Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2024, RV/1100225/2021

Berücksichtigung von Aufwendungen eines Profisportlers für Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung sowie Beiträgen zu einer Sportunfähigkeitsversicherung als Werbungskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Peter Steurer in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch die ***S*** Steuerberatung GmbH & Co KG, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, ***StNr***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind der Beschwerdevorentscheidung vom zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein Profifußballer, machte in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung diverse Aufwendungen (Arbeitsmittel, Fachliteratur, Fahrtkosten) als Werbungskosten geltend.

2. Nach entsprechenden Vorhalteverfahren berücksichtigte das Finanzamt die geltend gemachten Werbungskosten im Einkommensteuerbescheid 2019 nur zum Teil.

3. Gegen die Nichtanerkennung der unter dem Titel "Arbeitsmittel" ua. geltend gemachten Aufwendungen für medizinische Behandlungen (3.049,73 €) sowie für Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung (1.488,05 €) wandte sich die steuerliche Vertretung mit Beschwerde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer versuche nach einem Vereinswechsel alles, um beim neuen Verein Stammspieler zu werden. Aufgrund dieser Sondersituation müssten zur Beibehaltung der Einkommensverhältnisse spezielle vorbeugende und leistungssteigernde Trainingsmethoden angewandt werden, zumal die Spieler bei jedem Training und Spiel mittels modernster Leistungsdiagnostik überwacht würden. Die geltend gemachten Werbungskosten beträfen keine kurativen Therapien, etwa nach einer Verletzung, und seien demnach nicht als medizinische Behandlung zu sehen, sondern dienten dem Spieler dazu, die Leistungsfähigkeit zu erhalten bzw. zu verbessern und damit der Einkommenserzielung. Aus der übermittelten Judikatur ergebe sich, dass der erhöhte Aufwand der Spitzensportler ein klares Indiz dafür sei, dass es sich zumindest in einem gewissen Prozentsatz nicht um Kosten der privaten Lebensführung oder außergewöhnliche Belastungen handle, sondern um steuerlich anzuerkennende Werbungskosten.

4. Mit Beschwerdevorentscheidung änderte das Finanzamt den angefochtenen Bescheid insoweit ab, als weitere Aufwendungen in Höhe von 409,60 € als Werbungskosten berücksichtigt wurden und dem Selbstbehalt unterliegende außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 1.060,64 € in Ansatz gebracht wurden. Keine Berücksichtigung fanden dabei ua. die Kosten für Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellten Nahrungsergänzungsmittel auch bei einem Profisportler Kosten der privaten Lebensführung und somit keine Werbungskosten dar (Hinweis auf ). Die Kontrolle des Stoffwechsels sei ebenso wie die Aufnahme der erforderlichen Nahrung dem Bereich der Lebensführung zuzurechnen, selbst wenn mit der Berufsausübung ein überdurchschnittlicher Energie- bzw. Flüssigkeitsverbrauch verbunden sein sollte.

5. Mit Vorlageantrag vom , der sich ausdrücklich nur mehr gegen die Nichtberücksichtigung des erhöhten Aufwandes des Beschwerdeführers für Nahrungsergänzungsmittel und des entsprechenden Beratungsaufwandes richtet, beantragte die steuerliche Vertretung die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht. Das vom Finanzamt angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffe einen Radrennfahrer, der einen Spezialkaffee zur Leistungssteigerung als Werbungskosten geltend gemacht habe. Die Entscheidung, wonach Aufwendungen mit privater und beruflicher Veranlassung nach § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig seien, gelte nicht, wenn im Schätzungswege die Bestimmung der beruflichen Veranlassung möglich sei und sei es insoweit daher zu einer "Aufweichung" des Aufteilungsverbotes gekommen (höchstgerichtlich zB bei Reiseaufwendungen oder bei Gegenständen, die sowohl privat als auch betrieblich verwendet werden könnten). Dies werde auch in der Literatur zunehmend vertreten. Nachdem ein Profisportler eindeutig einen erhöhten Aufwand habe, sei eine berufliche Mitveranlassung jedenfalls gegeben. Der Privatanteil sei durch Schätzung zu ermitteln.

6. Mit Schreiben vom beantragte die steuerliche Vertretung zudem die Berücksichtigung eines im Jahr 2019 geleisteten Beitrages zu einer Sportunfähigkeitsversicherung als Werbungskosten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer erzielt als Fußballprofi Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahr 2019 hat er - soweit im Beschwerdefall von Interesse - Ausgaben für Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung in Höhe von € 1.488,05 € getätigt sowie einen Beitrag in Höhe von 2.657,60 € zu einer Sportunfähigkeitsversicherung geleistet.

Die Sportunfähigkeitsversicherung ist dem im Jahr 2019 abgeschlossenen Versicherungsvertrag zufolge eine reine Risikoversicherung. Versicherte Person ist der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Berufsspieler. Sie gewährt für die Dauer des Vertrages Versicherungsschutz für den Fall, dass die versicherte Person durch einen Unfall oder durch eine akut und erstmals auftretende Krankheit auf Dauer vollständig außerstande ist, die im Versicherungsschein genannte sportliche Tätigkeit im dort genannten Rahmen aktiv auszuüben. Davon ausgenommen sind die im Einzelnen angeführten Fälle, ua. etwa Unfälle oder Krankheiten infolge von Praktiken und Aktivitäten, die der versicherten Person durch ihren Berufssportlervertrag untersagt sind oder die durch die Ausübung von näher bezeichneten gefährlichen Sportarten, durch Trunksucht sowie die Einnahme von Drogen oder leistungssteigernden Substanzen verursacht sind. Die Versicherungssumme für den Fall der dauernden Sportunfähigkeit ist mit 350.000,00 € festgelegt.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften ua. die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge (Z 1) sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden (Z 2 lit. a).

Die Regelungen des § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 erfassen ua. Ausgaben für die Ernährung des Steuerpflichtigen und sind diese daher generell vom Abzug als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten ausgeschlossen (vgl. , mwN, und ).

In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof im einen Profiradrennfahrer betreffenden Erkenntnis vom , Ra 2017/15/0043, unter Verweis auf seine frühere Judikatur die Abzugsfähigkeit von Mehraufwendungen für die erhöhte Kalorienzufuhr sowie für "legal leistungssteigernden" Spezialkaffee als Werbungskosten entgegen der vom Bundesfinanzgericht in dem mit Revision bekämpften Erkenntnis vertretenen Auffassung mit der Begründung, die Kontrolle des menschlichen Stoffwechsels sei ebenso wie die Aufnahme der erforderlichen Nahrung und Flüssigkeit dem Bereich der Lebensführung zuzurechnen, selbst wenn mit der Berufsausübung ein überdurchschnittlicher Energie- bzw. Flüssigkeitsverbrauch verbunden sein sollte, verneint.

Nichts anderes kann somit aber auch hinsichtlich der im Beschwerdefall strittigen Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel bzw. Ernährungsberatung gelten.

Daran vermag weder die angeführte Entscheidung des unabhängigen Finanzsenates (-I/09), noch der Hinweis auf die "Aufweichung" des Abzugsverbotes etwas zu ändern. Das in § 20 Abs. 1 EStG 1988 normierte Aufteilungs- und Abzugsverbot gemischt veranlasster Aufwendungen gilt nur dann nicht, wenn eine eindeutige, klar nachvollziehbare Trennung zwischen der privaten Veranlassung einerseits und der betrieblichen bzw. beruflichen Veranlassung andererseits gegeben und die betriebliche bzw. berufliche Veranlassung nicht bloß völlig untergeordnet ist. Eine Aufteilung kann aber nicht vorgenommen werden, wenn mangels klarer Quantifizierbarkeit der einzelnen Veranlassungskomponenten ein objektiv überprüfbarer Aufteilungsmaßstab nicht besteht und damit ein entsprechendes Vorbringen des Steuerpflichtigen keiner Nachprüfung zugänglich ist. Ist eine derartige objektiv nachvollziehbare und einwandfreie Aufteilung nicht möglich, kommt die Berücksichtigung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten nur in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Nachweis für eine (zumindest beinahe) gänzliche betriebliche bzw. berufliche Veranlassung erbringt (vgl. , mwN).

Auch wenn eine entsprechende Ernährung bzw. die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln die Leistungsfähigkeit eines Profisportlers erhöht, ändert dies nichts daran, dass nicht nur das Erwerbsleben, sondern auch das "Privatleben", somit die Lebensführung als solche, betroffen ist. Nachdem die Veranlassungskomponenten insoweit nicht anhand objektiver Kriterien quantifiziert werden können, kommt auch eine Aufteilung nicht in Betracht. Davon, dass die private Mitveranlassung ein nur gänzlich untergeordnetes Ausmaß hätte, kann nicht ausgegangen werden und hat auch der Beschwerdeführer Derartiges nicht behauptet. Zudem ist nicht erkennbar, dass dem Beschwerdeführer diesbezüglich ein finanzieller Aufwand erwachsen wäre, der erheblich über jenem liegt, der im Rahmen der privaten Lebensführung als üblich angesehen werden kann.

2.2. Sportunfähigkeitsversicherung

Beiträge zu Personenversicherungen sind - vom hier nicht interessierenden Fall des § 16 Abs. 1 Z 4 EStG abgesehen - auch bei einer gewissen betrieblichen bzw. beruflichen Mitveranlassung grundsätzlich als Aufwendungen der privaten Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 anzusehen und sind sohin nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten absetzbar (vgl. , , und , mwN).

Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn aus den Umständen des Einzelfalles klar erkennbar ist, dass der Abschluss der Versicherung im betrieblichen bzw. beruflichen Interesse erfolgte und die Verfolgung privater Zwecke ausgeschlossen oder unbedeutend ist; davon wiederum kann nur dann ausgegangen werden, wenn das Moment der Freiwilligkeit einer Personenversicherung in den Hintergrund tritt und die Beiträge anlässlich der Erwerbung von Einkünften mit einer gewissen beruflichen Notwendigkeit aufgewendet werden müssen, so etwa, wenn ein Sportler ein Auslandsengagement nur erhält, wenn er eine private Unfallversicherung abschließt (vgl. , mwN).

Prämien für eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind nach Lehre und Rechtsprechung abzugsfähig, wenn ausschließlich die Berufsunfähigkeit infolge eines typischen Berufsrisikos, dh. jenes Risikos, das mit der Ausübung des Berufes verbunden ist, versichert wird. Erstreckt sich der Versicherungsschutz jedoch auf allgemeine Risiken der Privatsphäre (Krankheiten oder Unfälle, deren Ursache in der privaten Lebensführung liegt) und werden somit nicht ausschließlich rein berufsbedingte Risiken abgedeckt, ist die Versicherung nicht beruflich veranlasst (vgl. , mwN, und ; s.a. Jakom/Marschner, EStG, 2023, § 4 Rz 330 Stichwort "Versicherungen" sowie Mäder/Brandstätter/Neumann in Büsser/Ehrke-Rabel/Hirschler/Petritz/Sutter, Die Einkommensteuer - Kommentar, 72. Lfg., § 16 Rz 315).

Dem vorgelegten Versicherungsvertrag zufolge werden nicht ausschließlich berufsbedingte Risiken abgedeckt, sondern auch in der Privatsphäre des Versicherungsnehmers liegende Umstände (Unfälle, Krankheit) und liegt somit eine unter das Abzugsverbot des § 20 Abs. 1 EStG 1988 fallende Personenversicherung vor, zumal auch nicht erkennbar ist, dass eine berufliche Notwendigkeit (zB ein entsprechender Versicherungsschutz als Voraussetzung für einen Vertragsabschluss bzw. die Spielberechtigung) bestanden hätte.

Auch eine Berücksichtigung der Versicherungsbeiträge als Sonderausgaben kam im Hinblick darauf, dass der der Zahlung zugrundeliegende Vertrag nicht, wie in § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 gefordert, vor dem abgeschlossen worden ist, nicht in Betracht.

Gesamthaft gesehen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die im Beschwerdefall strittigen Fragen, ob Aufwendungen eines Profisportlers für Nahrungsergänzungsmittel und Ernährungsberatung sowie Beiträge zu einer Sportunfähigkeitsversicherung als Werbungskosten zu berücksichtigen sind, wurde auf Grundlage der im Erkenntnis angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung sowie von nicht über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Sachverhaltsfeststellungen beurteilt. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Artikel 133 Abs. 4 B-VG wird durch das vorliegende Erkenntnis somit nicht berührt und ist eine (ordentliche) Revision daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100225.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at