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Verfahrensleitender Beschluss, BFG vom 04.01.2024, RV/7101405/2020

Verständigung gem. § 281a BAO wegen fehlender BVE

Entscheidungstext

Verständigung

Das Bundesfinanzgericht teilt durch den Richter ***R*** im Beschwerdeverfahren über die Beschwerde vom des ***Bf.***, vertreten nunmehr durch ***RA***, gegen die 11 Glücksspielabgabebescheide vom , Steuernummer ***1***, mit:

Nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichts hat das Finanzamt über die Beschwerde gegen die o.a. 11 Glücksspielabgabebescheide bislang nicht abgesprochen und hat daher noch eine entsprechende Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

Die Parteien werden hierüber gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt.

Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht in Bezug auf die Beschwerde vom gegen die o.a. 11 Glücksspielabgabebescheide vom , Steuernummer ***1***, wird eingestellt.

Begründung

Verfahrensgang

Mit den an Herrn ***2*** als Masseverwalter der ***3*** GmbH gerichteten 11 verschiedenen Glücksspielabgabebescheiden vom , Steuernummer ***1***, setzte das damalige Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel für die Monate Jänner bis November 2011 die Glücksspielabgaben fest.

Erkennbar gegen diese 11 Abgabenbescheide richtet sich die Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers (Bf.), Herrn ***Bf.***, vom , den das Finanzamt mit Haftungsbescheid vom , Abgabenkontonummer 10-***1***, im Grunde des § 59 Abs. 4 lit. a GSpG für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***3*** GmbH im Ausmaß von € 298.864,97 in Anspruch genommen hatte.

Am erging seitens des Finanzamtes ein Bescheid an den Bf., dessen Spruch wie folgt lautet:

"Es ergeht die Beschwerdevorentscheidung betreffend die Beschwerde vom von Herrn **Bf.**, vertreten durch Herrn **RA**, gegen den Glücksspielabgabebescheid vom .

Über die Beschwerde wird auf Grund des § 263 Bundesabgabenordnung (BAO) entschieden:

Ihre Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen."

Der Bf. stellte daraufhin mit Schriftsatz vom den Vorlageantrag.

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom , GZ. ***4***, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor.

Rechtslage:

§ 243 BAO bestimmt:

Gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, sind Beschwerden (Bescheidbeschwerden) an die Verwaltungsgerichte zulässig, soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

§ 250 BAO lautet:

(1) Die Bescheidbeschwerde hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet;

b) die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird;

c) die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden;

d) eine Begründung.

(2) Wird mit Bescheidbeschwerde die Einreihung einer Ware in den Zolltarif angefochten, so sind der Bescheidbeschwerde Muster, Abbildungen oder Beschreibungen, aus denen die für die Einreihung maßgeblichen Merkmale der Ware hervorgehen, beizugeben. Ferner ist nachzuweisen, dass die den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Ware mit diesen Mustern, Abbildungen oder Beschreibungen übereinstimmt.

§§ 262 - 266 BAO lauten:

§ 262

(1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

§ 263

(1) Ist in der Beschwerdevorentscheidung die Bescheidbeschwerde

a) weder als unzulässig oder als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so ist der angefochtene Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

(2) In der Beschwerdevorentscheidung ist auf das Recht zur Stellung eines Vorlageantrages (§ 264) hinzuweisen.

(3) Eine Beschwerdevorentscheidung wirkt wie ein Beschluss (§ 278) bzw. ein Erkenntnis (§ 279) über die Beschwerde.

(4) § 281 gilt sinngemäß für Beschwerdevorentscheidungen; § 281 Abs. 2 allerdings nur, soweit sich aus der in § 278 Abs. 3 oder in § 279 Abs. 3 angeordneten Bindung nicht anderes ergibt.

§ 264

(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner

b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:

a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),

b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),

c) § 255 (Verzicht),

d) § 256 (Zurücknahme),

e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),

f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

§ 265

(1) Die Abgabenbehörde hat die Bescheidbeschwerde, über die keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder über die infolge eines Vorlageantrages vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ist, nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen ohne unnötigen Aufschub dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

(2) Die Vorlage der Bescheidbeschwerde hat jedenfalls auch die Vorlage von Ablichtungen (Ausdrucken) des angefochtenen Bescheides, der Beschwerdevorentscheidung, des Vorlageantrages und von Beitrittserklärungen zu umfassen.

(3) Der Vorlagebericht hat insbesondere die Darstellung des Sachverhaltes, die Nennung der Beweismittel und eine Stellungnahme der Abgabenbehörde zu enthalten.

(4) Die Abgabenbehörde hat die Parteien (§ 78) vom Zeitpunkt der Vorlage an das Verwaltungsgericht unter Anschluss einer Ausfertigung des Vorlageberichtes zu verständigen.

(5) Partei im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist auch die Abgabenbehörde, deren Bescheid mit Bescheidbeschwerde angefochten ist.

(6) Die Abgabenbehörde ist ab der Vorlage der Bescheidbeschwerde verpflichtet, das Verwaltungsgericht über Änderungen aller für die Entscheidung über die Beschwerde bedeutsamen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu verständigen. Diese Pflicht besteht ab Verständigung (Abs. 4) auch für den Beschwerdeführer.

§ 266

(1) Die Abgabenbehörde hat, soweit nicht anderes angeordnet ist, gleichzeitig mit der Vorlage der Bescheidbeschwerde die Akten (samt Aktenverzeichnis) vorzulegen. Die Abgabenbehörde hat den Parteien (§ 78) eine Ausfertigung des Aktenverzeichnisses zu übermitteln.

(2) Mit Zustimmung des Verwaltungsgerichtes darf die Übermittlung der Beschwerde (§ 265) und die Aktenvorlage (Abs. 1) in Form von Ablichtungen erfolgen.

(3) Soweit Akten oder Beweismittel nur auf Datenträgem vorliegen, sind auf Verlangen des Verwaltungsgerichtes ohne Hilfsmittel lesbare, dauerhafte Wiedergaben von der Abgabenbehörde bzw. von der Partei (§ 78) beizubringen.

(4) Soweit die Abgabenbehörde die Vorlage von Akten (Abs. 1 bzw. bezüglich Maßnahmenbeschwerden oder Säumnisbeschwerden auf Verlangen des Verwaltungsgerichtes) unterlässt, kann das Verwaltungsgericht nach erfolgloser Aufforderung unter Setzung einer angemessenen Nachfrist auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen.

§ 281a BAO lautet:

Wenn das Verwaltungsgericht nach einer Vorlage (§ 265) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, hat es die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.

Dazu wurde erwogen:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die o.a. Beschwerde vom nach der Überzeugung des Bundesfinanzgerichts u.a. gegen alle 11 o.a. Glücksspielabgabebescheide vom richtet. Dies hat auch der Bf. im Rahmen seiner Befragung am bestätigt (siehe Antwort zu Frage 18 laut Niederschrift über den Verlauf der mündlichen Verhandlung in der Beschwerdesache RV/7101404/2020).

Nach der Aktenlage hat das Finanzamt über die Beschwerde gegen die 11 Abgabenbescheide vom noch nicht abgesprochen. Der gegenteiligen Ansicht des Finanzamtes kann nicht gefolgt werden. Denn die o.a. Beschwerdevorentscheidung nennt im Spruch als angefochtenen Bescheid einen (Einzahl!) Glücksspielabgabebescheid vom . Eine nähere Bezeichnung jenes Bescheides, über den abgesprochen werden sollte (etwa dessen Geschäftszahl oder die Steuernummer) ist dem Spruch nicht zu entnehmen. Auch die Bescheidbegründung enthält keine ausdrücklichen Feststellungen dahingehend, dass mit der Beschwerdevorentscheidung über die Beschwerde gegen die o.a. 11 Abgabenbescheide entschieden wird.

Daraus folgt, dass das Bundesfinanzgericht derzeit (noch) nicht zur Erledigung der Bescheidbeschwerde zuständig ist.

Den Erläuternden Bemerkungen zum Jahressteuergesetz 2018 ist zur formlosen Verständigung gemäß § 281a BAO Folgendes zu entnehmen:

"Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265 BAO) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen.

Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält."

Wie dem oben dargestellten Verfahrensgang und den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen ist, hat die belangte Behörde keine Beschwerdevorentscheidung betreffend die 11 angefochtenen Glücksspielabgabenbescheide vom erlassen.

Die in § 262 Abs. 2 bis 4 BAO normierten Voraussetzungen für das Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung liegen im Streitfall nicht vor. Es hat daher zwingend eine Beschwerdevorentscheidung zu ergehen.

Das Bundesfinanzgericht gelangt daher zur Auffassung, dass eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde trotz erfolgter Vorlage (§ 265 BAO) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte. Damit sind die in § 281a BAO festgelegten Tatbestandsmerkmale für eine Verständigungspflicht erfüllt.

Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist daher einzustellen.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens werden hiervon gemäß § 281a BAO formlos in Kenntnis gesetzt.

Information für die Parteien (Belehrung gemäß § 280 Abs. 4 BAO)

Gegen diese Verständigung ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Glücksspiel
betroffene Normen
§ 263 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 59 Abs. 4 lit. a GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989
§ 243 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§§ 262 bis 266 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 265 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 2 bis 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 280 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101405.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at