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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 15.01.2024, RV/7102028/2019

Gelöschte und vermögenslose Kommanditgesellschaft - Einstellung

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich in der Beschwerdesache ***Bf1*** (FN***), ***Bf1-Adr*** StNr: ***1*** betreffend die Bescheidbeschwerde vom gegen den Bescheid über die Wiederaufnahme des Veranlagungsverfahrens der Umsatzsteuer 2013 vom und gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2013 vom , beide zugestellt am , des Finanzamtes Wien 4/5/10 (nunmehr FA Österreich)

beschlossen:

Die Beschwerden gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2013 und den Umsatzsteuerbescheid 2013 werden als gegenstandslos erklärt und diese Beschwerdeverfahren eingestellt.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 und Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Die beschwerdeführende ***Bf1*** (in der Folge Bf. genannt) wurde am xx.09.2012 im Firmenbuch eingetragen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin war. Sie hatte diese Gesellschafterstellung auf Ersuchen ihres Lebensgefährten L. übernommen. Außerdem wurde G1 für steuerliche Belange als Vertreter gemäß § 81 BAO namhaft gemacht (Verf 16 v. ). L. war der einzige Kommanditist der Gesellschaft (Hafteinlage € 1.000) und lt. Gesellschaftsvertrag mit 10% am Gewinn beteiligt.

Tatsächlich wurden die Transportgeschäfte der Bf. von L. und seinem Verwandten, G2 wahrgenommen. Sie war die wahrhaften Geschäftsherren dieses Unternehmens. G1 wurde zugesagt, dass G2 statt ihr in die Gesellschaft eintreten werde und sie aus dieser ausscheiden könne. In dieser Absicht gingen die drei Genannten auch am zum Handelsgericht Wien. Ihre abgegebenen Erklärungen wurden aber, unter Umständen wegen Verständigungsschwierigkeiten in der Weise aufgenommen, sodass im Firmenbuch mit Wirksamkeit vom G2 nicht statt G1 als Komplementär eingetragen worden ist, sondern er als weiterer unbeschränkt haftender Gesellschafter.

Tatsächlich hatte G1 ab dem keine Tätigkeiten für die Gesellschaft verrichtet und war der Ansicht, aus dieser Gesellschaft ausgeschieden zu sein.

Anlässlich einer Betriebsprüfung beim Transportunternehmer U, für den die ***Bf1*** als Subunternehmer tätig geworden ist, wurden dem Wohnsitzfinanzamt mittels Kontrollmitteilung vom Ausgangsrechnungen der Bf. übermittelt. Es handelte sich um fünf Rechnungen im Zeitraum 10-12/2012 (Entgelt gesamt € 128.683 zuzüglich 20% USt € 25.736,75) sowie zwei Ausgangsrechnungen vom Jänner 2013 (Entgelt von gesamt € 33.838,95 zuzüglich ausgewiesener USt € 6.767,78).

Mit Beschluss vom , A1, hat das Handelsgericht Wien das Konkursverfahren über das Vermögen der ***Bf1*** eröffnete und RA Mag. Martin Kirnbauer zum Masseverwalter bestellt.

Bei Aufnahme der Tätigkeit des Masseverwalters waren keine Geschäftsunterlagen vorhanden und gab es keinerlei Gesellschaftsvermögen mehr. Bei der Geschäftsanschrift handelte es sich um die Wohnung von G1. Als wahrer Geschäftsherr ist vom Masseverwalter der (zweite) Komplementär, G 2 wahrgenommen worden (Erster Bericht des MV vom ).

Der bestellte Masseverwalter (Hopmeier Wagner Kirnbauer Rechtsanwälte OG) brachte am die Umsatzsteuererklärung 2013 ein, in welcher - in Widerspruch zum Inhalt der Kontrollmitteilung - Umsätze von € 0,00 erklärt wurden.

Das FA wich Im Umsatzsteuerbescheid 2013 vom entsprecht den mit der Kontrollmitteilung übermittelten beiden Ausgangsrechnungen vom Jänner 2013 von der Abgabenerklärung ab und setzte die Umsätze mit Steuersatz 20% mit € 33.838,95 an, sodass sich insgesamt eine festgesetzte Umsatzsteuer von € 6.767,79 ergab.

Die gegen den USt-Bescheid 2013 (Erstbescheid vom ) erhobene Beschwerde wurde mit BVE vom abgewiesen und die dargestellte USt-Festsetzung 2013 erwuchs in formelle Rechtskraft.

Am übermittelte der Prüfer ergänzend zu der Kontrollmitteilung vom eine Datenkopie aus seiner Prüfsoftware (ACL) über im Jahr 2013 bei U auf dem Konto "5800 Fremdarbeiten" verbuchte Eingangsrechnungen mit USt-Ausweis über gesamt € 380.308,80. Diese auf dem BH-Konto des U verbuchten Rechnungen 2013 seien ebenfalls von der Bf. ausgestellt worden.

Das FA nahm aus diesem Grunde mit Bescheid vom des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2013 wieder auf und setze im geänderten Umsatzsteuerbescheid 2013 vom die Umsätze 20% mit € 380.308,80 fest. Die Vorsteuern wurden keine anerkannt, sodass sich eine Umsatzsteuerschuld von gesamt € 76.061,76 ergab. Der geänderte USt-Bescheid 2013 vom wurde an den Masseverwalter im Insolvenzverfahren der ***Bf1*** gerichtet.

In der Begründung des Wiederaufnahmebescheides wurde erklärt, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens aufgrund der vorliegenden Ausgangsrechnungen an die Firma U erfolgte. Im geänderten USt-Bescheid 2013 wurde zur Begründung ausgeführt, dass als Basis für die geänderte Schätzung der Steuerbemessungsgrundlage die vorliegenden Ausgangsrechnungen an die Firma U herangezogen worden seien.

Diese angeblichen weiteren Rechnungen 2013 der Bf. sowie deren Bezahlung sind jedoch nicht aktenkundig (vgl. E-Mail vom BP, BVE vom , Seite 5).

Gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend USt 2013 und den Umsatzsteuerbescheid 2013 vom wurde vom Masseverwalter innerhalb der verlängerten Rechtsmittelfrist rechtzeitig Bescheidbeschwerde erhoben.

Aus der Festsetzung der Umsatzsteuer 2013 resultiert eine bis dato nicht entrichtete und eingebracht Steuerschuld von € 76.061,71. Insgesamt sind auf dem Abgabenkonto der Bf. seit 2013 unverändert fällige Abgaben von € 94.127,11 offen. Diese sind infolge der Vermögenslosigkeit der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht mehr einbringlich.

Bei Aufnahme der Tätigkeit des Masseverwalters waren keine Geschäftsunterlagen und kein Gesellschaftsvermögen vorhanden. Bei der Geschäftsanschrift handelte es sich um die Wohnung von G1. Als wahrer Geschäftsherr wurde vom Masseverwalter der (zweite) Komplementär, G 2 wahrgenommen (Erster Bericht des MV vom ).

Am **.05.2014 ist der Kommanditist und zweite Machthaber der Gesellschaft L. verstorben. Die Verlassenschaft war überschuldet und es gab keinen Erben. Das Nachlassvermögen des Verstorbenen bestand aus € 163,94. Der für dieses Nachlassverfahren bestellte Gerichtskommissär hat diesen Geldbetrag mit Beschluss vom an die Schuldner aufgeteilt. Mit diesem Beschluss (3A241/14t-16) wurde die Abhandlung der Verlassenschaft nach L. beendet. Es gab keinen Erben, die in seine Rechtsposition eingetreten ist.

Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Wiederaufnahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2013 und der Umsatzsteuerbescheid 2013 vom als unbegründet abgewiesen. Vom Masseverwalter wurde namens der Bf. gegen die BVE fristgerecht der Vorlageantrag vom eingebracht.

Die beschwerdeführende Gesellschaft wurde am wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Firmenbuch gelöscht.

Am wurde in dieser Rechtssache eine Besprechung mit der Amtspartei mit übereinstimmenden Ergebnis abgehalten. Betreffend die Umsatzsteuer 2013 wurde festgestellt, dass die Bf. wegen Vermögenslosigkeit vollbeendet ist. Eine Umsatzsteuerschuld der Gesellschafter auf Grund des Gesamtschuldverhältnisses besteht nicht, weil der angefochtene USt-Bescheid 2013 nicht auch an die Gesellschafter gerichtet wurde. Eine Heranziehung mittels Haftung ist auf Grund der eingetretenen Einhebungsverjährung nicht mehr möglich.

Es wurde auf Grund dieser Umstände die Auffassung geteilt, dass die Rechtspersönlichkeit der Bf. als Umsatzsteuersubjekt auf Grund der eingetretenen Vollbeendigung erloschen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe die Rechtsfähigkeit einer im Firmenbuch bereits gelöschten Personengesellschaft des Handelsrechts noch fort, solange noch Aktivvermögen vorhanden ist; die Löschung einer Gesellschaft im Firmenbuch entfalte daher nur deklarative Wirkung. Der Verlust der Rechtspersönlichkeit tritt nur ein, wenn neben der Löschung im Firmenbuch auch die materielle Voraussetzung der Vermögenslosigkeit gegeben ist (VwGH, , Zl. 2012/15/0106; vom , Zl. 2012/15/0161; vom , Zl. 2004/13/0097; vom , Zl. 2006/13/0187; , Ro 2014/13/0035; sowie ).

Da die beschwerdeführende Gesellschaft über kein Vermögen mehr verfüge, steht zweifelsfrei fest, dass die Rechtsfähigkeit dieser Gesellschaft untergegangen sei.

Gegen eine nicht mehr existente Gesellschaft gerichtete Rechtshandlungen sind absolut unwirksam (Ritz, BAO, Kommentar, 5. Auflage, Tz 1 und 4 zu § 79). An die Bf gerichtete Rechtsakte wären daher völlig nichtig.

In seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035, hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des Bundesfinanzgerichtes, dass bei einer wegen Vermögenslosigkeit im Firmenbuch gelöschten und damit als Rechtspersönlichkeit untergegangenen Gesellschaft die (noch offene) Beschwerde (gestützt auf § 278 Abs. 1 lit. b BAO) für gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen ist, bestätigt.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, war die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102028.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at