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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2024, RV/3100744/2021

Umschulung zur Yogalehrerin als vorweggenommene Betriebsausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***1***, ***2***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für 2019 mit 66 Euro festgesetzt. Nicht anerkannt wurden unter anderem Werbungskosten für Aus- und Fortbildung, weil diese trotz Aufforderung nicht nachgewiesen worden seien.

2. Gegen diesen Bescheid wurde am über FinanzOnline Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: BF) eine 7 bis 8-semestrige Ausbildung zur Yogalehrerin gestartet habe. Sie beabsichtige als Yogalehrerin ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid in Bezug auf die Einkünfte vom Verein ***Z*** abgeändert und das Beschwerdebegehren bezüglich der Werbungskosten für die Yogaausbildung abgewiesen.

4. Mit Schriftsatz vom beantragte der steuerliche Vertreter die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht in mündlicher Verhandlung vor dem Senat.
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF im Jahr 2019 eine Ausbildung zur Yogalehrerin begonnen habe und beabsichtige daraus Einkünfte zu erzielen.
Die Kosten belaufen sich auf 6.441,45 Euro im Jahr 2019 und auf 5.145,27 Euro im Jahr 2020. Niemand, der Yoga hobbymäßig betreibt, würde so hohe Kosten auf sich nehmen.
Die Aufstellung der Reisekosten belege die zielgerichtete Verfolgung des Ausbildungsplans. Allein 2019 seien 11 Ausbildungsmodule an einer renommierten Yogaschule in ***A*** besucht worden. Yoga liege im Trend und die Aussichten auf nachhaltige Einkünfte seien ausgezeichnet. Der Begründer der Yogatradition auf den sich die Yogaschule beruft sei im Alter von 95 gestorben, es sei also davon auszugehen, dass die BF die Tätigkeit noch viele Jahre gewinnbringend ausüben kann.

5. Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die Abweisung, weil die BF die bisherige Tätigkeit als Kindergartenleiterin nicht aufgegeben bzw. wesentlich eingeschränkt habe und eine Einnahmenerzielung erst nach der Pensionierung angestrebt werde. Bildungsmaßnahmen, die aus persönlichem Interesse getätigt werden, stellen nichtabzugsfähige Kosten der Lebensführung dar. Die bisher von der BF gesetzten Handlungen würden über eine reine Absichtserklärung zur Erzielung von Einkünften nicht hinausgehen.

6. Am teilte der steuerliche Vertreter telefonisch dem Bundesfinanzgericht mit, dass die BF die Ausbildung im Jahr 2022 erfolgreich abgeschlossen und im selben Jahr bereits Einnahmen erzielt habe.

7. Am teilte der steuerliche Vertreter mit, dass die BF im Jahr 2022 Einnahmen iHv. 1.321 Euro erzielt habe, die im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit erklärt wurden. Aufgrund er hohen Kosten resultiert im Jahr 2022 zwar ein Verlust, künftig würden allerdings keine hohen Kosten mehr anfallen.
Die Einnahmen im laufenden Jahr 2023 würden erkennen lassen, dass eine Steigerung gegeben ist, was auf Mundpropaganda basiere. Nach Pensionsantritt werde die Tätigkeit als Yogalehrerin deutlich ausgeweitet. Eine Prognoserechnung lasse erkennen, dass aus der Einkunftsquelle ab 2023 laufend Gewinne erwirtschaftet würden.

8. Mit Schriftsatz vom wurde der Antrag auf eine mündliche Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

 Die BF (Geburtsjahr ***19xx***) war im Jahr 2019 nichtselbständig als Kindergartenleiterin tätig.

 Sie begann am eine Ausbildung zur Yogalehrerin in ***A***. Die dadurch verursachten Kosten betreffen vor allem Seminargebühren und Reisekosten und belaufen sich im Jahr 2019 auf 6.441,45 Euro.

 Im Dezember 2022 wurde eine Zulassungsprüfung beim österreichischen ***X***-Yoga-Verband erfolgreich absolviert.

 Ab Jänner 2022 erzielte die BF Einnahmen als Yogalehrerin. Für das Jahr 2022 erklärte sie im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit Einnahmen iHv. 1.321 Euro. Wegen der hohen Ausbildungskosten resultiert im Jahr 2022 ein Verlust iHv. 5.843,80 Euro.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt basiert auf den vom Finanzamt mit dem Vorlagebericht vorgelegten Akten, dem Vorbringen der BF und den Abfragen im Abgabeninformationssystem.
Eine Internetrecherche bestätigt, dass die BF auf der Webseite "www.***X***-yoga-austria.at/lehrer" als ***X***-Yoga-Lehrerin registriert und damit bei der SVS als Anbieterin im Bereich "Bewegung" qualifiziert ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

3.1.1. Rechtslage

§ 4 Einkommensteuergesetz 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr geltenden Fassung BGBl. I Nr. 103/2019 (EStG) lautet auszugsweise:

§ 4 (4) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Betriebsausgaben sind jedenfalls:

7. Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen. Aufwendungen für Nächtigungen sind jedoch höchstens im Ausmaß des den Bundesbediensteten zustehenden Nächtigungsgeldes der Höchststufe bei Anwendung des § 13 Abs. 7 der Reisegebührenvorschrift zu berücksichtigen.

3.1.2. Rechtliche Beurteilung

Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen sind, obwohl sie nicht mit einer zur ausgeübten Tätigkeit verwandten Tätigkeit zusammenhängen, dennoch nach
§ 4 Abs 4 Z 7 EStG 1988 abzugsfähig, wenn sie derart umfassend sind, dass sie auf eine neue berufliche Tätigkeit ausgerichtet sind (zB Ausbildung einer Arbeitnehmerin aus dem Druckereibereich zur selbständigen Altenbetreuerin). Die Umschulungskosten stellen idR vorweggenommene (vorbereitende) Betriebsausgaben (bzw Werbungskosten) in Bezug auf eine andere (neue) Einkunftsquelle dar. Es müssen grundsätzlich Umstände vorliegen, die über eine bloße Absichtserklärung der künftigen Einkünfteerzielung hinausgehen (; ).
Für eine erwerbsorientierte Umschulung spricht es, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige einkommensteuerlich relevante Tätigkeit aufgibt oder einschränkt. Notwendig ist dies aber nicht, weil auch die Umschuldung zur nebenberuflich ausgeübten weiteren Berufstätigkeit begünstigt ist (; ). Ob der Zweck der Umschulung darin liegt, eine andere Berufstätigkeit tatsächlich auszuüben, ist im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Verhältnisse - gesondert für jedes Veranlagungsjahr nach den Verhältnissen dieses Jahres - festzustellen (Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG, 23. Lfg 2023, § 4, Rz 314).

Im gegenständlichen Fall liegen nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts Umschulungskosten iSd. § 4 Abs 4 Z 7 EStG 1988 und damit vorweggenommene Betriebsausgaben vor.
Die Umschulungsmaßnahmen der BF erschöpften sich nicht in Einzelkursen, sondern erfolgten in einer 8-semestrigen, zielstrebig verfolgten, Ausbildung, an deren Ende eine Zulassungsprüfung als ***X***-Yoga-Lehrerin stand.
Ab Jänner 2022 übt sie die Tätigkeit als Yogalehrerin nebenberuflich aus, wodurch für das Bundesfinanzgericht die im Streitjahr bekundete Absicht zur Einkünfteerzielung erwiesen ist. Die Einnahmen betragen zwar im ersten Tätigkeitsjahr nur 1.321 Euro, doch lassen die Einnahmen im laufenden Jahr 2023 erkennen, dass eine Steigerung erfolgen wird. Das Vorbringen, dass die BF nach Pensionsantritt die Tätigkeit als Yogalehrerin deutlich ausweiten wird, ist für das Bundesfinanzgericht naheliegend und glaubhaft.

Die Ausgaben iHv. 6.441,45 Euro für die Umschulung im Jahr 2019 sind als vorweggenommene Betriebsausgaben anzuerkennen und der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der zitierten und einheitlichen Judikatur des VwGH zu Umschulungsmaßnahmen. Fragen der Beweiswürdigung im Einzelfall sind einer ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.3100744.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at