Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2024, RV/7100645/2023

Pfändung einer Geldforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Mirha Karahodzic MA in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Michl Münzker, Landskrongasse 5 Tür 4, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Pfändung einer Geldforderung 2020 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Bisheriger Verfahrensgang

Mit angefochtenem Bescheid betreffend Lohnpfändung vom wurde ein Betrag iHv € 2.655,00 samt Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung iHv € 32,70, sohin gesamt € 2.687,70, gepfändet.

In der dagegen am erhobenen Beschwerde wurde ausgeführt, dass das Finanzamt im Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers zZ 68 S 46/19 b des BG Favoriten € 49.792,91 als Forderung angemeldet und er diesen Betrag anerkannt habe. Danach habe das Finanzamt mitgeteilt, dass es statt € 49.792,91 € 63.570,79 zu heißen habe. Der Beschwerdeführer habe daraufhin dem Finanzamt mitgeteilt, dass diese Erhöhung von € 13.778,88 gemäß § 197 IO beim BG Favoriten geltend zu machen sei. Dessen ungeachtet sei der Pfändungsbescheid erlassen worden. Dadurch sei eine Aushebelung der insolvenzrechtlichen Norm versucht worden. Das Insolvenzgericht habe nämlich gemäß IO zu prüfen, ob die Einbeziehung des höheren Betrages der Einkommenslage des Beschwerdeführers entspreche.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen: Mit der Lohnpfändung vom sei ein Betrag in Höhe von € 2.655,- zzgl. der mit der Pfändung verbundenen Gebühren in Höhe von € 32,70 gepfändet worden. Die Pfändung betreffe die Einkommensteuervorauszahlung für die Monate 10-12/2019. Da sich die Einkommensteuervorauszahlung in Vollstreckung und vom Zeitpunkt der Fälligkeit () außerhalb vom Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung (xx.09.2019) befunden habe, sei die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2019 getrennt vom Insolvenzverfahren zu behandeln.

Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht, in dem wörtlich wie folgt ausgeführt wurde:

"In meinen Einwendungen vom habe ich ausgeführt, dass der in Exekution gezogene Betrag so nicht geltend gemacht werden kann, weil nämlich vielmehr eine nachträgliche Anmeldung im Insolvenzverfahren gem.§ 187 IO vorzunehmen sei.

Diesen Einwendungen hat das Finanzamt in der Folge dadurch Rechnung getragen, dass die entsprechende Anmeldung beim BG Favoriten vorgenommen wurde. Diesem Vorgang habe ich selbstverständlich nicht widersprochen und leistet (der Beschwerdeführer) daher entsprechend der Insolvenzquote von 30 % eine entsprechende Mehrzahlung von € 39,84 zu der bereits davor im Konkurs festgestellten Forderung des Finanzamtes."

II. Erwägungen

1. Sachverhalt

Über das Vermögen des Beschwerdeführers wurde am ein Schuldenregulierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Schuldners eröffnet, welches nach rechtskräftiger Bestätigung des Zahlungsplans mit einer Quote von 30%, zahlbar in 84 Teilquoten zu je 0,3571% mit Beschluss vom aufgehoben wurde.

Eine aus dem Dienstverhältnis mit der SATURN X Vertr. GmbH stammende Geldforderung des Beschwerdeführers iHv € 2.655,00 samt Gebühren und Barauslagen für diese Pfändung iHv € 32,70, sohin gesamt € 2.687,70, wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom gepfändet und die Überweisung der Geldforderungen an die Republik Österreich verfügt.

Die Pfändung betraf die Einkommensteuervorauszahlung für die Monate 10-12/2019. Der Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Einkommensteuervorauszahlung war der und lag damit nach dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung am , weshalb die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2019 getrennt vom Insolvenzverfahren behandelt wurde. Die Einkommensteuervorauszahlung für die Monate 10-12/2019 war vollstreckbar und im Rückstandsausweis vom enthalten.

Am stellte die belangte Behörde einen Antrag auf Berücksichtigung nach § 197 IO beim BG Favoriten und meldete Abgabenforderungen iHv € 11.155,58 im Insolvenzverfahren des Beschwerdeführers an. Der Anmeldung lag ein Rückstandsausweis vom zu Grunde, die darin enthaltenen Abgaben waren schon vor Insolvenzeröffnung entstanden; die Einkommensteuervorauszahlung 10-12/2019 war darin nicht enthalten.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus den dem Bundesfinanzgericht von der belangten Behörde elektronisch vorgelegten Aktenteilen, der Einsicht in die Ediktsdatei des Bundesministeriums für Justiz und in das Abgabeninformationssystem des Bundes.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

3.1.1. Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 1 EStG entsteht der Abgabenanspruch insbesondere bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer für die Vorauszahlungen mit Beginn des Kalendervierteljahres, für das die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die Abgabepflicht erst im Lauf des Kalendervierteljahres begründet wird, mit der Begründung der Abgabepflicht.

Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hierbei gemäß Abs. 2 mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Pfändung ist gemäß Abs. 3 mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen. Gemäß Abs. 4 kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.

Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, sind gemäß § 226 BAO in dem von der Behörde festgesetzten bzw. vom Abgabepflichtigen bekannt gegebenen Ausmaß vollstreckbar.

Als Grundlage für die Einbringung ist gemäß § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel).

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen gemäß § 4 AbgEO die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Nach der Bestimmung des § 229 BAO ist lediglich die Ausfertigung (im Sinne von "Ausstellung") eines Rückstandsausweises als Grundlage für die Einbringung im Vollstreckungsverfahren erforderlich. Eine Zusendung desselben an den Abgabenpflichtigen ist demgegenüber nicht vorgesehen. Der Rückstandsausweis bestätigt den Bestand und die Vollstreckbarkeit einer Abgabenschuld und ist weder ein dem Abgabenschuldner noch ein dem Verpflichteten im Exekutionsverfahren zuzustellender Bescheid. Die Vollstreckbarkeit von Rückstandsausweisen hängt nicht von ihrer vorherigen Zustellung ab. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht auch im Einklang mit den entsprechenden Gesetzesmaterialien (, 0200).

Da die gegenständlichen Abgaben weder zum Fälligkeitstag noch bis zur Zahlungsfrist gemäß § 210 Abs. 4 BAO entrichtet wurden, wurde der Rückstandsausweis vom zu Recht ausgestellt und war gemäß § 4 AbgEO Grundlage für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren. Die Pfändung erfolgte daher zu Recht.

3.1.2. Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens die Pfändungsgebühr anlässlich einer Pfändung im Ausmaß von 1% vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten.

Außer den gemäß Abs. 1 zu entrichtenden Gebühren hat der Abgabenschuldner gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.

Gebühren und Auslagenersätze werden gemäß § 26 Abs. 5 AbgEO mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden; sie sind mit Bescheid festzusetzen, wenn sie nicht unmittelbar aus einem Verkaufserlös beglichen werden.

Obwohl in der Beschwerde gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagen kein darauf gerichtetes Vorbringen erstattet wurde, ist festzuhalten, dass die gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO jeweils in Höhe von 1% vorgeschriebenen Vollstreckungsgebühren zu Recht festgesetzt wurden, ebenso die gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO vorgeschriebenen Barauslagen in Höhe von insgesamt € 32,70.

3.1.3. Dem Begehren des Beschwerdeführers wurde durch die entsprechende Anmeldung beim BG Favoriten durch die belangte Behörde Rechnung getragen, wie er selbst einräumt. Er leiste daher entsprechend der Insolvenzquote von 30 % zu der bereits davor im Konkurs festgestellten Forderung des Finanzamtes. Ein (weiteres) Begehren ist dem Vorlageantrag nicht zu entnehmen. Über Aufforderung des Bundesfinanzgerichtes ob vor diesem Hintergrund weiterhin am Beschwerdebegehren festgehalten werde, teilte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers sinngemäß mit, man sei mit einer Beschwerderückziehung nur dann einverstanden, wenn die im Exekutionswege vom Finanzamt vereinnahmten Beträge zu seinen Handen refundiert würden.

Soweit der Beschwerdeführer damit die Rückzahlung von Beträgen oder allfälligen (in Zusammenhang mit der Einkommensteuer 2019 entstandenen) Guthaben begehrt, ist er auf das Verfahren nach § 239 BAO zu verweisen, wobei darauf hingewiesen wird, dass gemäß § 239 Abs. 1 BAO ausschließlich Guthaben rückzahlbar sind, die sich im Sinne des § 215 BAO als Ergebnis der Gebarung auf dem Abgabenkonto darstellen. Sollte hingegen Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers bestehen ist ein derartiger Streit nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in einem Verfahren nach § 239 Abs. 1 BAO, sondern in einem solchen nach § 216 BAO auszutragen (vgl. schon ).

3.1.4. Da die Pfändung aufgrund des Rückstandsausweises vom zu Recht erfolgte, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine solche Rechtsfrage liegt hier nicht vor; die Entscheidung folgt vielmehr der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100645.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at