Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.01.2024, RV/7400138/2021

Festsetzung der Gebrauchsabgabe gemäß § 9 Abs. 1a GAG bei Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis durch Aufstellen einer Baustoffmulde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Alexander Pflaum, Rechte Bahngasse 10/19D, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***MA*** vom betreffend Nachbemessung der Gebrauchsabgabe, GZ. GZ., zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 Bundesabgabenordnung (BAO) teilweise Folge gegeben.Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Gebrauchsabgabe für den Zeitraum Juli 2020 in der Höhe von 96 Euro festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz(B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensverlauf

Mit Anzeige vom teilte die Landespolizeidirektion X dem Magistrat der Stadt X mit, dass am um 09.43 Uhr im Zuge des motorisierten Streifendienstes in Ort eine offensichtlich nicht genehmigte Baumulde auf der öffentlichen Parkfläche wahrgenommen worden sei. Zudem sei direkt daneben noch eine Palette mit Zement und ein Mietkompressor der Firma Fa. aufgestellt gewesen. Bauarbeiter seien nicht ersichtlich gewesen. Ein Bescheid habe im System nicht gesichtet werden können.

Mit Bescheid vom , GZ. GZ., schrieb die zuständige Magistratsabteilung (in der Folge belangte Behörde) der beschwerdeführenden Partei (in der Folge Bf) daraufhin gemäß §§ 9 Abs. 1a und 10 Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) für den Gebrauch des öffentlichen Grundes bzw des darüber befindlichen Luftraumes ohne Gebrauchserlaubnis vor der Liegenschaft in Ort durch eine Mulde mit rund 4 x 2 Metern Grundfläche in der dortigen Parkspur im Zeitraum von bis eine Abgabe iHv 96 Euro vor.

Für die Baustelleneinrichtungsfläche (Palette und Kompressor) im Ausmaß von rund 3 x 1,5 Metern Grundfläche im Zeitraum von bis wurde eine Gebrauchsabgabe iHv 60 Euro, insgesamt somit 156 Euro, vorgeschrieben.

Zur Begründung wurde auf den Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des GAG sowie die erwähnte Anzeige der Landespolizeidirektion X verwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft am fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und beantragte, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben. Zur Begründung brachte die Bf vor, die Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG richte sich an den Bauführer bzw den Bauherrn. Die Bf sei weder Bauführer noch Bauherr gewesen und damit hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Gebrauchsabgabe nicht abgabepflichtig. Die Abgabe iHv 156 Euro sei somit zu Unrecht vorgeschrieben worden. Im Übrigen werde die Aufstellung durch die Bf bestritten.

Die belangte Behörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte zum Sachverhalt aus, die Bf habe im Verwaltungsstrafverfahren bekannt gegeben, dass sie einem Unternehmer den Container vom bis am angeführten Standort vermietet habe.

In ihrer rechtlichen Beurteilung hielt die Behörde wie folgt fest:

Zur bewilligten Lagerung von Baucontainern und Lademulden über 24 Stunden auf öffentlichen Grund des GAG sind Genehmigungsnachweise vor Ort auszuhängen, die die Gebrauchserlaubnis darlegen. Sohin ist für jedermann leicht erkennbar, ob eine Gebrauchserlaubnis gegeben ist. Ohne einen solchen Genehmigungsausweis hat die Bf als Eigentümerin der Mulde, was in der Beschwerde nicht bestritten wurde, ihr Eigentum zugestandender Maßen auf öffentlichen Grund des GAG aufgestellt und dort für länger als 24 Stunden im Rahmen einer Vermietung belassen. Dadurch hat sie zweifellos durch ihr Eigentum GAG-Grund benutzt. Der Nutzen liegt in der Aufstellung des Containers als auch im Entgelt für die Miete der Gegenstände. Für die Zahlungspflicht gemäß § 9 Abs. 1a GAG kommt es allein auf die Benützung an und nicht darauf, wer die Baustofflagerung durchgeführt hat bzw. wer einen Antrag auf eine Gebrauchserlaubnis hätteeinbringen können. Im Übrigen käme auch eine Gebrauchserlaubnis für die Bf in Betracht, weil ihre Mulde gelagert wurde. Insbesondere da das Unternehmen für mehrere Tage selbst die Mulde aufgestellt hat, ist eine Gebrauchnahme nicht wegzuargumentieren.

Mit fristgerechter Eingabe vom beantragte die Bf - ohne weiteres inhaltliches Vorbringen - die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Am erließ die belangte Behörde eine weitere Beschwerdevorentscheidung und hob die vorgeschriebene Gebrauchsabgabe von 60 Euro betreffend die Baustelleneinrichtung (Palette und Kompressor) ersatzlos auf. Die Gebrauchsabgabe von 96 Euro betreffend die Baustoffmulde blieb unverändert.

Zur Begründung hielt die Behörde im Wesentlichen fest, dass bei der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom übersehen worden sei, dass auch für die Baustelleneinrichtungsfläche eine einmalige Gebrauchsabgabe der Bf festgesetzt wurde. Es gebe aber keine Hinweise, dass die Baustelleneinrichtung von der Bf betrieben worden sei.

Mit Eingabe vom stellte die Bf daraufhin erneut einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht und führte wiederum aus, die Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG richte sich an den Bauführer bzw den Bauherrn. Die Bf sei weder Bauführer noch Bauherr gewesen und daher nicht abgabepflichtig.

Am legte die belangte Behörde den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte unter Hinweis auf den Akteninhalt ergänzend aus:

Nach amtswegiger Aufhebung ist allein die Gebrauchsabgabe wegen Gebrauch ohneGebrauchserlaubnis von 96 Euro durch eine Mulde gegenständlich.

Vorangestellt wird, dass die Frage ob weiteren Personen, etwa der Auftraggeberin oder eineBauherrin, einen Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis hatten, allenfalls Gegenstand eines weiteren Verfahrens zur Verpflichtung zur ungeteilten Hand, aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.

Im Akt ist für jedermann offensichtlich durch die Anzeige der Landepolizeidirektion die Aufstellung einer Mulde der Bf durch die Bf ohne Gebrauchserlaubnis im Ausmaß von 8 m²in der Parkspur in Ort im Juli 2020 für länger als 24 Stunden. […]

In der Beschwerde ist ausgeführt, dass § 9 Abs. 1a GAG sich nur an Bauherrinnen bzw.Bauführerinnen richte, eine Eigenschaft, welche die Beschwerdeführerin nicht habe.Abgabepflichten oder Gebrauchserlaubnisse des GAG sind nicht auf Auftraggeberinnen,Bauführerinnen oder Bauwerberinnen beschränkt, der relevante Personenkreis ist nach der Nutzung in den Tarifen umschrieben. Im Sinne einer der BAO inne liegenden wirtschaftlichenBetrachtungsweise kommen all jene, denen die Aufstellung der Mulde auf öffentlichen Grund einen relevanten Nutzen bringt, als Nutzerinnen in Betracht. Auch einer zivilrechtlichen Auslegung des Nutzungsbegriffes liegt inne, dass bei relevanten unmittelbaren oder mittelbaren Vorteilen aus der entgeltlichen Aufstellung des Eigentums, also der Mulde auf GAG-Grund, eine Nutzung des GAG-Grunds zu bejahen ist.

In rechtlicher Hinsicht argumentierte die belangte Behörde im Vorlagebericht vom unter anderem wie folgt:

Ein Antrag zu Arbeiten auf der Straße gemäß § 90 StVO bzw. § 1 iVm Tarifposten D 1 GAG ist bei der Verkehrsbehörde nie eingelangt. Es kann nicht sein, dass die Verkehrsbehörde von der Bf, die GAG-Grund unzweifelhaft beansprucht hat und die das Eigentum selbst aufgestellt und wieder abgebaut hat, ohne Nachweise auf unbekannte und unbenannte Vertragspartnerinnen verwiesen wird. Die Bf sieht keinerlei Impetus, vor Abstellung ihres Eigentums auf GAG-Grund eine Gebrauchserlaubnis zu verlangen bzw. wenigstens den vor Ort aushängenden Gebrauchsnachweis zu beachten. Eine solche Vorgangsweise, sich die Gebrauchserlaubnis übermitteln zu lassen oder vor Ort nach einem Gebrauchsnachweis Nachschau zu halten, ist jedenfalls zumutbar.

Bei solcher Nichteinhaltung zumutbarer Vorgehensweisen, soll es im Zusammenhalt damit, dass die Bf durch das Entgelt und die Ersparung von Lagerkosten bevorteilt ist, jener nichtermöglicht werden, im Ergebnis sich Verpflichtungen des GAG zu entheben und denVerpflichtungen zu entgehen. Überdies kann auch eine Containerfirma zur Einreichung um eine Gebrauchserlaubnis legitimiert sein.

Auch hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , GZ. RV/7400048/2020, eine Gerüstfirma, die beim Abbau des Gerüsts Gerüstteile mehrere Stunden nach Beendigung der Abbauarbeiten auf der Straße belassen hat, zur Entrichtung von Gebrauchsabgaben gemäß § 9 Abs. 1a GAG verpflichtet.

Auf eine an den Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Revision zum Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , GZ. RV/7400142/2020, wird hingewiesen.

Schließlich kann auch dargelegt werden, das die Behauptung der Bf, dass sich § 9 Abs. 1a GAG nur an Bauherren bzw. Bauführer richtet, durch die Rechtsordnung nicht gedeckt ist.

Die aus § 9 Abs. 1a GAG Abgabepflichtigen ergeben sich aus dem GAG und dem Tarif. Tarif D Post 1 GAG stellt auf die Aufstellung von Baucontainern ab, weswegen die Bf die Verpflichtung tragen muss.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Entscheidungsrelevanter Sachverhalt

Im vorliegenden Fall ist die Festsetzung der Gebrauchsabgabe laut Tarif über das Ausmaß der Gebrauchsabgaben, Punkt D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat, Post 1, Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG) für den Monat Juli 2020 iHv 96 Euro gegenüber der beschwerdeführenden Gesellschaft strittig.

Die Bf ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und ua im Bereich der Entsorgung von Baustellenabfällen gewerblicher Betriebe und Privatkunden tätig. Die Bf vermietet Baustoffmulden und -container in verschiedenen Größen und organisiert sowohl deren Aufstellung und Abholung als auch die Entsorgung und Verwertung des jeweiligen Inhalts.

Im Rahmen eines nicht näher bekannten Bauvorhabens war eine in der Verfügungsgewalt der beschwerdeführenden Gesellschaft stehende Mulde im Zeitraum von bis , somit mehr als 24 Stunden lang, auf öffentlichem Grund in Ort ohne Vorliegen einer Gebrauchserlaubnis abgestellt.

Der Mieter bzw unmittelbare Benutzer der verfahrensgegenständlichen Baustoffmulde wurden weder von der Bf bekanntgegeben noch von der belangten Behörde ausgeforscht oder festgestellt.

Betreffend die ursprünglich ebenfalls strittige Vorschreibung der Gebrauchsabgabe iHv 60 Euro iZm einer Baustelleneinrichtungsfläche (Lagerung einer Palette mit Zement und eines Mietkompressors) ist festzuhalten, dass diesbezüglich kein Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit der Bf bestand.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der vorgelegten Akten und ist unstrittig. Die Bf hat zum Sachverhalt lediglich vorgebracht, weder Bauführer noch Bauherr des - nicht näher bekanntgegebenen - Bauvorhabens gewesen zu sein.

Vor diesem Hintergrund waren die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 Bundesabgabenordnung (BAO) als erwiesen anzunehmen.

Rechtsgrundlagen

Das Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 (GAG), LGBl. für Wien Nr. 20/1966, normiert Regelungen zur Nutzung der dem öffentlichen Verkehr dienenden Verkehrsflächen auf öffentlichem Grund.

Gemäß § 1 Abs. 1 erster Satz GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist.

§ 9 Abs. 1a GAG lautet:

Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben, sowie derjenige, der nach § 5 zur Beseitigung der Einrichtungen verpflichtet ist und diese nicht nachweislich beseitigt, haben - unbeschadet der §§ 6 und 16 - die Gebrauchsabgabe entsprechend dem angeschlossenen Tarif zu entrichten. Die Abgabe ist durch Bescheid festzusetzen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten sinngemäß. Wird die Gebrauchserlaubnis nachträglich erteilt, so ist die vom Abgabepflichtigen nach diesem Absatz bereits entrichtete Abgabe anzurechnen.

In den Erläuterungen zu der mit LGBl. für Wien Nr. 11/2013 nachträglich eingeführten Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG wird festgehalten:

"In Zukunft soll die Abgabepflicht auch an den bloßen Gebrauch von öffentlichem Grund der Gemeinde anknüpfen. Wie in anderen Bereichen üblich (zB Parkometerabgabe) soll die Abgabe auch für den Zeitraum, in welchem öffentlicher Grund ohne Gebrauchserlaubnis benützt wird, vorgeschrieben werden. Festgestellt wird auch, dass wenn für ein und denselben Gebrauch in ein und demselben Zeitraum ein Antrag auf Gebrauchserlaubnis gestellt und bewilligt wird, die vom Antragsteller bereits nach diesem Absatz entrichtete Gebrauchsabgabe anzurechnen ist."

§ 10 GAG (Form und Höhe der Abgabe) lautet:

(1) Die Gebrauchsabgabe wird in zwei Formen erhoben:

a) als bescheidmäßig festzusetzende Abgabe. Zu dieser gehören die einmaligen Geldleistungen (einmalige Abgabe), die monatlich wiederkehrenden Geldleistungen (Monatsabgabe) und die jährlich wiederkehrenden Geldleistungen (Jahresabgabe);

b) als Selbstbemessungsabgaben in Hundertsätzen von allen Einnahmen, die im Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis erzielt werden, unter Ausschluss der Umsatzsteuer, der Elektrizitätsabgabe, der Ökostrompauschale, des Ökostromförderbeitrages und der Erdgasabgabe, die nicht zur Bemessungsgrundlage gehören.

(2) Form und Höhe der Gebrauchsabgabe richten sich nach dem angeschlossenen, einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Tarif. Wird durch die Gebrauchserlaubnis die Errichtung einer baulichen Anlage gestattet, dann erhöht sich die im Tarif angegebene Gebrauchsabgabe um die für die betreffende Fläche (§ 1) zu bezahlenden Grundbesitzabgaben.

(3) […]

Der dem GAG angeschlossene Tarif lautet auszugsweise:

D. Monatsabgaben je begonnenen Abgabenmonat

1. für die Lagerung von Baustoffen, Schutt, Baugeräten, Baucontainern, Lademulden oder von sonstigen Gegenständen sowie für die Aufstellung von Baugeräten, Baucontainern, Gerüsten oder Bauhütten je begonnenen m² der bewilligten Fläche und je begonnenen Monat beträgt die Abgabenhöhe im 1. Bezirk für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 8 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 14 Euro; in allen übrigen Bezirken beträgt die Abgabenhöhe für die ersten sechs Monate einer Bewilligung 6 Euro und ab dem siebenten Monat bis zum zwölften Monat 10 Euro. Wird vom Bewilligungswerber für einen Zeitraum nach Ablauf einer Bewilligung eine weitere Bewilligung für denselben Zweck am selben Standort oder von Teilflächen desselbigen - insbesondere wenn dies aus technischen Gründen erforderlich ist - beantragt oder erfolgt der Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis, beträgt die Abgabenhöhe je begonnenen m² der bewilligten bzw. genutzten Fläche und je weiteren begonnenen Monat im 1. Bezirk 20 Euro und in allen übrigen Bezirken 12 Euro. Die Lagerung von Baucontainern und Lademulden bis zu 24 Stunden ist nicht genehmigungspflichtig und abgabenfrei;

[…]

Rechtliche Beurteilung

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die Bf oder allenfalls ein fremder Dritter (Bauführer und/oder Bauherr) als Nutzer ohne Gebrauchsbewilligung iSd Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG und damit als Abgabepflichtiger anzusehen ist.

Über die Person des für den Gebrauch Verantwortlichen enthält das Gesetz keine besonderen Bestimmungen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Strafbestimmung des § 16 GAG festhält, verweist die eigentümliche Bedeutung des Wortes "Gebrauch" auf einen tatsächlichen Vorgang, auf eine unmittelbare Tätigkeit, wie etwa auf den Aufbau eines Gerüstes oder auf das Ablagern von Schutt und dergleichen. Da es aber nicht Sinn und Zweck des Gesetzes sein kann, den unmittelbar Tätigen, wie etwa gar den Schutt abladenden Arbeiter oder den Gerüster, als Gebraucher anzusehen, ergibt sich, dass als Gebraucher derjenige in Betracht zu kommen hat, in dessen Auftrag (auf dessen Rechnung und Gefahr) der Gebrauch durchgeführt wird. Feststellungen in dieser Richtung sind entbehrlich, wenn jemand sich selbst der Behörde gegenüber als Gebraucher bezeichnet, für sich um die Gebrauchserlaubnis ansucht und hiedurch zu erkennen gibt, dass er als Träger der Gebrauchsbewilligung mit den daraus entspringenden Rechten und Pflichten in Betracht kommt (vgl , Slg.Nr. 729/F; , 2003/17/0133).

Weder aus den Materialien zu § 9 Abs. 1a GAG noch aus der gesetzlichen Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG kann abgeleitet werden, dass durch die mit LGBl. Nr. 11/2013 eingeführte Wendung "Derjenige, der öffentlichen Grund in der Gemeinde (§ 1) gemäß angeschlossenem Tarif benutzt ohne vorher eine Gebrauchserlaubnis erwirkt zu haben" eine andere Bedeutung als der des bisher nur in § 16 GAG verwendeten Wortes "Gebrauch" beigemessen hätte werden sollen. Die Einführung dieser Bestimmung sollte laut den weiter oben zitierten Erläuterungen lediglich dazu dienen, nunmehr auch für den Gebrauch einer Verkehrsfläche ohne Gebrauchserlaubnis eine Abgabepflicht zu begründen, die bis dahin nur für den Gebrauch von Verkehrsflächen mit Gebrauchserlaubnis bestand. Ein Gebrauch ohne Gebrauchserlaubnis konnte nämlich bis zur Einführung der Bestimmung des § 9 Abs. 1a GAG nur nach § 16 GAG bestraft werden. Mit dem Ersatz des Wortes "Gebrauch" durch die Wendung "wer … benutzt" war daher im Rahmen der Gesetzesänderung keinesfalls eine Bedeutungsänderung intendiert, weshalb es auch keinen Grund gibt, von der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung getroffenen Auslegung in Bezug auf die Bedeutung des Wortes "Gebrauch" abzugehen (vgl ).

Wie die belangte Behörde in ihrem Vorlagebericht ausgeführt hat, hat das Bundesfinanzgericht im Erkenntnis vom , RV/7400048/2020, eine Gerüstbaufirma, die Gerüstteile vorübergehend am Gehsteig gelagert hatte, zur Entrichtung der Gebrauchsabgabe gemäß § 9 Abs. 1a GAG verpflichtet. In diesem Fall hatte eine Vertragspartnerin der Gerüstbaufirma eine Bewilligung für Lagerungen in der Parkspur, nicht aber für die Lagerung von Gerüstteilen am Gehsteig erwirkt.

Im Erkenntnis vom , RV/7400142/2020, hat das Bundefinanzgericht iZm der Aufstellung eines Gerüstes und der Ablagerung von Schutt und Baumaterial auf Verkehrsflächen festgestellt, dass die Vorschreibung der diesbezüglichen Gebrauchsabgaben zur ungeteilten Hand gegenüber dem Bauherrn und dem Bauführer zu Recht, gegenüber der Gerüstbaufirma und einer weiteren (offenbar nicht bauausführenden) Firma aber zu Unrecht erfolgte. Auch in diesem Fall war eine Gebrauchserlaubnis ursprünglich erteilt, in der Folge aber nicht verlängert worden.

Die dagegen erhobene Revision hat der Verwaltungsgerichtshof abgewiesen und zur verfahrensgegenständlichen Bestimmung des § Abs. 1a GAG festgehalten ():

Die Frage, wer Abgabepflichtiger im Sinne des § 9 Abs. 1a GAG ist, ist aus dieser Bestimmung und der Gesetzessystematik abzuleiten.

§ 9 GAG sieht eine Abgabepflicht für die Nutzung des öffentlichen Grundes in der Gemeinde Wien sowohl aufgrund einer Gebrauchserlaubnis als auch ohne Gebrauchserlaubnis vor. Eine abgabenpflichtige Nutzung des öffentlichen Grundes liegt dann vor, wenn öffentlicher Grund auf eine im angeschlossenen Tarif angegebene Art gebraucht bzw. gemäß angeschlossenen Tarif benutzt wird.

Nach § 9 Abs. 1a GAG (idF LGBl. Nr. 61/2016) ist nur derjenige abgabepflichtig, der den öffentlichen Grund benutzt. Der Eigentümer der Sache ist hingegen (als solcher) nach dieser Bestimmung nicht abgabepflichtig.

In zwei ähnlich gelagerten Beschwerdefällen (Abstellen einer Baustoffmulde durch dieselbe Bf bei unbekannten und nicht namhaft gemachten Bauführern bzw Bauherrn) hat der erkennende Richter entschieden, dass der Muldenfirma als Eigentümerin und Verfügungsberechtigten die Gebrauchsabgabe zu Recht vorgeschrieben wurde ( GZ. RV/7400074/2021 und RV/7400079/2021).

Die dagegen erhobenen Revisionen hat der Verwaltungsgerichtshof abgewiesen und dazu erwogen ():

Die Revisionswerberin bringt vor, § 9 Abs. 1a GAG richte sich nur an Bauführer bzw. Bauherren und verweist dabei auf das Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2003/17/0133. Abgesehen davon, dass sich diese Aussage diesem Judikat nicht entnehmen lässt, ist das Erkenntnis zu § 16 GAG und nicht zum später eingeführten § 9 Abs. 1a GAG ergangen. Die Frage, wer Abgabepflichtiger im Sinne des § 9 Abs. 1a GAG ist, ist daher aus dieser Bestimmung und der Gesetzessystematik abzuleiten. Dass davon ausschließlich Bauherren oder Bauführer erfasst wären, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen, weil ein öffentlicher Grund zweifellos auch außerhalb eines Bauvorhabens ohne Gebrauchserlaubnis genutzt werden kann. Im Gegensatz zu § 90 Abs. 1 StVO wird im Gesetz auch nicht auf den Bauführer verwiesen.

Im Revisionsfall wurde keine Gebrauchserlaubnis erwirkt, weshalb als abgabepflichtiger Nutzer der öffentlichen Fläche sowohl der Besitzer der Mulden wie auch ein etwaiger Auftraggeber in Betracht kommen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ro 2021/13/0016, ausgesprochen, dass als Gebraucher im Sinne des § 9 Abs. 1a GAG weder der Eigentümer einer Sache als solcher noch ein Erfüllungsgehilfe anzusehen ist.

Im Revisionsfall hat das Bundesfinanzgericht festgestellt, dass die Mulden im Rahmen eines nicht näher bekannten Bauvorhabens aufgestellt wurden. Im Vorlagebericht gab die Abgabenbehörde an, dass nie ein Antrag zu Arbeiten auf der Straße gemäß § 90 StVO bzw. § 1 GAG bei der Verkehrsbehörde eingelangt sei. Die Revisionswerberin hat auch im Verfahren nie angegeben, wer der Auftraggeber war, dem die Nutzung des öffentlichen Grundes

zuzurechnen wäre bzw. um welches Bauvorhaben es sich handelt. Vor diesem Hintergrund ist der Revisionswerberin, die den öffentlichen Grund durch die Aufstellung der Mulde im Sinne des § 9 Abs. 1a GAG genutzt hat, diese Nutzung auch zuzurechnen.

Zusammengefasst hat das Höchstgericht festgehalten, dass die Bf als Vermieterin von Baustoffmulden gemäß § 9 Abs. 1a GAG abgabepflichtig ist, da sie nicht angegeben hatte, im Rahmen welchen konkreten Bauvorhabens die Mulde aufgestellt oder in Auftrag gegeben worden war und auch den Auftraggeber nicht genannt hatte.

Im Sinne dieser Rechtsprechung war der Bf auch im gegenständlichen Fall die Nutzung der Baustoffmulde zuzurechnen, weshalb die Vorschreibung der Gebrauchsabgabe durch die belangte Behörde iHv 96 Euro zu Recht erfolgte. Hinsichtlich der weiteren Baustelleneinrichtung (Palette und Kompressor) war die Beschwerde wegen der mangelnden Zurechenbarkeit an die beschwerdeführende Partei iSd Beschwerdevorentscheidung vom stattgebend zu erledigen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zulässigkeit einer ordentlichen Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall folgte das Bundesfinanzgericht zur Rechtsfrage, wer als Nutzer ohne Gebrauchserlaubnis iSd Bestimmung des § 9 Abs. 1a Gebrauchsabgabegesetzes 1966 anzusehen ist, der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1a Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20/1966
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400138.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at