Aufschiebende Wirkung – Einzel – Beschluss, BFG vom 29.12.2023, AW/6100004/2023

Kein Ausspruch über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, wenn in der Hauptsache eine Entscheidung vorliegt

Entscheidungstext

Beschluss

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Rolf Karpenstein, c/o Blume Ritscher Nguyen Karpenstein Zingelmann, Gerhofstraße 40, 20354 Hamburg, über deren Antrag vom , der mit selben Tag eingebrachten Maßnahmenbeschwerde gem. Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG wegen behaupteter Verletzung in Rechten durch Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei des Amtes für Betrugsbekämpfung am in ***Ort1***, ***Strasse1***, ***X***, durch Beschlagnahme zweier Cash-Center samt allfällig darin befindlicher Bargeldbeträge in unbestimmter Höhe sowie durch das Aufbrechen einer Tür zu einem Abstellraum, die aufschiebende Wirkung gem. § 22 Abs. 1 VwGVG zuerkennen, beschlossen:

I.) Das Verfahren betreffend Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Maßnahmenbeschwerdeverfahren wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

II.) Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Zu Spruchpunkt I.)

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Organe der Finanzpolizei des Amtes für Betrugsbekämpfung. Diese hätten am in ***Ort1***, ***Strasse1***, im dortigen Geschäftslokal der Beschwerdeführerin, zwei ***Firmenname1*** samt darin befindlicher Bargeldmenge vorläufig beschlagnahmt. Weiters sei zu einem Abstellraum die Tür aufgebrochen und das Schloss ausgetauscht worden. Diese Vorgehensweise sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt, sei die zwangsweise Ausübung nicht angedroht worden, sei die Maßnahme nicht erforderlich und unverhältnismäßig gewesen, sei kein Verdacht einer Übertretung nach dem GSpG vorgelegen, handle es sich bei den Geräten um keine Glücksspielautomaten, sonstige Eingriffsgegenstände oder technische Hilfsmittel nach dem GSpG und hätte die Amtshandlung abgebrochen werden müssen, nachdem niemand anwesend gewesen sei.

Zugleich beantragte die Beschwerdeführerin der Beschwerde gem. § 22 Abs. 1 VwGVG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Begründung, welche mit späteren Schriftsätzen nachgereicht wurde, führte sie im Wesentlichen aus, dass dem Antrag keine zwingenden unionsrechtlich belastbaren Interessen des Gemeinwohls entgegenstehen würden und nach Abwägung der allenfalls berührten Interessen des Gemeinwohls mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die bezughabenden Akten dem Gericht vor und wendete ein, dass die Beschwerdeführerin zur Erhebung der Beschwerde und somit auch des gegenständlichen Antrages gar nicht berechtigt sei.

In der Folge führte das Bundesfinanzgericht zur Klärung der Aktivlegitimation umfangreiche Ermittlungen durch. So wurde die Beschwerdeführerin mehrmals aufgefordert entsprechende Nachweise vorzulegen und wurden Erhebungen bei der Hausverwaltung und dem Eigentümer der Liegenschaft ***Ort1***, ***Strasse1***, ***X***, durchgeführt. Zudem war die Frage der Aktivlegitimation auch Gegenstand in der mündlichen Verhandlung am .

In ihrer Entscheidung vom kam das Bundesfinanzgericht zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin zur Erhebung der Maßnahmenbeschwerde berechtigt ist, da aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beschwerdeführerin zum Kontrollzeitpunkt Untermieterin und/oder Betreiberin des Geschäftslokales ***Ort1***, ***Strasse1***, ***X***, sowie der beiden Cash-Center war. Damit war die Beschwerdeführerin auch berechtigt gegenständlichen Antrag zu stellen.

Gemäß § 22 Abs. 1 VwGVG haben Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen mit dem Andauern der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die aufschiebende Wirkung kann im Einzelfall auch befristet zuerkannt werden (vgl. ). Mangels anderer Anordnung endet ansonsten die aufschiebende Wirkung mit Erlassung der die Sache erledigenden Entscheidung.

Mit Beschluss vom , RM/6100001/2023, hat das Bundesfinanzgericht das Maßnahmenbeschwerdeverfahren betreffend die vorläufige Beschlagnahme der zwei Cash-Center und zwar mit der Finanzamtsgerätenummer FA1, Seriennummer ***Nr1***, Versiegelungsplaketennummer A055307, A055305, A055306 und der Finanzamtsgerätenummer FA2, Seriennummer ***Nr2***, Versiegelungsplaketennummer A055308, A055304, A055303, samt allfällig darin befindlicher Bargeldbeträge infolge des Wegfalls eines selbständigen Anfechtungsgegenstandes gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

Zudem hat das Bundesfinanzgericht mit Erkenntnis vom , RM/6100001/2023, die Maßnahmenbeschwerde hinsichtlich der zwangsweisen Öffnung einer Tür zu einem Abstellraum im Geschäftslokal ***Strasse1***, ***X***, ***Ort1*** gem. § 28 Abs. 6 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Im Detail wird auf den Beschluss und das Erkenntnis vom , RM/6100001/2023, verwiesen.

Hieraus folgt, dass ein Ausspruch hinsichtlich einer Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung nunmehr ausgeschlossen (vgl. ) und das diesbezügliche Verfahren einzustellen ist. Mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in der Hauptsache wird ein dort gestellter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos (vgl. ; ; ; ; ).

Hinsichtlich der Anregung der Beschwerdeführerin den Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 267 AEUV anzurufen, weil § 22 Abs. 1 VwGVG per se keine aufschiebende Wirkung zuerkennt, wird auf die Entscheidung des verwiesen, welcher unter Bedachtnahme auf das , Factortame ua. ausgesprochen hat, dass bei Rechtsstreitigkeiten vor nationalen Gerichten, in denen eine Person eine Verletzung von aus dem Unionsrecht resultierenden Rechten geltend macht, aufschiebende Wirkung jedenfalls nicht zwingend zuzuerkennen ist, sondern - neben anderen Voraussetzungen - nur dann, wenn anders die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte nicht sichergestellt werden kann. Dies trifft jedoch im Falle einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid nach dem GSpG nicht zu, weil im Fall der Stattgabe der Beschwerde die beschlagnahmten Gegenstände auszufolgen sind (vgl. ; ; ). Der Einwand der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols ist in diesem Fall im jeweils der Kontrolle nachfolgenden Beschlagnahme-, Einziehungs- und Strafverfahren zu prüfen (vgl. ). Gegenständlich handelt es nicht um eine mögliche Rechtswidrigkeit eines Beschlagnahmebescheids nach § 53 Abs. 3 GSpG, sondern um die diesem vorgelagerte vorläufige Beschlagnahme nach § 53 Abs. 2 GSpG. Es ist der belangten Behörde zuzustimmen, dass die vorstehenden Ausführungen zur nachprüfenden Kontrolle im nachfolgenden Verfahren erst recht gelten, wenn es sich um eine vorläufige Beschlagnahme handelt.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II.)

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung folgt vielmehr der dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.

Eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.

[...]

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 22 Abs. 1 VwGVG, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013
Verweise



ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:AW.6100004.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at