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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.01.2024, RV/7100156/2024

Zurückweisung einer in materieller Hinsicht als verspätet eingebrachter Vorlageantrag - zu qualifizierenden Eingabe

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind S. für den Zeitraum vom bis zum beschlossen:

Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 264 Abs 4 lit e iVm § 260 Abs 1 lit b BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog für seinen Sohn S., geb. 2008, im Streitzeitraum Februar 2022 bis Jänner 2023 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.

S. hält sich seit nicht mehr ständig unter der Adresse des Bf. auf.

Er ist im Zuge einer Maßnahme der Jugendfürsorge in der Einrichtung "***1***" untergebracht.

Rückforderungsbescheid vom

Das Finanzamt forderte vom Bf. mit Bescheid vom die für den Zeitraum Februar 2022 bis Jänner 2023 bezogenen Familienbeihilfen- und Kinderabsetzbeträge gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass S. nicht in seinem Haushalt lebe und er auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für das Kind leiste, weshalb im Rückforderungszeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe, den Erhöhungsbetrag und die Kinderabsetzbeträge bestanden habe.

Beschwerde vom

Der Bf. brachte in seiner Beschwerde vom , eingelangt beim Finanzamt am , vor, dass sein Sohn S. bei ihm wohne und bei ihm angemeldet und mitversichert sei. Er hole S. Freitagnachmittags von der Betreuungseinrichtung ab und dieser bleibe bis Sonntagnachmittag bei ihm. Wenn er ihn am Ende des Wochenendes zurückbringen wolle, verweigerte S. strikt zurück ins Heim zu gehen und bleibe dann auch oft bis Montag. Doch manche Male sei er dann auch am Montag so stur und verweigere ebenfalls die Rückkehr und bleibe bis Dienstag. Das bedeute, dass er bei ihm mindestens 8 Tage im Monat und max. 15 Tage sei. Sie würden der WG ca. 9.000,00 Euro im Monat bezahlen. Demnach würden sie der Einrichtung für die 8 bis 15 Tage, wo er "unbetreut" sei (ohne jeglicher Leistung) ca. 1.300,00 Euro Pflegegeld bezahlen. Er finde es nicht gerecht, wenn das Finanzamt ernsthaft noch zusätzlich ca. 300,00 Euro Familienbeihilfe der WG ausbezahlen wolle.

Beschwerdevorentscheidung vom

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Flaushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt sei.

Gemäß § 2 Abs. 5a FLAG 1967 (5) gehöre zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teile. Die Haushaltszugehörigkeit gelte nicht als aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhalte.

Ein bereits mehrjähriger Aufenthalt von S. in der Einrichtung "***1***" im Zuge einer Maßnahme der Jugendfürsorge könne jedoch nicht mehr als vorübergehender Aufenthalt angesehen werden. Auch die Nächtigungen am Wochenende würden nach ständiger Judikatur keine Haushaltszugehörigkeit des Kindes bei seinen Eltern begründen (Verweis auf das Erkenntnis des ).

Da auch der Unterhalt nicht überwiegend vom Bf. geleistet worden sei, sei die Beschwerde abzuweisen.

Die Beschwerdevorentscheidung wurde vom Bf. nachweislich am übernommen (Übernahmebestätigung RSb).

Eingabe des Bf. vom , eingelangt beim Finanzamt am

Am langte beim Finanzamt Österreich nachstehend angeführter, mit datierter Schriftsatz ein:

"Beschwerde

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich richte meine Beschwerde an Sie, da ihre Mitarbeiter meine erste Beschwerde nicht weiterverfolgt und mich an Sie verwiesen haben.

Ich empfinde es als ungerecht, dass ich keine Kinderbeihilfe und kein Pflegegeld für meinen Sohn S. erhalten soll. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die meinerseits für meinen Sohn vollbrachten Leistungen nicht berücksichtigt werden.

Mein Sohn wird jede Woche freitags abgeholt und am Sonntag wieder zurückgebracht. Das bedeutet, dass er 8 bis 10 Tage pro Monat bei mir verbringt (manchmal sogar mehr, wenn es im Interesse meines Sohnes ist, z.B. möchte er manchmal bis Montag oder Dienstag bleiben). Die Osterferien und Weihnachtsferien verbringt er ebenfalls bei mir.

Alle 4-6 Monaten muss er einen Termin bei der neurologischen Ambulanz wahrnehmen. Ich hole ich ihn einen Tag davor ab, damit er am nächsten Tag nüchtern zur Blutabnahme und zur EEG- Untersuchung erscheinen kann. Das gilt auch für eine jährliche MRT- Untersuchung.

Trotzdem erhalte ich keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung.

Hierfür fehlt mir jegliches Verständnis.

Anfang Mai erhielt ich einen Beschluss.

Ich erhob Einspruch gegen die Exekutionsbewilligung, wegen der folgenden Gründe:

• Dieser Beschluss vom wurde basierend auf falschen Daten und Gründen ausgestellt, obwohl ich die richtigen Daten übermittelt habe.

• Das Jugendamt hat die falschen Daten ans Gericht gesendet. Obwohl ich die korrigierten Daten geschickt habe, wurden sie nicht berücksichtigt.

• Trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme mit dem Jugendamt und dem Gericht Amstetten wurde keine Rücksicht auf die korrigierten Daten genommen.

• Ich bin als Bezieher einer Pension im Umfang von 1007,40 EUR finanziell nicht in der Lage, eine Rate von 297,06 EUR pro Monat zu leisten. Abzüglich meiner Mietkosten würden mir nur 35 EUR zum Leben verbleiben.

Ich bin gerne bereit, Ihnen diese genannten Zahlen zu belegen.

Des Weiteren will ich Ihnen mitteilen, dass das Jugendamt der WG 284,00 EUR pro Tag, das sind ca. 9.000,00 EUR im Monat überweist. Zur selben Zeit erhalte ich keinen Cent als Berücksichtigung meiner Leistung für meinen Sohn, im Gegenteil: von mir werden 210,00 EUR im Monat verlangt.

Für meine Leistung für ein Drittel des Monats steht mir keine finanzielle Unterstützung durch das Jugendamt zu.

Meiner Meinung nach ist das Jugendamt selbst verantwortlich, da sie ihre Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllen.

Gründe meiner Behauptung sind folgende Ereignisse:

• Mein Kind wurde am Hinterkopf so schwer verletzt, dass es ins Spital eingeliefert und eine Woche stationär behandelt werden musste. Er trägt noch immer eine große Narbe dieser Verletzung.

• Der Garten ist dermaßen ungepflegt, dass die Mitbewohner von Hundekot umgeben sind.

• Mein Sohn ist regelmäßig seit Tagen ungewaschen und in verdreckter Kleidung wenn er bei uns erscheint.

• Durch die unhygienischen Umstände leidet mein Sohn unter Folgebeschwerden wie Haarschuppen und Nagelpilz, welche zu behandeln sind.

Ich habe alle Behauptungen fotographisch dokumentiert und dem obersten WG-Leiter in Wien, Herrn W., gezeigt.

Ich kann Ihnen diese Fotos gerne zukommen lassen…"

Das Finanzamt wertete das Schreiben des Bf. vom , eingelangt beim Finanzamt am , als Vorlageantrag und legte es dem Bundesfinanzgericht im elektronischen Weg zur Entscheidung vor.

Erwägungen:

Rechtliche Wertung der Eingabe vom

Eingaben sind nach ihrem wesentlichen Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lassen muss und nach der Art des in diesem gestellten Begehren zu beurteilen.

Im Zweifel ist dem Anbringen einer Partei, das sie zur Wahrung ihrer Rechte stellt, nicht ein solcher Inhalt beizumessen, der ihr die Rechtsverteidigungsmöglichkeit nimmt (, ).

Der Bf. textierte sein Schreiben vom , eingelangt beim Finanzamt am , als "Beschwerde" (siehe unterstehendes wörtliches Zitat):

"Ich richte meine Beschwerde an Sie, da ihre Mitarbeiter meine erste Beschwerde nicht weiterverfolgt und mich an Sie verwiesen haben.

Ich empfinde es als ungerecht, dass ich keine Kinderbeihilfe und kein Pflegegeld für meinen Sohn S. erhalten soll. Ich kann nicht nachvollziehen, warum die meinerseits für meinen Sohn vollbrachten Leistungen nicht berücksichtigt werden."

Das BFG hat daher zu beurteilen, ob tatsächlich eine Bescheidbeschwerde oder vielmehr ein Vorlageantrag vorliegt, da gegen eine Beschwerdevorentscheidung keine Beschwerde, jedoch ein Vorlageantrag eingebracht werden kann (§ 264 Abs 1 BAO).

Dem Schreiben des Bf. fehlt zumindest sinngemäß der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das BFG.

Das Bundesfinanzgericht teilt angesichts des Vorbringens des steuerlich nicht vertretenen Bf. "Ich richte meine Beschwerde an Sie, da ihre Mitarbeiter meine erste Beschwerde nicht weiterverfolgt und mich an Sie verwiesen haben" sowie der Passage wonach er es als "ungerecht empfinde keine Kinderbeihilfe für S. zu erhalten", die Ansicht der belangten Behörde, dass der am beim Finanzamt Österreich eingebrachte Schriftsatz des Bf. in materieller Betrachtung als verspäteter Vorlageantrag zu werten ist.

Rechtliche Behandlung eines verspäteten Vorlageantrages

Gemäß § 264 Abs 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs 1 lit a BAO bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung.

Gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO ist § 260 Abs 1 BAO sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 108 Abs 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Beginn und Lauf einer Frist werden durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (§ 108 Abs 3 BAO).

Gemäß § 264 Abs 4 lit e BAO iVm § 260 Abs 1 BAO ist der Vorlageantrag mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn er nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Die Zurückweisung eines nicht fristgerecht eingebrachten Vorlageantrages obliegt gemäß § 264 Abs 5 BAO dem Verwaltungsgericht.

Sachverhaltsmäßig steht fest, dass dem Bf. die mit datierte BVE mit Rückscheinbrief RSb zugestellt, respektive von diesem nachweislich am übernommen (Übernahmebestätigung RSb).

Die Frist zur Erhebung eines Vorlageantrages begann daher mit dem Tag der Übernahme sprich am zu laufen und endete diese somit am .

Die als Vorlageantrag gewertete Eingabe wurde jedoch unbestritten am und demzufolge verspätet eingebracht und war daher gemäß § 264 Abs. 5 BAO vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision:

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge der Zurückweisung des Vorlageantrags aus einer erwiesenen Verspätung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt (vgl. ), liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise


ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100156.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at