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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.01.2024, RV/7103671/2023

§ 217 Abs. 7 BAO, Verhängung des Säumniszuschlages war für Antragsteller vorhersehbar und vermeidbar

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Praterstraße 38, 1020 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung eines Antrages gemäß § 217 Abs. 7 BAO, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt von der Umsatzsteuernachforderung 2021 in Höhe von € 4.781,82 einen ersten Säumniszuschlag in Höhe von € 95,64 fest.

Mit dem durch die steuerliche Vertretung am über FinanzOnline eingebrachten Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO ersuchte die nunmehrige Beschwerdeführerin (in der Folge Bf. genannt) um die Nichtfestsetzung des mit Bescheid vom festgesetzten Säumniszuschlages idH von € 95,64, da sie an der Säumnis kein grobes Verschulden treffe.

Leider sei es in Folge von Abstimmungsarbeiten anlässlich der Erstellung der Steuererklärungen 2021 zu einer USt-Nachzahlung gekommen. Derartige Nachzahlungen seien bei der Bf. mit Immobilienvermietungen nicht ungewöhnlich (Berichtigungen, BK-Abrechnungen, Versicherungszahlungen etc). Die Bf. habe sich bis dato stets vorbildhaft um die Begleichung ihrer Abgabenschuldigkeiten gekümmert. Die stets vorbildhafte Vorgangsweise sei bei Betrachtung des Finanzamtkontos der Bf. ersichtlich. Beispielsweise sei die U- Erklärung 2022 bereits im März 2023 abgegeben worden. Es könne daher - insbesondere unter Berücksichtigung von COVID-19 - nicht vom Vorliegen eines groben Verschuldens der abgabenrechtlich untadeligen Bf. ausgegangen werden (siehe RAE, Rz 974). Wenn überhaupt liege lediglich leichte Fahrlässigkeit vor, da ein Fehler unterlaufen sei, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begehe (siehe zB Ritz, BAO3, § 217 Tz 44 mit Verweis auf mwN). Insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Bf. ihren abgabenrechtlichen Verpflichtungen stets vorbildhaft nachgekommen sei und nur ein sehr kurzes Ausmaß der Fristüberschreitung vorliege, werde um die ersatzlose Aufhebung der beiden SZ-Bescheide (Anm. BFG: gemeint wohl des SZ-Bescheides) ersucht.

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag mit der Begründung ab, dass der Säumniszuschlag eine objektive Säumnisfolge und ein Druckmittel zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sei (; , 98/14/0146). Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt hätten, seien grundsätzlich unbeachtlich, insbesondere setze die Verwirkung von Säumniszuschlägen kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus (z.B. ).

Kein grobes Verschulden iSd § 217 Abs. 7 BAO liege vor, wenn das Verschulden als leichte Fahrlässigkeit anzusehen sei (somit bei minderem Grad des Versehens iSd § 308 Abs. 1 zweiter Satz BAO), vgl. Ritz, BAO3, § 217 Tz 43, oder als Nachlässigkeit (§ 1332 ABGB). Auffallend sorgloses Verhalten schließe leichte Fahrlässigkeit aus (vgl. auch Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BA03, § 308 Anm 9).

Auffallend sorglos handle, wer die für die Einhaltung von Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lasse (, 90/16/0229; , 93/14/0011; , 93/16/0020; , 93/16/0075, 93/16/0076, , 93/16/0020; , 96/15/0101; ,98/16/0051).

Bei § 217 Abs. 7 BAO handle es sich um einen Begünstigungstatbestand, bei dem die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Beweislast des Begünstigungswerbers in den Hintergrund trete. Wer eine Begünstigung in Anspruch nehmen wolle, habe selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 1274). Der Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO unterliege einer erhöhten Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers.

Im Lichte der obigen Ausführungen habe die Bf. nicht ausreichend dargelegt, dass sie kein grobes Verschulden iSd § 217 Abs. 7 BAO betreffend die Vorschreibung des Säumniszuschlages vom treffe.

Der zu Unrecht entstandene Überschuss sei an die ***Firma1*** umgebucht worden (GF sei die Bf.) und werde dort zur Abdeckung der laufenden Abgaben verwendet.

Dies stelle keine Grundlage des § 217 Abs. 7 BAO dar.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom wurde die Stattgabe des Antrags gem. § 217 Abs. 7 beantragt, da entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid sehr wohl dargelegt worden sei, dass kein grobes Verschulden vorliege und im angefochtenen Bescheid der Antrag nur mit Textbausteinen abgewiesen worden sei. Weiters wurde Entscheidung durch den Senat sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Wenn der steuerliche Vertreter von Baukastensätzen spreche, sei dem entgegen zu halten, dass einem ordentlichen Bau entsprechend zuerst ein Fundament zu errichten sei. Das Fundament stelle die gesetzliche Bestimmung des § 217 BAO dar. Darauf könne dann aufgebaut werden. Starke Mauern und ein stabiles Dach bildeten dann BFG und schlussendlich VwGH Entscheidungen. Sehe das ein gesetzlicher Vertreter anders, so sei das eine interessante Sichtweise.

Im letzten Absatz sei konkret auf den Sachverhalt eingegangen worden.

In der Veranlagung der Umsatzsteuer für 2021 sei es zu einer Korrektur von zu Unrecht in Anspruch genommener Vorsteuerbeträgen gekommen.

Nachforderungen an Umsatzsteuer aus der Jahreserklärung seien zwangsläufig nicht entrichtete Vorauszahlungen oder verminderte Überschüsse. Gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 werde für Nachforderungen auf Grund einer Veranlagung keine von Abs. 1 oder 3 abweichende Fälligkeit begründet. Eine von der Bescheidzustellung abhängige Fälligkeit sei nicht vorgesehen.

Es sei unbestritten, dass der Betrag von € 4.781,82 nicht bis entrichtet worden sei.

Der Tatbestand des § 217 Abs. 1 BAO sei daher erfüllt.

Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet sei, werde vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeute, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund trete (vgl. ; ). Dieser habe also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen all jener Umstände aufzuzeigen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden könne.

Wenn der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin meine, dass der unberechtigte Vorsteuerabzug erst später habe erkannt werden können, so sei dem entgegenzuhalten, dass dieser Einwand der gegenständlichen Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen könne, zumal die Festsetzung eines Säumniszuschlages (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraussetze ().

Wenn nun in Folge von Abstimmungsarbeiten anlässlich der Erstellung der Steuererklärungen 2021 eine USt-Nachzahlung ersichtlich gewesen und ohnehin im März die Erklärung abgegeben worden sei, wäre noch Zeit für eine Nachzahlung bis zum gewesen. Zudem sei es die Verpflichtung eines Abgabepflichtigen, Berichtigungen, etc. termingerecht seiner steuerlichen Vertretung zu melden, damit schon vor Abgabe der Erklärung eine Berichtigung stattfinden könne.

Weiters müsse darauf hingewiesen werden, dass die prozentuelle Höhe der Berichtigung kein Minderbetrag gewesen sei. Bei einem vorangemeldeten Überschuss von € 11.066,13 auf reduzierte € 6.283,31 sei der Differenzbetrag erheblich.

Die entstandenen Gutschriften seien durch Rückzahlung auf Firmenkonten (***Firma2*** - , und ) und Umbuchungen bzw. Überrechnungen (an ***Firma3***, ***Firma1*** und ***Firma4*** , , , , und ) verwendet worden. Dadurch sei vom Staat unrechtmäßiges Umsatzsteuerguthaben geliehen worden, das sogar zinsfrei.

Wenn man dies in Betracht ziehe, sei die Erlangung einer weiteren Begünstigung nicht im Sinne des § 217 Abs.7 BAO.

Dagegen wurde mittels FinanzOnline am ein Vorlageantrag eingebracht und ausgeführt, dass ergänzend zur Beschwerde darauf verwiesen werde, dass bei den Ausführungen in der BVE nicht berücksichtigt worden sei, dass in den Zeiträumen 2021 und 2022 auf dem FA-Konto der Bf. Guthaben bestanden hätten und zwar ebenso zinsfrei.

Davon, dass vom Staat unrechtmäßiges Umsatzsteuerguthaben geliehen worden sei, könne keine Rede sein. Berichtigungen anlässlich der Erstellung der Jahreserklärungen seien immer möglich (insbesondere iZm Liegenschaften und den von den Hausverwaltungen zur Verfügung gestellten Unterlagen) und führten manchmal zu Gutschriften und manchmal eben zu Nachzahlungen. In den Jahren 2017 bis 2019 sei es beispielsweise zu größeren Gutschriften gekommen.

Mit erging folgende Anfrage an die Bf:

"Wie aus der beiliegenden Berechnung ersichtlich ist, resultiert die Nachforderung der Umsatzsteuer 2021 im Wesentlichen aus der Differenz der mit Voranmeldungen geltend gemachten Vorsteuern zu jenem Betrag, der in der Umsatzsteuerjahreserklärung aufscheint. Mit den Umsatzsteuervoranmeldungen wurden Vorsteuern in Höhe von insgesamt € 26.932,20 geltend gemacht, gemäß Jahreserklärung betragen diese lediglich € 22.125,46.

Es wird um konkrete Ausführungen innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses ersucht, welcher konkrete Sachverhalt zu dieser Verminderung der Vorsteuern führte."

Die Beilage enthielt folgende Berechnung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Monat
Umsatz
20%
10%
Vorsteuern
Errechneter Betrag
01
10.453,86
2.156,81
8.297,05
2.696,04
-1.434,97
02
10.165,12
2.156,81
8.008,31
1.819,57
-587,38
03
10.474,02
2.156,81
8.317,21
725,77
537,31
04
10.765,88
2.156,81
8.609,07
3.192,99
-1.900,72
05
10.742,66
2.156,81
8.585,85
2.336,51
-1.046,56
06
11.119,48
2.206,92
8.912,56
1.960,25
-627,61
07
11.408,03
2.207,05
9.200,98
1.532,48
-170,97
08
8.819,90
1.667,85
7.152,05
1.082,34
-33,56
09
11.613,62
2.240,02
9.373,60
3.276,90
-1.891,54
10
12.350,49
2.240,02
10.110,47
811,43
647,62
11
12.442,85
2.241,54
10.201,31
3.568,07
-2.099,63
12
12.457,86
2.269,52
10.188,34
3.929,85
-2.457,12
132.813,77
25.856,97
106.956,80
26.932,20
-11.065,13
Jahreserklärung
132.387,16
26.034,34
106.352,82
22.125,46
-6.283,31

In der Stellungnahme vom wurde ausgeführt:

"Die hier gegenständlichen UVA's wurden von der ***Firma2*** als Hausverwaltung erstellt und auch elektronisch abgegeben.

Dabei müssen aus zwei Objekten (***Objekt1*** und ***Objekt2***) die relevanten Daten (Umsätze und Vorsteuern) zusammengerechnet werden. Das besondere hierbei ist, dass unsere Mandantin nur mit 10% Miteigentümerin der ***Objekt1*** ist und somit auch nur 10% der Umsätze bei dieser versteuert werden. Der Vorsteuerabzug wird ebenfalls nur im Ausmaß von 10 % geltend gemacht, da eine andere - ebenfalls von der ***Firma2*** und unserer Kanzlei vertretene Gesellschaft (nämlich die ***Firma1***, StNr ***XXX***) - mit 90% beteiligt ist.

Bei diesen Berechnungen passierten in der Vergangenheit leider bei der Hausverwaltung gelegentlich Fehler, so gibt es insbesondere ab 6/2023 größere Abweichungen. Diese deuten darauf hin, dass offensichtlich der 90%ige und 10%ige Anteil vertauscht wurde und fälschlicherweise nicht 10% der Vorsteuern aus dem Objekt ***1*** sondern eben 90% der Vorsteuern bei unserer Mandantin geltend gemacht wurden und umgekehrt. Dies passt auch damit zusammen, dass sich bei der ***Firma1*** im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 ein Guthaben von € 6.798,61 ergab.

Darüber hinaus gibt es bei Hausverwaltungen - wie auch unsere Erfahrungen zeigen - sehr oft Nachbuchungen und Korrekturen, da Belege (zB für Investitionen, Instandhaltungen, Stornos, BK etc) nachträglich einlangen bzw zunächst falsch zugeordnet werden und liegen bleiben.

Diese gelegentlich auftretenden Fehler (im konkreten Fall insbesondere der Fehler iZm 10% und 90 %) wurden mittlerweile bereinigt, wobei auf die geringeren Nachzahlungen bzw Gutschriften in den Jahreserklärungen 2022 verwiesen werden kann.

Wir hoffen mit diesen Ausführungen gedient zu haben und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung.

Zugleich ziehen wir hiermit unseren Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO und unseren Antrag auf Senatsentscheidung gemäß § 272 Abs 2 Z 1 lit a BAO zurück."

Am erging durch das Bundesfinanzgericht ein weiterer Beschluss mit folgendem Inhalt:

"In der Stellungnahme vom wird ausgeführt, dass die Bf. mit 10% und die ***Firma1*** mit 90 % beteiligte Miteigentümerinnen der ***Objekt1*** seien. Die Umsatzsteuervoranmeldungen würden von der ***Firma2*** erstellt werden, ab 6/2023 (gemeint wohl 6/2021) habe es größere Abweichungen gegeben. Bei der Berechnung der Vorsteuern sei der 90%ige und 10%ige Anteil vertauscht worden und fälschlicherweise 90% der Vorsteuern aus dem Objekt ***1*** anstatt 10% geltend gemacht worden und umgekehrt. Dies passe auch damit zusammen, dass sich bei der ***Firma1*** im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 ein Guthaben von € 6.798,61 ergeben habe.

Eine Kontoabfrage bei der ***Firma1*** ergab jedoch, dass die genannte Gutschrift in Höhe von € 6.798,61 aus der UVA 12/2021, verbucht am resultiert. Die Veranlagung der Umsatzsteuer 2021 erfolgte am und führte zu einer Gutschrift in Höhe von 2 Cent.

Demzufolge war der Fehler der Berechnungen wohl bereits im Jänner 2022 bekannt.

§ 21 Abs. 3 UStG lautet:

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde.

Die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2021 wurde am eingereicht. Weshalb wurden trotz Kenntnis der Unrichtigkeiten keine Berichtigungen der Umsatzsteuervoranmeldungen 6-12/2021 eingereicht? Dadurch wäre zumindest der Großteil des Säumniszuschlages vermeidbar gewesen.

Bitte um Stellungnahme samt Aufgliederung der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuern 6-12/2021 auf die einzelnen Monate samt Übermittlung entsprechender Nachweise innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses."

Dieser Beschluss (diese Anfrage) blieb unbeantwortet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 217 BAO (Auszugsweise)

(1) Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 iit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten.

(2) Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.

(7) Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

(10) Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. (…)

Für die Herabsetzung des Säumniszuschlages kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt aber vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt ().

Grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO ist ebenfalls in einem Verhalten zu sehen, wenn das unbeachtet blieb, was im gegebenen Fall jedermann hätte einleuchten müssen und bei dem die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlichem Maß verletzt wurde. Wesentliches Merkmal der auffallenden Sorglosigkeit ist die Voraussehbarkeit des Schadens. Wenn sich jemand über grundlegende und leicht erkennbare Vorschriften hinwegsetzt und sein Handeln den Eintritt des Schadens nicht bloß als möglich, sondern als wahrscheinlich erkennen ließ.

In prozessualer Hinsicht gilt, dass § 217 Abs. 7 BAO ein antragsbedürftiger begünstigender Verwaltungsakt ist. Ungeachtet der auch hiefür geltenden grundsätzlichen Pflicht der Abgabenbehörden, die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, erfährt dieser Grundsatz doch gerade bei der antragsbedürftigen Inanspruchnahme abgabenrechtlicher Begünstigungen eine am Kriterium der Zumutbarkeit orientierte, mehr oder weniger starke Einschränkung. Dem Antragsteller fällt die Behauptungslast und eine diesbezügliche Konkretisierungspflicht (erhöhte Mitwirkungspflicht) zu, deren Nichterfüllung der freien Beweiswürdigung unterliegt. In diesem Sinne obliegt es dem Abgabenpflichtigen, der die Begünstigung des § 217 Abs. 7 BAO in Anspruch nehmen will, selbst das Vorliegen aller Umstände darzutun, auf die er sein Begehren stützt (vgl. auch , mwN).

Die Bf. hat den nicht beantwortet, weshalb dieser Entscheidung folgender Sachverhalt zugrunde zu legen ist:

Die Bf. ist mit 10% und die ***Firma1*** mit 90 % beteiligte Miteigentümerin der ***Objekt1***. Die Umsatzsteuervoranmeldungen wurden von der ***Firma2*** erstellt, wobei es ab 6/2021 größere Abweichungen gegeben hat, da bei der Berechnung der Vorsteuern der 90%ige und 10%ige Anteil vertauscht wurden und fälschlicherweise 90% der Vorsteuern aus dem Objekt ***1*** anstatt 10% geltend gemacht wurden und umgekehrt.

In der Stellungnahme vom wies der steuerliche Vertreter der Bf. darauf hin, dass dies auch damit zusammenpasse, dass sich bei der ***Firma1*** im Rahmen der Umsatzsteuerjahreserklärung 2021 ein Guthaben von € 6.798,61 ergeben habe.

Eine Kontoabfrage bei der ***Firma1*** ergab jedoch, dass die genannte Gutschrift in Höhe von € 6.798,61 aus der UVA 12/2021, verbucht am resultiert. Die Veranlagung der Umsatzsteuer 2021 erfolgte am und führte zu einer Gutschrift in Höhe von 2 Cent.

Demzufolge war der Fehler der Berechnungen bereits wohl im Jänner 2022 bekannt.

Dennoch hat die Bf. die sich als unrichtig herausgestellten Umsatzsteuervoranmeldungen nicht berichtigt. Die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2021 - die nunmehr offenbar die Korrektur beinhaltet - wurde am eingereicht. Die Veranlagung der Umsatzsteuer führte zu einer Nachforderung in Höhe von € 4.781,82. Mit Bescheid vom setzte die belangte Behörde den hier gegenständlichen Säumniszuschlag in Höhe von € 95,64 fest.

Rechtliche Würdigung:

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf einen Kalendermonat (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates eine Voranmeldung bei dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen, in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer (Vorauszahlung) oder den auf den Voranmeldungszeitraum entfallenden Überschuss unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 selbst zu berechnen hat. Die Voranmeldung gilt als Steuererklärung. Als Voranmeldung gilt auch eine berichtigte Voranmeldung, sofern sie bis zu dem im ersten Satz angegebenen Tag eingereicht wird. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Die Vorauszahlung und der Überschuss sind Abgaben im Sinne der Bundesabgabenordnung. Ein vorangemeldeter Überschuss ist gutzuschreiben, sofern nicht Abs. 3 zur Anwendung gelangt. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

§ 21 Abs. 3 UStG lautet:

Wenn der Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterläßt oder wenn sich die Voranmeldung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist, so hat das Finanzamt die Steuer festzusetzen. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein den Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Eine festgesetzte Vorauszahlung hat den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Die Gutschrift eines festgesetzten Überschusses wirkt bis zur Höhe des vorangemeldeten Überschussbetrages auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück. Führt eine Festsetzung zur Verminderung eines Überschusses, so gilt als Fälligkeitstag der Nachforderung der Zeitpunkt, in dem die Gutschrift des Überschusses wirksam war.

Eine bereits abgegebene Voranmeldung kann bis zum Fälligkeitstag berichtigt werden. Wird die Voranmeldung nach dem Fälligkeitstag eingereicht (z.B. weil die Selbstberechnung unrichtig war), so hat das Finanzamt die Umsatzsteuer festzusetzen (§ 21 Abs. 3 UStG).

Gemäß § 217 Abs. 10 BAO sind Säumniszuschläge, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, nicht festzusetzen.

Die gesamte Nachforderung aufgrund zu Unrecht geltend gemachter Vorsteuern betrug ca. 4.800,00, die Abweichungen bei der Erstellung der Voranmeldungen erfolgten laut Bf. ab 6/2021. Eine Aufgliederung der Fehlberechnungsbeträge auf die einzelnen Monate ist trotz Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht nicht erfolgt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Fehlberechnungen im jeweiligen Monat weniger als € 2.500,00 betragen haben, bei Einreichung berichtigter Voranmeldungen wäre der hier gegenständliche Säumniszuschlag somit vermeidbar gewesen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass der (die) Berechnungsfehler bereits im Jänner 2022 bekannt waren und die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2021 am eingereicht wurde, somit ausreichend Zeit für die Einreichung berichtigter Umsatzsteuervoranmeldungen gewesen wäre.

Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabepflichtigen nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt.

Da die Bf. bis (Tag der Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2021) trotz Kenntnis der Unrichtigkeiten der Voranmeldungen keine berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen einreichte, wodurch auch die Verhängung des hier gegenständlichen Säumniszuschlages vermieden worden wäre, kann nicht erkannt werden, dass kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung sowie an der Säumnis bzw. den Säumnisfolgen vorliegt.

Dem Bescheid über die Abweisung des Antrages gemäß § 217 Abs. 7 BAO lastet daher keine Rechtswidrigkeit an, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall war ausschließlich die Verschuldensfrage im konkreten Einzelfall, somit keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Weiters weicht das Erkenntnis auch nicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 10 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103671.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at