen Zuschusses unter Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j der VO 883/2004 unter den Terminus der Familienleistungen

Festzuhalten ist, dass unter nochmalige Bezugnahme auf die Ausführungen unter Punkt 3.1. seitens der Parteien gegen diese Subsumtion unisono keinerlei Bedenken obwalten.

3.2.3. Anspruch der Bf. auf Ausgleichszahlung für den Monat August 2022

Einleitend ist anzumerken, dass in Entsprechung der Norm des § 10 Abs. 2 FLAG 1967 das Bestehen/Nichtbestehen des Familienbeihilfe-Anspruches bzw. jener auf Ausgleichszahlung für ein Kind somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach-und/oder Rechtslage von Monat zu Monat zu beurteilen ist.

3.2.3.1. Einmaliger Zuschuss als gleichartige - und ergo dessen der österreichischen Ausgleichszahlung gegenzurechnende - ausländische Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967

Ausgehend von der Bestimmung des § 4 Abs. 1 FLAG 1967, wonach für eine Person Anspruch auf eine gleichartige ausländische Beihilfe hat, kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hatte das BFG zu beurteilen ob der in der Tschechischen Republik im August 2022 zur Auszahlung gelangte einmalige Zuschuss den Terminus einer gleichartigen ausländischen Beihilfe erfüllt und ergo dessen - in diesem Monat im Wege der Rückforderung der zugezählten österreichischen Familienbeihilfe (Ausgleichszahlung) gegenzurechnen ist.

In Anbetracht der unter Punkt 3.1.3. dargestellten Bestimmung des § 1 des Gesetzes über die einmalige Kinderzulage (Gesetz von , NR. 196/2022) wonach - dem Telos des Gesetzgebers der Tschechischen Republik nach - die Hingabe des einmaligen Zuschusses eine finanzielle Unterstützung für den Unterhalt darstellt, gelangt das BFG zur Überzeugung, dass nämlicher Zuschuss den Terminus einer gleichartigen ausländischen Beihilfe im Sinne des § 4 Abs. 1 FLAG 1967 erfüllt.

Vorstehende Ansicht liegt vor allem darin begründet, dass vorangeführter Normzweck als in Kongruenz zu jenem des in § 1 FLAG 1967 determinierten, der Familienbeihilfe immanenten Zweck - nämlich via Leistung eines finanziellen Beitrags zum Geldunterhalt "einen Lastenausgleich im Interesse der Familien zu gewähren" stehend zu erachten ist.

3.2.3.2. Conclusio

Entgegen der Ausführungen im Vorlageantrag ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts ob vorangeführter deckungsgleicher Zielsetzung des österreichischen sowie des tschechischen Gesetzgebers der Umstand, dass es sich bei dem im August 2022 zur Auszahlung gelangten Zuschuss im Gegensatz zur österreichischen Ausgleichszahlung expressis verbis um eine einmalige Leistung gehandelt hat, der Schlussfolgerung, dass gemäß den §§ 4 Abs. 1 und 10 Abs. 2 FLAG 1967- ob Anspruchs, bzw. tatsächlichen Erhalts einer gleichartigen ausländischen Beihilfe - für den Monat August 2022 kein Anspruch der Bf. auf österreichische Beihilfe bestanden hat, nicht abträglich.

Mit anderen Worten ausgedrückt vermag sohin das BFG in der - via für den Monat August 2022 bescheidmäßig verfügten Rückforderung der vorweg zugezählten Ausgleichszahlungen - in Höhe des in nämlichem Monat zugezählten tschechischen Kinderzuschusses von 404,22 Euro vorgenommenen Anrechnung keine Rechtswidrigkeit zu erblicken.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt nicht vor, da die Rechtsmäßigkeit der Rückforderung direkt auf den zitierten Bestimmungen des FLAG 1967 gründet.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Art. 3 Abs. 1 Buchstabe j VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
Art. 68 VO 883/2004, ABl. Nr. L 166 vom S. 1
§ 2 Abs. 1 lit. a FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 4 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 10 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7104022.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at