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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 09.02.2024, RV/2100126/2023

Krankenhauskosten der Mutter als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer 2021 wird mit (einer Gutschrift iHv.) -€ 847,- festgesetzt (bisher lt. Finanzamt: -€ 96,-).

Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage und die Berechnung der festgesetzten Abgabe sind den Entscheidungsgründen sowie dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen; diese bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) erzielte im Streitjahr nichtselbständige Einkünfte. In seiner Abgabenerklärung machte er ua. außergewöhnliche Belastungen iHv. € 4.660,- geltend.

Über Vorhalt des Finanzamtes legte der Bf. eine Kostenaufstellung sowie die Bezug habenden Überweisungsbelege vor. Demnach betreffen die geltend gemachten Aufwendungen Kosten der Mutter des Bf., die im Zuge zweier stationärer Aufenthalte im LKH Graz II angefallen sind. Die betreffenden Gebührenrechnungen sind mit (ReNr. 90292491, € 5.136,60) und (ReNr. 90300932, € 4.280,50) datiert. Mit diesen Rechnungen wurde der Mutter des Bf. die amtliche Pflegegebühr für sechs (ReNr. 90292491) bzw. fünf (ReNr. 90300932) stationäre Aufenthaltstage vorgeschrieben.

Der steuerlich geltend gemachte Betrag von € 4.660,- setzt sich aus zwölf Teilzahlungen des Bf. zusammen, die auf Grund der vorliegenden Belege im Jahr 2021 geleistet wurden (11 x € 400,-, einmal € 260,-). Laut Vermerken der KAGes auf den genannten Rechnungen wurde die ReNr. 90292491 mit vollständig ausgeglichen, die ReNr. 90300932 am .

Im angefochtenen Bescheid ließ das Finanzamt den Betrag von € 4.660,- außer Ansatz und führte begründend aus, dass nur jene Ausgaben zu berücksichtigen seien, "die im Veranlagungsjahr gezahlt wurden." Ein weiterer - hier nicht strittiger - Betrag von € 800,- (betreffend die Tochter des Bf.) sei steuerlich nicht wirksam geworden, da er unter dem Selbstbehalt von € 2.213,43 liege.

In der dagegen erhobenen Beschwerde ersucht der Bf. um Abzug der Krankheitskosten für seine Mutter. Vorgelegt wurden die beiden (bezüglichen) Rechnungen der KAGes, nämlich über den Betrag von € 5.136,60 (Rechnung vom ) bzw. € 4.280,50 (Rechnung vom ). Die stationären Aufenthalte der Mutter des Bf. fanden in der Zeit von bis sowie von 17.8. bis statt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde mit der Begründung ab, die vorgelegten Rechnungen würden das Jahr 2020 betreffen und könnten daher im Jahr 2021 nicht steuermindernd abgesetzt werden.

Im Vorlageantrag bringt der Bf. vor, dass die Rechnungen im Jahr 2021 bezahlt worden seien und daher 2021 außergewöhnliche Belastungen darstellen würden.

Mit Ergänzungsersuchen vom wandte sich das Finanzamt mit folgender Frage an den Bf.:

"Bezog [Ihre Mutter] im Jahr 2020 Pflegegeld und wenn ja, in welcher Höhe? Erfolgte ein Kostenersatz der Krankenhauskosten durch eine private oder öffentliche Krankenversicherung und falls ja, in welcher Höhe? Nachweis durch Vorlage von Kontoauszügen, Bestätigung des Krankenversicherungsträgers, der Pflegeversicherung."

Daraufhin gab der Bf. in seiner Antwort vom an, dass seine Mutter 2020 kein Pflegegeld bezogen habe. Ein Kostenersatz sei nicht erfolgt, er habe die Krankenhauskosten zur Gänze selbst tragen müssen.

In der Folge ersuchte das Finanzamt den Bf. mit (weiterem) Vorhalt vom um Beantwortung ergänzender Fragen:

"Aus welchen Gründen erfolgten die Behandlungen im LKH Linz [gemeint wohl: Graz] im Jahr 2020 (Nachweis durch Vorlage eines ärztlichen Anamneseberichtes, einer Behandlungsempfehlung und/oder einer ärztlichen Überweisung)?

Verfügt Ihre Mutter über eigenes Vermögen? Nachweis durch Vorlage von Sparbüchern, Kontoauszügen oder Grundbuchauszügen.Falls ja, wurde für die Übernahme der Behandlungskosten eine Übertragung von Vermögen im Rahmen einer Schenkung oder erbrechtlichen Verfügung vereinbart? Nachweis durch Vorlage von Schenkungsverträgen, Testamenten oder Legaten.

Verfügte ihre Mutter in den Veranlagungsjahren 2020/2021 über ein eigenes existenzsicherndes Einkommen und wenn ja, in welcher Höhe? Nachweis durch Einkommenssteuerbescheide, Kontoauszüge."

In Reaktion auf diesen Vorhalt übermittelte der Bf. die ärztlichen Entlassungsbriefe der KAGes (LKH Graz II) vom 16.3. bzw. vom . Diesen zufolge wurde die Mutter des Bf. am mit einem Herzinfarkt ins Krankenhaus eingeliefert. Die stationäre Aufnahme am stand mit diesem Herzinfarkt in Zusammenhang (Thorakodynie - Brustschmerzen, Verkalkung der Herzkranzgefäße, arterieller Hypertonus).

Im Vorlagebericht an das BFG führt das Finanzamt ua. aus:

"(…) Der Krankenversicherungsträger hat die Kosten einer Leistung dann zu übernehmen, wenn die Leistung zweckmäßig und notwendig ist, das Maß des Notwendigen darf jedoch nicht überschritten werden. Die vorgelegten Rechnungen (…) liegen um ein Vielfaches über den üblicherweise vorgeschriebenen Selbstbehalten für die stationäre Behandlung in einer Krankenanstalt. Es ist daher davon auszugehen, dass durch die Anstaltspflege Aufwendungen entstanden sind, die nicht vom Krankenversicherungsträger zu tragen waren, da die oben erwähnten Erfordernisse in Bezug auf die Krankenbehandlung nicht erfüllt waren. Bestimmte Aufwendungen sind als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen, wenn sie außergewöhnlich sind, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen und zwangsläufig erwachsen sind. Fallen höhere Aufwendungen an als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, sind sie nur als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie aus triftigen medizinischen Gründen erwachsen (…). Aufzahlungen für die Sonderklasse bei Krankenhausaufenthalten sind ausnahmsweise nur dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen. (…) Diese Umstände wären bspw. durch Vorlage eines ärztlichen Gutachtens nachzuweisen gewesen. Im vorliegenden Fall wurden die Krankenhausrechnungen privat verrechnet, die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger waren daher nicht gegeben. Die geltend gemachten Aufwendungen sind daher dem Bf in Ermangelung triftiger medizinischer Gründe nicht zwangsläufig erwachsen und konnten nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden."

Über Vorhalt des teilte der Bf. mittels Eingabe vom ua. Folgendes mit:

Die Reisekrankenversicherung habe eine Kostenübernahme abgelehnt. Für Patienten ab 65 Jahren würden - der Versicherung zufolge - nur ganz minimale Ansprüche zustehen. Die Mutter sei Pensionistin. Die Krankenhauskosten habe er in Raten bezahlt.

Der Antwort des Bf. waren eine Ratenzahlungsvereinbarung mit der KAGes sowie eine Kopie des Pensionistenausweises der Mutter beigelegt.

In der Folge teilte das BMI (Fremdenpolizei bzw. Visareferat) über entsprechende Anfrage des BFG zum vorliegenden Fall wie folgt mit (E-Mail vom , Frau RR S):

"Frau Mutter-Bf reiste am per Flug in Wien/Schwechat ins Schengen-Gebiet ein. Grund der Einreise war der touristische Besuch beim Sohn und dessen Familie. Für diesen Zweck wurde ihr von der Deutschen Botschaft in Jerewan am ein Visum C gültig vom bis für 90 Tage/180 Tage ausgestellt. Die Deutsche Botschaft stellte das Visum in Vertretung Österreichs aus. Mangels finanzieller Mittel wurde bereits für dieses Visum eine sogenannte EVE (=elektronische Verpflichtungserklärung) bei der Landespolizeidirektion Steiermark abgegeben, die in weiterer Folge an die Deutsche Botschaft in Jerewan übermittelt wurde. Da für die Ausstellung eines Visums gemäß Artikel 15 Visakodex der Nachweis einer aller Riskenabdeckenden Krankenversicherung (Deckungsumfang € 30.000,-) erforderlich ist, ist davon auszugehen, dass diesesVisaausstellungserfordernis von der Deutschen Vertretungsbehörde gefordert und vorgelegt wurde. (…)

Die Fremde befand sich somit vom bis legal im Bundesgebiet bzw. Schengen-Gebiet. Am erlitt die Genannte einen Herzinfarkt und war in weiterer Folge 14 Tage nicht ausreisefähig, weshalb ihr von der Landespolizeidirektion Steiermark ein Visum D für die Zeit vom (…) erteilt wurde.

Grundlage für die Erteilung dieses Visums war die Bestätigung des Landeskrankenhaus Graz bezüglich der Feststellung der Fluguntauglichkeit, der Ratenzahlungsvereinbarung und der EVE von Frau Ehegattin-Bf, (…), Schwiegertochter der Genannten. Für die Ausstellung dieses Visums wurde keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung verlangt, da Reisekrankenversicherungen keinesfalls Kosten einer medizinischen Behandlung übernehmen, wenn sich der Versicherungsnehmer bei Abschluss der Versicherung bereits im Inland befindet und die Versicherung zum Zwecke der Kostenübernahme einer beabsichtigten medizinischen Behandlung abgeschlossen wird, deren Ursache zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses bereits existierte. (…)"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist der Abzug von Krankenhauskosten iHv. € 4.660,- als außergewöhnliche Belastungen. Diese Kosten stehen in Zusammenhang mit zwei stationären Krankenhausaufenthalten der Mutter des Bf. in der Zeit von 11.3. - sowie von 17.8. - . Die Mutter des Bf. ist armenische Staatsbürgerin.

Im Dezember 2019 reiste die Mutter des Bf. (aus Armenien) per Flug in Wien/Schwechat in den Schengen-Raum ein. Grund der Einreise war der (touristische) Besuch beim Bf. und dessen Familie. Für diesen Zweck wurde ihr von der Deutschen Botschaft in Jerewan am ein Visum C, gültig vom bis für 90 Tage/180 Tage, ausgestellt. Die Deutsche Botschaft stellte das Visum in Vertretung Österreichs aus. Mangels finanzieller Mittel wurde bereits für dieses Visum eine sogenannte EVE (=elektronische Verpflichtungserklärung) bei der Landespolizeidirektion Steiermark abgegeben

Die Mutter des Bf. befand sich vom bis legal im Bundesgebiet bzw. Schengen-Gebiet. Am erlitt sie einen Herzinfarkt und war in weiterer Folge 14 Tage lang nicht ausreisefähig, weshalb ihr von der Landespolizeidirektion Steiermark ein Visum D für die Zeit ab erteilt wurde.

Grundlage für die Erteilung dieses Visums waren insbesondere die Bestätigung des Landeskrankenhaus Graz bezüglich der Feststellung der Fluguntauglichkeit und die Ratenzahlungsvereinbarung zwischen dem Bf. und der KAGes. Für die Ausstellung dieses Visums wurde keine alle Risken abdeckende Krankenversicherung verlangt, da Reisekrankenversicherungen keinesfalls Kosten einer medizinischen Behandlung übernehmen, wenn sich der Versicherungsnehmer bei Abschluss der Versicherung bereits im Inland befindet und die Versicherung zum Zwecke der Kostenübernahme einer beabsichtigten medizinischen Behandlung abgeschlossen wird, deren Ursache zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses bereits existierte (s. E-Mail des BMI vom ).

Am wurde die Mutter des Bf. auf Grund von "EKG-Veränderungen", Schmerzen im Brust- und Herzbereich und arteriellem Hypertonus abermals stationär aufgenommen (s. ärztlicher Entlassungsbrief der KAGes vom ).

Der erste Krankenhausaufenthalt der Mutter umfasste sechs Tage, dafür wurde eine amtliche Pflegegebühr iHv. insgesamt € 5.136,60 in Rechnung gestellt. Der zweite stationäre Aufenthalt dauerte fünf Tage (amtliche Pflegegebühr € 4.280,50; s. dazu die genannten Gebührenrechnungen der KAGes).

Der Bf. traf mit der KAGes eine Vereinbarung auf ratenweise Bezahlung der Spitalskosten (beginnend ab April 2020; s. vorliegendes Schreiben der KAGes vom , welches die Gebührenrechnung vom betrifft, sowie die vorgelegten Zahlungsbelege des Bf.).

Im Streitjahr leistete der Bf. an die KAGes zwölf Zahlungen iHv. insgesamt € 4.660,-. Davon entfielen die in den Monaten Jänner bis April geleisteten Zahlungen von insgesamt € 1.460,- auf die ReNr. 90292491 vom ; dies ergibt sich aus dem Vermerk der KAGes auf der besagten Rechnung, wonach die Rechnung mit (der letzten Rate am) vollständig beglichen wurde. Die weiteren monatlichen Zahlungen ab Mai 2021 iHv. jeweils € 400,- (insgesamt € 3.200,-) betrafen die ReNr. 90300932 vom (s. Zahlungsaufstellung des Bf., sowie die Überweisungsbelege und die bezüglichen Gebührenrechnungen mitsamt den darauf angebrachten Vermerken der KAGes).

2. Beweiswürdigung

Der dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten (oben jeweils angeführten) Unterlagen.

Wenn das Finanzamt im Vorlagebericht an das BFG ausführt, dass höhere Aufwendungen angefallen seien, als jene, die von der gesetzlichen Krankenversicherung getragen werden, ist auf die beiden Gebührenrechnungen der KAGes zu verweisen, welchen zufolge (lediglich) die amtliche Pflegegebühr - und nicht etwa Sonderklassegebühren - verrechnet wurden. Da die Mutter des Bf. nicht der inländischen (gesetzlichen) Sozialversicherung unterliegt, wurden ihr diese Gebühren zur Gänze - und nicht etwa nur der gesetzliche Selbstbehalt - in Rechnung gestellt. Es ist nicht ersichtlich, dass von Seiten des Krankenhauses im Zuge der Behandlung Leistungen erbracht worden wären, die das "Maß des Notwendigen" überschritten hätten und daher grundsätzlich nicht von der gesetzlichen Sozialversicherung gedeckt gewesen wären.

3. Rechtliche Beurteilung

Strittig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen iHv. € 4.660,- als außergewöhnliche Belastungen. Bei dem genannten Betrag handelt es sich um Spitalskosten der (im Ausland lebenden) Mutter des Bf., die im Zuge eines Besuches der Mutter bei ihrem Sohn in Österreich angefallen sind. Die Mutter ist - siehe oben - armenische Staatsangehörige.

Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind gemäß § 34 Abs.1 EStG 1988 nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen nach Abs. 3 der genannten Bestimmung zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Zwangsläufigkeit ist stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen (). Keine außergewöhnlichen Belastungen sind zB Kosten, die unmittelbare Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat (zB ).

Durch Krankheit verursachte Aufwendungen, die typischerweise mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung verbunden sind, erfüllen (grundsätzlich) die in § 34 Abs. 1 EStG normierten Voraussetzungen: Sie sind außergewöhnlich, erwachsen aus tatsächlichen bzw. bei Unterhaltsverpflichtung aus (familien)rechtlichen Gründen grundsätzlich zwangsläufig (vgl. dazu zB die bei Jakom/Peyerl EStG, 2021, § 34 Rz 90 angeführte Judikatur).

Für den Zeitpunkt des (steuerlich wirksamen) Abzugs gilt das Abflussprinzip nach § 19 Abs. 2 EStG 1988 (zB ; ).

Gemäß § 34 Abs. 7 Z 4 EStG sind jene Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig, die zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Darunter fallen insbesondere auch Krankheitskosten die für einkommenslose bzw. einkommensschwache Angehörige übernommen werden.

Eine rechtliche Verpflichtung zur Tragung von Krankheitskosten unterhaltsberechtigter Personen ergibt sich aus der Bestimmung des § 234 ABGB, wonach ein Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt schuldet, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten (s. zB ).

Die Übernahme von Krankheitskosten eines über kein ausreichendes Einkommen verfügenden Elternteils stellt somit auf Grund der rechtlichen Unterhaltsverpflichtung eine außergewöhnliche Belastung dar, welche in diesem Fall auch nicht mit der Höhe des gesetzlichen Unterhaltsanspruches begrenzt ist, da Krankheitskosten grundsätzlich eine außergewöhnliche Belastung darstellen und insoweit eine über die rechtliche Verpflichtung hinausgehende sittliche Verpflichtung vorliegt (vgl. Wiesner/Atzmüller/ Grabner/Leitner/Wanke, EStG, Anm 52 zu § 34 EStG 1988).

Wird ein naher Angehöriger aus dem Ausland in Österreich auf Kosten des Steuerpflichtigen einer medizinischen Behandlung unterzogen, sind die Pflegegebühren und Behandlungskosten grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig (EStG [Wanke] - 16. Lieferung, § 34 Anm. 78, mwN).

Im angefochtenen Bescheid (sowie in der Beschwerdevorentscheidung) verwehrte das Finanzamt den Abzug der in Frage stehenden Krankenhauskosten mit dem Argument, die bezüglichen Rechnungen würden das Jahr 2020 betreffen und könnten daher im Streitjahr nicht abgesetzt werden.

Wie oben ausgeführt, ist für den Abzug von außergewöhnlichen Belastungen die Bestimmung des § 19 Abs. 2 EStG 1988 maßgeblich (s. zB Jakom/Peyerl EStG, 2021, § 34 Rz 5, mwN). Demnach sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den vorgelegten Zahlungsbelegen (Banküberweisungen) unzweifelhaft, dass der strittige Betrag von € 4.660,- (ratenweise) im Streitjahr 2021 geleistet wurde. Der Umstand, dass diese Zahlungen für Rechnungen geleistet wurden, die aus dem Jahr 2020 stammen, steht sohin auf Grund des Abflussprinzipes der grundsätzlichen Abzugsfähigkeit im Jahr 2021 nicht entgegen.

In der Folge stützt das Finanzamt im Vorlagebericht an das BFG seinen Antrag auf Abweisung der Beschwerde darauf, dass im Beschwerdefall der Krankenversicherungsträger die durch die Krankenhauspflege entstandenen Aufwendungen nicht - auch nicht zum Teil - übernommen habe. Ausgaben für die Sonderklasse seien aber nur dann zu berücksichtigen, wenn triftige medizinische Gründe vorliegen würden. Derartige Gründe seien nicht nachgewiesen worden, weshalb die geltend gemachten Aufwendungen nicht zwangsläufig erwachsen seien.

Auch mit dieser Argumentation ist das Finanzamt nicht im Recht:

Aus den vorliegenden Rechnungen der KAGes geht hervor, dass für den Krankenhausaufenthalt der Mutter des Bf. die amtliche Pflegegebühr verrechnet wurde. Die zugrundeliegenden Leistungen waren zweckmäßig und notwendig, das Maß des Notwendigen wurde - soweit aus den Rechnungen ersichtlich - nicht überschritten. Eine Behandlung in der Sonderklasse ist definitiv nicht erfolgt. Die betreffenden Leistungen der KAGes wären auch - abgesehen von einem allfälligen Selbstbehalt - grundsätzlich nach dem ASVG erstattungsfähig. Dass keine Kostenübernahme durch den Krankenversicherungsträger nach dem ASVG erfolgt ist und die Kosten zur Gänze von der Mutter selbst (bzw. in weiterer Folge vom Bf.) zu tragen waren, war allein dem Umstand geschuldet, dass die Mutter des Bf. als armenische Staatsbürgerin nicht dem inländischen gesetzlichen Sozialversicherungssystem unterliegt. Eine Kostendeckung durch die österreichische (gesetzliche) Krankenversicherung kam daher im Beschwerdefall von Vornherein nicht in Betracht.

Die gegenständlichen Kosten wurden ohne jeden Zweifel durch Krankheit (Herzinfarkt, Verkalkung der Herzkranzgefäße, arterieller Hypertonus etc.) verursacht. Ein gesonderter Nachweis von "triftigen medizinischen Gründen" ist nicht erforderlich, da - wie erwähnt - eine Behandlung und Betreuung in der Sonderklasse im Beschwerdefall nicht erfolgt ist. Eine Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung kommt daher grundsätzlich in Betracht.

Dennoch ist im vorliegenden Fall letztendlich bezüglich der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Krankenhauskosten aus folgenden Gründen zu differenzieren:

Die (erste) Rechnung der KAGes vom (Nr. 90292491) betrifft den stationären Aufenthalt vom 11.3. bis zum . Der Mutter des Bf. wurde zunächst ein Visum C erteilt, welches bis gültig war. Für die Visaausstellung ist nach visarechtlichen Bestimmungen der Nachweis einer alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung (Deckungsumfang € 30.000,-) erforderlich. Laut Mitteilung des BMI ist davon auszugehen, dass dieses Visaerteilungserfordernis im vorliegenden Fall vorgelegt wurde (s. E-Mail des BMI vom ). Die Kosten von € 5.136,60 wären daher grundsätzlich durch die abgeschlossene Reisekrankenversicherung gedeckt.

Der Bf. (ebenso wie in weiterer Folge dessen Ehegattin) gab an, dass eine telefonische Kontaktaufnahme mit dem Versicherer ergeben habe, dass eine Kostenerstattung nicht erfolge: Es seien nur Unfälle, aber keine Kosten für einen Herzinfarkt gedeckt (s. Antwort des Bf. vom ). Schriftliche Unterlagen dazu (Polizze, Korrespondenz mit der Versicherung uä.) konnten nicht vorgelegt werden (bzw. seien laut Bf. nicht vorhanden).

Nach Auffassung des BFG ist für jene (Teil)Zahlungen, die im Jahr 2021 auf diese Krankenhausrechnung entfallen (die Ratenzahlungen von Jänner bis April, insgesamt ein Betrag von € 1.460,-), die Zwangsläufigkeit nicht hinreichend konkret erwiesen. Es ist nicht klar, ob dem Versicherer gegenüber entsprechende Erstattungsansprüche geltend gemacht wurden. Die bezügliche Kontaktaufnahme mit der Versicherung sei laut Bf. lediglich telefonisch erfolgt.

Da laut BMI für diesen (ersten) Spitalsaufenthalt grundsätzlich eine Deckung durch die Reisekrankenversicherung gegeben gewesen sein muss, ist der Anfall der darauf entfallenden Teilzahlungen iHv. € 1.460,- nicht als zwangsläufig erwachsen anzusehen, da offenbar von einer entsprechenden Geltendmachung gegenüber dem Versicherer (aus freien Stücken) Abstand genommen wurde. Sollte eine visarechtlich grundsätzlich zwingend vorgesehene Krankenversicherung gar nicht abgeschlossen worden sein (wovon im Beschwerdefall auf Grund der Mitteilung des BMI jedoch nicht auszugehen ist), läge ebenfalls ein Verhalten vor, zu dem sich die Mutter des Bf. aus freien Stücken entschlossen hätte, und welches somit die Zwangsläufigkeit im oa. Sinne ausschließt. Wie erwähnt, fehlen hierzu hinreichend aussagekräftige Unterlagen.

Anderes gilt für jene Ratenzahlungen, die ab Mai 2021 für die Tilgung der (zweiten) Gebührenrechnung der KAGes vom geleistet wurden. Laut BMI wurde für die Zeit ab ein Visum D erteilt (da die Mutter des Bf. krankheitsbedingt fluguntauglich war; s. oben). Für die Ausstellung dieses Visums wurde keine alle Risiken abdeckende Krankenversicherung verlangt, da Reisekrankenversicherungen keinesfalls Kosten einer medizinischen Behandlung übernehmen, wenn sich der Versicherungsnehmer bei Abschluss der Versicherung bereits im Inland befindet und die Versicherung zum Zwecke der Kostenübernahme einer beabsichtigten medizinischen Behandlung abgeschlossen wird, deren Ursache zum Zeitpunkt des Versicherungsabschlusses bereits existierte (s. E-Mail des BMI, Frau RR S, vom ).

Es war daher der Mutter des Bf. (bzw. dem Bf.) nicht möglich, sich der Übernahme dieser Kosten zu entziehen, da zum Einen kein gesetzlicher Versicherungsschutz bestand, sowie zum Anderen der Abschluss einer vertraglichen (privaten) Krankenversicherung aus den dargelegten Gründen nicht möglich war. Die Zahlungen im Gesamtbetrag von € 3.200,- (8 x € 400,-), welche im Jahr 2021 auf die Gebührenrechnung der KAGes vom entfallen, sind daher jedenfalls als zwangsläufig erwachsen anzusehen.

Bei einem Krankenhausaufenthalt ist allerdings eine Haushaltsersparnis (Verpflegungstangente) iHv. € 5,23 je Tag von den Kosten in Abzug zu bringen (zB ); im Beschwerdefall sohin ein Betrag von € 26,15 (5 x € 5,23).

Insgesamt war daher ein Betrag von € 3.200,- , abzüglich der Haushaltsersparnis von € 26,15, als außergewöhnliche Belastung (Krankenhauskosten) anzuerkennen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das BFG konnte sich auf die in der Begründung zitierte Rechtsprechung stützen, weshalb eine Rechtsfrage im oa. Sinne nicht vorliegt und die Revision nicht zuzulassen war.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at