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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.01.2024, RV/7100048/2024

Infrastrukturbeitrag als Gegenleistung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BKS Steuerberatung GmbH & Co KG, Untere Hauptstr 10, 3150 Wilhelmsburg an der Traisen, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Grunderwerbsteuer, Steuernummer ***BF1StNr1***, Erfassungsnummer 10-2019, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (kurz: Bf) erwarb mit dem "Kauf- und Straßengrundabtretungsvertrag" vom zwei Trennstücke (Trennstück eins und zwei) eines - ursprünglich größeren, aufgrund eines Teilungsplanes in fünf Trennstücke geteilten - als Bauland/Betriebsgebiet gewidmeten, unmittelbar an das öffentliche Gut grenzenden und je zur Hälfte im Miteigentum der Verkäufer stehenden Grundstücks.

Mit demselben Vertrag erwarb der "Gemeindeverband Betriebsgebiet XY" (in Folge: Gemeindeverband), von den Verkäufern das Trennstück fünf des genannten Grundstückes, welches anschließend unentgeltlich in das öffentliche Gut der Marktgemeinde A abgetreten wurde.

Im genannten Vertrag wurde weiters zwischen dem Bf und dem Gemeindeverband eine Vereinbarung abgeschlossen, nach der sich der Bf verpflichtete, zwecks Abgeltung der vom Gemeindeverband bereits vorgenommenen und noch vorzunehmenden Erschließung bzw. Infrastrukturherstellung hinsichtlich der vom Bf erworbenen Trennstücke einmalig einen "Infrastrukturbeitrag (Nutzungsentgelt)" in Höhe von € 94.699,80 inkl. Umsatzsteuer zu entrichten.

Die im Vertrag näher angeführten, im Hinblick auf die zukünftig geplante betriebliche Nutzung des vom Bf erworbenen Grundstücks zu erbringenden oder bereits erbrachten Leistungen des Gemeindeverbandes umfassten u.a. das - teilweise bereits errichtete - Straßennetz, die Kanalisation für die Oberflächenentwässerung, die Wasserleitung, die vorhandene Straßenbeleuchtung, die bereits erfolgte Veranlassung der Errichtung der Telekom- und der Stromleitung jeweils bis zur Grundgrenze, die Winterbetreuung (Schneeräumung, Streuung) sowie die Straßenreinigung. Weiters verpflichtete sich der Gemeindeverband auf seine Kosten diverse Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten durchzuführen. Der Beitrag erfasste nach dem Vertrag aber nicht die Gebühren für den Wasseranschluss und für die Wasserbereitstellung sowie für den Kanalanschluss und die Kanalbenützung. Künftige, mit Bescheid der Gemeinde festgesetzte, Aufschließungskosten habe der Bf selbst zu tragen, wobei sich der Gemeinverband verpflichtete, ihm 25 % dieser Kosten zu erstatten.

Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer gegenüber dem Bf für den Erwerb der genannten Grundstücke (Trennstücke) fest. Dabei wurden für die Berechnung sowohl der Kaufpreis für den Erwerb der beiden Grundstücke als auch der an den Gemeindeverband geleistete Infrastrukturbeitrag als Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987 herangezogen.

In der gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerde brachte der Bf mit Verweis auf die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom , RV/5101466/2014, vor, Nutzungsrechte an Infrastruktureinrichtungen seien als Zugehör des erworbenen Grundstückes zu sehen, jedoch von der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 erfasst und damit nicht Teil der Bemessungsgrundlage.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung ab, woraufhin der Bf einen Vorlageantrag stellte.

Mit Erkenntnis vom , RV/7106279/2019, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und setzte die Grunderwerbsteuer (ausschließlich) ausgehend vom Kaufpreis fest. Das Bundesfinanzgericht sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das Erkenntnis des verwiesen.

Dagegen wurde Amtsrevision erhoben.

Mit Erkenntnis vom , Ro 2021/16/0015, hat der Verwaltungsgerichtshof die Revision für zulässig erklärt und das angefochtene Erkenntnis des BFG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt, Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig und ergibt sich aus den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis des BFG.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Kraft ausdrücklicher Anordnung in § 42 Abs. 3 VwGG tritt durch die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung befunden hat.

Das zuständige Verwaltungsgericht hat das ex tunc zurückgesetzte Beschwerdeverfahren zu Ende zu führen, also die bei ihm anhängige Beschwerde neu zu erledigen. Dabei ist es im betreffenden Fall an die Rechtsanschauung des VwGH gebunden (vgl. Schick in Holoubek/Lang (Hrsg), Das Verfahren vor dem VwGH (2015) Seite 261).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im verfahrensgegenständlichen Erkenntnis vom begründend ausgeführt:

"Unter Grundstücken im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes sind gemäß § 2 Abs. 1 GrEStG 1987 Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechtes zu verstehen. Was als Zugehör des Grundstückes zu gelten hat, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Zum Grundstück werden jedoch gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, nicht gerechnet.

Werden daher beim Erwerb eines Grundstückes neben dem Kaufpreis auch Leistungen im Hinblick auf vorhandene - oder zu schaffende - und als Zugehör des Grundstückes geltende Maschinen bzw. sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, erbracht, sind diese nicht Teil der Gegenleistung (vgl. etwa , mwN).

Die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 setzt somit nicht nur das Vorhandensein von - als Zugehör (allenfalls als unselbständige Bestandteile; vgl. ) des erworbenen Grundstücks einzustufenden - Maschinen bzw. sonstigen Vorrichtungen aller Art voraus, sondern auch deren Zugehörigkeit zu einer Betriebsanlage (vgl. etwa 997/57, VwSlg. 1751/F).

Nach unstrittiger Feststellung des Bundesfinanzgerichtes waren die vom Mitbeteiligten erworbenen Grundstücke unbebaut und es wurden das Straßennetz, deren Beleuchtung, der Kanal, die Zuleitungen für Wasser, Telekom und Strom, allesamt auf anderen Liegenschaften (zum Teil im öffentlichen Gut) errichtet bzw. verlegt. Das Bundesfinanzgericht hat aufgrund dieser Feststellungen angenommen, diese Infrastruktureinrichtungen seien Teil der Betriebsanlage des vom Gemeindeverband betriebenen Betriebsgebietes und das vom Mitbeteiligten erworbene Nutzungsrecht sei somit von der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 erfasst.

Diese Rechtsansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof schon deswegen nicht geteilt, weil nicht nachvollziehbar ist, weshalb das - vom Bundesfinanzgericht angenommene - ausschließlich dem Mitbeteiligten zukommende Nutzungsrecht als Teil der Betriebsanlage eines Dritten (des Gemeindeverbandes) anzusehen sein sollte. Dieses Nutzungsrecht diente ja gerade nicht dem Betrieb des Dritten, sondern sollte der - im Erwerbszeitpunkt noch nicht aufgenommenen - zukünftigen betrieblichen Tätigkeit des Mitbeteiligten [der Bf] dienen (vgl. etwa , VwSlg. 4194/F).

Davon abgesehen stellt ein Nutzungsrecht - entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichts - auch keine sonstige Vorrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 dar. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind unter solchen Vorrichtungen lediglich Gegenstände zu verstehen, die - in Anlehnung an § 51 Abs. 1 BewG (vgl. dazu etwa , 0087) -von Menschenhand geschaffen wurden und, ohne Gebäude zu sein, (typischerweise) dem Betrieb eines (spezifischen) Gewerbes bzw. Betriebes dienen (vgl. erneut , mwN; vgl. auch , VwSlg. 4194/F; , 1159/73 [verstärkter Senat], VwSlg. 4774/F; , 650/76, VwSlg. 5110/F; , 83/16/0051; , 97/16/0225). Daraus ergibt sich, dass - auch wenn Rechte Zugehör eines Grundstückes sein können (vgl. , mwN) - ausschließlich körperliche Sachen als sonstige Vorrichtungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 anzusehen sind.

Entscheidend ist im vorliegenden Revisionsfall somit, ob der "Infrastrukturbeitrag" Teil der Gegenleistung nach § 5 GrEStG 1987 ist.

Gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ein dem Grunderwerbsteuerrecht eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Er ist vielmehr im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu zahlen ist (vgl. , mwN).

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen - somit "inneren" - Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des GrEStG anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsgegenstand und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen. Entscheidend für die Qualifikation einer Leistung als Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 ist, dass die Verpflichtung zur Leistung auf den Erwerb des Grundstücks in dem Zustand, in dem es zum Erwerbsgegenstand gemacht wurde, bezogen ist (vgl. erneut , mwN).

So hat etwa der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die - im Kaufvertrag vereinbarte -bedungene Leistung eines Erhaltungsbeitrages zum Zweck, die Nutzung eines Badesees, einer Freizeitanlage und einer Zufahrtsstraße zu ermöglichen, in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Erwerb eines inmitten einer Freizeitanlage gelegenen Grundstückes am Seeufer eines Badereichs stehe und somit Teil der Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer sei. Aufgrund der erforderlichen Betrachtung des wahren wirtschaftlichen Gehaltes sei nach der klaren Verknüpfung im Vertragswerk Zweck des Erwerbsvorganges zweifellos die Nutzung der Freizeitaktivitäten gewesen. Eine vorteilhafte Nutzung der Liegenschaft bedinge dabei auch die Nutzung des Badesees und der übrigen Freizeitanlage. Durch die rechtliche Verknüpfung der Bezahlung des Erhaltungsbeitrages mit der Nutzungsvereinbarung sei ersichtlich, dass der Erwerb des Eigentums an der Liegenschaft ohne die Nutzung der Freizeitanlage (einschließlich Zufahrtsstraße) gar nicht möglich gewesen sei, aber auch wirtschaftlich nicht sinnvoll gewesen wäre (vgl. , mwN).

Auch im gegenständlichen Fall liegt - wie das Bundesfinanzgericht zutreffend erkannt hat - ein innerer Zusammenhang der Leistung des Infrastrukturbeitrages mit dem Erwerb des Grundstückes vor. Dies wird besonders deutlich durch die Tatsache, dass die Übergabe des Grundstückes von der Bezahlung des Infrastrukturbeitrages abhängig gemacht wurde. Es wäre dem Mitbeteiligten somit nicht möglich gewesen, das Grundstück ohne Leistung des Infrastrukturbeitrages zu erwerben.

Weiters wurde mit der vertraglichen Koppelung des Kaufvertrages mit der Vereinbarung über den Infrastrukturbeitrag das Grundstück in einem erschlossenen Zustand - somit nach Errichtung bzw. Bereitstellung der vertraglich definierten "Infrastrukturanlagen" -zum Vertragsgegenstand gemacht. Ein Erwerb des Grundstückes im unaufgeschlossenen Zustand wäre nicht möglich gewesen, zumal zahlreiche der bedungenen Aufschließungsleistungen bereits erfolgt waren und dies vom Gemeindeverband im Verkaufsprospekt sogar beworben wurde (vgl. dazu etwa , mwN)."

Der gegenständliche Infrastrukturbeitrag ist sohin Teil der Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987. Ein Anwendungsfall des § 2 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 liegt nicht vor.

Die angefochtenen Bescheide entsprechen daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine ordentliche Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da sich das Bundesfinanzgericht in der betreffenden Sache auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2021/16/0015, stützen konnte.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100048.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at