Rückforderung von Familienbeihilfe, da das erste Studium im Juli abgebrochen und das neue Studium im Oktober begonnen wurde; für die Zeit dazwischen lag keine Berufsausbildung vor
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Monate August und September 2022, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog für ihre Tochter T., geb. 2003, Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträge. T. inskribierte im Oktober 2021 im Bachelorstudium Lehramt Englisch und Geschichte und meldete sich am von diesem Studium ab. Am inskribierte sie im Bachelorstudium Kunstgeschichte (Semesterbeginn Oktober 2022).
Das Finanzamt (FA) forderte von der Bf mit Bescheid vom die für die Monate August und September 2022 bezogenen Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge mit der Begründung zurück, dass sich T. in dieser Zeit in keiner Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit. b FLAG befunden habe.
Die Bf brachte in ihrer Beschwerde vom zusammengefasst vor, dass sie beim FA die Auskunft erhalten habe, dass man bei einem Studienwechsel auch in den Sommermonaten Anspruch auf Familienbeihilfe habe, aber nicht ohne Leistungsnachweis, der fehlen würde. Sie sei nicht aufgefordert worden, einen Nachweis zu erbringen. Ihre Tochter sei dreimal zur Englischprüfung angetreten, habe es aber knapp nicht geschafft. Bei einem vierten negativen Ergebnis wäre sie für immer gesperrt gewesen und hätte nie die Möglichkeit gehabt, Englisch zu unterrichten, daher habe sie sich umentschieden (Verweis auf beiliegendes Sammelzeugnis über 28 ECTS).
Das FA wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass für ein volljähriges Kind die Familienbeihilfe während einer Berufsausbildung bzw. - fortbildung zustehe. Da T. das Studium Lehramt im Juli 2022 abgebrochen und im Oktober 2022 das neue Studium Kunstgeschichte begonnen habe, habe sie sich in dieser Zeit in keiner Berufs- oder Schulausbildung befunden. Daher stehe für diese zwei Monate keine Familienbeihilfe zu. Der vorgelegte Leistungsnachweis für das Lehramtsstudium sei ausreichend gewesen. Im Studium Kunstgeschichte sei auch der Studienerfolgsnachweis im 1. Studienjahr erbracht worden, der zu einem Weiterbezug der Familienbeihilfe berechtige, sofern das Studium weiterhin ordentlich betrieben werde.
Die Bf bringt im Vorlageantrag vom vor, dass die Begründung des FA, dass T. die Familienbeihilfe während der Sommermonate nicht zustünde, da sie sich in keiner Berufsausbildung bzw. - fortbildung befunden habe, nicht korrekt sei. T. habe ihr Studium nicht abgebrochen, sondern gewechselt. Sie habe sich am selben Tag von dem einen Studium ab- und bei dem neuen Studium angemeldet, was ohne Verlust der Familienbeihilfe erlaubt sein sollte. Sie sei durchgehend aufrechte Studentin und es sei nicht nachvollziehbar, warum es einen Unterschied machen sollte, wann der Wechsel vollzogen werde. Es könne doch nicht sein, dass man benachteiligt werde, wenn man den Wechsel vor, oder während der Sommerferien vornehme. Es stehe auch nirgends geschrieben, dass das ohne Verlust der Familienbeihilfe nicht möglich sei. Jede andere aufrechte Studentin, jeder andere Student beziehe auch während der Sommermonate Familienbeihilfe, obwohl die Universitäten geschlossen seien. Im Anhang finde sich eine Studienzeitbestätigung, die zeige, dass sie durchgehend immatrikuliert gewesen sei und nie abgebrochen habe.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen
Sachverhalt
T., die Tochter der Bf, ist am 2003 geboren und absolvierte die Reifeprüfung im Juni 2021. Sie nahm im Oktober 2021 das Bachelorstudium Lehramt Englisch und Geschichte (Hauptstudium UA198, Kombi-Studium UA407) auf und meldete sich von diesem Studium am ab.
Am meldete sich T. im Bachelorstudium Kunstgeschichte (UA033 635) an (Semesterbeginn Oktober 2022).
Es liegt ein Studienwechsel nach dem zweiten Semester vor.
Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Familienbeihilfenakt und ist unstrittig.
Rechtliche Beurteilung
Strittig ist, ob das FA zu Recht von der Bf die für ihre Tochter für die Monate August und September 2022 bezogene Familienbeihilfe rückgefordert hat.
Gesetzliche Grundlagen:
§ 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. … Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Gemäß § 52 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres. Es besteht aus dem Wintersemester, das am 1. Oktober beginnt und am 28. bzw. 29. Februar endet, und dem Sommersemester, das am 1. März beginnt und am 30. September endet, jeweils einschließlich der lehrveranstaltungsfreien Zeiten.
Gemäß § 68 Abs 1 Z 1 Universitätsgesetz 2002 erlischt die Zulassung zu einem Studium, wenn die oder der Studierende sich vom Studium abmeldet.
Studienwechsel, Ausbildung:
Der Begriff "Studium" iSd StudFG 1992 wird jeweils durch die Inskription bzw. nach dem UniStG durch die Zulassung zu einem bestimmten (Diplom- oder Doktorats-)Studium und die Meldung der Fortsetzung des Studiums der jeweiligen Studienrichtung (vgl. § 32 UniStG) bestimmt (vgl. zB , allerdings wird das in § 2 FLAG 1967 geforderte Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch die Ausbildung, bezogen auf ein Universitätsstudium, nicht mit der bloßen Inskription erfüllt. Erforderlich ist, dass das Studium tatsächlich in einem bestimmten Ausmaß ernsthaft betrieben wird (vgl. ).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG etwa vor, wenn der Studierende das von ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt ().
Das BFG stellte im Erkenntnis vom , RV/7102822/2017, fest, dass ein Abbruch des Studiums den Verlust des Anspruchs auf Familienbeihilfe bewirkt, weil in diesem Fall bis zur Aufnahme eines neuen Studiums keine Ausbildung mehr vorliegt. Vor diesem Hintergrund scheide daher auch die Annahme eines Studienwechsels erst mit Semesterende bzw. mit dem Beginn des neuen Studiums aus.
Im Erkenntnis vom , Ra 2014/16/0006 erkannte der VwGH auszugsweise:
"Denn unstrittig hat die Tochter des Mitbeteiligten im Wintersemester 2012/13 studiert und Prüfungen im Ausmaß von 16,5 ECTS-Punkten abgelegt. Zweifelsfrei lag damit eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs.1 lit. b FLAG vor. Aus dem Unterlassen einer Fortsetzungsmeldung für das Sommersemester 2013 und dem Beginn eines anderen Studiums im Wintersemester 2013/14 ergibt sich, dass das erste Studium abgebrochen wurde. Die vom revisionswerbenden Finanzamt dazu erwähnte letzte (positiv) abgelegte Prüfung am berechtigt allein noch nicht dazu, von einem Abbruch des Studiums zu diesem Zeitpunkt zu sprechen (vgl. ausdrücklich das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0060, VwSlg 8.643/F).
Der Umstand, dass die Tochter des Mitbeteiligten nach positivem Ablegen der letzten Prüfung im abgebrochenen Studium zufolge der Wirksamkeit der Meldung für das Wintersemester 2012/13 bis zum Ende der Nachfrist weiterhin Angehörige der Universität war, erlaubte die Annahme einer Berufsausbildung dieses Kindes bis zu diesem Zeitpunkt (vgl. das Erkenntnis vom , 2009/16/0088), sofern nicht Anhaltspunkte festgestellt werden, dass der Studienabbruch früher erfolgte."
Im Erkenntnis vom , RV/5100630/2022 führte das BFG unter Verweis auf das vorzitierte Erkenntnis des VwGH aus, dass das Erlöschen der Zulassung nach § 68 Abs. 1 Z. 1 Universitätsgesetz 2002 zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht die Annahme einer Berufsausbildung des Kindes über diesen Zeitpunkt des Studienabbruches hinaus erlaube.
Zu diesen Feststellungen kam das BFG auch im Erkenntnis vom , RV/7101059/2023.
Diesem Erkenntnis lag der Sachverhalt zu Grunde, dass der Sohn der Bf das ursprünglich von ihm betriebene Studium Anfang Mai 2022 abbrach und im Oktober 2022 ein anderes Studium begann. Das BFG erkannte, dass im beschwerdegegenständlichen Zeitraum die unabdingbaren Voraussetzungen für den Anspruch auf Familienbeihilfe gem. § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 im Beschwerdezeitraum nicht erfüllt seien, da der Sohn im Beschwerdezeitraum keine Berufsausbildung bzw. kein Studium betrieben habe.
Wie schon festgehalten, meldete T. sich vom Studium Englisch und Geschichte am ab und nahm das Bachelorstudium Kunstgeschichte (UA033 635) im Oktober 2022 auf.
Zufolge der Bestimmungen des § 52 Universitätsgesetz 2002 (UG 2002) beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres. Es besteht aus dem Wintersemester, das am 1. Oktober beginnt und am 28. bzw. 29. Februar endet, und dem Sommersemester, das am 1. März beginnt und am 30. September endet, jeweils einschließlich der lehrveranstaltungsfreien Zeiten. Dies gilt auch für ggstdl Studien an der Universität Wien (vgl. die von der Bf vorgelegte Studienzeitbestätigung Seite 2).
Ein Anspruch auf Weitergewährung der Familienbeihilfe besteht bei Fortsetzung des (gleichen) Studiums auch in der lehrveranstaltungsfreien Zeit, nicht aber, wenn das Studium - wie hier - im Juli 2022 abgebrochen wurde.
T. befand sich daher nach Abmeldung vom Studium Englisch und Geschichte im Juli 2022 und bis zur Aufnahme des neuen Studiums im Oktober 2022, somit in den Monaten August und September, in keiner Berufsausbildung und lag auch kein aufrechtes Studium vor.
Es bestand daher in diesen Monaten kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Rückforderung von Familienbeihilfe:
Die Familienbeihilfe wird nach § 10 Abs. 1 FLAG 1967 nur auf Antrag gewährt und zwar nach § 10 Abs. 2 leg. cit. vom Beginn des Monats, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat derjenige, welcher Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des FLAG Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in näher angeführter Höhe zu. Werden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden.
Die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen ist von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft (vgl. , ).
Das FA hat daher die Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für die Monate August und September 2022 zu Recht zurückgefordert.
Sonstiges:
Festgehalten wird abschließend, dass T. die Studieneingangsphase im neuen Studium mit 15 ECTS erfolgreich absolvierte.
Es lag ein günstiger Studienerfolg iSd § 17 StudFG vor und bestand daher ab dem zweiten Studienjahr wieder Anspruch auf Familienbeihilfe.
Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine solche Rechtsfrage lag im gegenständlichen Fall nicht vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 10 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 52 Abs. 1 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 68 Abs. 1 Z 1 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103916.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at