Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 23.01.2024, RV/5100353/2023

Nach § 14 Abs. 1 Z 1 lit. c UStG 1994 können neben der pauschalen Vorsteuer ua. Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne dann geltend gemacht werden, wenn diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand bilden

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat in der Beschwerdesache RA ***Bf1***, p.A. **RA***, Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch ***RA***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom bzw betreffend Umsatzsteuer 2020 und Festsetzung der Umsatzsteuer für 01-09/2021 zu Recht:

I)
Der Beschwerde wird gem. § 279 BAO teilweise stattgeben. Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2020 und Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 werden abgeändert. Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Umsatzsteuer sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Spruches.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gem. Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach einer beim Beschwerdeführer (in weiterer Folge kurz BF) durchgeführten Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer 01-09/2021 wurden von der belangten Behörde am der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 und am der Umsatzsteuerbescheid 2020 erlassen. Laut den Bescheidbegründungen betrage das Vorsteuerpauschale für Rechtsanwälte gem. § 3 der Verordnung BGBl. 627/1983 1,7 % der maßgeblichen Umsätze. Zudem könnten zusätzliche Vorsteuern für sonstige Betriebsausgaben nicht geltend gemacht werden.

Mit Schreiben vom brachte der BF eine Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 und Umsatzsteuer 2020 bei der belangten Behörde ein. Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde führte er aus, dass ihm der Umsatzsteuerbescheid 2020 mit Schreiben der belangten Behörde vom übermittelt worden sei (Zustellung am ). Den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 habe er von der belangten Behörde auf seinen Antrag hin per Mail am erhalten. Des Weiteren sei noch eine Zustellung per RSb nach diesem Zeitpunkt erfolgt.

Inhaltlich brachte der BF vor, dass im Zuge der gewählten Pauschalierung ihm erstens die Vorsteuern auf Fremdlöhne der Steuerberatungskanzlei S für Lohnverrechnungsarbeiten gestrichen (siehe § 4 Abs 1 der VO) und zweitens die pauschalen Vorsteuern gem. § 3 der VO mit 1,7% anstelle von 1,8 % gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 festgesetzt worden seien. Er bekämpfe die o.a. Bescheide mit der Begründung, dass die Anwendung (jedenfalls des § 3 und § 4 Abs 1) der Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl 627/1983 gesetzwidrig bzw. sogar verfassungswidrig sei, insbesondere wegen eines Verstoßes gegen den in Verfassungsrang stehenden Gleichheitsgrundsatz (Art 2 StGG, Art 7 B-VG). Zur näheren Begründung verwies der BF auf die Kritik im Umsatzsteuergesetz-Kommentar, 5. Auflage, 2017 von Ruppe/Achatz, wonach "Ausnahmen" (gemeint sei u.a. die "Gegenausnahme" der Streichung der Vorsteuer auf Fremdlöhne bei Wirtschaftstreuhänder für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit Datenverarbeitungsaufträgen von Rechenzentren) "wenig überzeugend" seien; diese Gegenausnahme zeige, dass "bei allen Berufsgruppen spezifische Verhältnisse vorliegen könnten", was einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz nahelege, wenn generell Vorsteuern für alle Fremdhonorare (Subhonorare) gestrichen würden. Es bestünden Bedenken aufgrund des Legalitätsprinzips. Weiters sei es aus Sicht des Gleichheitsgrundsatzes nicht überzeugend, dass bei der Basispauschalierung (§ 17 Abs 3 EStG) Fremdlöhne durchaus auch bei Rechtsanwälten zum Abzug zugelassen würden, hier also ein Bedarf an der Abzugsfähigkeit von Fremdlöhnen gesehen werde, bei der gegenständlichen Verordnung im Bereich der Umsatzsteuer hingegen nicht. Die Tätigkeit, für die von ihm Fremdleistungen (Lohnverrechnung) beansprucht würden, falle nicht in Tätigkeiten, die einem Rechtsanwalt nach der RAO vorbehalten seien; somit gehe auch der Gesetzgeber davon aus, dass ein Rechtsanwalt in diesem Bereich keine Expertise haben müsse. Auch aus diesem Grund sei es unverständlich, die von Rechtsanwälten in Anspruch genommenen Fremdleistungen steuerlich zu benachteiligen.

Mit Schreiben vom brachte der BF beim Bundesfinanzgericht eine Vorlageerinnerung gem. § 264 Abs 6 BAO ein.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die belangte Behörde aufgefordert, die Akten des Verwaltungsverfahrens gem. § 266 BAO vollständig vorzulegen und dem Gericht und der beschwerdeführenden Partei einen Vorlagebericht zu übermitteln (§ 265 Abs 2-4 BAO).

Am wurde die Beschwerde von der belangten Behörde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Laut den Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht vom habe der BF im Rahmen des Antrages auf Aufhebung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2011 vom gem. § 299 BAO ausdrücklich den Antrag gestellt, die Vorsteuern gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 in Höhe von 1,8 % der Umsätze aus Tätigkeiten iSd §§ 22 und 23 EStG 1988 zu pauschalieren. Ein Widerruf dieses Antrages oder eine Erklärung, die Vorsteuerbeträge nach § 14 Abs 1 Z 2 UStG 1994 iVm der VO BGBl Nr 627/1983, zu ermitteln, sei der belangten Behörde nicht zugegangen. Der BF habe in der Umsatzsteuererklärung 2020 die KZ 084 ausgefüllt. Ebenso sei bis dato der Antrag des BF auf Vorsteuerpauschalierung gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 seitens der belangten Behörde nicht beanstandet worden, sodass davon auszugehen sei, dass der BF zur Basispauschalierung optiert habe.

Dem Gesetzeswortlaut des § 14 Abs 4 UStG 1994 nach beziehe sich die zweijährige Bindung des Antrags auf Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 auf das betreffende Jahr, hier Umsatzsteuer 2020, selbst sowie das Folgejahr, hier Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021, (vgl Gaedke in Melhardt/Tumpel (Hrsg), UStG, 3. Aufl. (2021), § 14, Rz 22; vgl ).

Bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 seien die Vorsteuern für 2020 und 2021 mit 1,8 % des Gesamtumsatzes (mit Ausnahme von Hilfsgeschäften) zu pauschalieren. Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes könnten bei dieser (Basis)Pauschalierung - im Gegensatz zur Pauschalierung nach der VO gem. § 14 Abs 1 Z 1 lit c UStG 1994 - Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen würden, die den Betriebsgegenstand bildeten, zusätzlich geltend gemacht werden.

Der BF habe zusätzliche Vorsteuern im Zusammenhang mit Fremdlöhnen für die Lohnverrechnung durch die Fa. S Steuerberatungs GmbH geltend gemacht. Diese an den BF erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit Lohnverrechnungen würden "ihrer Art nach" nicht unmittelbar in Leistungen einfließen, die den Betriebsgegenstand des BF (Rechtsanwaltstätigkeit) bildeten und seien daher mit dem Pauschalsatz abgegolten (vgl Mayr in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (48 Lfg. Juli 2016) zu § 14 UStG Rz 47).

Da der BF den Vorsteuerabzug nach der gesetzlichen Basispauschalierung gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 in Anspruch genommen habe, bleibe für die Anwendung der Pauschalierung nach der VO BGBl 627/1983 kein Raum. Diesbezüglich würden auch die Ausführungen in der Beschwerde zur allfälligen Gesetzes- bzw. Verfassungswidrigkeit der Verordnung VO BGBl 627/1983 ins Leere führen, da diese im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden sei.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der BF aufgefordert, seinen aktuellen Wohnsitz bekannt zu geben und eine entsprechende Meldebestätigung vorzulegen.

Hinsichtlich der Zustellung der angefochtenen Bescheide wurde der BF darauf hingewiesen, dass laut dem von der belangten Behörde vorgelegten Ausdruck aus der Datenbank der Finanzverwaltung die Versendung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 am (Art der Zustellung RSb) erfolgt sei. Ein Rückschein sei bei der belangten Behörde nicht eingelangt. Laut dem Schreiben der belangten Behörde vom seien dem BF der Umsatzsteuerbescheid 2020 vom , der Bescheid gem. § 29 Abs 6 FinStrG vom , die Buchungsmitteilung Nr. 3/2022 und möglicherweise der Bericht gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung (USt 01-09/2021) nicht übermittelt worden und würden dem BF diese Schriftstücke nunmehr übermittelt. Mit Email vom habe der BF den Erhalt der angeführten Schriftstücke bestätigt und gleichzeitig bekannt gegeben, dass ihm der Bescheid über die Festsetzung der USt 01-09/2021, welcher am erstellt worden sei, bislang nicht zugestellt worden wäre. Der BF habe in dieser Email ersucht, den angeführten Bescheid per Mail an ihn zu übermitteln. Mit Email der belangten Behörde vom habe diese den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 an den BF übermittelt. In der Beschwerde vom werde vom BF behauptet, dass eine Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 per RSb nach diesem Zeitpunkt erfolgt sei.

Das Bundesfinanzgericht gehe daher aufgrund des vorhin dargelegten bisherigen Verfahrensverlaufes davon aus, dass der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 - entgegen der Darstellung des BF in der Beschwerde vom - nicht im Original (mittels RSb) an ihn zugestellt worden sei, sondern lediglich eine Übermittlung des Bescheides durch Email der belangten Behörde vom erfolgte. Sollte davon abweichend entsprechend dem Vorbringen in der Beschwerde eine Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 mittels RSb erfolgt sein, werde der BF ersucht dies anhand geeigneter Unterlagen nachzuweisen.

Weiters wurde dem BF das Vorbringen der belangten Behörde im Vorlagebericht vom vorgehalten und der BF aufgefordert, zu den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde Stellung zu nehmen.


Mit Email vom übermittelte der BF die Fragenbeantwortung an das Bundefinanzgericht. Hinsichtlich des Wohnsitzes gab er bekannt, dass er derzeit keinen Hauptwohnsitz in Österreich habe. Eine Meldebestätigung könne dementsprechend nicht vorgelegt werden. Zustellungen könnten an die Adresse ***Bf1-Adr*** vorgenommen werden, da sich dort seine Sprechstelle als Rechtsanwalt befinde (der Kanzleisitz sei c/o ***RA***).

Zur Zustellung der angefochtenen Bescheide führte der BF aus, dass ihm der Bescheid (gemeint offensichtlich der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021) sicher im Original zugestellt worden sei; die ganze Vorgehensweise bei der - falschen - Bescheidzustellung resultiere aus der falschen Angabe der - mittlerweile keinen Hauptwohnsitz mehr bildenden - Adresse in B, nämlich "BF Adr 2". Richtig hätte es damals heißen sollen "BF Adr 2 (Richtig geschrieben). Daraufhin sei eine Nachsendung an die Adresse Bf-Adr erfolgt. Die RSb-Kuverts habe er nicht gefunden und könne sie daher nicht vorlegen.

Zum Vorbringen der belangten Behörde im Vorlagebericht vom verweise er darauf, dass diese im Recht sei, wenn sie ausführe, dass er zur Basispauschalierung optiert habe (dass die Bindungswirkung auch noch für 2021 gegeben wäre, lasse er allerdings ausdrücklich dahingestellt). Damit bleibe, wie die belangte Behörde ebenfalls zutreffend ausführe, für die Anwendung der VO BGBl 627/1983 kein Raum, sodass sich die Fragen der Gesetzes- und Verfassungswidrigkeit dieser VO nicht mehr stellen würden. Nicht zustimmen könne er der Rechtsansicht der belangten Behörde, die Leistungen des Steuerberaters betreffend Lohnverrechnung würden "ihrer Art nach" nicht unmittelbar in Leistungen einfließen, die den Betrieb eines Rechtsanwalts bildeten. Wenn gemäß EStR Rz 4124 iVm UStR Rz 2238 "Fremdleistungskosten inklusive Datenverarbeitung bei Wirtschaftstreuhändern" als Fremdlöhne behandelt würden, so sei es nicht einsichtig, die Lohnverrechnung durch einen Steuerberater an einen Rechtsanwalt davon auszuschließen.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der belangten Behörde die Stellungnahme des BF zur Kenntnisnahme übermittelt und Gelegenheit gegeben, eine entsprechende Replik zu erstatten.

Mit Eingabe der belangten Behörde vom wurde eine Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht übermittelt. Hinsichtlich der Zustellung der Bescheide wurde ausgeführt, dass der BF seit keinen Wohnsitz in Österreich gemeldet habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 vom sei EDV-technisch erstellt und mittels RSb an die in der Grunddatenverwaltung noch bestehende Hauptwohnsitzmeldung des BF (Adresse) versendet worden. Der Umsatzsteuerbescheid 2020 sei am erstellt und an die Adresse der belangten Behörde zugestellt worden. In weiterer Folge sei der Umsatzsteuerbescheid 2020 gemeinsam mit dem Prüfbericht über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 an die Adresse BA Adr 2 mittels RSb zugestellt worden. Die vom BF behauptete Zustellung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 (mittels Nachsendung an die Adresse ***Bf1-Adr***) könne mangels vorliegendem Rückschein weder nachvollzogen noch ausgeschlossen werden.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde die gem. § 269 iVm § 143 BAO aufgefordert, bekannt zu geben, ob betreffend den BF ab ein Nachsendeauftrag von der Adresse BA Adr 2 an die Adresse BF-Adr bestanden habe.

Die X AG teilte dem Bundesfinanzgericht mit Eingabe vom mit, dass betreffend den BF ein Nachsendeauftrag bestanden habe, der von bis gültig gewesen sei. Eine Kopie des Nachsendeauftrages wurde vorgelegt.

Mit Eingabe des BF (per Email) vom teilte dieser dem Bundesfinanzgericht mit, dass er auch betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 01-09/2021 zur Basispauschalierung optiert habe (und er diese Option auch nicht widerrufen werde), wenn er auch nicht die Meinung der belangten Behörde teile, wonach eine Bindungswirkung für das Jahr 2021 bestehen würde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Umsatzsteuerbescheid 2020 ist dem BF am zugestellt worden. Der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 ist dem BF im Original im Zeitraum zwischen und Einbringung der Beschwerde mit Schreiben vom zugestellt worden.

Der BF erzielte im Beschwerdezeitraum 2020 und 01-09/2021 hier relevante Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt. Der Großteil der Umsätze aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt entfiel auf einen "Counsel Vertrag" mit der Rechtsanwaltskanzlei B KG.

Der BF hat im Antrag vom auf Aufhebung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2011 vom gem. § 299 BAO beantragt, die Vorsteuern gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 in Höhe von 1,8 % der Umsätze aus Tätigkeiten iSd §§ 22 und 23 EStG 1988 zu pauschalieren. Ein Widerruf dieses Antrages wurde vom BF bislang nicht abgegeben.

Der BF hat die KZ 084 in der in der Umsatzsteuererklärung 2020 (Pauschalierung gemäß § 14 Abs 1 Z 1 (Basispauschalierung)) ausgefüllt und die Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 in Anspruch genommen.

Der BF hat auch für den Zeitraum 2021 zur Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 optiert.

Die belangte Behörde hat im Zuge der Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 2020 vom die vom BF im Rahmen der Basispauschalierung gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 geltend gemachte Vorsteuer in Höhe von 1,8 % der Umsätze (Umsätze: € 113.520,14, davon 1,8 % = € 2.043,36) gekürzt und nur eine Vorsteuer in Höhe von 1,7 % der Umsätze (Umsätze: € 113.520,14, davon 1,7 % = € 1.929,84) anerkannt. Weiters hat die belangte Behörde die zusätzlich vom BF geltend gemachte Vorsteuer auf Fremdlöhne der Steuerberatungskanzlei S Steuerberatungs GmbH für Lohnverrechnungsarbeiten in Höhe von € 36,60 nicht anerkannt.

Die belangte Behörde hat im Zuge der Erlassung des Bescheides über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 vom die vom BF im Rahmen der Basispauschalierung gem. § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 geltend gemachte Vorsteuer in Höhe von 1,8 % der Umsätze (Umsätze: € 83.601,40, davon 1,8 % = € 1.504,83) gekürzt und nur eine Vorsteuer in Höhe von 1,7 % der Umsätze (Umsätze: € 83.601,40, davon 1,7 % = € 1.421,22) anerkannt. Weiters hat die belangte Behörde die zusätzlich vom BF geltend gemachte Vorsteuer auf Fremdlöhne der Steuerberatungskanzlei S Steuerberatungs GmbH für Lohnverrechnungsarbeiten in Höhe von € 33,00 nicht anerkannt.

2. Beweiswürdigung

Gem. § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Zustellzeitpunkt des Umsatzsteuerbescheides 2020 mit ergibt sich aus den von den Parteien vorgelegten Unterlagen bzw dem entsprechenden Vorbringen.

Dass der Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 dem BF im Original im Zeitraum zwischen und Einbringung der Beschwerde mit Schreiben vom zugestellt worden ist, ergibt sich aus dem glaubwürdigen Vorbringen des BF in der mit Email vom abgegebenen Vorhaltsbeantwortung, welches durch den von der X-AG an das Bundesfinanzgericht übermittelten Nachsendeauftrag untermauert wird.

Dass der BF für das Jahr 2020 zur Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 optiert und diese Erklärung auch nicht widerrufen hat, ergibt sich zweifelsfrei aus der vom BF elektronisch am abgegebenen Umsatzsteuererklärung bzw aus der gegenüber dem Bundesfinanzgericht mit Email vom abgegebenen Vorhaltsbeantwortung, wo er ausführt "Die belangte Behörde ist im Recht, wenn sie ausführt, dass ich zur Basispauschalierung optiert habe (dass die Bindungswirkung auch noch für 2021 gegeben wäre, lasse ich allerdings ausdrücklich dahingestellt)."

Dass der BF auch für den Zeitraum der Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 zur Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1944 optiert hat, erschließt sich genauso zweifelsfrei aus seiner Eingabe vom .

Die Feststellungen hinsichtlich der von der belangten Behörde nicht anerkannten Vorsteuern auf Fremdlöhne (Rechnungen der Steuerberatungskanzlei S Steuerberatungs GmbH für Lohnverrechnungsarbeiten) ergeben sich aus den angefochtenen Bescheiden bzw dem Bericht über die Außenprüfung.

Vor diesem Hintergrund können die oben angeführten Sachverhaltsfeststellungen gem. § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Aus dem festgestellten Sachverhalt geht zweifelsfrei hervor, dass der BF im Beschwerdezeitraum 2020 und 01-09/2021 zur Basispauschalierung nach § 14 Abs 1 Z 1 UStG 1994 optiert hat und er diese Erklärung auch nicht widerrufen hat. Einzig strittiger Punkt ist daher, ob die zusätzlich vom BF geltend gemachte Vorsteuer für Fremdlöhne der Steuerberatungskanzlei S Steuerberatungs GmbH für Lohnverrechnungsarbeiten neben der pauschalen Vorsteuer von 1,8 % der Umsätze abziehbar ist.

§ 14 UStG 1994 in der für den Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (BGBl. I Nr. 118/2015) lautet auszugsweise:

"(1) Unternehmer können die abziehbaren Vorsteuerbeträge wahlweise nach folgenden Durchschnittssätzen ermitteln:

1. Unternehmer, bei denen die Voraussetzungen gemäß § 17 Abs 2 Z 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 für die Ermittlung der Betriebsausgaben mit einem Durchschnittssatz vorliegen, können die abziehbaren Vorsteuerbeträge mit einem Durchschnittssatz von 1,8% des Gesamtumsatzes aus Tätigkeiten im Sinne des § 22 und § 23 des Einkommensteuergesetzes 1988 mit Ausnahme der Umsätze aus Hilfsgeschäften, höchstens jedoch mit einer abziehbaren Vorsteuer von 3 960 Euro, berechnen. Eine Ermittlung der abziehbaren Vorsteuerbeträge mit dem Durchschnittssatz ist gesondert für jeden Betrieb möglich. Mit diesem Durchschnittssatz werden sämtliche Vorsteuern abgegolten, ausgenommen

a) Vorsteuerbeträge für Lieferungen von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die der Abnutzung unterliegen und deren Anschaffungskosten 1 100 Euro übersteigen, sowie für die Lieferung von Grundstücken des Anlagevermögens. Diese Ausnahme gilt sinngemäß für die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren, die diesen Lieferungen entsprechen;

b) Vorsteuerbeträge für sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Herstellung von abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, deren Herstellungskosten 1 100 Euro übersteigen;

c) Vorsteuerbeträge für Lieferungen von Waren, Rohstoffen, Halberzeugnissen, Hilfsstoffen und Zutaten, die nach ihrer Art und ihrem betrieblichen Zweck in ein Wareneingangsbuch (§ 128 der Bundesabgabenordnung) einzutragen sind oder einzutragen wären, sowie Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand bilden. Diese Ausnahme gilt sinngemäß für die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer für Einfuhren, die diesen Lieferungen entsprechen.

Diese Vorsteuerbeträge sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 zusätzlich abziehbar.

….

(4) Unternehmer, bei denen die Voraussetzungen für eine Ermittlung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen gegeben sind, können bis zur Rechtskraft des Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich erklären, dass sie ihre abziehbaren Vorsteuerbeträge nach Durchschnittssätzen ermitteln. Sowohl die Erklärung, die Vorsteuerbeträge nach Abs 1 Z 1, als auch die Erklärung, die Vorsteuerbeträge nach Abs 1 Z 2 zu ermitteln, bindet den Unternehmer mindestens für zwei Kalenderjahre.

(5) Die Erklärung gemäß Abs 4 kann nur mit Wirkung vom Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist bis zur Rechtskraft des dieses Kalenderjahr betreffenden Bescheides gegenüber dem Finanzamt schriftlich zu erklären. Mit dem Widerruf kann der Unternehmer erklären,

a) die Durchschnittssätze anstelle nach Abs 1 Z 1 nach Abs 1 Z 2 oder umgekehrt zu ermitteln. Diese Erklärung bindet den Unternehmer wieder für mindestens zwei Kalenderjahre;

b) die Vorsteuerbeträge nach den allgemeinen Vorschriften zu ermitteln. Eine erneute Ermittlung des Vorsteuerabzuges nach Durchschnittssätzen ist frühestens nach Ablauf von fünf Kalenderjahren zulässig."

Der Durchschnittssatz gilt prinzipiell sämtliche Vorsteuern der betreffenden Tätigkeit (des Betriebes) ab.

Gesondert abzugsfähig sind ferner Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand bilden. Unter Fremdlöhnen sind offenbar Aufwendungen für Arbeitsleistungen zu verstehen, die den Dienstleistungen eigener Arbeitnehmer der Qualität nach entsprechen, jedoch von selbständigen Unternehmern erbracht werden. Entscheidend ist, dass die honorierte Arbeitsleistung den eigentlichen Leistungsgegenstand bildet. Das trifft zu bei Leistungen auf Grund von Werkverträgen und bei Personalgestellung. Nicht zulässig ist es, eine Lieferung oder sonstige Leistung in Aufwand für Löhne und sonstige Bestandteile zu zerlegen. Nach EStR Rz 4124 (auf die UStR Rz 2238 verweist) sind bei Dienstleistungen jedoch Fremdlöhne anzunehmen, "wenn es sich um Fremdleistungen handelt, die ihrer Art nach an den Auftraggeber erbracht werden". Als Beispiele nennt EStR Rz 4124 Schuhreparaturen durch Dritte, Weiterleitung von Sonderklassegebühren bei Ärzten, Fremdleistungskosten inkl Datenverarbeitung bei Wirtschaftstreuhändern. Zusätzliche Voraussetzung der gesonderten Abzugsfähigkeit ist, dass die Fremdlöhne für Leistungen bezahlt werden, die unmittelbar in die Betriebsleistung eingehen. Das trifft beispielsweise bei Subhonoraren zu, die Rechtsanwälte an substituierende Rechtsanwälte zahlen, nicht hingegen für Rechtsanwaltshonorare, die ein sonstiger Unternehmer für Rechtsberatung entrichtet (Umsatzsteuergesetz, Ruppe/Achatz5, § 14 UStG, Rz 30).

Aus dem klaren Wortlaut des § 14 Abs 1 Z 1 lit c UStG 1994 geht hervor, dass neben der pauschalen Vorsteuer in Höhe von 1,8 % der Umsätze ua nur Vorsteuerbeträge für Fremdlöhne geltend gemacht werden können, soweit diese unmittelbar in Leistungen eingehen, die den Betriebsgegenstand bilden.

Die im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt strittigen Vorsteuerbeträge resultieren aus einer Rechnung der Steuerberatungskanzlei S Steuerberatungs GmbH für Lohnverrechnungsarbeiten. Lohnverrechnungsarbeiten stellen zweifelsfrei nicht den Betriebsgegenstand der Tätigkeit des BF als Rechtsanwalt dar. Die Vorsteuerbeträge im Zusammenhang für Fremdlöhne für die Lohnverrechnung durch die S Steuerberatungs GmbH in den Jahren 2020 und 01-09/2021 sind nicht abzugsfähig.

Die anzuerkennende Vorsteuer im Beschwerdejahr 2020 beträgt somit € 2.043,36 (1,8 % der Umsätze in Höhe von € 113.520,14). Die anzuerkennende Vorsteuer betreffend den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01-09/2021 beträgt somit € 1.504,83 (1,8 % der Umsätze in Höhe von € 83.601,40).

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gem. Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Eine derartige Rechtsfrage liegt im zu beurteilenden Fall nicht vor, da das Erkenntnis dem klaren Wortlaut des § 14 UStG 1994 folgt, weshalb gem. § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Beilagen:

Berechnungsblätter betreffend Umsatzsteuer 2020 und Umsatzsteuer 01-09/2021

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 14 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 14 Abs. 1 Z 1 lit. c UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 14 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100353.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at