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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 12.01.2024, RV/6100004/2024

Steuerpflicht einer Witwenpension gem. § 258 ASVG

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird im Sinne der Beschwerdevorentscheidung abgeändert und die Einkommensteuer mit 865 Euro festgesetzt.
Die Beschwerde wird im Übrigen gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am erging der Einkommensteuerbescheid 2022 (Arbeitnehmerveranlagung) mit einer Nachforderung iHv. 872 Euro.

2. Mit Schriftsatz vom wurde dagegen Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass die im Bescheid als steuerpflichtig angesetzten Bezüge von der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) iHv. 18.657,96 Euro auch die Bezüge aus der Witwenpension durch die Pensionsversicherungsanstalt Landesstelle ***1*** (PVA) enthalte.
Für die Lohnsteuerberechnung seien nur die Erwerbsunfähigkeitspension von der SVS und die Einkünfte bei Mag. ***A*** maßgebend. Die Witwenpension habe ausschließlich Unterhaltscharakter und unterliege daher nicht der Einkommensteuer. Gemäß § 29 Z 1 zweiter Teilstrich EStG seien Bezüge einer gesetzlich unterhaltsberechtigten Person nicht steuerpflichtig. Eine Witwenpension könne man nur als gesetzlich unterhaltsberechtigte Ehegattin beziehen, daher seien diese Bezüge ex lege einkommensteuerfrei.

3. Mit Schriftsatz vom urgierte die Beschwerdeführerin eine Entscheidung über die Beschwerde und führte ergänzend aus, dass sie gemäß § 258 Abs. 1 ASVG eine Witwenpension beziehe. Gemäß § 29 Z 1 zweiter TS EStG seien Bezüge an eine gesetzlich unterhaltspflichtige Person nicht steuerpflichtig. Der Verfassungsgerichtshof habe in diesem Sinne ausgesprochen, dass die Hinterbliebenenpension die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten ersetze (VfSlg. 8871/1980). Auch nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs sei die Witwenpension in wirtschaftlicher Hinsicht als Ersatzleistung anzusehen, die an die Stelle von Unterhaltsverpflichtungen des Partners tritt (). Daher sei für den Bezug der Witwenpension keine Einkommensteuer zu entrichten.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid abgeändert und der aktuelle Lohnzettel der SVS berücksichtigt. Die Einkünfte von der SVS wurden statt iHv. 18.657,96 Euro mit 18.921,92 Euro angesetzt und die anrechenbare Lohnsteuer statt iHv. 1.057,60 Euro mit 1.173,22 Euro.
Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen mit folgender Begründung:
"Gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit alle Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis bzw. gemäß Abs. 3 lit. a leg.cit. Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung.
Ihre Witwenrente der Pensionsversicherungsanstalt ist eine Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung und es liegen somit steuerpflichtige Einkünfte im Sinne des
§ 2 Abs. 3 Z 4 EStG 1988 vor.
Mit Wirkung vom trat die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, betreffend die gemeinsame Versteuerung mehrerer Pensionen (bei getrennter Auszahlung), in Kraft.
Die gemeinsame Versteuerung hat ab diesem Zeitpunkt jene pensionsauszahlende Stelle vorzunehmen, die den höheren steuerpflichtigen Bezug ausbezahlt. Ihre Witwenrente der Pensionsversicherungsanstalt wird daher gemeinsam mit der Rente der Pensionsversicherungsanstalt der Selbständigen versteuert."

5. Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht, weil sich das Finanzamt noch nicht mit der Urgenz vom auseinandergesetzt habe, wonach die Witwenpension als Ersatzleistung für den Unterhalt zu qualifizieren sei und nicht der Einkommensteuer unterliege.

6. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung und nahm wie folgt Stellung:
"Nach dem Tod ihres Gatten wurde der Beschwerdeführerin von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine Witwenpension nach den Bestimmungen der §§ 257 ff. des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zuerkannt, die von der SVA gemeinsam mit ihrer Eigenpension versteuert wird. Es handelt sich hierbei um eine Hinterbliebenenleistung, welche von der PVA ausbezahlt wird. Bei der an die Beschwerdeführerin zufließenden Witwenpension handelt sich um eine Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung werden als (lohnsteuerpflichtige) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit in § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 genannt. Dies gilt auch für Hinterbliebenenpensionen (vgl. RV/4100594/2013). Zudem gibt es Sonderbestimmungen für die Besteuerung bei Abfertigung von Witwenpension in § 7 Abs. 4 EStG. Die Argumentation der Beschwerdeführerin geht ins Leere, da die von ihr ins Treffen geführte Judikatur zum ASVG und AlVG und nicht zum relevanten EStG ergangen ist. Nachdem die Witwenpension eindeutig gemäß § 25 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG einkommensteuerpflichtig ist, beantragt die Behörde die Abweisung der Beschwerde."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin bezieht seit dem Tod ihres Gatten von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) eine Witwenpension nach den Bestimmungen der §§ 257 ff. des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), die von der SVS gemeinsam mit ihrer Eigenpension versteuert wird.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten Akten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Bei der an die Beschwerdeführerin zufließenden Witwenpension gemäß § 258 Abs 1 ASVG handelt es sich um eine Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung.
Pensionen aus der gesetzlichen Sozialversicherung werden als (lohnsteuerpflichtige) Einkünfte aus unselbständiger Arbeit in § 25 Abs. 1 Z. 3 lit. a EStG 1988 genannt. Dies gilt auch für Hinterbliebenenpensionen (Ebner in Jakom EStG, 16. Aufl., § 25, Rz. 11).

Die Hinterbliebenenpension fällt also bereits unter § 25 Abs. 1 Z. 3 lit a EStG 1988 und nicht, wie von der Beschwerdeführerin angenommen, unter § 29 Z. 1 zweiter TS EStG 1988.

Hinsichtlich der Witwenpension nach § 258 ASVG besteht kein Zweifel, dass diese der inländischen Lohnversteuerung unterliegt (siehe bereits ; auch auf den Webseiten der SVS und der PVA wird auf den Lohnsteuerabzug hingewiesen).

Aus der von der Beschwerdeführerin zitierten Judikatur lässt sich nicht ableiten, dass der Bezug der Witwenpension nicht steuerbar oder steuerfrei wäre.
In dem Erkenntnis des , ging es um eine Rechtsfrage zum Arbeitslosenversicherungsgesetz ohne Bezug zur Frage der Steuerbarkeit.
Ebensowenig lässt sich für die Beschwerdeführerin aus dem Zitat aus einem Kommentar zum ASVG gewinnen (Sonntag in Sonntag, ASVG, zu § 258: "Der Zweck der Hinterbliebenenpensionen besteht darin, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen.").

Gemäß § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die gemeinsame Versteuerung mehrerer Pensionen, BGBl. II Nr. 55/2001 idF BGBl. II 255/2006, ist eine gemeinsame Versteuerung vorzunehmen, wenn steuerpflichtige Bezüge im Sinne des § 2 gleichzeitig einer Person zufließen.
Nach § 3 der Verordnung hat jene bezugsauszahlende Stelle die gemeinsame Versteuerung vorzunehmen, die den höheren steuerpflichtigen Bezug auszahlt.
Diese gemeinsame Versteuerung wurde auch im Jahr 2021 vorgenommen, wobei keine Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid erhoben wurde. Die Nachforderung an Einkommensteuer im Jahr 2022 iHv. 865 Euro beruht auf den Einkünften iHv. 2.988 Euro aus der in diesem Jahr aufgenommenen Tätigkeit für Mag. ***A***.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.
Der Bescheid ist aufgrund des aktuellen Lohnzettels abzuändern und das Einkommen sowie die Einkommensteuer gleichlautend wie in der Beschwerdevorentscheidung festzusetzen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Steuerbarkeit der Witwenpension ergibt sich bereits aus dem Gesetz. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen. Eine ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.6100004.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at