Empfängerbenennung, nicht leistender Subunternehmer
Revision eingebracht. Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/13/0051.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Robert Philipp Arthur Igali-Igalffy, Landstraßer Hauptstraße 34 Tür 12A, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommen- und Umsatzsteuer 2020
I. beschlossen:
Die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2020 wird gemäß § 278 BAO iVm § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.
II. zu Recht erkannt:
Der Einkommensteuerbescheid 2020 wird abgeändert, die Beschwerde im Übrigen gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Auf das Wesentlichste zusammengefasst, strich die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei (in der Folge der Bf.) im Schätzungswege 100% der Betriebsausgaben aus bestimmten Subunternehmerhonoraren. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei diesem Subunternehmer um ein Scheinunternehmen handele. Umsatzsteuerlich wurden sowohl die übergegangene Steuerschuld als auch der Vorsteuerabzug aus diesen Leistungen gekürzt.
In den Beschwerden wird argumentiert, die Bescheide seien begründungslos. Der Subunternehmer sei im Firmenbuch eingetragen, die Scheinunternehmerschaft erst nach Abschluss der Werkverträge festgestellt worden. Abrechnungen seien fremdüblich geschehen und gewisse Prüfschritte seien durchgeführt worden. Die rechtliche Beurteilung sei - mit Verweisen auf VwGH-Judikatur - unrichtig. Umsatzsteuerlich sei der Subunternehmer ebenso beachtlich.
Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mittels Beschwerdevorentscheidung abgewiesen. Im fristgerecht eingelangten Vorlageantrag bekräftigt der Bf. seine Beschwerdeargumente und verweist darauf, dass die belangte Behörde keine Ermittlungen, insb. bei der (ehemaligen) Masseverwalterin des Bf. eingeholt hätte.
Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht fand ein Erörterungstermin statt, bei dem der Bf. eine Reihe von Unterlagen vorlegte. Ebenso wurde die (ehemalige) Masseverwalterin zu diesem Termin geladen. Der Bf. wurde mit Beschluss vom zur Empfängerbenennung aufgefordert und gleichsam die üblichen Prüfschritte im Baubereich übermittelt. Die mündliche Verhandlung fand am statt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2020 wurde zurückgenommen.
Der Bf. ist als Einzelunternehmer im Baubereich tätig und erbringt ua Sanierungen und Bauleistungen im Bereich des Trockenbaus. Er ist kleiner Bauunternehmer. Im Wirtschaftsjahr 2020 war der Bf. selbst in Insolvenz, der Betrieb wurde jedoch nicht geschlossen. Das Insolvenzverfahren ist mittlerweile abgeschlossen.
Im Wirtschaftsjahr 2020 wurde der Bf. beauftragt, bestimmte Bauleistungen zu erbringen. Der Bf. beauftragte seinerseits wiederum Subunternehmen zur Erbringung dieser Leistungen. Einer dieser Subunternehmer war die ***1*** GmbH (vormals ***1-vormals*** GmbH), eine mittlerweile aus dem Firmenbuch gelöschte Gesellschaft.
Im Wirtschaftsjahr 2020 wurden beim Bf. Subunternehmerhonorare der ***1*** GmbH im Ausmaß von € 158.794 als Betriebsausgaben berücksichtigt.
Mit Beschluss vom wurde der Bf. zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO hinsichtlich dieser Betriebsausgaben aufgefordert. Der Bf. beantwortete die Empfängerbenennung mit der ***1*** GmbH (vormals ***1-vormals*** GmbH).
Die Leistungen, die beim Bf. als Betriebsausgaben angesetzt wurden, wurden erbracht, nicht jedoch von der ***1*** GmbH.
Die im Baubereich übliche Sorgfalt für das Wirtschaftsjahr 2020 umfasst folgende, kumulativ zu erfüllende Prüfschritte bzw. Gepflogenheiten:
1. Vor Beauftragung von Subunternehmen
a. Firmenbuchauszug
Mittels Firmenbuchauszug kontrollierte der sorgfältige Bauunternehmer den korrekten Firmenwortlaut und sonstige wesentliche Eintragungen und stellte die zeichnungsberechtigten Vertreter des Subunternehmers fest. Der Firmenbuchauszug wurde üblicherweise zum Akt genommen.
b. Befugnis
Üblicherweise kontrollierte der sorgfältige Bauunternehmer die aufrechte gewerberechtliche Befugnis zur Ausführung der durchzuführenden Leistungen. Als formaler Nachweis wurde ein aktueller Auszug aus dem Gewerberegister geprüft (bei Unternehmen mit Sitz im Ausland die Bestätigung des Bundesministeriums für Wirtschaft bzw. Wirtschaftsstandort - BMW) und das entsprechende Dokument zum Akt genommen.
c. Technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Falls der sorgfältige Bauunternehmer die technische Leistungsfähigkeit des Subunternehmers nicht kannte, griff er üblicherweise auf eventuell vorhandene Unternehmensbroschüren zurück oder suchte auf der Webseite des Subunternehmers nach passenden Referenzprojekten und der Anzahl der Mitarbeiter. Der sorgfältige Bauunternehmer überzeugte sich auch durch brancheninterne Informationen (z.B. von Auftraggebern der Referenzprojekte), dass der Subunternehmer die Leistung vertragsgemäß in der vereinbarten Qualität und im vereinbarten Zeitraum erbringen kann. Der sorgfältige Bauunternehmer hätte die Personalausstattung der Subunternehmer und deren fachliche Qualifikation vor der Beauftragung geprüft.
Betriebsbesuche am Unternehmenssitz des Subunternehmers wurden üblicherweise nicht durchgeführt.
Sorgfältige kleine Bauunternehmen haben nur selten Bonitätsauskünfte (z.B. KSV-Rating, Bankauskünfte oder Abfrage beim ANKÖ - Auftragnehmerkataster Österreich) eingeholt, insbesondere bei den gegenständlichen Auftragsvolumina. Zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Subunternehmer wurde damals auch von sorgfältigen kleinen Bauunternehmern üblicherweise wenig dokumentiert.
d. Berufliche Zuverlässigkeit
Die berufliche Zuverlässigkeit prüfte der sorgfältige Bauunternehmer durch eine Abfrage bei der Sozialversicherung, ob der Subunternehmer auf der HFU-Liste (= Gesamtliste der haftungsfreistellenden Unternehmen) geführt wurde. Ein Ausdruck der Abfrage der HFU-Liste wurde üblicherweise zum Akt genommen, falls der Subunternehmer eingetragen war.
Die Eintragung des Subunternehmers in diese Liste stellte den Bauunternehmer von seiner Haftung für Beiträge und Abgaben aus Arbeitsverhältnissen von Subunternehmern frei. Wurde der Subunternehmer nicht auf der HFU-Liste geführt, konnte sich der Bauunternehmer durch Überweisung von 25% (20% Sozialversicherungsbeiträge und 5% Lohnabgaben) des zu leistenden Werklohnes an das Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse (heute: ÖGK) gleichzeitig mit der Bezahlung des restlichen Werklohnes an den Subunternehmer aus seiner Haftung befreien.
2. Bei der Beauftragung und Auftragsabwicklung von Subunternehmerleistungen
a. Werkvertrag mit Lichtbildausweis des/der Zeichnungsberechtigten
Bei der Unterzeichnung des Werkvertrages kontrollierte der sorgfältige Bauunternehmer den amtlichen Lichtbildausweis des/der Zeichnungsberechtigten und legte Ausweiskopien gemeinsam mit dem Werkvertrag zum Akt.
Eine Leistungserbringung von Subunternehmer ohne Abschluss eines schriftlichen Werkvertrages vor der Bauausführung war nicht branchenüblich.
Es entsprach dem üblichen Sorgfaltsmaßstab eines kleinen Bauunternehmens eine Überprüfung vorzunehmen, ob die Unterschriften auf den Werkverträgen den Unterschriften auf den dokumentierten Lichtbildausweisen entsprechen.
b. Anmeldung von Mitarbeitern
Ab 2016 war jedem - auch dem kleinsten - Bauunternehmen klar, dass die Auskunft der HFU-Liste nur die vorgeschriebenen Beitragszahlungen bestätigt, aber keinen Nachweis über die korrekte Anmeldung aller Mitarbeiter während des Leistungszeitraumes eines Subunternehmers darstellt. Die Anmeldungen der einzelnen Mitarbeiter des Subunternehmers wurden bei der Sozialversicherung (und im Falle eines Drittstaatsangehörigen die Aufenthaltserlaubnis und die Arbeitsbewilligung) vom sorgfältigen kleinen Bauunternehmen zumindest beim erstmaligen Einsatz der Arbeiter auf der Baustelle kontrolliert und gemeinsam mit einer Ausweiskopie dokumentiert. Bei kleinen Sanierungsbaustellen haben 2016 bis 2019 sorgfältige kleine Bauunternehmen die Kontrollen der sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung während der Bauzeit stichprobenartig, aber nicht täglich wiederholt. Täglich wurde üblicherweise nur die gesamte Mannanzahl eines Subunternehmers auf den Bautagesberichten dokumentiert.
c. Rechnungsprüfung
Bei der Rechnungsprüfung wurden von kleinen Bauunternehmen die formalen Anforderungen an die Rechnungslegung geprüft.
d. Zahlung
Sorgfältige kleine Bauunternehmen dokumentierten unmittelbar vor jeder Überweisung des Werklohnes an einen Subunternehmer die Abfrage in der HFU-Liste. Sollten die Subunternehmer zu einem Zahlungszeitpunkt nicht in der HFU-Liste eingetragen gewesen sein, hätte der sorgfältige Bauunternehmer den jeweiligen 25%-Abzug des Werklohnes direkt an das Dienstleistungszentrum der Wiener Gebietskrankenkasse (heute: ÖGK) abgeführt.
Da Barzahlungen für Bauleistungen größer 500,- EUR gemäß § 20 Abs. 1 Z 9 seit 2016 nicht mehr abzugsfähig sind, wird der Zahlungsverkehr unter sorgfältigen Bauunternehmen grundsätzlich nur noch unbar durchgeführt.
e. Sonstige Dokumentation
Bei der Abwicklung von Baustellen entstehen laufend Dokumente (z.B. Bautagesberichte, Schriftverkehr, Besprechungsnotizen und -protokolle, Baustellenfotos, Pläne, Skizzen, etc.), die der sorgfältige Bauunternehmer in einem Bauakt projektbezogen ablegt. Bei kleinen Sanierungsbauvorhaben ist diese Dokumentation nicht sehr umfangreich, für die Weiterverrechnung an Hausverwaltungen oder Versicherungen sind aber zumindest Baustellenfotos und Bautagesberichte üblicherweise vorhanden.
Der Bf. hat die im Baubereich übliche Sorgfalt nicht walten lassen.
2. Beweiswürdigung
Dass die Beschwerde hinsichtlich Umsatzsteuer 2020 zurückgenommen wurde, ergibt sich aus dem Antrag des Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung.
Die Tätigkeit des Bf. ergibt sich aus den Angaben des Bf. im Rahmen des Erörterungstermins am . Die Größe des Bf. ergibt sich aus der Argumentation des Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dass der Bf. im Streitjahr selbst in Insolvenz war, ergibt sich aus den Berichten der Masseverwalterin.
Dass der Bf. mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurde, ergibt sich aus den Angaben des Bf. im Rahmen des Erörterungstermins am und wurde durch die Beibringung von Werkverträgen im Rahmen der Eingabe vom untermauert.
Dass der Bf. die Aufträge seinerseits an die ***1*** GmbH weitergab, ergibt sich aus den - teilweise - beigebrachten Werkverträgen zwischen dem Bf. und der ***1*** GmbH.
Die Höhe der berücksichtigten Betriebsausgaben ergibt sich aus der von der belangten Behörde beigebrachten Aufstellung an Fremdleistungen (Saldenliste des Bf.).
Dass der Bf. zur Empfängerbenennung aufgefordert wurde, ist aktenkundig. Die Beantwortung ebendieser ergibt sich aus der Eingabe vom .
Dass die Leistungen erbracht wurden, ist zwischen den Parteien unstrittig und wurde im Rahmen des Erörterungstermins am außer Streit gestellt.
Dass die Leistungen nicht von der ***1*** GmbH erbracht wurden, ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
Die Ermittlungen des Masseverwalters der ***1*** GmbH haben ergeben, dass obgleich einer geringen Anzahl an Arbeiter/innen binnen kurzer Zeit eine Vielzahl an Rechnungen (Gesamtbetrag € 37 Mio) ausgestellt wurden, ohne dass die ***1*** GmbH einen Bauleiter oder Kalkulationen für die Baustellen hatte (2. Bericht des Masseverwalters, Seite 3).
Sämtliche Zahlungseingänge erfolgten zeitnah nach Rechnungstellung; es gab keine Forderungseintreibungen, was vom Masseverwalter als für die Baubranche unüblich eingestuft wurde (2. Bericht des Masseverwalters, Seite 3).
Im Rahmen der Kontaktaufnahme des Masseverwalters mit vornehmlichen Auftraggebern der ***1*** GmbH, stellte sich teilweise heraus, dass keine Aufträge vergeben wurden (2. Bericht des Masseverwalters, Seite 4).
Es gibt keinerlei Unterlagen abseits von Rechnungen (2. Bericht des Masseverwalters, Seite 5; 3. Bericht des Masseverwalters, Seite 1).
Der Masseverwalter führt zusammenfassend aus, die ***1*** GmbH sei eine "Rechnungsfabrik" gewesen, die zum Schaden der Republik Österreich agierte. Von Jänner bis November 2020 wurden Rechnungen im Ausmaß von € 37 Mio generiert, die weitestgehend sofort bezahlt und von der ***1*** GmbH sodann weitergeleitet wurden. Es erfolgten Barbehebungen der weitergeleiteten Gelder, deren Verbleib unklar ist (vgl. Schlussbericht des Masseverwalters, Seite 3f).
Aus der Betriebsprüfung der ***1*** GmbH ergibt sich:
Der Geschäftsführer der ***1*** GmbH konnte zu Geschäften und Geschäftspartnern nur oberflächliche Angaben machen (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 4),
Betriebliche Infrastruktur fehlte (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 4),
Grundaufzeichnungen waren nicht vorhanden; Geldwäscheverdachtsmitteilungen von Banken lagen vor (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 4),
Der Umsatz sei im Verhältnis zum Leistungs- und Materialeinsatz nicht schlüssig (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 5),
Die Gelder der ***1*** GmbH wurden weitergeleitet und sodann bar behoben, um den Geldfluss zu verschleiern (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 28f),
Die ***1*** GmbH fungierte als Rechnungsschreiber und Durchleiter. Die Gesellschaft stellte Logistik (aufrechte UID-Nummer, Bankkonten, vorgeschobener Geschäftsführer) zur Verfügung, um Leistungen zu fingieren (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 29),
Es kam zu Scheinanmeldungen von Arbeitern, die auf Baustellen anderer Unternehmen eingesetzt wurden (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 52f),
Aus Zeugeneinvernahmen ergibt sich, dass die ***1*** GmbH Scheinrechnungen legte, deren Entgelt abzüglich einer Provision zurückgestellt wurde (vgl. Beilage zum Bericht, Seite 59f).
Der Geschäftsführer der ***1*** GmbH hat seine inländische Wohnsitzmeldung aufgegeben. Der Geschäftsführer der ***1*** GmbH konnte daher nicht einvernommen werden.
Der Bf. vermeint jedoch, die ***1*** GmbH sei leistend gewesen. Hierzu wird zusammenfassend ausgeführt:
die ***1*** GmbH sei rückwirkend als Scheinunternehmen eingestuft worden. Dies könne nicht zur Feststellung herangezogen werden, dass keine Leistungen an den Bf. erbracht wurden.
das Bundesfinanzgericht basiere seinen Ermittlungsstand auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft (vgl. Eingabe vom ).
der Bf. "konnte nur feststellen das Arbeiter die bei der ***1*** GmbH ordnungsgemäß gemeldet waren und auf den Baustellen arbeiteten".
der Bf. sei selbst in Insolvenz gewesen und durch eine Insolvenzverwalterin vertreten gewesen.
ob die ***1*** GmbH ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist, konnte der Bf. nur insofern überprüfen, als die UID-Nummer durchgehend unbegrenzt war.
Der Masseverwalter der ***1*** GmbH habe gegenüber dem Bf. eine Rechnung eingemahnt, die auch bezahlt wurde.
Das Finanzamt habe nicht nachgewiesen, dass die ***1*** GmbH nicht tatsächlich für einen gewissen Zeitraum leistungserbringend war bzw. ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist.
Hierzu ergibt sich: Dass die ***1*** GmbH rückwirkend als Scheinunternehmen eingestuft wurde, wird vom Bundesfinanzgericht nicht als Indiz herangezogen, die Leistungserbringung gegenüber dem Bf. in Frage zu stellen. Ebenso sind etwaige Ermittlungen der Staatsanwaltschaft für die Leistungserbringung nicht herangezogen worden. Es ist zwar zutreffend, dass der Bf. Anmeldungen zur Sozialversicherung von vornehmlichen Dienstnehmern der ***1*** GmbH vorgelegt hat. Weder ergibt sich jedoch, ob diese Personen tatsächlich auf den Baustellen des Bf. waren, noch ergibt sich, auf welchen Baustellen diese Personen tatsächlich arbeiteten. Sofern auf die Insolvenzverwalterin des Bf. verwiesen wird, genügt es von Seiten des Bundesfinanzgerichts darauf hinzuweisen, dass diese im Rahmen des Erörterungstermins zu Protokoll gab, ihr seien vom Bf. Rechnungen übermittelt worden, die sie sodann freigab. Weitere Unterlagen wurden ihr weder vorgelegt, noch habe sie Nachprüfungen veranlasst. Dies sei schlicht auch nicht ihre Aufgabe. Dass die UID-Nummer durchgängig gültig war, ist für die Frage, ob tatsächlich Leistungen an den Bf. erbracht wurden, nicht ausschlaggebend. Hinsichtlich der Einmahnung einer Rechnung des Masseverwalters der ***1*** GmbH gegenüber dem Bf., wurde bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert, dass diese Rechnung in der Saldenliste des Bf. nicht aufscheint. Auch die Rechnung, auf die sich diese Mahnung bezieht, wurde vom Bf. nicht vorgelegt. Sofern auf den Nachweis der Besteuerung hingewiesen wird, wurde von der ***1*** GmbH keine Körperschaftsteuererklärung abgegeben und die Körperschaftsteuer durch die Betriebsprüfung mit der Mindestkörperschaftsteuer festgesetzt (vgl. den ihm Rahmen des Erörterungstermins übergebenen Betriebsprüfungsbericht der ***1*** GmbH). Ob und in welchem Ausmaß Umsatzsteuer abgeführt wurde, ist ertragsteuerlich irrelevant.
Zusammengefasst bleibt es für das Bundesfinanzgericht dabei, dass die ***1*** GmbH gegenüber dem Bf. nicht leistungserbringend war.
Die Prüfschritte bzw. Gepflogenheiten, die im Baubereich für das Wirtschaftsjahr 2020 üblich sind, ergeben sich aus den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7102358/2021. Dort wurden auf Basis eines Sachverständigengutachtens die üblichen Prüfschritte sorgfältiger kleiner Bauunternehmer für die Wirtschaftsjahre 2016 bis 2019 festgestellt. Die Tätigkeit der dortigen beschwerdeführenden Partei ("Reinigung und Bauleistungen, insb. Sanierung") ist mit der Tätigkeit des Bf. vergleichbar. Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass diese Prüfschritte auch für das in diesem Verfahren strittige Wirtschaftsjahr 2020 anzuwenden sind. Der anwendbare Sorgfaltsmaßstab wurde dem Bf. im Rahmen des Beschlusses vom übermittelt und auf die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme hingewiesen. Eine Stellungnahme zu diesen Prüfschritten bzw. Gepflogenheiten langte nicht ein. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung verwies der Bf. darauf, dass diese Gepflogenheiten lediglich für Großunternehmer üblich, für Kleinunternehmer aber überfordernd seien. Dieses Argument erübrigt sich im Lichte der obigen Ausführungen, wonach das Sachverständigengutachten die Prüfschritte und Gepflogenheiten sorgfältiger kleiner Bauunternehmer darlegt. Es ergibt sich aus der Argumentation des Bf. selbst, dass dieser ein kleiner Bauunternehmer ist.
Dass der Bf. die übliche Sorgfalt nicht walten hat lassen, ergibt sich aus den folgenden Umständen:
Für nicht alle verbuchten Betriebsausgaben liegen Rechnungen und Werkverträge vor (siehe auch die Aufstellung im Beschluss vom , wobei keine Unterlagen übermittelt oder Aufklärungen stattgefunden haben). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung verweist die belangte Behörde darauf, dass für über 2/3 der Subunternehmerhonorare der ***1*** GmbH keine Unterlagen vorgelegt wurden.
Zwar wurden vom Bf. Anmeldungen zur Sozialversicherung von vornehmlichen Arbeitern der ***1*** GmbH vorgelegt. Ob es tatsächlich aber diese Personen waren, die beim Bf. eingesetzt wurden, ist nicht dokumentiert; Ausweiskopien dieser Arbeiter fehlen. Ebenso ist unklar, auf welchen Baustellen diese Arbeiter eingesetzt wurden. Die tägliche Mannzahl des Subunternehmers wurde nicht dokumentiert.
Auszüge der HFU-Liste vor Überweisung des Werklohnes wurden nicht vorgelegt.
Bautagesberichte, Schriftverkehr, Besprechungsnotizen und -protokolle, Fotos, Pläne oder Skizzen liegen nicht vor.
Da sorgfältige kleine Bauunternehmer die festgestellten Prüfschritte bzw. Gepflogenheiten kumulativ erfüllen, hat der Bf. die übliche Sorgfalt nicht walten lassen.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Gegenstandsloserklärung nach Zurücknahme)
Gemäß § 256 Abs. 3 BAO ist eine Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn sie zurückgenommen wird.
Da der Bf. im Rahmen der mündlichen Verhandlung seine Beschwerde betreffend Umsatzsteuer 2020 zurückgenommen hat, ist diese gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos zu erklären.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Abänderung und Abweisung Einkommensteuer)
Die belangte Behörde nahm für sich die Schätzungsbefugnis in Anspruch. Die Aufwendungen, die die Subunternehmerhonorare der ***1*** GmbH betreffen, wurden zu 100% abgeschätzt. Das Bundesfinanzgericht forderte den Bf. mit Beschluss vom zur Empfängerbenennung gemäß § 162 BAO auf. Da sich eine Schätzung und die Empfängerbenennung gegenseitig ausschließen (vgl. ; , 2013/15/0155), sind die Abschätzungen der belangten Behörde rückgängig zu machen.
§ 162 BAO dient nach hA vornehmlich dem Ziel, Besteuerungskomponenten, die sich bei einem Abgabepflichtigen steuermindernd auswirken, beim Empfänger steuerlich zu erfassen (vgl. Ritz, BAO7 (2021) § 162 Rn 5 mwN). § 162 BAO beruht auf dem Grundsatz, dass das, was bei dem einen Abgabepflichtigen abzusetzen ist, bei dem anderen versteuert werden muss, wenn nicht steuerpflichtige Einnahmen unversteuert bleiben sollen. Es kann daher die Absetzung von Betriebsausgaben trotz feststehender sachlicher Berechtigung abgelehnt werden, solange nicht die Möglichkeit, die entsprechenden Einnahmen beim Empfänger zu versteuern, dadurch sichergestellt ist, dass der Steuerpflichtige den Empfänger konkret genannt hat (vgl. , Rn 33). Es dürfen allerdings dem Steuerpflichtigen keine offenbar unerfüllbaren Aufträge zum Nachweis der Empfänger erteilt werden. "Offenbar unerfüllbar" sind derartige Aufträge aber nur dann, wenn eine unverschuldete, tatsächliche Unmöglichkeit, die Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen, vorliegt. Es darf nicht in der Macht des Steuerpflichtigen gestanden sein, die tatsächlichen Umstände, die ihn an der Bezeichnung der Empfänger hindern, abzuwenden (vgl. , Rn 32 mit Verweis auf ). Damit wird die Einhaltung von Sorgfaltspflichten des Abgabepflichtigen bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen verlangt (vgl. , Rn 22).
Im Lichte der Rechtsprechung des VwGH (vgl. , Rn 38 mwN) ist für die Sorgfaltswidrigkeit im Zusammenhang mit der Empfängerbenennung nach § 162 BAO darzulegen, inwieweit bestimmte Überprüfungen in der Baubranche üblich sind. Derartige Feststellungen haben sich auf den Streitzeitraum zu beziehen (vgl. , Rn 25).
Es steht fest, dass der Bf. die übliche Sorgfalt in der Baubranche für das Streitjahr 2020 nicht walten hat lassen. Dem Bf. war es entsprechend nicht unverschuldet unmöglich, die tatsächlichen Empfänger der geltend gemachten Betriebsausgaben namhaft zu machen. Die geltend gemachten Betriebsausgaben sind daher nicht anzuerkennen. Rechnerische Auswirkungen ergeben sich dadurch schlussendlich zu Gunsten des Bf.: Die belangte Behörde nahm im Schätzungswege eine Kürzung von insg. € 166.394,00 vor. Tatsächlich steht aber fest, dass die Honorare der ***1*** GmbH € 158.794,00 betrugen. Die Betriebsausgaben sind im Ergebnis daher um € 7.600,00 zu erhöhen.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Gegenstandsloserklärung einer Beschwerde nach Beschwerdezurücknahme ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz, weswegen die Revision hinsichtlich des Spruchpunktes I. nicht zulässig ist.
Das Bundesfinanzgericht folgt der Rechtsprechung des VwGH zum Ausschluss von Schätzung und Empfängerbenennung bzw. zur Empfängerbenennung selbst (vgl. ; , 2013/15/0155; , Ra 2016/13/0041; , Ra 2018/13/0107; , Ra 2018/13/0059; , Ra 2018/13/0107; , Ra 2020/13/0064). Auch hinsichtlich Spruchpunkt II. ist damit die Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 162 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102853.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at