Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.01.2024, RV/5100002/2023

Säumniszuschlag bei einer nicht erwartbaren Bescheidzustellung in die Databox

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***Stb***, ***Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Säumniszuschlag 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

Der beschwerdeführenden Partei wurde zu Handen des Geschäftsführers ***GF*** mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer in Zusammenhang mit einem Kaufvertrag vom mit der Firma ***W*** GmbH in Höhe von € 13.411,27 vorgeschrieben. Der Grunderwerbsteuerbescheid wurde am elektronisch mittels FinanzOnline in die Databox des Geschäftsführers ***GF*** zugestellt.

Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen der Grunddatenverwaltung des Finanzamtes (GDV) ergibt sich aus dem Auszug der historischen Beziehungen, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am für die Steuernummer ***BF1StNr1*** keine Zustellungsbevollmächtigung für die ***Stb*** angemerkt war. Herr ***GF*** war als Geschäftsführer für die ***Bf1*** in der GDV angemerkt. Herr ***GF*** war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am als Geschäftsführer für die ***Bf1*** in der Grunddatenverwaltung angemerkt. Herr ***GF*** war Teilnehmer von FinanzOnline und hat der elektronischen Zustellung zugestimmt. Aus dem ebenso beigefügten Ausdruck ist ersichtlich, dass Herr ***GF*** seit FinanzOnline-Teilnehmer ist.

Die beschwerdeführende Partei hat die Grunderwerbsteuer nicht bis zum Fälligkeitstag () entrichtet. Mit Bescheid vom wurde von der Grunderwerbsteuer 03/2022 in Höhe von € 13.411,27 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein Säumniszuschlag mit 2%, das sind € 268,23, festgesetzt.

Dagegen richtet sich die von ***Stb*** am für die beschwerdeführende Partei eingebrachte Bescheidbeschwerde und der gleichzeitig eingebrachte Abtrag auf Aufhebung nach § 217 Abs. 7 BAO. Zur Begründung führte die beschwerdeführende Partei aus, sie hätte erstmals eine Liegenschaft - hier eine Eigentumswohneinheit zur Errichtung und Fertigstellung bis auf Basis einer Urkunde und den Informationen ausschließlich des Notars ***N*** in ***Ort*** erworben. Einzig die Bestimmung in Pkt. 18.6 des Kaufvertrages enthielte eine vage Andeutung einer GrESt-Pflicht, von der die beschwerdeführende Partei aber ausgegangen sei, dass diese nicht vor tatsächlicher Übergabe und nicht bloß auf Basis der Urkunde fällig werden könnte, sowie dass derartige Meldungen üblicherweise von den Vertragserrichtern besorgt und für die zeitgerechte Meldung/Entrichtung gesorgt werde.

Die Steuerberatung hätte von der vertraglichen Vereinbarung erst nach Vorliegen des hier bekämpften Bescheids erfahren. Weiters sei nicht nachvollziehbar, warum hier nicht eine Entrichtung auf Basis einer Vorschreibung zeitgerecht sein sollte, nachdem die beschwerdeführende Partei erstmals Post darüber im Zuge der Festsetzung dieses SZ erhalten hätte. Eine Selbstberechnung und Abfuhr wäre wohl Aufgabe des Notars als Vertragserrichter gewesen. Überdies sei eine bestehende umfangreiche Zustellbevollmächtigung durch die Zustellung an die Mandantin ignoriert worden.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die gegenständliche Bescheidbeschwerde als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde führte zur Begründung im Wesentlichen aus, die vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet, das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzung des § 217 Abs. 7 BAO (mangelndes grobes Verschulden an der Säumnis) aufzuzeigen, da Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen haben und jeder Teilnehmer in FinanzOnline eine elektronische Adresse angeben kann, an welche er über eine elektronische Zustellung zu informieren ist. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen elektronischen Adresse nicht gehindert. Es liege in der Sphäre der FinanzOnline Teilnehmer dafür Sorge zu tragen, dass sie rechtzeitig Kenntnis von Zustellungen in der Databox erlangen, wie etwa durch Einrichtung einer E-Mail-Verständigung oder regelmäßigem Abrufen der Databox. Die Teilnahme an FinanzOnline sei freiwillig und erfolge nur nach vorheriger Einwilligung. Die Motive für die Einwilligung seien für die Folgewirkungen unerheblich.

Im Vorlageantrag vom beantragte die beschwerdeführende Partei die Vorlage der Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung eines Säumniszuschlags vom zur Grunderwerbsteuer zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.

Es wurde beantragt: "Soweit möglich wird die Entscheidung durch den gesamten Senat beantragt sowie in mündlicher Verhandlung."

Mit Vorlagebericht vom wurde die gegenständliche Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Die belangte Behörde führte ergänzend aus:

"Der Abgabenbescheid vom (Fälligkeitstag ) wurde dem Bf. z.H. Herrn ***GF*** ordnungsgemäß über FinanzOnline in die Databox zugestellt. Die Amtssignatur am Bescheid weist als Datum um 18:51:15 aus.

Säumniszuschläge sind gemäß § 217 Abs. 7 BAO auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit herabzusetzen bzw. nichtfestzusetzen, insoweit ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Eine derartig leichte Fahrlässigkeit bzw. ein lediglich minderer Grad des Versehens liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von gesetzlichen bzw. behördlichen Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (vgl. ).

Indem der Teilnehmer die Anmeldung in FinanzOnline ohne Widerspruch der elektronischen Zustellung vorgenommen hat, liegt es in seiner Verantwortung, wenn aufgrund der Nichtbeachtung von in die Databox zugestellten Bescheiden Säumnisfolgen eintreten. Entscheidend für die Zustellung ist alleine der Zeitpunkt, in dem die Daten in der Databox einlangen (vgl. ). Die Teilnahme an FinanzOnline ist freiwillig und die gewünschte Zustellform kann jederzeit abgeändert werden.

Es wäre der Beschwerdeführerin möglich und zumutbar gewesen, entsprechende Dispositionen zwecks Feststellung von Zustellungen in der Databox zu treffen, wie etwa die Einrichtung einer E-Mail-Verständigung in FinanzOnline oder die regelmäßige Prüfung der Databox auf Eingänge. Dies hat sie jedoch unterlassen. Wenn die Bf. anlässlich des Einstiegs in FinanzOnline die Hinweise betreffend Zustellung und Einrichtung einer Benachrichtigungsfunktion nicht beachtet hat, so geht das zu ihren Lasten (vgl. ).

Das Bundesfinanzgericht hat bereits mehrfach entschieden, dass kein minderes Verschulden vorliegt, wenn die Databox nicht kontrolliert wird (; ), genausowenig wie im Fall der Nichtbeachtung einer Bescheidzustellung in die Databox (; ; ).

Unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände ist ein über eine nur leichte Fahrlässigkeit hinausgehendes Verschulden anzunehmen. Es wäre im gegenständlichen Fall der Bf. bzw. ihrem Geschäftsführer leicht zumutbar gewesen, vom Grunderwerbsteuerbescheid vom und dessen Fälligkeit am Kenntnis zu erlangen.

Das Finanzamt stellt den Antrag an das Bundesfinanzgericht, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

In der Stellungnahme vom zog die beschwerdeführende Partei den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.

In der Sache selbst wurde ergänzend vorgebracht:

Seit vertitt die einschreitende Steuerberatungskanzlei Hrn. ***GF***, den heutigen Geschäftsführer und Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft. Vor 10 Jahren wurde die Vollmacht im Zuge der Auftragsannahme/-erweiterung zur laufenden Aufbuchung und UVA um die Zustellung erweitert.

Am wurde die betr. Gesellschaft gegründet und das bisherige Einzelunternehmen in diese GmbH eingebracht. Mit scheint in FA-Online in der Verwaltung der Klientendaten in beiden Fällen auch die Zustellvollmacht an die Adresse einschreitende Kanzlei auf.

Am wurde eine neu aufgelegte Vollmacht der betreffenden GmbH der einschreitenden Kanzlei gegenüber nach Eintragung und Auszug unseres Postbuchs gemeinsam mit dem Jahresabschluss 2018 dem Finanzamt Schärding in Kopie übermittelt (diese neue Vollmacht beinhaltet erstmalig den Passus zur DSGVO und gilt auch für die Zustellung) und führt beim Wirkungsumfang "Finanzamt und StNr." jeweils "ALLE" an.

Bei der erneuten Vergabe einer Steuernummer zum EU-OSS-System haben wir am (nach Kenntnis der Vergabe dieser StNr. diesem Auftrag folgend erneut die Zustellvollmacht angemerkt. Ohne Kenntnis von einer neuen StNr. iZm der Festsetzung der GrESt rund um die Unterzeichnung einer Kaufvertragsurkunde beim Notariat in ***Ort***, wurde vSd Finanzamtes angeblich eine Aufforderung zur Entrichtung einer GrESt in ein Onlineportal des Hrn. ***GF*** gestellt. Dies unter Missachtung einer Zustellverfügung betreffend die nur von Hrn. ***GF*** vertretene betr. GmbH, die zu diesem Zeitpunkt in 2 anderen Registrierungsfällen mit nachvollziehbarem Wissen des Finanzamtes Österreich angemerkt waren und unter Missachtung der am vorgelegten umfassenden Zustellungsbevollmächtigung für alle Finanzämter und StNr. Herr ***GF*** bestreitet jemals Verfügung darüber getroffen zu haben, dass an Ihn oder in sein Portal (an dessen Einrichtung im Jahr 2005 It. Auszug des BFM A61 er sich nicht einmal mehr erinnern kann) Post der damals noch gar nicht existierenden betr. GmbH eingestellt werden dürfen. Überdies scheint hier auch ein Sperrvermerk betr. Selbstberechnung § 11 GrESt verzeichnet auf.

Zusammenfassend wurde vorgebracht

  1. der FA-Onlinezugang des Hm. ***GF*** seit dem Jahr 2005 kann für die Zustellung iZm der ***Bf1*** im Jahr 2022 keine Relevanz gehabt haben, weil zu dieser nachvollziehbareine Steuerberatungskanzlei als Zustellbevollmächtigte ausgewiesen war und selbst über kein entsprechendes FA-Onlineportal verfügt hatte.

  2. Überdies wurde bestritten, dass Hr. ***GF*** deshalb eine ihm als Geschäftsführer der betr. GmbH zumutbare Sorgfalt verletzt zu haben und somit überhaupt den Anspruch auf § 217 Abs. 7 verwirkt zu haben.

Im Anbringen vom zog die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat zurück.

Zum ergänzenden Vorbringen der beschwerdeführenden Partei brachte die belangte Behörde im Anbringen vom vor Folgendes vor:

In der Stellungnahme vom werde vorgebracht, dass eine Vollmacht (inkl. Zustellvollmacht) für alle Steuernummern und für alle Abgabenangelegenheiten der beschwerdeführenden Partei für die ***Stb*** in Kopie an das Finanzamt Schärding am übermittelt worden ist.

Klarstellend wurde nochmals darauf hingewiesen, dass dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel (in Folge Dienststelle Sonderzuständigkeiten) keine Vollmacht - und zwar weder für die beschwerdeführende Partei selbst noch für deren Geschäftsführer Herrn ***GF*** - für die ***Stb*** vorgelegt worden ist.

Erst im Zuge des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens wurde die Vollmacht vom bekannt bzw. wurde die bestehende Vollmacht vom steuerlichen Vertreter selbst in der Grunddatenverwaltung am angemerkt.

Ergänzend wurde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen, wonach die Bevollmächtigung im jeweiligen Verfahren geltend gemacht werden muss (vgl. ).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der beschwerdeführenden Partei wurde zu Handen des Geschäftsführers ***GF*** mit Bescheid vom die Grunderwerbsteuer in Zusammenhang mit einem Kaufvertrag vom mit der Firma ***W*** GmbH in Höhe von € 13.411,27 vorgeschrieben. Der Grunderwerbsteuerbescheid wurde am elektronisch mittels FinanzOnline in die Databox des Geschäftsführers ***GF*** zugestellt.

Die beschwerdeführende Partei hat die Grunderwerbsteuer nicht bis zum Fälligkeitstag () entrichtet. Mit Bescheid vom wurde von der Grunderwerbsteuer 03/2022 in Höhe von € 13.411,27 gemäß § 217 Abs. 1 und 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein Säumniszuschlag mit 2%, das sind 268,23 €, festgesetzt. Dagegen richtet sich die am eingebrachte Bescheidbeschwerde und der gleichzeitig eingebrachte Antrag auf Aufhebung nach § 217 Abs. 7 BAO. Auf das umfangreiche bereits dargestellte Beschwerdevorbringen wird verwiesen.

Seit vertritt die einschreitende Steuerberatungskanzlei Hrn. ***GF***, den heutigen Geschäftsführer und Gesellschafter der beschwerdeführenden Partei vor dem Finanzamt Braunau Ried Schärding und in weiterer Folge vor dem Finanzamt Österreich. Der Finanz-Onlinezugang des Herrn ***GF*** besteht seit dem Jahr 2005 und hatte für die Zustellung an die beschwerdeführende Partei vorerst keine Relevanz. Erst am wurde die als beschwerdeführende Partei einschreitende Gesellschaft gegründet und das bisherige Einzelunternehmen in diese GmbH eingebracht. Mit scheint in Finanz-Online in der Verwaltung der Klientendaten der beschwerdeführenden Partei in beiden Fällen auch die Zustellvollmacht an die Adresse einschreitende Kanzlei auf.

Am wurde eine neu aufgelegte Vollmacht der betreffenden GmbH der einschreitenden Kanzlei gegenüber dem Finanzamt Braunau Ried Schärding in Kopie übermittelt (diese neue Vollmacht beinhaltet erstmalig den Passus zur DSGVO und gilt auch für die Zustellung) und führt beim Wirkungsumfang "Finanzamt und StNr." jeweils "ALLE" an.

Erst im Zuge des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens wurde die Vollmacht vom bekannt bzw. wurde die bestehende Vollmacht vom steuerlichen Vertreter selbst in der Grunddatenverwaltung am zu Steuernummer ***BF1StNr1*** angemerkt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

§ 5b der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Einreichung von Anbringen, die Akteneinsicht und die Zustellung von Erledigungen in automationsunterstützter Form (FinanzOnline-Verordnung 2006 - FOnV 2006) normiert auszugsweise:

"(1) Die Abgabenbehörden haben nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

(2) Jeder Teilnehmer, der an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline teilnimmt, hat in FinanzOnline eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. Die Wirksamkeit der Zustellung der Erledigung selbst wird durch die Nichtangabe, durch die Angabe einer nicht dem Teilnehmer zuzurechnenden oder durch die Angabe einer unrichtigen oder ungültigen E-Mailadresse nicht gehindert.

(3) Teilnehmer, die Unternehmer im Sinne des § 3 Z 20 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 163/1999, sind und die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, haben an der elektronischen Zustellung über FinanzOnline teilzunehmen und können auf diese nicht verzichten. Andere Teilnehmer können in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten. Wenn sie nicht zur Teilnahme an der elektronischen Zustellung verpflichtet sind, können die in § 2 Abs. 2 genannten Parteienvertreter den Verzicht für die Zustellungen in ihren eigenen Angelegenheiten und davon getrennt für die Zustellungen in den Angelegenheiten als Parteienvertreter erklären."

Gemäß § 98 Abs. 2 der Bundesabgabenordnung (BAO) gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d BAO), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten.

Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Der Grunderwerbsteuerbescheid vom wurde unbestritten wirksam in die Databox (Nachrichten) des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Partei zugestellt. Damit ist der Bescheid in den elektronischen Verfügungsbereich der beschwerdeführenden Partei gelangt und gilt mit diesem Zeitpunkt als zugestellt. Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer kommt es nicht an (Ritz, BAO7, § 98 Tz 4 mit zahlreichen Judikaturnachweisen).

Da die laut Grunderwerbsteuerbescheid am fällig gewesene Grunderwerbsteuer in Höhe von 13.411,27 € bis zu diesem Zeitpunkt nicht entrichtet wurde, lagen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages in Höhe von 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages, gegenständlich somit 268,23 €, vor.

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Anträge gemäß § 217 Abs. 7 BAO können auch in einem Rechtsmittel gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (Ritz, BAO7, § 217 Tz 65 mwN), wobei es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die zufälligen verbalen Formen, sondern auf den Inhalt, das erkennbare und zu erschließende Ziel des Parteischrittes ankommt. Ist aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist in der Beschwerdeentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen.

Die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO normiert einen Begünstigungstatbestand, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ).

Für die Herabsetzung oder Unterlassung der Festsetzung eines Säumniszuschlages kommt es auf die Umstände der konkreten Säumnis an. Grobes Verschulden fehlt, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Leichte Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Dabei ist an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nicht an einem bestimmten Verfahren beteiligte Personen. Keine nur leichte Fahrlässigkeit liegt erst dann vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Als auffallend sorglos gilt jemand, wenn er die im Verkehr mit Behörden und die für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach den persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt.

Das Bundesfinanzgericht hat in diesem Zusammenhang bereits mehrfach entschieden, dass kein minderer Grad des Verschuldens vorliegt, wenn die Databox nicht kontrolliert wird (; ), genausowenig wie im Fall der Nichtbeachtung einer Bescheidzustellung in die Databox (; ). In der Entscheidung , folgerte das Bundesfinanzgericht, wenn sich die Beschwerdeführerin als Teilnehmerin von FinanzOnline registriere und Kenntnis vom Bestehen einer FinanzOnline-DataBox habe, aber weder auf die elektronische Zustellung gemäß § 5b Abs. 3 FOnV 2006 verzichte, noch ausreichende Maßnahmen setze, dass sie zeitgerecht Kenntnis über elektronische Zustellungen erlange, handle sie nicht nur schuldhaft, sondern gehe dieses Verschulden über einen minderen Grad des Versehens hinaus.

Eine gegen die letztgenannte Entscheidung eingebrachte Revision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2022/16/0112, zurück, da die Frage, ob das Verwaltungsgericht fallbezogen zu Recht das Vorliegen eines minderen Grades des Versehens verneint hat, grundsätzlich keine Rechtsfrage sei, der über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukomme. Eine solche Rechtsfrage läge nur dann vor, wenn die Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (Rn 15) oder das Verwaltungsgericht von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre, etwa weil das Bundesfinanzgericht entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein den minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden angenommen habe (Rn 16).

Es ist damit stets einzelfallbezogen der Grad des Verschuldens zu prüfen und steht der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom der Annahme eines bloß minderen Grades des Versehens im konkreten Einzelfall nicht entgegen ().

Bei der Prüfung des Verschuldensgrades ist nicht nur auf die erforderliche und dem Teilnehmer in FinanzOnline nach den persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt Bedacht zu nehmen, sondern auch auf die konkrete Ausgestaltung dieser EDV-Anwendung. Gemäß § 5b Abs. 1 FOnV haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe ihrer technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen, und können "andere Teilnehmer" im Sinne des § 5b Abs. 2 FOnV auf die elektronische Form der Zustellung lediglich verzichten. Auch nach den Informationen des Bundesministeriums für Finanzen in der Hilfefunktion in FinanzOnline ist die elektronische Zustellung standardmäßig "aktiviert". Die Verzichtsmöglichkeit wird gemäß § 5b Abs. 3 dritter Satz FOnV nur beim ersten nach dem erfolgten Einstieg in das System "aktiv angeboten". Bei jedem weiteren Einstieg kommt nur mehr eine allgemeine Information zur elektronischen Zustellung, die entweder aktiviert werden kann oder an die sich der Anwendung "später erinnern" lassen kann. Ein ausdrücklicher Verzicht auf die elektronische Zustellung ist in diesem Verfahrensstadium nicht mehr vorgesehen. Ein Verzicht auf die elektronische Zustellung wird faktisch nur dadurch erreicht, dass man den Button "Später erinnern" anklickt.

Im gegenständlichen Fall wurde die elektronische Zustellung durch den Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei im Jahr 2005 offenbar in eigenen steuerlichen Angelegenheiten aktiviert. Die Entscheidung für oder gegen die elektronische Zustellung muss jedenfalls aktiv getroffen werden, da man ansonsten in die Anwendung FinanzOnline nicht weiter einsteigen kann. Dem Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei war bei der von ihm selbst vorgenommenen Aktivierung der elektronischen Zustellung aber offensichtlich nicht bewusst, dass ihm nunmehr auch Zustellungen im Zuge eines Grunderwerbsteuerverfahrens betreffend die von ihm vertretenen Ges.m.b.H. erfolgt. Eine solche Verständigung ist weder in der FOnV noch in den Hinweisen der Hilfefunktion vorgesehen, da die Aktivierung der elektronischen Zustellung durch den Anwender selbst erfolgt. Der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei mag zwar zum Zeitpunkt der elektronischen Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides subjektiv keine Kenntnis davon gehabt haben, dass Zustellungen des Finanzamtes an ihn elektronisch erfolgen können. Diese Unkenntnis kann aber ein mangelndes Verschulden nicht begründen, da sie objektiv bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit und entsprechender Information durch Kenntnisnahme der oben zitierten Hinweise in der Hilfefunktion vermeidbar gewesen wäre.

Er konnte von Zustellungen in die Nachrichten (Databox) nur durch regelmäßiges Abrufen derselben Kenntnis erlangen. Derartiges vom Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei zu verlangen, der dem steuerlichen Vertreter eine umfassende Zustellvollmacht für sämtliche ihm zukommenden Erledigungen der belangten Behörde erteilt hat, ist realitätsfern. Dass der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei eine solche regelmäßige Abfrage unterlassen hat, stellt somit zwar eine Sorgfaltswidrigkeit dar, die aber beim erstmaligen und einmaligen Übersehen einer elektronischen Zustellung nicht über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, da ein solcher Fehler auch einem sorgfältigen Anwender des FinanzOnline einmal passieren kann, der dieses System erstmals (oder nach Jahren erstmals wieder) verwendet.

Ferner ist im gegenständlichen Fall zu beachten, dass der durchschnittliche Anwender des FinanzOnline regelmäßig nicht damit rechnet, vom Finanzamt auch Abgabenbescheide in einem Verfahren betreffend die von ihm vertretenen GmbH elektronisch zu erhalten, die zum einen mit Veranlagungsverfahren der GmbH in keinem erkennbaren Zusammenhang stehen und zum anderen auch nicht unter der allgemeinen Steuernummer der GmbH ergehen. Es ist zwar allgemein bekannt, dass im Veranlagungsverfahren die Jahresbescheide in die Nachrichten (Databox) zugestellt werden können, der durchschnittliche Anwender des FinanzOnline hat aber keine Kenntnis davon, für welche Bescheide - innerhalb und außerhalb seines Veranlagungsverfahrens - dies noch gilt. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich diesbezüglich auch in den oben zitierten Informationen des Bundesministeriums für Finanzen keine konkreten Angaben finden, sondern nur der allgemein gehaltene Hinweis, dass noch nicht in allen Bereichen die technischen Möglichkeiten zur elektronischen Zustellung vorlägen, sodass Bescheide nach wie vor auch auf postalischem Weg versendet würden. Welche Bescheide konkret daher elektronisch zugestellt werden und welche im Postweg, ist für den Anwender nicht feststellbar.

Wenn bei dieser Sachlage unter Berücksichtigung aller Umstände der Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei mit einer Zustellung des Grunderwerbsteuerbescheides allenfalls im Postweg gerechnet und darauf gewartet hat, bzw. auf die Selbstberechnungsbefugnis des ertragserrichtenden Notars vertraute und daher den Posteingang in den Nachrichten (Databox) nicht kontrolliert hat, liegt zwar insoweit eine Sorgfaltswidrigkeit vor, die aber nicht über den minderen Grad des Versehens hinausgeht, da ein solcher Fehler jedem sorgfältigen Anwender von FinanzOnline einmal passieren kann (vgl. hilfsweise : die einmalige Versäumung einer Frist lässt für sich allein noch nicht den Schluss zu, dass die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Wahrnehmung von Fristen nicht sichergestellt ist, wenn im Übrigen die Abgaben über Jahre hinweg rechtzeitig zum Fälligkeitszeitpunkt abgeführt wurden).

Die tatbestandmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO liegen damit im gegenständlichen Fall vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Fragen des Vorliegens eines groben Verschuldens der Partei sind der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts zuzuordnen und könnten nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. ). Da im gegenständlichen Fall es sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung handelt, liegt keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 5b FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
§ 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100002.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at