Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit vor dem 21. Lebensjahr
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Peter Michael Wolf, Bahnhofplatz 6 Tür 4, 2340 Mödling, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages vom auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ab September 2021 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (Bf.), geb. am tt.mm.1958, beantragte, vertreten durch seinen gerichtlichen Erwachsenenvertreter, am mit dem Formular Beih 100 die Gewährung von Familienbeihilfe ohne das Beginndatum auszufüllen.
Am beantragte er mit dem Formular Beih 3 die Zuerkennung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung und zwar rückwirkend bis zu dem Zeitpunkt zu dem erstmals die Behinderung lt. Sachverständigengutachten festgestellt würde.
Mit dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Bescheid vom wurde der Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe vom ab September 2021 abgewiesen. Zur Begründung wurde auf § 2 Abs. 1 lit. c Familienlastenausgleichsgesetz 1967 verwiesen, wonach Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe, wenn ein Kind voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig sei. Die Erwerbsunfähigkeit müsse vor dem 21. Geburtstag oder während einer Berufsausbildung vor dem 25. Geburtstag eingetreten sein. Beim Antragsteller sei das lt. dem Gutachten des Sozialministeriumservice vom nicht der Fall. Demnach liege dauernde Erwerbsunfähigkeit ab September 2021 vor. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bf bereits 63 Jahre alt gewesen.
Gegen diesen Bescheid wurde vom gerichtlichen Erwachsenenvertreter am Beschwerde erhoben und auf das beigelegte Gutachten Dr. ***1*** und auf einen Sozialversicherungsdatenauszug verwiesen, die bei der Beurteilung des Eintritts der dauernden Erwerbsunfähigkeit zu berücksichtigen seien. Weiters stellte er den Antrag, das Bundesfinanzgericht möge unter Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, in eventu ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung, in der Sache selbst erkennen.
Die belangte Behörde hat daraufhin die Einholung eines weiteren Gutachtens des Sozialministeriumservice veranlasst. Das Gutachten vom bescheinigte dem Bf. den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit mit .
Mit der Begründung, dass auch lt. diesem neuerlichen Gutachten der Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit nicht vor dem 21. Lebensjahr, wie in § 2 Abs. 1 lit.c FLAG 1967 gefordert, eingetreten sei, wurde die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
Daraufhin übermittelte der Erwachsenenvertreter der belangten Behörde am eine Bestätigung des Militärkommandos Niederösterreich vom und eine Abschrift aus dem Stellungsakt vom , wonach aus diesen Unterlagen hervorgehe, dass der Bf. wegen einer bereits zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Psychopathie niemals selbsterhaltungsfähig geworden sei.
Die Beschwerdevorentscheidung wurde am (neuerlich) zugestellt und am ein Vorlageantrag eingebracht, in dem der Antrag auf eine Verhandlung vor dem gesamten Senat gestellt wurde. Zur Begründung wurde auf das bisherige Vorbringen und die vorgelegten Unterlagen verwiesen.
Vom Bundesfinanzgericht wurde die Einholung eines weiteren Gutachtens unter Berücksichtigung dieser Unterlagen veranlasst.
Hinsichtlich des in der Beschwerde gestellten Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung "In eventu" wurde dem Erwachsenenvertreter bereits in der E-Mail des Bundesfinanzgerichtes vom mitgeteilt, dass § 274 BAO eine mündliche Verhandlung dann vorsehe, wenn diese in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt werde.
Wie bei jedem Anbringen komme es auf den Inhalt und nicht auf zufällige verbale Formen an; kein ausreichender Antrag sei nach der Rechtsprechung jedoch z.B. der Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen (, 140-142), der Antrag "sofern notwendig eine mündliche Verhandlung anzuberaumen" (), oder "falls dies zur weiteren Klärung des Sachverhaltes und zur Entscheidung notwendig bzw. sachdienlich erscheint" ().
Über Anfrage des Bundesfinanzgerichtes vom teilte der Erwachsenenvertreter mit Schreiben vom mit, dass die von ihm bereits vorgelegte Abschrift aus dem Akt des Militärkommandos Niederösterreich die älteste ihm bekannte Unterlage betr. den Gesundheitszustand seines Klienten sei. Zu diesem Thema und zu der Frage, ob der Bf. jemals berufstätig gewesen sei, beantragte er die Einvernahme der Schwester der Bf. sowie einer namentlich genannten Sachbearbeiterin im Bereich "Sozialleistungen" der BH ***2***. Weiters wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Mit Aktengutachten vom (siehe Beilage), vom Erwachsenenvertreter dem Bundesfinanzgericht übermittelt am und von diesem an die belangte Behörde zur Kenntnis weitergleitet am , wurde dem Bf. nunmehr der Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit ab Februar 1979 bescheinigt.
Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat zurückgezogen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf.) wurde am tt.mm.1958 geboren.
Er stellte am den Antrag auf Gewährung auf Familienbeihilfe und am den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe rückwirkend für fünf Jahre ab dem Beginn der Feststellung des Eintrittes der erheblichen Behinderung durch ein Gutachten des Sozialministeriumservice.
In zwei Gutachten wurde der Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit durch die festgestellte Behinderung bzw Krankheit nicht vor dem 21. Lebensjahr festgestellt, im Gutachten vom jedoch mit Februar 1979. Zu diesem Zeitpunkt war der Bf. 20 Jahre alt.
2. Beweiswürdigung
Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie weitere Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes. Letztere ergaben, dass der Bf. lt. Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice vom seit Februar 1979 dauernd erwerbsunfähig ist. Der Sachverständige stützte sich dabei lt. Begründung auf einen bisher nicht bekannten Befund der Stellungskommission des Militärkommandos Niederösterreich und der daraus resultierenden Untauglichkeit.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I.
Verfahrensrechtlich ist zunächst auszuführen, dass der Bf. in der Beschwerde einen unbestimmten Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung stellte, indem er beantragte, das Bundesfinanzgericht möge eine mündliche Verhandlung abhalten und in der Sache selbst entscheiden, in eventu ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung in der Sache selbst entscheiden. Gem. § 274 BAO ist eine mündliche Verhandlung dann vorgesehen, wenn diese in der Beschwerde oder im Vorlageantrag beantragt wird. Wie bei jedem Anbringen kommt es auf den Inhalt und nicht auf zufällige verbale Formen an. Kein ausreichender Antrag ist nach der Rechtsprechung jedoch z.B. der Antrag, "allenfalls" eine mündliche Verhandlung durchzuführen (, 140-142), der Antrag "sofern notwendig eine mündliche Verhandlung anzuberaumen" (), oder "falls dies zur weiteren Klärung des Sachverhaltes und zur Entscheidung notwendig bzw. sachdienlich erscheint" ().
Der Antrag des Bf. in der Beschwerde lässt kein eindeutiges Begehren erkennen, sodass eine mündliche Verhandlung nicht abzuhalten war. Der Im Schriftsatz vom gestellte Antrag muss im Hinblick auf die Bestimmung des § 274 BAO als verspätet angesehen werden, sodass auch dieser keine Verpflichtung des Bundesfinanzgerichtes auslöste, eine mündliche Verhandlung abzuhalten.
Der im Vorlageantrag gestellte Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch den Senat wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.
Die im Schreiben vom beantragten Zeuginnen waren aus folgenden Gründen nicht einzuvernehmen:
1.: die beantragte Aussage der Schwester des Bf. betr. dessen Gesundheitszustand hätte im Verfahren keine Relevanz, da nach § 8 Abs.6 FLAG 1967 das einzig zugelassene Beweismittel hinsichtlich der Frage welche Krankheit bzw Behinderung vorliegt und in welchem Ausmaß und zu welchem Zeitpunkt diese zu einer dauernden Erwerbsunfähigkeit geführt hat, ein Sachverständigengutachten des Sozialministeriumservice ist. Bekundungen naher Angehöriger kommt hingegen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine Bedeutung zu. Dies muss umso mehr auch für sonstige namhaft gemachte Auskunftspersonen gelten.
2.: Hinsichtlich der Frage, ob der Bf. erwerbstätig war, legte der Erwachsenenvertreter bereits im Zuge der Beschwerde einen Versicherungsdatenauszug vor, sodass nicht ersichtlich ist, welche neuen Erkenntnisse aus der Aussage der beantragten Zeugin gewonnen werden sollten.
Der Bf. beantragte am zunächst "nur" die Gewährung von Familienbeihilfe und zwar ohne Beginndatum. Wird die Zuerkennung von Familienbeihilfe ohne Beginndatum beantragt, so gilt der Antrag grundsätzlich als auf Gewährung von Familienbeihilfe ab Antragstellung gerichtet. Der Bf. brachte aber am auch einen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages wegen erheblicher Behinderung ein und zwar rückwirkend für fünf Jahre ab Beginn des Zeitpunktes zu dem erstmals durch ein Gutachten des Sozialministeriumservice der Eintritt der erheblichen Behinderung bestätigt wird. Der frühestmögliche Zeitpunkt ab dem der Erhöhungsbetrag (bzw. auch der Grundbetrag, siehe die Ausführungen unten) gewährt werden kann ist im gegenständlichen Fall somit Dezember 2016 (§ 10 Abs. 3 FLAG 1967).
Nach § 6 Abs. 2 iVm Abs. 1 FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist, Anspruch auf Familienbeihilfe.
Anspruch auf Familienbeihilfe besteht nach § 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967 für volljährige Vollwaisen oder diesen nach § 6 Abs. 5 Satz 2 FLAG 1967 gleichgestellte volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Dies bedeutet, dass für volljährige Kinder, abgesehen vom hier nicht interssierenden Fall der Berufsausbildung, Familienbeihilfe nur als "erhöhte Familienbeihilfe" im Fall einer vor dem 21. Lebensjahr eingetretenen körperliche oder geistigen Behinderung auf Grund derer das "Kind" voraussichtlich dauernd außer Stande ist, sich den Lebensunterhalt zu verschaffen, zusteht.
Voraussetzung für den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ist, dass der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht (vgl. Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 8 Rz 5). Dies bedeutet, dass bei volljährigen Kindern, denen nicht schon aus anderen Gründen als aus dem Titel der Behinderung der Grundbetrag an Familienbeihilfe zusteht, der Grad der Behinderung ohne jede Bedeutung ist, und würde er auch 100 % betragen (vgl. ). Besteht also keine vor dem 21. Lebensjahr eingetretene voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, stehen weder Grund- noch Erhöhungsbetrag zu. Besteht eine derartige Unterhaltsunfähigkeit, stehen sowohl Grund- als auch Erhöhungsbetrag zu (vgl. ; weiters Lenneis in Csaszar / Lenneis / Wanke, FLAG, § 8 Rz 5 und 19 ff).
Es besteht daher Anspruch auf den Erhöhungsbetrag nur, wenn auch Anspruch auf den Grundbetrag an Familienbeihilfe besteht.
Es bestehen daher insofern wegen der diesbezüglichen Abhängigkeit der Ansprüche keine Bedenken, die beiden Anträge vom und vom hinsichtlich jenes Zeitraumes ab dem Familienbeihilfeund der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe beantragt wurden,als einen Antrag zusehen.
Dennoch handelt es sich um formell voneinander unabhängige Ansprüche, die gem. § 10 Abs. 1 auch gesondert zu beantragen sind und über die nicht in einem Bescheid abgesprochen werden muss.
Über den Antrag auf Gewährung des Grundbetrages von Familienbeihilfe vom , der nach dem oben gesagten,als ab Dezember 2016 gestellt gilt, hat die belangte Behörde bis jetzt noch nicht entschieden.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe vom "ab September 2021" abgewiesen und gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht ist somit der vom Spruch dieses Bescheides umfasste Zeitraum, somit der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ab September 2021.
Dieser Spruch erweist sich jedoch insofern als unvollständig, als der Bf. keinen Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages ab September 2021 gestellt hat sondern rückwirkend ab Feststellung der erheblichen Behinderung bzw rückwirkend für fünf Jahre ab Antragstellung gem. § 10 Abs. 3 FLAG 1967.
Über den Zeitraum vor September 2021 har die belangte Behörde noch nicht abgesprochen und ist dieser daher auch nicht Gegenstand dieses beim Bundesfinanzgericht anhängigen Verfahrens.
Hinsichtlich der strittigen Frage, ab wann die dauernde Erwerbsunfähigkeit eingetreten ist, ist zunächst grundsätzlich auf § 8 Abs.5 und 6 FLAG 1967 zu verweisen:
§ 8 FLAG bestimmt:
Abs. 5:
Als erheblich behindert gilt ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen. Für die Einschätzung des Grades der Behinderung sind § 14 Abs. 3 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, in der jeweils geltenden Fassung, und die Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung) vom , BGBl. II Nr. 261/2010, in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Die erhebliche Behinderung ist spätestens nach fünf Jahren neu festzustellen, soweit nicht Art und Umfang eine Änderung ausschließen.
Abs. 6:
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen.
Die Feststellung, ob auf Grund einer körperlichen oder geistigen Behinderung die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit vorliegt, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, hat nach den Bestimmungen des zitierten § 8 Abs. 6 FLAG auf dem Wege der Würdigung ärztlicher Sachverständigengutachten zu erfolgen (ohne dass bloßen Bekundungen des anspruchswerbenden Elternteiles oder der untersuchten Person dabei entscheidende Bedeutsamkeit zukäme; vgl. ).
Was ein ärztliches Zeugnis betreffend das Vorliegen einer Behinderung im Sinne des FLAG anlangt, so hat ein solches - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Feststellungen über Art und Ausmaß des Leidens sowie auch der konkreten Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit in schlüssiger und damit nachvollziehbarer Weise zu enthalten ().
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Bf. voraussichtlich dauernd erwerbsunfähig ist (§ 6 Abs. 2 lit. d FLAG 1967), ist die Behörde bzw. das Bundesfinanzgericht an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen (jetzt Sozialministeriumservice) zugrunde liegenden Gutachten gebunden und darf diese nur insoweit prüfen, ob sie schlüssig und vollständig und im Fall mehrerer Gutachten nicht einander widersprechend sind (vgl. ; ; ; , vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG2, § 8 Rz 29 und die dort zitierte Rechtsprechung).
Im Sinne dieser gesetzlichen und von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben hat das Bundesfinanzgericht ein weiteres Gutachten beim Sozialministerium angefordert, da bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle möglicherweise relevanten vom Bf. vorgelegten Unterlagen und Befunde berücksichtigt worden waren. Das nunmehr vorliegende Aktengutachten vom attestiert dem Bf. den Eintritt der dauernden Erwerbsunfähigkeit mit Februar 1979. Zu diesem Zeitpunkt war der am tt.mm.1958 geborenen Bf. 20 Jahre alt. Die dauernde Erwerbsunfähigkeit ist somit vor dem 21. Lebensjahr eingetreten. Dem Bf. stehen daher jedenfalls der Grundbetrag an Familienbeihilfe und der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe zu und zwar ab dem beantragen Zeitpunkt, somit ab Dezember 2016.
Der angefochtene Bescheid spricht über den Zeitraum ab September 2021 ab. Gegenstand des Verfahrens beim Bundesfinanzgericht ist daher der Anspruch auf den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ab September 2021. Auf Grund der obigen Erwägungen ist der Bescheid aufzuheben. Dem Bf. steht der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ab September 2021 zu.
Über den Antrag auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ab der erstmaligen Feststellung der erheblichen Behinderung bzw. ab Dezember 2016 bis August 2021 hat die belangte Behörde noch nicht abgesprochen.
Zusammengefasst sind daher noch folgende Anträge unerledigt:
1. Der Antrag vom auf Gewährung von Familienbeihilfe (Grundbetrag) ab Dezember 2016. Auf das Gutachten , das dem Bf. dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Februar 1979 und somit vor dem 21. Lebensjahr attestiert, wird verwiesen.
2. Der Antrag vom auf Gewährung des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe an Dezember 2016 bis August 2021. Auf das Gutachten vom , das dem Bf. dauernde Erwerbsunfähigkeit ab Februar 1979 und somit vor dem 21. Lebensjahr attestiert, wird verwiesen.
Auf Grund des Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichtes vom heutigen Tag steht dem Bf. der Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe ab dem mit dem bekämpften Bescheid laut dessen Spruch beginnenden Zeitraum, somit ab September 2021, zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor. Das Erkenntnis folgt der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Beilage: Gutachten des Sozialministeriumservice vom
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101311.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at