Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 08.01.2024, RV/5100584/2023

Zurückziehung einer Beschwerde

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100584/2023-RS1
Eine Beschwerde kann nur zur Gänze zurückgenommen werden. Eine teilweise Zurücknahme hinsichtlich bestimmter Beschwerdepunkte wäre als Einschränkung des Beschwerdebegehrens, somit als Änderung der Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) anzusehen (Ritz, BAO7, § 256 Tz 8). Werden alle Beschwerdepunkte zurückgenommen, stellt dies eine Zurücknahme der Beschwerde zur Gänze dar.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2018 und vom betreffend Einkommensteuer 2019, beide zu Steuernummer ***, beschlossen:

Die Beschwerde vom wird gemäß § 256 Abs. 3 BAO als gegenstandslos erklärt.

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat mit Kaufvertrag vom die Eigentumswohnung W 13 in ***W***, erworben und bis Juni 2016 fremdüblich vermietet und danach zur Eigennutzung herangezogen.

Für den Zeitraum bis 2017 wurde infolge eines Gesamtwerbungskostenüberschusses die Vermietung im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung als Liebhaberei beurteilt.

Zur Eigennutzung ab 2016 schloss der Beschwerdeführer zunächst einen Mietvertrag mit sich selbst ab. Im Anschluss an diese Vermietung an sich selbst wurde die Wohnung vom Beschwerdeführer zunächst an seine Gattin und in weiterer Folge an seine Mutter vermietet.

In den Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019 machte der Beschwerdeführer aus der Vermietung dieser Wohnung Werbungskostenüberschüsse in Höhe von 7.682,71 € (2018) und 7.627,37 € (2019) geltend.

Im Einkommensteuerbescheid 2018 vom wurde der geltend gemachte Werbungskostenüberschuss nicht anerkannt und auf den BP-Bericht vom verwiesen.

Gleiches gilt für den Einkommensteuerbescheid 2019 vom , in dem auf die Begründung des Vorjahresbescheides verwiesen wurde.

Gegen diese beiden Bescheide richtet sich die über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom , in der ausgeführt wurde:

"Mit den angefochtenen Bescheiden 2018 und 2019 wurden meine Einnahmen und Kosten für die Vermietung meiner Liegenschaft in ***W*** nicht berücksichtigt. Bei Berechnung der Einkommensteuer wurden meine Einnahmen und Kosten für die Vermietung der Liegenschaft in ***W*** in den Kalenderjahren 2018 und 2019 insoferne nicht berücksichtigt, dass die Wohnung in ***W*** vermietet ist und ich die entsprechenden Einkünfte melden muss und ich Anspruch auf die entsprechende Absetzung der Kosten der Vermietung meiner Wohnung in ***W*** habe. Als Beweis dazu sende ich Ihnen im Anhang die Sachverhaltsdarstellung der Vermietung der Wohnung in ***W*** sowie den letzten Unterzeichneten Mietvertrag für die Liegenschaft. Ich beantrage somit die Aufhebung der oben genannten Bescheide und die Erlassung neuer Bescheide, in welchen die Einkünfte und Kosten der Vermietung in ***W*** berücksichtigt werden."

Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidungen vom ab, da ein Ergänzungsersuchen vom unbeantwortet geblieben sei.

Dagegen richten sich die inhaltlich gleichlautenden und über FinanzOnline eingebrachten Vorlageanträge vom , in denen vorgebracht wurde:

"Sehr geehrter Herr ***1***, im Anhang finden Sie Ihr Ergänzungsansuchen welches ich erst per Email am von Ihrer Kollegin erhielt, da ich die Zustellbestätigung der Post zu Ihrem Einschreiben nicht erhalten habe und daher auch nicht auf Ihr Ergänzungsansuchen reagieren konnte. Nachstehend und im Anhang finden Sie nun die von Ihnen angeforderten Informationen - Besteht mit der Mieterin ein verwandtschaftliches Verhältnis? Ja - Wie lautet das Geburtsdatum der Mieterin? Ich habe seitens der Mieterin kein Geburtsdatum zur Weitergabe erhalten - Nachweis der Mietzahlungen Siehe Anhänge - Wie wurde die Wohnung nach Auslaufen des Mietvertrages genutzt? Der Mietvertrag wurde verlängert - Bitte um Vorlage der Überschussrechnung 2020 und 2021! Frist zu deren Abgabe wurde auf Grund meines Krankenstandes bis Ende 2022 gewährt. - Weiters wird um Vorlage einer detaillierten Prognoserechnung ersucht. Diese wurde zuletzt 2020 erstellt und übermittelt, sie finden diese im Anhang."

Die in dieser Eingabe erwähnte Prognoserechnung war nicht angeschlossen, sondern wurde mit einer weiteren Eingabe vom nachgereicht.

Zu einem weiteren, zwölf Punkte umfassenden Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom nahm der Beschwerdeführer mit einem über FinanzOnline übermittelten Anbringen vom Stellung, in dem er unter anderem darauf hinwies, dass sein gewöhnlicher Aufenthalt seit mehr als vier Jahren in ***W***, sei. "Nach aktueller Rechtslage" sei dafür weder die Meldung eines Haupt- noch Nebenwohnsitzes notwendig.

Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben.

Am wurde dem Bundesfinanzgericht folgendes, vom Beschwerdeführer am über FinanzOnline eingebrachtes Anbringen übermittelt:

"***Bf1***
***Adr***
***L***

Steuernummer: ***3***

Betreff: Rückzug Beschwerde Liegenschaft ***W***

Sehr geehrte Damen und Herren, wie mit Herrn ***2*** in ihrem Hause heute telefonisch besprochen. Ich ziehe die Beschwerde hinsichtlich der Liegenschaft ***W*** zurück und bitte um entsprechende Mitteilung an das Bundesfinanzgericht. Mit freundlichen Grüßen ***Bf1,*** ***L***"

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Beschwerden können gemäß § 256 Abs. 1 BAO bis zur Bekanntgabe der Entscheidung über die Beschwerde zurückgenommen werden. Die Zurücknahme ist schriftlich oder mündlich zu erklären.

Für solche Erklärungen ist § 86a BAO anwendbar (Ritz, BAO7, § 256 Tz 4 mit Hinweis auf Ellinger, BAO3, § 256 Anm 5). Die Zurücknameerklärung kann daher auch über FinanzOnline abgegeben werden. Nach Vorlage der Beschwerde ist die Zurücknahmeerklärung gegenüber dem Verwaltungsgericht abzugeben. Wird sie dennoch bei der Abgabenbehörde abgegeben, so ist sie nach § 256 Abs. 6 BAO an das Gericht weiterzuleiten (Ritz, a.a.O.).

Wurde eine Beschwerde zurückgenommen, so ist sie mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären (§ 256 Abs. 3 BAO).

Eine Beschwerde kann nur zur Gänze zurückgenommen werden. Eine teilweise Zurücknahme hinsichtlich bestimmter Beschwerdepunkte wäre als Einschränkung des Beschwerdebegehrens, somit als Änderung der Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird (§ 250 Abs. 1 lit. b BAO) anzusehen (Ritz, BAO7, § 256 Tz 8). Werden alle Beschwerdepunkte zurückgenommen, stellt dies eine Zurücknahme der Beschwerde zur Gänze dar.

Der einzige Beschwerdepunkt der verfahrensgegenständlichen Beschwerde war der in den Einkommensteuererklärungen 2018 und 2019 aus der Vermietung der Eigentumswohnung in ***W***, geltend gemachte Werbungskostenüberschuss in Höhe von 7.682,71 € (2018) und 7.627,37 € (2019). Da dieser einzige Beschwerdepunkt mit der Eingabe vom zurückgezogen wurde, liegt damit eine Zurücknahme der Beschwerde im Sinne des § 256 Abs. 3 BAO vor, und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Abschließend wird noch darauf hingewiesen, dass gemäß § 13 Abs. 1 ZustG das zuzustellende Dokument dem Empfänger an der Abgabestelle zuzustellen ist. Als Abgabestelle kommt dabei gemäß § 2 Z 4 ZustG unter anderem die Wohnung oder sonstige Unterkunft des Empfängers in Betracht. Wohnung im Sinne dieser Bestimmung ist die Räumlichkeit, in der jemand seine ständige Unterkunft hat, wo er also gewöhnlich zu nächtigen oder sich sonst aufzuhalten pflegt, wo der Empfänger somit tatsächlich wohnt. Auf die polizeiliche Meldung kommt es nicht an. Die Eintragung einer Anschrift als Hauptwohnsitz im Melderegister hat zwar Indizwirkung, bietet aber keinen Beweis für eine Wohnung iSd § 2 Z 4 ZustG (Ritz, BAO7, § 2 ZustG Tz 12 und 13 mit Judikaturnachweisen). In der Stellungnahme vom hat der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass sich sein gewöhnlicher Aufenthalt seit mehr als vier Jahren in ***W***, befinde, und dafür (seiner Ansicht nach) weder die Meldung eines Haupt- noch Nebenwohnsitzes notwendig sei. Für den gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers an der angeführten Adresse in ***W*** spricht auch der Umstand, dass sich auf den aktenkundigen Übernahmebestätigungen der Post zu den Zustellungen der Beschwerdevorentscheidungen vom , die an die Anschrift ***L***, adressiert waren, der Vermerk findet: "Nachsender: ***W***". Da der Beschwerdeführer somit gewöhnlich in seiner Eigentumswohnung in ***W*** zu nächtigen oder sich sonst aufzuhalten pflegt, stellt diese seine Wohnung iSd § 2 Z 4 ZustG dar, und wird der gegenständliche Beschluss daher an diese Abgabestelle zugestellt.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, und sich die Gegenstandsloserklärung einer zurückgezogenen Beschwerde schon aus dem Gesetzestext des § 256 Abs. 3 BAO ergibt, ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 256 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 250 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 256 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100584.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at