Arbeitnehmerveranlagung: Sprachreise nach England - Abzugsfähigkeit von Kurskosten, Reisekosten nicht abzugsfähig
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin *** in der Beschwerdesache des Beschwerdeführers, ***Adresse***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Landeck Reutte (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer XXX zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem am Ende der Entscheidungsgründe als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang (chronologisch)
Mit elektronisch eingelangter Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 beantragte der Beschwerdeführer (folglich kurz Bf.) ua. die Anerkennung von Aus-/Fortbildungskosten in der Höhe von € 4.245,68 und Arbeitsmittel in Höhe von € 405,86 als Werbungskosten.
Mit Vorhalt der Abgabenbehörde vom (OZ 5 [= Ordnungsziffer des elektronischen Aktes, welche die Reihenfolge/Nummer des Dokumentes im Akt wiedergibt]) wurde der Bf. aufgefordert bekannt zu geben, welche Tätigkeit er im gegenständlichen Jahr ausgeübte (kurze Arbeitsplatzbeschreibung) und wie die Bildungsmaßnahmen mit seinem Beruf, einer besseren Position oder dem nächsten Berufswunsch zusammenhängen. Eine umfassende Umschulung in einen anderen Beruf sei abzugsfähig, wenn Sie in absehbarer Zeit steuerpflichtige Einnahmen erzielen. Er solle bekannt geben, welche konkreten Maßnahmen er dafür schon gesetzt habe und ob der Arbeitgeber oder Förderstellen wie z. B. das Land oder das AMS die Kosten ganz oder teilweise ersetzt haben.
Der Vorhalt wurde vom Bf. mit ausführlichem Schreiben (OZ 8) mit beiliegender "Kostenaufstellung für Weiterbildung 2018", welche ua. eine Aufgliederung der Kosten der Berufsreifeprüfung und des Englisch Intensivkurs in London beinhaltet, einem Konvolut an Rechnungen und Belegen (OZ 6), sowie zwei Schreiben "Bildungsgeld update des Landes Y" (OZ 7) beantwortet. Zusammengefasst wurde ausgeführt, dass sich der Bf. entschlossen habe die Matura nachzuholen und folglich Business Administration zu studieren. Die Englischkenntnisse seien auch im Betrieb wichtig, wenn er Bestellungen im Ausland mache. Das Land Y fördere seine Kurse für die Berufsreifeprüfung. Das Geld habe er erst 2019 erhalten.
Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2018 vom (OZ 2) wurden die angeführten Werbungskosten gekürzt und begründend ausgeführt, dass nur jene Ausgaben berücksichtigt worden seien, die im Veranlagungsjahr gezahlt wurden. Die Aufwendungen zum Erwerb von Fremdsprachenkenntnissen würden nur dann Werbungskosten darstellen, wenn auf Grund eines konkreten Nutzens für den jeweils ausgeübten Beruf von einer beruflichen Veranlassung auszugehen sei. Da diese Voraussetzungen nicht vorliegen würden, konnten die Kosten für den Sprachkurs nicht anerkannt werden.
Mit fristgerechter Beschwerde (OZ 1) wurde begründend vom Bf. ausgeführt, dass die Weiterbildungskosten für die Berufsreifeprüfung (WIFI, BFI usw.) im Jahr 2018 nicht berücksichtigt worden seien. Im Jahr 2018 habe er keine Förderungen erhalten (erst ab 2019). Er habe nach dem Ergänzungsersuchen eine vollständige und korrekte Kostenaufstellung eingereicht. Es gäbe "rechnerische Unrichtigkeiten" im Bescheid. Die Sprachreisen könne man absetzen. Der Kurs umfasse mindestens 20 Wochenstunden und die Kursdauer mindestens 2 Wochen. Der Arbeitgeber habe den Bf. freigestellt. Für seinen Beruf sei dieser Sprachkurs nützlich. Im Anhang seien alle Bestätigungen beigefügt. Darüber hinaus wären diese Sprachkurse auch für seine Berufsreifeprüfung hilfreich und seien für sein zukünftiges Studium - welches auf Englisch sein werde - eine gute Basis. Er verlange nicht einmal, dass er alles voll absetzen könne (mit Flug etc.), aber zumindest auf die Kosten in der Schule bestehe er.
Mit Vorhalt der Abgabenbehörde vom (OZ 10) wurde der Bf. betreffend seiner Ausführungen in der Beschwerde aufgefordert eine genaue Kostenaufstellung zu den Weiterbildungskosten für die Berufsreifeprüfung (WIFI, BFI), mit Zahlungsbestätigung (Datum ersichtlich) vorzulegen und eine Kostenaufstellung (Zusammensetzung der Gesamtsumme) zu dem English Intensivkurs in England (Sprachreise) und das Kursprogramm für die 2 Wochen zu übermitteln.
Mit elektronischem Antwortschreiben vom (OZ 11) übermittelte der Bf. ein Konvolut an Unterlagen (Detaillierte Kostenaufstellung und Kursprogramm für Weiterbildung 2018, Rechnungen und Kostenaufstellung der Sprachreise, Überweisungsbestätigungen, Schreiben des Arbeitgebers betreffend die Freistellung für die Sprachreise ua.).
Mit Beschwerdevorentscheidung vom (OZ 3) wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde als unbegründet abgewiesen. Die Sprachreise sei im Zusammenhang mit der bevorstehenden Matura besucht worden, diese stehe nicht im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Bf.. Laut den vorgelegten Unterlagen (Briefkopf mit der Bezeichnung "Master of Interior Design") sei die Matura beruflich nicht notwendig und die Kosten für die Sprachreise überwiegend privat veranlasst. Die Förderung sei grundsätzlich dem jeweiligen Fachgebiet zuzuordnen und sei daher dem Fach Deutsch und English angerechnet worden.
Mit fristgerechtem Vorlageantrag (OZ 4) teilte der Bf. mit, dass er am Campus berufsbegleitend das Bachelorstudium Business Administration, welches ausschließlich in Englischer Sprache sei, begonnen habe. Wenn er diese Sprachreisen nicht gemacht hätte (wofür er auch jeweils Zertifikate bekommen habe), dann hätte er mit Sicherheit keinen der rund 1500 Studienplätze bekommen, wo fast 4000 Bewerber gewesen seien. Außerdem hätte er die Matura in Englisch niemals bestanden. Es sei nicht so einfach, wenn man nebenher noch Vollzeit arbeiten müsse. Die Kosten für die Sprachschule seien alles andere als überwiegend privat veranlasst. Der Briefkopf "Master of Interior Design" sei vielleicht etwas verwirrend. Auf Deutsch heiße das nichts anderes wie Raumausstattermeister. Beruflich habe er damit aber keine Aufstiegsmöglichkeiten, deshalb seien sowohl die Matura wie auch sein zukünftiges Studium notwendig. Eine Berufsreifeprüfung könne man steuerlich immer absetzen und darauf bestehe er. Dass die Förderung, welche erst im Jahr 2019 ausbezahlt wurde, nun doch schon für das Jahr 2018 angerechnet wurde, sei ihm in dem Fall egal.
Mit Vorhalt vom (OZ 12) wurde der Bf. von der Abgabenbehörde aufgefordert einen detaillierten Stundenplan der Sprachreise nach London, aus dem genau hervorgehe, zu welchen Zeiten Unterricht stattfand und den Studienplan (Curriculum) des Bachelorstudiums Business Administration nachzureichen.
Mit Antwortschreiben vom (OZ 13) wurden der Abgabenbehörde vom Bf. das "Curriculum business administration" (OZ 14) , eine Inskriptionsbestätigung (OZ 15) und der Stundenplan der Sprachreise (OZ 16) übermittelt.
Mit Vorlagebericht vom wurde der elektronische Akt von der Abgabenbehörde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. In der ausführlichen Stellungnahme führte die Abgabenbehörde zusammengefasst zur Berufsreifeprüfung aus, dass die Erlangung der Reifeprüfung und der Erwerb der damit verbundenen Kenntnisse von genereller Bedeutung für alle Berufsgruppen sei und eine Prüfung, ob eine Veranlassung durch den ausgeübten Beruf gegeben sei, entfallen könne. Englischkenntnisse seien auch im Betrieb des Bf. wichtig, wenn er Bestellungen im Ausland mache. Die Kosten des Sprachkurses laut Rechnung in Höhe von € 820,69 netto seien aufgrund der Förderlichkeit für die Berufstätigkeit anzuerkennen.
Es werde beantragt, das Bundesfinanzgericht möge der Beschwerde teilweise stattgeben und die Kosten der Berufsreifeprüfung und die Kosten, welche auf den Sprachkurs entfallen als Werbungskosten anerkennen. Im Übrigen werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. arbeitet seit seiner Lehrabschlussprüfung im Jahr 2006 in seinem erlernten Beruf als Tapezierer und hat 2015 die Meisterprüfung absolviert. Er hat die Berufsreifeprüfung absolviert, um danach berufsbegleitend Business Administration am Campus zu studieren.
Der Bf. war im streitgegenständlichen Jahr bei der X GmbH angestellt. Er macht für den Betrieb Bestellungen im Ausland, dafür sind Englischkenntnisse wichtig.
Der Bf. hat im gegenständlichen Jahr von 13.08. bis einschließlich an einer Sprachreise in England über den Sprachreiseanbieter X teilgenommen und wurde für die Sprachreise vom zuvor angeführten Arbeitgeber freigestellt.
Der Bf. hat an einem Englisch Intensivkurs mit 21.00 Stunden pro Woche mit dem Inhalt "Grammatical Structures, Vocabulary Development, Pronunciation and Intonation Spoken and Written Communication Skills" am Kollege in London absolviert. Als sprachliches Niveau wird "Pre-Advanced" angeführt.
Laut Stundenplan für beide Wochen betrug die tägliche Unterrichtszeit von Montag bis Freitag 4,5 Stunden. Unterrichtsbeginn war jeweils um 9.00 Uhr, Unterrichtsende jeweils um 15 Uhr.
Der absolvierte Englisch Intensivkurs in London bei der Sprachschule "X" 2018 untergliedert sich in folgende Leistungen:
Intensivkurs (pro Woche) € 820,69
Einschreibegebühr, Lehrmaterial (inbegriffen) € 87,43
Gastfamilie, Einzelzimmer, Halbpension € 445,32
Extranacht Gastfamilie, Einzelzimmer, Halbpension € 29,14
Bearbeitungsgebühr € 10,00
Leistungsträger: Lufthansa € 365,00
Reiserücktritt-Versicherung (Einzelvollschutz) € 66,00
Vom Bf. wurde im Jahr 2018 ein Betrag in Höhe von gesamt € 1.823,60 an die Sprachschule "X" bezahlt.
Die Sprachschule "X " ist ein Sprachreiseanbieter, welcher Sprachreisen ins Ausland für Schüler, Studenten und Erwachsene für 20 Sprachen und an mehr als 250 Reisezielen weltweit, unter anderem auch London, anbietet.
2. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den vor Abgabenbehörde vorgelegten elektronischen Verwaltungsakten, insbesondere aus den Vorhaltsbeantwortungen samt vorgelegten Unterlagen und Vorbringen des Bf. in der Beschwerde und im Vorlageantrag sowie den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung.
Die Sachverhaltsfeststellungen zum Inhalt des Kurses, zum Niveau des Bf. und die Leistungsübersicht ergeben sich aus dem vorliegenden "Certificate" für das Jahr 2018 sowie der Rechnung des X (OZ 10, 11). Für das Jahr 2018 wurde ein "Certificate" mit dem Titel "Intensive Course" und für das Jahr 2019 wurde ein "Certificate" mit dem Titel "Englisch plus Art and Design" mit selber Stundenanzahl und Inhalt wie im Jahr 2018 (siehe Sachverhalt) vorgelegt. Die Feststellungen zu den Unterrichtszeiten gründen sich aus dem vorgelegten Stundenplan. Die Feststellungen zu den geleisteten Zahlungen ergeben sich aus den vorgelegten Überweisungsbelegen für das gegenständlichen Jahr 2018.
Die Feststellungen zu der Sprachschule X gründen sich auf der Internetrecherche des Bundesfinanzgerichtes zu der Sprachschule bzw. aus den Angaben der Homepage (https://www.xy.com).
Gemäß § 167 Abs 2 BAO ist unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs. 1 BAO an die Stelle des angefochtenen Bescheides erlassenden Finanzamtes Landeck Reutte getreten ist.
Die vom Bf. begehrten Kosten im Zusammenhang mit der Berufsreifeprüfung wurden von der Abgabenbehörde, wie im Vorlagebericht ausgeführt, anerkannt. Ebenfalls wurden die Kurskosten der Sprachreise in Höhe von € 820,69 von der Abgabenbehörde aufgrund der Förderlichkeit für die Berufstätigkeit anerkannt.
Strittig ist lediglich, ob die gesamten vom Bf. beantragten Werbungskosten im Zusammenhang mit der Sprachreise nach England als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Rechtliche Grundlagen:
Nach § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 sind auch Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen Werbungskosten.
Nach § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 sind als Werbungskosten abzugsfähig auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.
Demgegenüber regelt § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, dass bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden dürfen.
Gegenständlich sind die geltend gemachten Werbungskosten zu trennen in Kosten des Englandaufenthaltes, in denen insbesondere die Reisekosten beinhaltet sind und in Kosten, die unmittelbar durch den Sprachkurs erwachsen sind.
Aufwendungen für Sprachkurse stellen auch dann abzugsfähige Aus- oder Fortbildungskosten dar, wenn auf Grund der Erfordernisse im ausgeübten oder verwandten Beruf Sprachkenntnisse allgemeiner Natur erworben werden (Jakom/Lenneis, EStG16, § 16 Rz 52).
Die Kosten für den Sprachkurs als solchen sind als Bildungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 absetzbar. Die Bildungsmaßnahme war - wie auch vom Finanzamt im Vorlagebericht nunmehr anerkannt - zweifellos für die Berufstätigkeit förderlich (siehe ). Die reinen Kosten für den Sprachkurs in Höhe von € 820,69 sind - wie von der Abgabenbehörde richtigerweise ausgeführt - in voller Höhe als Werbungskosten iSd § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 abzugsfähig.
Neben den Kursgebühren sind Kosten für Kursunterlagen, Skripten abzugsfähig (siehe Ebner in Jakom EStG16, § 16, Rz 5). Die im Sachverhalt bzw. in der Rechnung des Spachreiseanbieters (OZ 11) angeführte Position "Einschreibgebühr Lehrmaterial inbegriffen" in Höhe von € 87,43 ist daher ebenfalls abzugsfähig.
Die (weiteren) Kosten der gegenständlichen Sprachreise sind unter den gleichen Voraussetzungen abzugsfähig, unter denen Studienreisen steuerrechtlich berücksichtigt werden können.
Der VwGH führt in der zuvor zitierten Entscheidung () in Rn 22 und 23 aus: Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen hingegen bei den einzelnen Einkünften u.a. nicht abgezogen werden: Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Z 2 lit. a), sowie Reisekosten, soweit sie nach § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind (Z 2 lit. c).
Zur steuerlichen Anerkennung von Studienreisen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass deren Kosten grundsätzlich Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 sind, es sei denn, es liegen vier näher bestimmte Voraussetzungen kumulativ vor (vgl. z.B. ; , 2005/14/0117; , 2008/15/0032, mwN):
1. Planung und Durchführung der Reise erfolgen entweder im Rahmen einer lehrgangsmäßigen Organisation oder sonst in einer Weise, die die zumindest weitaus überwiegende berufliche Bedingtheit einwandfrei erkennen lässt.
2. Die Reise muss nach Planung und Durchführung dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit bieten, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung gestatten.
3. Das Reiseprogramm und seine Durchführung müssen derart einseitig und nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Abgabepflichtigen abgestellt sein, dass sie jegliche Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer entbehren.
4. Andere allgemein interessierende Programmpunkte dürfen zeitlich gesehen nicht mehr Raum als jenen einnehmen, der während der laufenden Berufsausübung als Freizeit regelmäßig zu anderen als beruflichen Betätigungen verwendet wird; jedoch führt der nur zur Gestaltung der Freizeit dienende Aufwand keinesfalls zu einer steuerlichen Berücksichtigung.
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
Zu Punkt 1: Die Planung und Durchführung der Sprachreise wurde durch den oben genannten Reiseanbieter, die Sprachschule, getätigt. Eine lehrgangsmäßige Organisation oder berufliche Bedingtheit ist nicht gegeben.
Zu Punkt 2: Im gegenständlichen Kurs im Jahr 2018 muss zugestanden werden, dass sich die Möglichkeit ergab, Fremdsprachenkenntnisse zu erwerben, die eine konkrete berufliche Verwertung gestatten. Auch ein allgemeiner Sprachkurs bietet die Möglichkeit, Kenntnisse zu erwerben, die eine einigermaßen konkrete berufliche Verwertung, beispielsweise wie beim Bf., welcher Bestellungen im Ausland für den Betrieb durchführt, gestatten.
Zu Punkt 3: Weder das Reiseprogramm noch seine Durchführung waren derart einseitig gestaltet, dass es nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer der Berufsgruppe des Bf. abgestellt war. Es handelte sich um eine Sprachreise, die jedem angeboten wurde. Laut der Homepage des Reiseanbieters werden die Sprachreisen bzw. Sprachkurse im Ausland für Schüler, Studenten und Erwachsene angeboten und nicht für ausschließlich einer Berufsgruppe angehörende.
Zu Punkt 4: Bei der Beurteilung des Seminars in Bezug auf das Vorliegen von privat oder beruflich bedingten Zeiten ist von einer Normalarbeitszeit von durchschnittlich acht Stunden täglich, d.h. von 40 Stunden pro Woche auszugehen. Die als Arbeitszeit in Betracht kommende Zeit der Seminarreise beträgt folglich deutlich weniger als das genannte durchschnittliche Ausmaß von acht Stunden. Damit ist schon allein aufgrund der zeitlichen Relation ein Mischprogramm gegeben.
Da aufgrund des vorliegenden Sachverhalts die seitens des VwGH in seiner Judikatur geforderten Kriterien bzw. Voraussetzungen für die Anerkennung der Aufwendungen als Werbungskosten nicht kumulativ vor und können die Kosten für die Reise nicht als Werbungskosten anerkannt werden.
Eine Bestätigung des Arbeitgebers, in welcher der Bf. von der Firma freigestellt wird und mitgeteilt wird, dass die Firma die Sprachreise unterstütze und befürworte, da gute Sprachkenntnisse im Umgang mit Kunden wichtig seien, reicht - wie von der Abgabenbehörde richtig ausgeführt - für die Begründung einer beruflichen Veranlassung nicht aus.
Kosten einer Reise bzw. einem Reiseabschnitt, die in Form einer Gemengelage sowohl durch private Erholungs- und Bildungsinteressen wie auch durch berufliche Interessen veranlasst sind und die den privaten Umständen zuzuordnenden Programmpunkte nicht von untergeordneter Bedeutung sind, bilden keine Werbungskosten zumal § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988 auf "ausschließlich" beruflich veranlasste Reisen abstellt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () wird die Veranlassungsprüfung grundsätzlich für den einzelnen Reisetag vorgenommen. Nach welchen Kriterien bei Studienreisen, die ausschließliche berufliche Veranlassung einer Reise (eines Reiseabschnittes) zu prüfen ist, wurde oben bereits ausgeführt und führt im gegenständlichen Fall zur Gänze zu keinem Abzug von Werbungskosten.
Die im Sachverhalt angeführten Reisekosten (Flug samt Hin- und Rückfahrt zum Flughafen sowie Unterkunft Gastfamilie, Reiserücktritt-Versicherung, Bearbeitungsgebühr, Flugarrangement) stellen keine Werbungskosten dar.
Die Beschwerde war in diesem Punkt als unbegründet abzuweisen.
Zusammengefasst ist daher auszuführen, dass - wie die Abgabenbehörde erster Instanz im Vorlagebericht zutreffend erkannt hat- die Frage, ob Kosten eines im Zuge der Reise besuchten Kurses zu Werbungskosten führen, grundsätzlich getrennt von den Aufwendungen für eine Sprachreise zu beurteilen ist. Denn auch wenn die Reise insgesamt nicht als beruflich veranlasst zu betrachten ist, kann doch die berufliche Veranlassung für den Kurs selbst zu bejahen sein.
Dass die Teilnahme am gegenständlichen Sprachkurs auf Grund des beruflichen Anforderungsprofils des Bf. für diesen von konkreten beruflichen Nutzen war, hat der Bf. glaubhaft dargelegt und ist unstrittig, weshalb der Kursgebühr in jenem Umfang, in der sie der Bf. selbst zu tragen hatte, Werbungskostencharakter zukommt.
Die vom Berufungswerber in diesem Zusammenhang geltend gemachten zusätzlichen Kosten stellen somit Ausgaben für die Lebensführung dar und sind schon dem Grunde nach vom Abzug als Werbungskosten ausgeschlossen.
Der angefochtene Bescheid war hinsichtlich der Werbungskosten abzuändern.
Die Werbungskosten (KZ 722) werden entsprechend der Kostenaufstellung für Weiterbildung 2018 (OZ 9) wie folgt korrigiert:
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Kurskosten WIFI Berufsreifeprüfung (Deutsch und Mathematik) Anteil 2018 | € 780,00 |
Kurskosten BFI Berufsreifeprüfung (Englisch) Anteil 2018 | € 320,00 |
Englisch Intensivkurs in London 2018 € 820,69 (inkl. Einschreibgebühr € 87,43) | € 908,12 |
Englisch Intensivkurs in London 2019: Anzahlung für 2019 | € 639,38 |
Werbungskosten (KZ 722) | € 2.647,50 |
Zuzüglich der unstrittigen Arbeitsmittel (KZ 719) | € 433,55 |
Werbungskosten 2018 Gesamt | € 3.081,03 |
Ergänzend zu den oben angeführten (nunmehr unstrittigen) Kosten wird ausgeführt: Der Bf. hat einen Zuschuss des Landes Y als Kostenersatz betreffend die Berufsreifeprüfung im Jahr 2019 ausbezahlt erhalten (siehe OZ 7). Werden Werbungskosten rückerstattet, sind sie Einnahmen im Jahr des Zuflusses und mindern nicht die Werbungskosten des Jahres des Abflusses (Jakom/Lenneis, EStG16, § 16 Rz 56). Ausgaben (ausgenommen die in § 19 Abs. 3 EStG vom Aufteilungsgebot erfassten und angeführten) sind gem. § 19 Abs. 2 EStG (so auch die Anzahlung für den Englisch Intensivkurs für das Jahr 2019) für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Beilage: Berechnungsblatt Einkommensteuer 2018
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei den zu lösenden Rechtsfragen an der einheitlichen höchstgerichtlichen Judikatur zur steuerlichen Anerkennung von Studienreisen. Zudem hing die Entscheidung im Wesentlichen von den Umständen des vorliegenden Einzelfalles ab.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100910.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at