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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2024, RV/7400151/2021

Geschäftsführerhaftung für Glücksspielautomaten

Beachte

Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/15/0016.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag Rainer Hochstöger MBA, Breitwiesergutstraße 10, 4020 Linz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung für Glücksspielautomatenabgabe zur Zahl MA6/ARL-337763/19E nach Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit von Mag. Simon Wallner für den Beschwerdeführer sowie von Harald Sauer für den Magistrat der Stadt Wien zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Der Beschwerdeführer wird zur Haftung wegen Wiener Glückspielautomatenabgabe für Jänner bis April 2019 in Höhe von € 28.000,-- herangezogen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am fand im Lokal mit der Bezeichnung "***Lokalname***" in ***Ort1*** eine Kontrolle nach dem Glückspielgesetz durch die Finanzpolizei statt. Dabei wurden Glückspielgeräte vorgefunden.

Am fand erneut im Lokal in ***Ort1*** eine Kontrolle nach dem Glückspielgesetz durch die Finanzpolizei statt. Dabei wurden wieder Glückspielgeräte vorgefunden.

Eine dritte Kontrolle fand am im Lokal in ***Ort1*** statt. Auch bei dieser Kontrolle wurden Glückspielgeräte vorgefunden.

Am sendete der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) folgenden Vorhalt zur Stellungnahme an den Beschwerdeführer:
"Sie waren im Firmenbuch als Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO, in der geltenden Fassung, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBI. für Wien Nr. 63/2016, haften die in den §§80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Gemäߧ 2 Abs. 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz haben Personen, so sie auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

Die in Abs. 3 bezeichneten Personen haften für die Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung (§2 Abs. 4 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz).

Nach § 2 Abs. 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

Sachverhaltsdarstellung:

Laut von der ***Rechtsanwalt-GmbH*** angezeigten Berichte vom , , und sowie Protokollen der Finanzpolizei zu Beschlagnahmungen vom , und wurden im Betrieb in ***Ort***, ab zumindest Oktober 2017 bis zumindest November 2018 vier und ab zumindest März 2019 fünf Spielapparate spielbereit für Dritte gehalten festgestellt, für die jedoch keine Glücksspielautomatenabgabe nach dem Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz entrichtet worden ist (siehe die in Kopie beiliegenden Berichte). Im Bemessungszeitraum erfolgte u.a. der Strombezug auf Namen und Rechnung der ***Primärschuldnerin***.

Untermieterin des Lokales war laut von der ***Primärschuldnerin*** vorgelegten Unterlagen bis vermutlich die ***AB*** und von an die ***CD***. Als Eigentümerin der im Jahr 2019 beschlagnahmten Spielgeräte wurde vom Landeskriminalamt Wien die ***EF*** ermittelt.

Es wird Ihnen gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens schriftlich, oder anlässlich einer persönlichen Vorsprache in der Magistratsabteilung 6, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben in Wien 1, Ebendorfstraße 2, 3. Stock, Zimmer 3.20 (TERMINVEREINBARUNG ERFORDERLlCH!), dazu zu äußern."

Am langte die mit datierte Stellungnahme des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein. Diese Stellungnahme lautet:
"Sehr geehrte Damen und Herren !

Mit Schreiben vom haben Sie mich aufgefordert, meine Haftungs- und Zahlungsverpflichtung für die Glücksspielautomatenabgabe und Nebengebühren für den Zeitraum von 10/17 - 04/19 für die Aufstellung von Glücksspielautomaten im Standort ***Ort*** anzuerkennen und den Betrag von € 114.240,- an Sie zur Überweisung zu bringen.

Mir ist unklar und geht dies aus den Unterlagen auch nicht hervor, warum Sie von mir eine Zahlung als Haftungsbeteiligter fordern. Primärschuldner ist dem Akteninhalt und Ihren Ausführungen zu entnehmen, dass dies der Inhaber der Räumlichkeiten, der Veranstalter und der Geräteeigentümer ist. Dies war in keinem Fall die Firma ***Primärschuldnerin***, resp. ich selbst.

Ihrem Begehren kann ich deshalb nicht entsprechen und bringe noch weiters vor:

Ich habe meine Funktion als Geschäftsführer der Fa. ***Primärschuldnerin*** mit August 2019 zurücklegt und stehen mir deshalb auch nicht die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung, sodass ich nur zu jenen Unterlagen, welche sie mir übersendeten, Stellung nehmen kann.

Wie Sie selbst in ihrem Schreiben mitteilen, war das Lokal in den besagten Zeiträumen untervermietet. Die Firma ***Primärschuldnerin*** hatte somit keine Inhaberschaft über die besagten Räumlichkeiten.

Wie sie selbst in Ihrem Schreiben mitteilen, wurde durch das LKA Wien die Eigentümerschaft festgestellt, dies war jedenfalls auch nicht die Firma ***Primärschuldnerin***.

Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass die Firma ***Primärschuldnerin*** bereits mit diesen Forderungen Ihrerseits konfrontiert wurde, bzw. ein Bemessungsverfahren durchgeführt wurde. Es ist auch nicht zu entnehmen, warum ein solches Verfahren nicht durchgeführt wurde und sich der Magistrat direkt an mich wendet.

Ihrem Schreiben ist zu entnehmen: "Die in Abs. 3 bezeichneten Personen haften für die Steuer insoweit, als die Abgabe infolge Ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle einer Konkurseröffnung." Über die Firma ***Primärschuldnerin*** wurde kein Konkursverfahren geführt. Und ist es auch nicht ersichtlich, ob der Magistrat jemals schon versucht hätte Glücksspielautomatenabgabe in dieser Angelegenheit von der Firma ***Primärschuldnerin*** zu fordern. Erst dann und nach Feststellung der Abgabenschuld, käme in Folge einer fehlgeschlagenen Einbringung bei der Firma ***Primärschuldnerin*** eine Haftung für diese Abgabe eventuell in Frage.

Ob es sich tatsächlich um Geräte handelte, welche der GIücksspielautomatenabgabe unterliegen, kann aus den übermittelten Unterlagen nicht entnommen werden.

Ebenso kann nicht entnommen werden, ob der jeweilige Untermieter, bzw. der Veranstalter oder Eigentümer Zahlungen an Sie geleistet haben.

In der Rechtssache C-920/19 wurden dem europäischen Gerichtshof anschließende Fragen zur Beantwortung übersendet und ist damit zu rechnen, dass das Glücksspielgesetz als EU-rechtswidrig beurteilt wird. Dies würde bedeuten, dass es auch keine Diffamierung von konzessionslosen Marktteilnehmer geben darf.

Vorabentscheidungsersuchen des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (Österreich) eingereicht am - Fluctus s.r.o. u.a. (Rechtssache C-920/19)
[…]

Ich bestreite schuldhaft eine Verletzung der Abgabenpflicht begangen zu haben. Sollten Sie weiterhin an meiner Haftung festhalten, beantrage ich:
- Aussetzung des Verfahrens, bis mir alle entlastenden Unterlagen, betreffend die Firma
***Primärschuldnerin*** zur Verfügung stehen;
- Aussetzung des Verfahrens, bis der europäische Gerichtshof über die Vorlagefragen
im Verfahren C-920/19 entschieden hat.
- Einleitung eines Bemessungsverfahrens und bescheıdmäßige Feststellung der Abgabenschuld gegenüber der zur Zahlung verpflichtenden Firma.
"

Bescheid

Am erließ die belangte Behörde einen Haftungsbescheid und zog den Beschwerdeführer zur Haftung für Glückspielautomatenabgabe in Höhe von insgesamt € 114.240,- (samt Säumniszuschlägen) heran. Der Bescheid lautet:
"1.) Herr ***Bf1*** wird vom Magistrat der Stadt Wien gemäß der §§9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 in Verbindung mit den §§3 und 7 der Bundesabgabenordnung - BAO, in der geltenden Fassung, und § 2 Abs. Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBI. für Wien Nr. 63/2016, als Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** für den entstandenen Abgabenanspruch an Glücksspielautomatenabgabe samt Säumniszuschlag aus dem Halten von vier Glücksspielautomaten in ***Ort*** im Zeitraum Oktober 2017 bis Dezember 2017 im Betrag von 17.136,00 Euro zur Haftung herangezogen.

Herr ***Bf1*** wird gemäß §224 BAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.

Der Haftungsbetrag gliedert sich wie folgt:

2.) Herr ***Bf1*** wird vom Magistrat der Stadt Wien gemäß der §§9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 in Verbindung mit den §§3 und 7 der Bundesabgabenordnung - BAO, in der geltenden Fassung, und § 2 Abs. Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBL für Wien Nr. 63/2016, als Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** für den entstandenen Abgabenanspruch an Glücksspielautomatenabgabe samt Säumniszuschlag aus dem Halten von vier Glücksspielautomaten in ***Ort*** im Zeitraum Jänner 2018 bis Dezember 2018 im Betrag von 68.544,00 Euro zur Haftung herangezogen.

Herr ***Bf1*** wird gemäß § 224 BAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.

Der Haftungsbetrag gliedert sich wie folgt:

3.) Herr ***Bf1*** wird vom Magistrat der Stadt Wien gemäß der §§9 Abs. 1 und 80 Abs. 1 in Verbindung mit den §§ 3 und 7 der Bundesabgabenordnung BAO, in der geltenden Fassung, und § 2 Abs. Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBI. für Wien Nr. 63/2016, als Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** für den entstandenen Abgabenanspruch an Glücksspielautomatenabgabe samt Säumniszuschlag aus dem Halten von fünf Glücksspielautomaten in ***Ort*** im Zeitraum Jänner 2019 bis April 2019 im Betrag von 28.560,00 Euro zur Haftung herangezogen.

Herr ***Bf1*** wird gemäß § 224 BAO aufgefordert, diesen Betrag binnen einem Monat nach Zustellung des Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.

Der Haftungsbetrag gliedert sich wie folgt:

B e g r ü n d u n g

Gemäß §80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Nach § 2 Abs. 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz haften die im §80 Abs. 1 BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.

Die ***Primärschuldnerin*** wurde mit aus dem Firmenbuch gelöscht.

Nach § 2 Abs. 1 Wiener GIücksspielautomatenabgabegesetz ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

Auf Rechnung der ***Primärschuldnerin*** erfolgte laut Auskunft der WIEN ENERGIE GmbH im verfahrensgegenständlichen Zeitraum jedenfalls der Bezug von Strom, welcher ua. für das Halten der verfahrensgegenständlichen Spielgeräte zweifellos eine grundlegende Voraussetzung darstellte, weshalb laut ständiger Rechtsprechung (z.B. VwGH 88/17/0105 vom ) die Abgabepflicht der ***Primärschuldnerin*** gegeben ist.

Mit Schreiben vom hat die ***AB*** bekannt gegeben, die Lokalität nur als Lager benutzt zu haben. Zahlungen geleistet zu haben, wurde nicht behauptet und scheinen solche auf dem Abgabenkonto auch nicht auf.

Gemäß § 1 des Wiener GIücksspielautomatenabgabegesetzes beträgt die Glücksspielautomatenabgabe für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBI. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBI. l Nr. 111/2010, erteilt wurde, je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1400 Euro. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird. Gemäß § 3 des Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetzes ist die Steuer erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Steuerpflicht endet mit Ablauf des Kalendermonates, in dem der Apparat nicht mehr gehalten wird.

Der Anspruch auf den Säumniszuschlag in der Höhe von 2% ist nach der zwingenden Vorschrift des §217 BAO entstanden.

Herr ***Bf1*** war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Firmenbuch als Geschäftsführer der Abgabepflichtigen eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter.

Die schuldhafte Verletzung der ihm gemäß §80 BAO auferlegten Pflichten ist im gegenständlichen Fall dadurch gegeben, dass er es unterlassen haben, für die termingemäße Entrichtung der Steuern zu sorgen. Es ist daher die gesetzliche Voraussetzung für die Haft- und Zahlungspflicht gegeben.

Die Abgabepflichtige schuldet den im Spruch zitierten Betrag. Der gegenständliche Abgabenanspruch resultiert aus dem Halten von vier Glücksspielapparaten im Zeitraum Oktober 2017 bis Dezember 2018 und fünf Glücksspielapparaten im Zeitraum Jänner 2019 bis April 2019, die im Zuge im Zuge von Begehungen namens der ***GH*** am , , und sowie von Einsätzen der Finanzpolizei am und am in dem von der Hausinhabung an die ***Primärschuldnerin*** vermieteten Lokal in ***Ort*** (ident ***Ort***) jeweils betriebsbereit gehalten vorgefunden wurden und für die keine Glücksspielautomatenabgabe nach dem Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz entrichtet worden ist. Die Glücksspielautomaten wurden im Zuge der Kontrollen der Finanzpolizei jeweils beschlagnahmt."

Beschwerde

Mit Schreiben vom hat der Beschwerdeführer gegen den Haftungsbescheid vom wie folgt Beschwerde erhoben:
"In umseitig bezeichneter Angelegenheit teilt der Beschwerdeführer mit, dass er Mag. ***RA***, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt hat und beruft sich dieser auf die erteilte Vollmacht.

Der Beschwerdeführer erhebt gegen den Bescheid des Magistrats Wien vom , GZ: MA6 / ARL- 337763/19E, binnen offener Frist nachstehende
Beschwerde

an das BFG und stellt die

Anträge,

1. der Beschwerde möge stattgegeben und der gegenständliche Bescheid aufgehoben werden, 2. es möge eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden,
3. die Einhegung der Abgabe möge gem § 212a BAO ausgesetzt werden.

I. Beschwerdegründe

Gemäß § 2 Abs 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist der Unternehmer steuerpflichtig, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten oder Entgelte gefordert werden. Weiteres gilt der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümer oder der Eigentümer des Apparates als Gesamtschuldner.

Wie im angefochtenen Bescheid unstrittig festgestellt wurde, wurde das gegenständliche Lokal von der ***AB***. genutzt. Die ***AB*** war daher zumindest Inhaber des gegenständlichen Lokals. Der Umstand, dass die ***Primärschuldnerin*** dort als Vermieter auch die Stromkosten an die ***AB***. weiterverrechnet hat, ist gemäß § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz noch nicht haftungsbegründend.

Der Beschwerdeführer kann daher als ehemaliger Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** nicht zur Haftung herangezogen werden."

Aufforderung zur Vorlage von Beweismitteln

Mit Schreiben vom hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer aufgefordert, geeignete Beweismittel, insbesondere Mietverträge, Nebenvereinbarungen und Kontoauszüge mit Zahlungseingängen vorzulegen.
Dazu gab der Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom bekannt, dass der Beschwerdeführer ein Verzeichnis der sichergestellten Unterlagen der Steuerfahndung übermittelt hatte und daher keine Beweismittel vorlegen kann.

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerde vom wie folgt als unbegründet abgewiesen:
"Die Vertreterhaftung nach § 9 BAO besteht für die den vertretenen Abgabepflichtigen treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Die Haftungsvoraussetzungen sind somit die Stellung des Beschwerdeführers als Vertreter (Geschäftsführer) der ***Primärschuldnerin***, das Bestehen eines Abgabenanspruches (Abgabenforderung) gegen die ***Primärschuldnerin***, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, die abgabenrechtliche Pflichtverletzung durch den Vertreter in Form der Nichtentrichtung der Abgabenforderung, ein Verschulden des Vertreters und die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der nunmehrigen Uneinbringlichkeit.

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass kein Abgabenanspruch gegenüber der ***Primärschuldnerin*** bestehen könne, da das gegenständliche Lokal von der ***AB***. genutzt wurde und der Umstand, dass die ***Primärschuldnerin*** als Vermieterin auch die Stromkosten an die ***AB***. weiterverrechnet hätte, nicht haftungsbegründend sei.

Gemäß § 2 des Wiener Glückspielautomatenabgabegesetzes ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützen Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

Die Abgabepflicht nach § 2 des Wiener Glücksspielautomatengesetzes ist als Gesamtschuldnerregelung gestaltet. Das Gesamtschuldverhältnis entsteht, mit Verwirklichung des Tatbestandes an den das Gesetz die gesamtschuldnerische Leistung knüpft.

Hauptmieterin des gegenständlichen Geschäftslokales war laut Mietvertrag vom die ***Primärschuldnerin***.

Laut Überlassungserklärung vom wurde das Lokal von der ***Primärschuldnerin*** der ***AB***. ab diesem Zeitpunkt zur Nutzung überlassen. Die Steuer für die im Zeitraum Oktober bis Dezember 2017 im Lokal gehaltenen Glücksspielautomaten wurde der ***AB***. als Lokalinhaberin vorgeschrieben.

Weiters wurde von der ***Primärschuldnerin*** ein Untermietvertrag mit der ***CD*** abgeschlossen, das Untermietverhältnis galt demnach von bis . Die Steuer für die im Zeitraum Jänner bis November 2017 im Lokal gehaltenen Glücksspielautomaten wurde dementsprechend der ***CD***. als Lokalinhaberin vorgeschrieben.

Eigentümerin der am im Lokal beschlagnahmten Glücksspielautomaten war angeblich die ***EF*** Nachdem diese Gesellschaft dzt. keine gültige Abgabestelle besitzt, erfolgte ihr gegenüber keine Abgabenfestsetzung in ihrer Funktion als Eigentümerin.

Im Haftungszeitraum wurde von keinem der Mitunternehmer Glücksspielautomatenabgabe entrichtet und ist diese bei der ***AB***., der ***CD***. und der ***EF*** uneinbringlich, weshalb im Hinblick auf die Gesamtschuldverhältnisse der Abgabenanspruch gegenüber der ***Primärschuldnerin*** als weitere Unternehmerin geltend zu machen war.

Wie im bekämpften Bescheid bereits ausgeführt, gilt nach ständiger Rechtsprechung (auch) der oder diejenige als Mitveranstalterin (Unternehmerin), auf deren Namen und Rechnung Strom bezogen wird, ohne den das Halten und Betreiben von Glücksspielautomaten als abgabepflichtige Veranstaltungen nicht möglich ist.

Dass die ***Primärschuldnerin*** im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Strombezieherin war, blieb unbestritten. Da die ***Primärschuldnerin*** nach Konkurszurückweisung mit aus dem Firmenbuch gelöscht wurde, war der Abgabenanspruch im Wege eines Haftungsverfahrens gegenüber dem Vertreter der als Mitveranstalterin einzubringen.

Einer Aufforderung, die in der Beschwerde behauptete Weiterverrechnung der Stromkosten an die Nutzerin ***AB***., bzw. die Untermieterin ***CD***. durch Vorlage geeigneter Beweismittel zu belegen, wurde unter Hinweis auf die Beschlagnahme von Geschäftsunterlagen durch die Steuerfahndung nicht nachgekommen. Ein genereller Hinweis auf beschlagnahmte Geschäftsunterlagen ohne ausreichende Beweisanträge, welche konkreten Unterlagen bei den einzelnen Gesellschaften die Weiterverrechnung belegen sollen, entspricht als Erkundungsbeweis nicht den Anforderungen an die Mitwirkungspflicht. Im Übrigen erscheint es nicht plausibel, dass in einer mit Schreiben vom übermittelten Überlassungserklärung" vom die ***Primärschuldnerin*** das verfahrensgegenständliche Lokal der ***AB*** bis Ende Dezember 2017 unentgeltlich überlassen haben soll und dieser dennoch Kosten für den Strombezug weiterverrechnet haben will.

Ungeachtet dessen vertrat der Beschwerdeführer die ***Primärschuldnerin*** seit dem bis August 2019 und somit im gesamten Haftungszeitraum. Der ***Primärschuldnerin*** wurde als Hauptmieterin von der Behörde mit Schreiben vom Parteiengehör gewährt, aus der hervorging, dass am verfahrensgegenständlichen Standort Glücksspielautomaten gehalten wurden.

Auch hat die Bundespolizeidirektion Wien - Landeskriminalamt Wien nach Beschlagnahmungen der Finanzpolizei Erkundigungen bei der Abgabepflichtigen eingeholt, woraufhin dieser von der ***Primärschuldnerin*** diverse Untermietverträge vorgelegt wurden.

Der Beschwerdeführer muss also schon vor der "Aktion Joker" der Bundesbehörden am Kenntnis vom Verdacht auf illegale Ausspielungen im überlassenen bzw. weitervermieteten Lokal erlangt haben und wäre es seiner kaufmännischen Vorsicht oblegen, Beweismittel für den Fall eines behördlichen Einschreitens in einer Art und Weise zu sichern, die ihm die Vorlage derselben auch nach einer Beschlagnahme der Originale ermöglicht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Beschluss vom

Die belangte Behörde wurde zur Stellungnahme hinsichtlich der Frage der Lokalinhaber mit Beschluss vom ersucht. In der Stellungnahme der belangten Behörde vom hat diese angeführt, dass sowohl hinsichtlich der ***AB*** als auch hinsichtlich der ***CD*** Untermietverträge aktenkundig geworden sind und dass Bemessungsbescheide gegenüber diesen Unternehmen in Rechtskraft erwachsen sind. Auf Grund der Uneinbringlichkeit der Abgaben wurde von der belangten Behörde der Strombezieher als Mitveranstalter ausgeforscht.

Ladung

In der Ladung vom zur beantragten mündlichen Verhandlung für den wurden beide Verfahrensparteien darauf hingewiesen, dass spätestens zur mündlichen Verhandlung sämtliche Beweismittel vorzulegen bzw mitzubringen sind, dass nach der StPO Akteneinsicht auch nach Einstellung des Verfahrens beantragt werden könne und dass Abgabenbehörden mit allen Dienststellen der Körperschaften öffentlichen Rechts unmittelbares Einvernehmen herstellen können.

Eingabe vom

In einer Eingabe, die am Vortrag der mündlichen Verhandlung beim Bundesfinanzgericht einlangte, gab der Vertreter des Beschwerdeführers bekannt, dass der ehemalige Gesellschafter der Primärschuldnerin einerseits als Zeuge einvernommen werden möge und dass dieser beantragte Zeuge auch versucht hat, Akteneinsicht in die beschlagnahmten Geschäftsunterlagen der Primärschuldnerin zu nehmen, zu der es jedoch nicht gekommen sei. Vorgelegt wurden Unterlagen des ehemaligen Gesellschafters, unter anderem Kontoauszüge aus dem Jahr 2019, aus denen Zahlungseingänge für Mietzahlungen ersichtlich sind.

Mündliche Verhandlung vom

Der Vertreter des Beschwerdeführers brachte ergänzend vor, dass dem Beschwerdeführer kein Bescheid über den Abgabenanspruch übermittelt wurde. Diesbezüglich wurde erörtert, dass die belangte Behörde in einer Stellungnahme vom angegeben hatte, dass gegenüber der Primärschuldnerin keine Abgabenfestsetzung erfolgte. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergänzte der Vertreter des Beschwerdeführers, dass die Haftungsinanspruchnahme schon mangels Berufungsmöglichkeit gegen einen Grundlagenbescheid scheitere, wenn es keinen Grundlagenbescheid gibt. Abgesehen davon wäre die Weiterverrechnung des Strombezugs nicht haftungsbegründend.

Vom Vertreter des Beschwerdeführers wurde die Zeugeneinvernahme des ***MN*** beantragt.
Dieser sagte aus, dass er der Eigentümer der Primärschuldnerin gewesen sei und dem Beschwerdeführer zu seiner Unterstützung und Entlastung die Geschäftsführung übertragen habe. Der Beschwerdeführer habe ihm jedoch eine umfassende Vollmacht eingeräumt, die auch vorgelegt wurde. Auf Grund eines Unfalls des Beschwerdeführers im Jahr 2017 musste sich der Zeuge wieder intensiver um die Belange der Primärschuldnerin kümmern. Das Geschäftslokal am ***Ort1*** wurde als ehemalige ***Lokalname*** - Filiale von der Primärschuldnerin übernommen und es wurde dann mit der Hausverwaltung ein neuer Mietvertrag abgeschlossen. In Bezug auf gewerbebehördliche Bewilligung gab es zwischen der Primärschuldnerin und den Behörden Meinungsverschiedenheiten. Daher wurde das Lokal von der Beschwerdeführerin immer nur für kurze Zeit untervermietet. Vorgelegt wurden auch Unterlagen, die sich am PC des Zeugen befanden. Originalunterlagen, die beschlagnahmt wurden, konnten vom Zeugen nicht vorgelegt werden, da er den Termin für die Akteneinsicht von seinem Rechtsanwalt zu spät mitgeteilt bekam.
Zur Frage, ob die Stromkosten von den Mietern getragen wurde, gab der Zeuge an, dies nicht sagen zu können. Möglicherweise habe es extra Rechnungen über die Stromkosten an die Untermieter gegeben. Gegenüber dem Energielieferanten habe die Primärschuldnerin die Stromkosten bezahlt.

Unter Verweis auf Zeugenaussagen beim Verwaltungsgericht Wien gab der Vertreter des Beschwerdeführers auf die Frage, warum die Geräte im Lokal nicht der Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz unterliegen sollten, an, dass es sich dabei um Verfahren handle, die noch nicht abgeschlossen wären. Danach verließ der Vertreter des Beschwerdeführers die Verhandlung vorzeitig.

Der Vertreter der belangten Behörde gab an, dass die Primärschuldnerin als Mitunternehmerin der Spielapparate angesehen werde.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die ***Primärschuldnerin*** schloss am einen Mietvertrag über Räumlichkeiten im Ausmaß von 50 m² im Haus ***Ort1*** ab. Die Miete inkl. Nebenkosten und Umsatzsteuer betrug € 1.296,02. Die ***Primärschuldnerin*** hat auch einen Vertrag zum Strombezug mit der Wien Energie GmbH abgeschlossen. Der Beschwerdeführer war seit Dezember 2015 Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin***. Den Mietvertrag hat der Gesellschafter der ***Primärschuldnerin*** als deren Vertreter unterschrieben; der Beschwerdeführer hat dem Gesellschafter eine umfassende Vollmacht eingeräumt.

Am , und haben in den vom Mietvertrag erfassten Räumlichkeiten im Haus ***Ort1*** Kontrollen nach dem Glückspielgesetz durch die Finanzpolizei stattgefunden. Bei jeder Kontrolle wurden Glückspielgeräte vorgefunden.

Im Zeitraum von bis wurde das Geschäftslokal von der ***Primärschuldnerin*** an die ***AB*** zu einem monatlichen Mietentgelt von € 1.600 inkl. Umsatzsteuer überlassen. Die Glückspielgeräte wurden auf Rechnung und Risiko der ***AB*** betrieben.

Im Zeitraum von bis war das Geschäftslokal an die ***CD*** untervermietet. Die Stromkosten wurden von der ***Primärschuldnerin*** an die ***CD*** weiterverrechnet. Die ***CD*** war Eigentümerin, Veranstalterin und Betreiberin der Geräte. Die Glückspielgeräte wurden auf Rechnung und Risiko der ***CD*** betrieben. Der Beschwerdeführer erhielt eine Verwaltungsstrafe, weil er sich durch die Vermietung der Räumlichkeiten als Geschäftsführer der ***Primärschuldnerin*** an einer verbotenen Ausspielung iSd GSpG beteiligt hatte.

Im Zeitraum von Jänner 2019 bis April 2019 standen Glückspielgeräte im Geschäftslokal im Eigentum der ***EF*** Das Geschäftslokal war in diesem Zeitraum von der Primärschuldnerin angemietet und wurde weitervermietet. Bei den Glücksspielgeräten handelte es sich um Apparate, mit denen virtuelle Walzenspiele gegen Geldeinsatz gespielt werden konnte und ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde. Die Strombezugskosten wurden von der Primärschuldnerin bezahlt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Strombezugskosten den Mietern im Jahr 2019 weiterverrechnet wurden.

Glückspielautomatenabgaben wurde nicht entrichtet. Weder der Beschwerdeführer noch die Primärschuldnerin verfügten über eine Bewilligung nach dem Glückspielgesetz.

Beweiswürdigung

Die Feststellung zum Mietvertrag über Räumlichkeiten im Ausmaß von 50m² bestehend aus einem Wettlokal, Garderobe, WC, Counter und EDV-Raum gründen sich auf den im Verwaltungsakt einliegenden Mietvertrag, der von der ***Primärschuldnerin*** mit der Hausverwaltung ***IJ*** als Vertreter der "Hausinhabung des Hauses 1030 Wien" abgeschlossen wurde. Rechts oben am Mietvertrag ist angeführt, dass es sich bei den Räumlichkeiten um die Tür Nr "11+12" handelt. Festgehalten ist zudem, dass der Mietgegenstand für den Betrieb eines Wettbüros für Sportwetten verwendet werden darf. Am Mietvertrag ist auch vermerkt, dass ***MN*** der Ansprechpartner bei der Primärschuldnerin (Hauptmieterin) ist.

Die Feststellung zu den drei Kontrollen nach dem Glückspielgesetz im Jahr 2017, 2018 und 2019 gründet sich insbesondere auf die im Verwaltungsakt einliegenden Fotodokumentationen der drei Kontrollen. Daraus ist eindeutig ersichtlich, dass es sich stets um dasselbe Lokal handelt.

Die Feststellung, dass die ***Primärschuldnerin*** einen Vertrag über den Strombezug für das Lokal ***Ort1*** abgeschlossen hatte, ergibt sich aus der umfangreichen E-Mail Korrespondenz zwischen der belangten Behörde und der Wien Energie GmbH. Darüber hinaus wurde diese - bereits im angefochtenen Bescheid angeführte - Feststellung in der Beschwerde nicht bestritten; in der Beschwerde vom wurde lediglich vorgebracht, dass die Primärschuldnerin die Stromkosten weiterverrechnet habe.

In einem Bericht des Sicherheitsbeauftragten der ***KL*** vom hielt dieser fest, dass er am Nachmittag des im Lokal "***Lokalname***" an der Adresse ***Ort*** war und in diesem Lokal verschiedene Glückspielgeräte aufgestellt waren. Beim Verlassen des Automatenraumes habe der Sicherheitsbeauftragte ein Schild mit dem Firmennamen "***AB***" wahrgenommen.

Am legte die ***Primärschuldnerin*** - offenbar in Beantwortung eines Schreibens des Magistrats der Stadt Wien - eine Überlassungserklärung vor. In dieser Erklärung ist festgehalten, dass die ***Primärschuldnerin*** Mieter des Geschäftslokals ***Ort*** wäre und die "unentgeltliche Überlassung an die Firma ***AB*** am zum Zwecke der Einlagerung von Fahrnissen" erklärte.

Oktober 2017 bis Dezember 2017
Die Feststellung, dass das Geschäftslokal ***Ort1*** von Oktober 2017 bis Mitte Dezember 2017 an die ***AB*** vermietet und nicht bloß unentgeltlich überlassen wurde, ergibt sich daraus, dass es nicht der Lebenserfahrung entspricht, dass ein Geschäftslokal von einem Unternehmer an einen anderen Unternehmer unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird und der überlassende Unternehmer sämtliche Kosten (Miete, Betriebskosten, etc.) trägt. Offenbar vertritt auch die belangte Behörde diese Ansicht, zumal in der Begründung des Bescheides vom , mit dem der ***AB*** eine Glückspielautomatenabgabe als Lokalinhaberin für den Zeitraum Oktober 2017 bis Dezember 2017 in Höhe von € 16.800,-- vorgeschrieben werden sollte.

Im Rahmen einer Beschwerde des Beschwerdeführers gegen ein Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien hat das Verwaltungsgericht Wien in seiner Entscheidung vom (GZ: VGW-002/069/9576/2018-8) über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe wegen Verwaltungsübertretungen (§ 52 Abs 1 Z 1 vierter Fall GSpG) hinsichtlich jener Glückspielgeräte verhängt, die im Zuge der Kontrolle durch die Finanzpolizei am vorgefunden wurden. Dabei traf das Verwaltungsgericht Wien die Feststellung, dass
-) die ***AB*** die Glückspielgeräte auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko betrieben hatte (Seite 5);
-) die ***AB*** Inhaberin und Eigentümer der Glückspielgeräte war;
-) keine Bewilligung oder Konzession vorlag (Seite 6 und 18);
-) das Geschäftslokal von der ***Primärschuldnerin*** entgeltlich an die ***AB*** überlassen wurde.

Die Revision gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom wurde vom Verwaltungsgerichtshof am zurückgewiesen (). Insbesondere die Feststellung, dass die Überlassung des Geschäftslokals entgeltlich zu einem monatlichen Entgelt von mindestens € 1.296,02 erfolgte, wurde damit nicht angetastet.

Damit wurde in einem Verwaltungsstrafverfahren, das gegen den Beschwerdeführer geführt wurde, rechtskräftig festgestellt, dass die ***AB***. die Glücksspielgeräte auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko betrieben hat.

Jänner 2018 bis Dezember 2018
Die Feststellung, dass das Geschäftslokal ***Ort1*** von Mitte Dezember 2017 bis Mitte Dezember 2018 an die ***CD*** untervermietet war, ergibt sich schon daraus, dass die belangte Behörde diesen Sachverhalt (die Untervermietung) in der Begründung des Bescheides vom an die ***CD*** ausdrücklich anführt und noch ergänzt, dass ein entsprechender Vertrag in einem Verfahren zur Beschlagnahme (von Glückspielgeräten) vorgelegt wurde.

Im Rahmen einer Beschwerde des Finanzamtes 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf hat das Verwaltungsgericht Wien in seiner Entscheidung vom (GZ: VGW-002/094/7158/2019-19) über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe wegen Verwaltungsübertretungen (§ 52 Abs 1 Z 1 vierter Fall GSpG) hinsichtlich jener Glückspielgeräte verhängt, die im Zuge der Kontrolle durch die Finanzpolizei am vorgefunden wurden. Dabei traf das Verwaltungsgericht Wien die Feststellung, dass
-) die ***CD*** die Glückspielgeräte auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko betrieben hatte;
-) die Glückspielgeräte betriebsbereit waren, zumal durch die Kontrollorgane Probebespielungen durchgeführt wurden (Seite 5);
-) keine Bewilligung oder Konzession nach dem GSpG vorlag (Seite 6);
-) am ein Hauptmietvertrag mit einem Mietzins von € 1.296,02 pro Monat abgeschlossen wurde;
-) die ***Primärschuldnerin*** und die ***CD*** einen Untermietvertrag mit einem Mietzins in Höhe von € 1.400 abgeschlossen hatten, wobei die Kosten für Strom, Wasser und Internet mit einem Pauschalbetrag von € 750 zzgl. USt verrechnet wurden;
-) die ***CD*** Eigentümerin, Veranstalterin und Betreiberin der Geräte war.

Im Rahmen der Beweiswürdigung in dieser Entscheidung vom des Verwaltungsgerichts Wien (GZ: VGW-002/094/7158/2019-19) hielt das Verwaltungsgericht nachvollziehbar fest, dass
-) an der Echtheit und Richtigkeit der Mietverhältnisse auf Grund der im dortigen Verfahren vorgelegten Verträge kein Zweifel besteht, zumal weder Echtheit noch Richtigkeit jemals bestritten wurden;
-) der Untermietvertrag zwischen der ***Primärschuldnerin*** und der ***CD*** im Wissen um das Geschäftsfeld der Untermieterin, das in Österreich ausschließlich im Veranstalten von illegalem Glückspiel liegt, geschlossen wurde;
-) die ***CD*** das gegenständliche Lokal als Untermieterin angemietet hatte;
-) der Betrieb der Glückspielgeräte auf Rechnung und Gefahr der ***CD*** erfolgte.

Die Revision gegen dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom wurde vom Verwaltungsgerichtshof am zurückgewiesen (). Damit ist auch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien, dass der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung begangen hatte, weil er zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt hat (§ 52 Abs 1 Z 1 vierter Fall GSpG), rechtskräftig.

Bereits die Landespolizeidirektion Wien hat mit Bescheid vom (PAD/18/2138882/VW) zu den Besitz und Eigentumsverhältnissen festgestellt, dass ein Untermietvertrag zwischen der ***Primärschuldnerin*** und der ***CD*** für den Zeitraum bis vorlag und "Inhaberin des gegenständlichen unbenannten Spiellokals und Eigentümerin der gegenständlichen Geräte sowie Veranstalterin war die Unternehmerin ,***CD***'".

Die belangte Behörde geht vielmehr davon aus, dass die Spielapparate (auch) im Namen und auf Rechnung der Primärschuldnerin "gehalten" und betrieben wurden, weil die Primärschuldnerin einen Strombezugsvertrag mit der Wien Energie GmbH abgeschlossen hat. Allerdings hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass die Primärschuldnerin die Strombezugskosten an die jeweiligen Untermieter weiterverrechnet hatte. Insbesondere im Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-002/094/7158/2019-19 finden sich unter der Überschrift "II. Feststellungen" die Angabe, dass die Primärschuldnerin mit der ***CD*** einen Untermietvertrag in Höhe von € 1.400 monatlich abgeschlossen hatte und dass zusätzlich "die Kosten für Strom, Wasser, UPC/Internet mi einem Pauschalbetrag von EUR 750,- zzgl. der jeweils geltenden MwSt verrechnet" wurden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt. Die Bindungswirkung erstreckt sich auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen ().
Letztlich wurde in einem Verwaltungsstrafverfahren, das gegen den Beschwerdeführer geführt wurde, rechtskräftig festgestellt, dass die Geräte von der ***CD*** auf eigene Rechnung und eigenes Risiko betrieben wurden und auch die Stromkosten dafür getragen wurden.

Jänner bis April 2019
Für den Zeitraum Jänner bis April 2019 geht aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde hervor, dass die belangte Behörde ein Schreiben im August 2020 an die ***EF***, einer Gesellschaft mit Sitz in der Slowakei, zu Handen ihres ungarischen Geschäftsführers an dessen Privatadresse nach Ungarn versendet hatte und der Gesellschaft darin mitteilte, dass festgestellt wurde, dass Glückspielapparate gehalten wurden, jedoch keine Abgaben bezahlt wurden.
In der Beschwerdevorentscheidung vom wird angeführt, dass die ***EF*** Eigentümerin der im April 2019 beschlagnahmten Glückspielautomaten war und ihr gegenüber keine Abgabenfestsetzung erfolgte, weil diese Gesellschaft "dzt. keine gültige Abgabestelle besitzt". Bereits im Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom über die Beschlagnahme und Einziehung von Glückspielgeräten wird in der Begründung ausgeführt, dass auf Grund der Ermittlungsergebnisse die Firma ***EF*** als Inhaberin und Eigentümerin der Glückspielgeräte geführt wurde. In diesem Bescheid sind auch die einzelnen Glücksspielgeräte aufgezählt und angeführt, dass bei einem Testspiel das virtuelle Walzenspiel "Mystery of Ra" gespielt wurde. Dies stimmt auch mit Zeugenaussagen von Besuchern des Lokals überein, die im Verhandlungsprotokoll des Verwaltungsgerichts Wien vom wiedergegeben sind.

Weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag wurde den Ausführungen im angefochtenen Haftungsbescheid bzw der Beschwerdevorentscheidung widersprochen.

Die Anmietung des Geschäftslokals durch die Primärschuldnerin ist hingegen aktenkundig. Der Zeuge ***MN*** hat unter Vorlage von diversen Unterlagen angegeben, dass er den Mietvertrag mit der Hausverwaltung für die Primärschuldnerin abgeschlossen hatte. Neben seiner Aussage, dass das Geschäftslokal immer für kurze Zeit untervermietet war, hat er auch Unterlagen für eine Untervermietung im Jahr 2019 vorgelegt. Bei diesen Unterlagen handelt es sich nicht um die Original-Geschäftsunterlagen, die von der Steuerfahndung für die ermittelnde Staatsanwaltschaft beschlagnahmt wurden, sondern um Unterlagen, die sich nach wie vor im Besitz des Zeugen befinden. Vorgelegt wurde ein - nicht unterschriebener - Mietvertag für die Anmietung des Geschäftslokals ab sowie Ausdrucke aus einem Online-Banking-System der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, aus denen ersichtlich ist, dass am ein Betrag in Höhe von € 1.910,-- am Bankkonto der Primärschuldnerin mit dem Verwendungszweck "MIETE 04/19 ***Ort***, Wien" gutgeschrieben wurde. Auftraggeber dieser Überweisung war eine Person namens ***UV***, zu welcher der Zeuge sogar eine Kopie des ungarischen Personalausweises von ***UV*** vorlegte. Weiters wurde eine Erklärung und Musterzeichnung von ***UV*** als Geschäftsführer der ***EF*** vom vorgelegt. Aus einem slowakischen Firmenbuchauszug, in den Einsicht genommen wurde, geht hervor, dass ***UV*** seit Juli 2017 Gesellschafter und Geschäftsführer der ***EF*** ist. Aus dem slowakischen Unternehmensregister ist zudem ersichtlich, dass an jener Adresse, an der auch die ***EF*** ihren Sitz hat(te), eine Vielzahl von Unternehmen registriert sind. Auch die vom Zeugen vorgelegte Anmeldung über die Selbstberechnung der Gebühren für Bestandverträge in Höhe von € 229,20 deutet darauf hin, dass eine Vermietung durch die Primärschuldnerin stattgefunden hat.

Aus einem weiteren Kontoauszug ist ein Mieteingang für den Monat Mai 2019 ersichtlich. Gutgeschrieben wurde ein Betrag in Höhe von € 1.830. Auftraggeber der Zahlung war eine "***ST***".

Schließlich hat der Zeuge auch noch angegeben, bei der Steuerberatungskanzlei "***OP***" gearbeitet zu haben und hat dazu eine Visitenkarte vorgelegt, die ihn als "Assistent der Geschäftsleitung" bezeichnet.
Das Verwaltungsgericht Wien hat am sowohl dem Beschwerdeführer, als auch der Primärschuldnerin und dem Zeugen ein Verhandlungsprotokoll vom zugesendet. Aus dieser Verhandlungsschrift ist ersichtlich, dass im dortigen Verwaltungsstrafverfahren (das letztlich wegen Verjährung eingestellt wurde) ein ***QR*** als Zeuge ausgesagt, dass er als "Dienstleister für Herrn Mag. ***OP*** (Steuerberater, bei dem ***MN*** angestellt war) KFT's in Ungarn gegründet" hat.

Die Feststellung, dass der Strom, der für den Betrieb der Glückspielgeräte benötigt wurde, von der Primärschuldnerin auf Grund eines Energiebezugsvertrages mit der Wien Energie GmbH bezogen wurde, ergibt sich unter anderem aus einer Anfrage der belangten Behörde bei der Wien Energie im April 2018. Damals hatte die Wien Energie GmbH der belangten Behörde mitgeteilt, dass hinsichtlich der ***Primärschuldnerin*** in der "***Ort***" keine Türnummer, sondern nur das Geschäftslokal vermerkt sei und dass der aktuelle Vertragspartner eben die ***Primärschuldnerin*** in ***Primärschuldnerin_Sitz*** wäre.
Im Juli 2020 erfolgte nochmals eine Anfrage durch die belangte Behörde und die Wien Energie GmbH teilte mit, dass zumindest bis eine Geschäftsbeziehung zur Primärschuldnerin für einen Strombezug am "***Ort*** ident ***Ort***" bestand.

Obwohl dem Beschwerdeführer von der Staatsanwaltschaft Leoben Akteneinsicht (in Form eines USB-Sicks) gewährt wurde und der Beschwerdeführer genaue Kenntnis hat, welche Akten(teile) sich bei der Steuerfahndung befinden (vgl ), dem Beschwerdeführer in der Ladung mitgeteilt wurde, dass Akteneinsicht nach der StPO auch nach Einstellung eines Strafverfahrens möglich ist, wurden vom Vertreter des Beschwerdeführers nur jene Unterlagen vorgelegt, die sich ohnedies im Besitz des Zeugen ***MN*** befanden.
Ein Nachweis dafür, dass die Strombezugskosten, die von der Primärschuldnerin getragen wurden, tatsächlich weiterverrechnet wurden, wurde weder vor, in oder nach der mündlichen Verhandlung vorgelegt.
Ein Vergleich der Mietzahlungen, welche die Primärschuldnerin von den Untermietern vereinnahmt hatte, deutet vielmehr darauf hin, dass die Untermieter des Jahres 2019 keine Stromkosten an die Primärschuldnerin refundiert haben. So hat etwa das Verwaltungsgericht Wien für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2018 festgestellt, dass die Untermieterin dieses Zeitraums, die ***CD*** einen Mietzins in Höhe von € 1.400 und zusätzlich Betriebskosten und Stromkosten in Höhe von € 750 bezahlt hatte. Insgesamt wurden somit € 2.350,-- inkl. Stromkosten bezahlt. Die Mieteingänge im Jahr 2019 beliefen sich zwischen € 1.830 und € 1.910. Dies lässt den Schluss zu, dass gerade keine Stromkosten in den Mietzahlungen enthalten sind. Aus den vorgelegten Kontoauszügen sind auch keine zusätzlichen Zahlungseingänge für einen Strombezug für das Lokal am ***Ort*** ersichtlich. Der Zeuge (Gesellschafter und wohl faktischer Geschäftsführer der Primärschuldnerin) konnte sich nicht mehr erinnern und hat lediglich Vermutungen angestellt, die jedoch weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht wurden.

Die Feststellung, dass weder der Beschwerdeführer noch die Primärschuldnerin über eine Bewilligung nach dem Glückspielgesetz verfügten gründet sich schon darauf, dass Spielbankenkonzessionen vom Bundesministerium für Finanzen an die Casinos Austria AG vergeben wurden und Konzessionen zur Durchführung von Ausspielungen nach den §§6 bis 12 GSpG an die Österreichische Lotterien GmbH vergeben wurden.

Rechtslage

§ 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz lautet:

Steuergegenstand

§ 1. Für das Halten von Spielapparaten, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert (so zB Jeton- oder Warengewinn) erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession nach den §§ 5, 14 oder 21 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989, in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010, erteilt wurde, ist eine Steuer zu entrichten. Die Steuer beträgt je Apparat und begonnenem Kalendermonat 1.400 €. Die Steuerpflicht besteht unabhängig davon, ob die Entscheidung über das Spielergebnis durch den Apparat selbst, zentralseitig oder auf eine sonstige Art und Weise herbeigeführt wird.

§ 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz lautet:

Steuerpflicht und Haftung

§ 2. (1) Steuerpflichtig ist die Unternehmerin oder der Unternehmer. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig. Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

(2) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.

(3) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(4) Die in Abs. 3 bezeichneten Personen haften für die Steuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

§ 80 BAO lautet:

2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

Rechtliche Beurteilung

Die Haftung nach § 2 Abs 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist eine Gefährdungshaftung. Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die erschwerte Einbringung der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden, seine Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für erschwerte Einbringung. Der unbestimmte Rechtsbegriff "nicht ohne Schwierigkeiten" ist so auszulegen, dass nur bei erheblichen Schwierigkeiten, die in ihrer Intensität so geartet sind, wie die Schwierigkeiten, die sich für das Einbringen der Abgabenforderungen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ergeben, die Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung gegeben ist.

Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen.

Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an den Abgabenbescheid zu halten. Dem beschwerdegegenständlichen Haftungsbescheid gingen keine Abgabenbescheide an die Primärschuldnerin voran, obwohl dies zumindest für die festgestellten Sachverhalte leicht möglich gewesen wäre, zumal die letzte Kontrolle im untervermieteten Lokal im April 2019 war und die Primärschuldnerin erst im Jahr 2020 amtswegig aus dem Firmenbuch gelöscht wurde.

Bei den Geräten, die im Zuge der drei Kontrollen vorgefunden wurden, handelt es sich unstrittig um Glücksspielgeräte.

Gemäß § 2 Abs 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Unternehmerin oder der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmerin oder Unternehmer im Sinne dieses Gesetzes ist jede bzw. jeder, in deren bzw. dessen Namen oder auf deren bzw. dessen Rechnung
-) der Spielapparat gehalten wird oder
-) die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmerinnen bzw. Unternehmer (Mitunternehmerinnen bzw. Mitunternehmer) vorhanden, so sind sie als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner steuerpflichtig.
Die Inhaberin oder der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes oder Grundstückes und die Eigentümerin oder der Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldner.

Der Beschwerdeführer bzw. die Primärschuldnerin waren in den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen der Jahre 2017 und 2018 nicht Eigentümer der Apparate und auch nicht Inhaber des für das Halten der Apparate benützten Raumes. Inhaber der Räume waren die jeweiligen (Unter)Mieter. Als Inhaber des Raumes wird nur derjenige zu verstehen sein, der die faktische Herrschaft über die Räume ausübt und daher selbst das faktische Geschehen kontrollieren kann. Nicht nur aus den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wien, sondern auch aus den Festsetzungsbescheiden der belangten Behörde gegenüber den ungarischen Untermietern ist zu entnehmen, dass die Primärschuldnerin gerade nicht Inhaberin des Raumes iSd § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegestz war.

Somit wäre ein Abgabenanspruch gegenüber der Primärschuldnerin nur dann möglich, wenn die Primärschuldnerin auf ihren Namen oder ihre Rechnung die Spielapparate gehalten hat oder auf ihren Namen bzw. ihre Rechnung die Entgelte gefordert hatte. In der Begründung des Haftungsbescheides führt die belangte Behörde auch an, dass auf Rechnung der Primärschuldnerin der Strombezug erfolgte, der für das Betreiben der Spielgeräte erforderlich war.

Weder hat die belangte Behörde noch das Verwaltungsgericht Wien in den vorliegenden Entscheidungen festgestellt, dass die Primärschuldnerin in ihrem Namen oder auf ihre Rechnung Entgelte für die Glückspielautomaten gefordert hatte. Vielmehr geht aus rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Entscheidungen hervor, dass sowohl die ***AB*** (Verwaltungsgericht Wien , VGW-002/069/9576/2018-8; ) als auch die ***CD*** (Verwaltungsgericht Wien , VGW-002/094/7158/2019-19; ) die Glückspielgeräte auf eigene Rechnung betrieben hatten. Wenn nun die Glücksspielgeräte auf eigene bzw alleinige Rechnung der jeweiligen Untermieter betrieben wurden, können diese Geräte nicht auch auf Rechnung der Primärschuldnerin betrieben worden sein.
Nach stRsp des VwGH ist die Abgabenbehörde an die im Spruch eines die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteiles festgestellten Tatsachen bzw an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen dieser Spruch beruht, gebunden. Die Bindung ist auch für rechtskräftige Strafverfügungen zu bejahen (). ISd stRsp des VwGH erstreckt sich die in § 116 Abs 2 letzter Satz BAO angeordnete Bindungswirkung bei einem rechtskräftigen Strafurteil auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen ().
Insofern war der Beschwerde für die Zeiträume 2017 und 2018 mangels Abgabenanspruchs gegenüber der Primärschuldnerin Folge zu geben.

Gemäß § 3 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist die Steuer erstmals spätestens einen Tag vor Beginn des Haltens und in der Folge jeweils bis zum Letzten eines Monats für den Folgemonat zu entrichten. Die Steuerpflicht endet mit Ablauf des Kalendermonates, in dem der Apparat nicht mehr gehalten wird. Die Inanspruchnahme der Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ). Daher reicht leichte Fahrlässigkeit aus (zB ; ). Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (zB ). Er hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Abgabenentrichtung nachzuweisen.

Es erfolgte weder eine Meldung der Glückspielgeräte beim Magistrat noch wurde die Abgabe entrichtet.

Verschulden:
Unter dem Aspekt des dem Vertreter vorzuwerfenden Verschuldens an der Verletzung der Vertreterpflichten ist es beachtlich, wenn er auf Grund eines Rechtsirrtums die Entrichtung der Abgaben unterlassen hat und ihm ausnahmsweise ein solcher Rechtsirrtum nicht vorzuwerfen wäre. Dass ein derartiger, nicht vorwerfbarer Rechtsirrtum vorgelegen wäre, wird beispielsweise mit dem bloßen Hinweis auf eine andere Rechtsmeinung des Vertreters aber nicht dargetan (). Jemand, der es unterlässt, geeignete Erkundigungen über die Rechtslage anzustellen, kann sich nicht erfolgreich auf entschuldigenden Rechtsirrtum stützen (). Gesetzesunkenntnis oder irrtümlich fehlerhafte Rechtsauffassungen seien nur dann entschuldbar und nicht als Fahrlässigkeit zuzurechnen, wenn die objektiv gebotene, der Sache nach pflichtgemäße und nach den subjektiven Verhältnissen zumutbare Sorgfalt nicht außer Acht gelassen worden sei ().

Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter die Pflicht zur Abgabenentrichtung getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre.

Gemäß § 217a Z 2 BAO, eine Sondervorschrift für Landes- und Gemeindeabgeben, werden Säumniszuschläge im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Allerdings gibt es im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt keinen Säumniszuschlagsbescheid. Ist ein Abgabenbescheid dem Primärschuldner gegenüber nicht ergangen, dann muss sichergestellt sein, dass dem in Anspruch genommenen Haftungspflichtigen, wenn schon nicht vom "Bescheid über den Abgabenanspruch", so doch von den Voraussetzungen, Inhalten und Gründen, die ein Bescheid über den Abgabenanspruch hätte, Kenntnis verschafft wird (). Im Ergebnis ist der geltend gemachte Säumniszuschlag zu hoch, weil den Beschwerdeführer kein Verschulden hinsichtlich der Säumnis für einen Säumniszuschlag trifft, der gegenüber der Primärschuldnerin nie festgesetzt wurde (vgl ). Hinsichtlich des Säumniszuschlages in Bezug auf die Glückspielabgabe Jänner bis April 2019 ist der Beschwerde Folge zu geben. Hinsichtlich der vorangegangenen Zeiträume kann mangels Haftungsbetrages auch kein Säumniszuschlag entstehen.

Abgabenbescheid - Beschwerde:
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Gemäß § 248 BAO kann der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige unbeschadet der Einbringung einer Beschwerde gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch eine Beschwerde erheben. Das Beschwerderecht gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch steht dem Haftungspflichtigen auch dann zu, wenn der betreffende Bescheid bereits vom Erstschuldner angefochten wurde, und selbst dann, wenn dazu bereits eine Entscheidung vorliegt (; ). Diese Beschwerden müssen nicht in gesonderten Schriftsätzen eingebracht werden ().

Kenntnisverschaffen ohne Abgabenbescheid:
Ist ein Abgabenbescheid dem Abgabenschuldner gegenüber nicht ergangen, dann muss sichergestellt sein, dass dem in Anspruch genommenen Haftungspflichtigen, wenn schon nicht vom "Bescheid über den Abgabenanspruch", so doch von den Voraussetzungen, Inhalten und Gründen, die ein Bescheid über den Abgabenanspruch hätte, Kenntnis verschafft wird. Mitteilungen über den Haftungsgegenstand (Anspruch, Art, Höhe, Grund) müssen in dem Maß gemacht werden, dass der Haftende zumindest den Kenntnisstand gewinnen kann, den er einnehmen könnte, wäre ihm der Abgabenbescheid zugeleitet worden ().
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer erstmals mit Vorhalt vom davon in Kenntnis gesetzt, dass im Lokal am ***Ort*** Glückspielapparate betrieben wurden und keine Wiener Glücksspielautomatenabgabe bezahlt wurde. In diesem Vorhalt wurden die Zeiträume (Monate) und die Anzahl der Spielapparate angeführt. Dieselben Angaben finden sich auch im angefochtenen Bescheid. Zusätzlich wird in der Bescheidbegründung noch auf Kontrollen und Beschlagnahmungen durch die Finanzpolizei hingewiesen.

Dem letzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass der beschwerdegegenständliche Abgabenanspruch aus dem Halten von vier Glücksspielapparaten im Zeitraum Oktober 2017 bis Dezember 2018 und fünf Glücksspielapparaten im Zeitraum Jänner 2019 bis April 2019 resultiert. Unter dem Gesichtspunkt des " Haltens " eines Apparates ist das Betreiben desselben maßgeblich. Inhaber eines Glückspielgerätes ist eine Person, die dieses in ihrer Gewahrsame hat (vgl § 309 Satz 1 ABGB; ).

Von allen drei Höchstgerichten wird in ständiger Rechtsprechung angenommenen, dass das österreichischen Glücksspielmonopols unionsrechtskonform ist (vgl zB : Der Verfassungsgerichtshof gelangte in seinem zu E 945/2016 ergangenen Erkenntnis nach umfassender Darstellung der Judikatur des EuGH zum Ergebnis, dass die Regulierung des Glücksspiels durch den österreichischen Gesetzgeber auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Auswirkungen der sich daraus ergebenden Beschränkungen den unionsrechtlichen Voraussetzungen entspricht und keine Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspielmonopols erkennen lässt. Der Verwaltungsgerichtshof ging in seinem Erkenntnis zu Ro 2015/17/0022 - nach eingehender Befassung mit den vom EuGH entwickelten Anforderungen an die Zulässigkeit nationaler Beschränkungen des Angebots von Glücksspielen - davon aus, dass das mit einem Konzessionssystem verbundene Glücksspielmonopol des Bundes die vom Gesetzgeber angestrebten Ziele des Spielerschutzes, der Spielsuchtbekämpfung sowie der Verhinderung von Kriminalität in kohärenter und systematischer Weise verfolge und daher nicht unionsrechtswidrig ist. Daran hielt der Verwaltungsgerichtshof auch in nachfolgenden Entscheidungen fest.) Mit Beschluss vom , C-920/19, Rs Fluctus u.a. hat der EuGH für Recht erkannt, dass das in Österreich bestehende duale System der Organisation des Glücksspielmarkts nicht gegen das Recht der Europäischen Union verstößt.

Gemäß § 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz ist der Unternehmer steuerpflichtig. Unternehmer ist gem § 2 Abs 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird oder die Entgelte gefordert werden. Sind zwei oder mehrere Unternehmer vorhanden, sind sie als Gesamtschuldner steuerpflichtig. Auch der Inhaber des für das Halten des Apparates benützten Raumes und die Eigentümer des Apparates gelten als Gesamtschuldner.
§ 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz sieht eine Abgabe für das Halten Spielapparaten vor. Von der Abgabe sind solche Spielapparate erfasst, durch deren Betätigung ein Gewinn in Geld oder Geldeswert erzielt werden kann und für die keine Bewilligung oder Konzession vorliegt.

Steuerpflichtiger ist jeder, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird. Die Beschwerdeführerin hat durch den Abschluss des Energielieferungsvertrages mit der Wien Energie GmbH & Co KG einen wesentlichen Beitrag dafür geleistet, dass die Spielapparate betrieben werden konnten. In den Stromkosten für das gesamte Lokal waren jedenfalls auch die Stromkosten für den Betrieb der Glückspielgeräte enthalten. Insofern wurden die Spielapparate auch auf Rechnung der Primärschuldnerin betrieben. ().

Die Primärschuldnerin war daher steuerpflichtige Unternehmerin im Zeitraum Jänner bis April 2019.

Sowohl im Haftungsvorhalt als auch im angefochtenen Bescheid sind die Zeiträume, die Anzahl der Glückspielgeräte und die jeweilige Abgabenhöhe aufgeschlüsselt. Abgesehen davon regelt § 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, dass die Abgabe € 1.400 je Apparat und begonnenen Kalendermonat beträgt.

Kausalität
Der Vertreter haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Der Vertreter hat bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen. Die Höhe des Abgabenbetrages (€ 1.400 pro Gerät und pro Monat) sowie der Fälligkeitstag (Monatsletzter) ergeben sich bereits aus dem Gesetz. Eine Gläubigergleichbehandlung wurde vom Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise behauptet.

Ermessen:
Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO). Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht als Folge des Insolvenzverfahrens fest. Bei der Ermessensübung ist zudem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin und war für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich.

Die Löschung der Primärschuldnerin im Firmenbuch erfolgte am wurde. Bereits im August 2020 hat die belangte Behörde einen Haftungsvorhalt versendet. Der haftungsgegenständliche Zeitraum betrifft das Jahr 2019. Insoweit ist keine lange Zeit verstrichen, die gegen eine Haftungsinanspruchnahme sprechen würden.

Die belangte Behörde hat auch versucht, der Eigentümerin der Glückspielgeräte die Abgabe vorzuschreiben; allerdings wurde keine taugliche Zustelladresse gefunden. Die Haftungsinanspruchnahme des Beschwerdeführers stellt vielmehr die zweckmäßige und billige Möglichkeit dar, den Abgabenausfall zu vermeiden.

Der Beschwerdeführer war daher zur Haftung für Wiener Glückspielautomatenabgabe für den Zeitraum Jänner bis April 2019 in Höhe von 28.000 € heranzuziehen. Insofern war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
§ 116 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Wiener Glücksspielautomatenabgabegesetz, LGBl. Nr. 56/2005
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400151.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at