Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.12.2023, RV/7103251/2023

Rückforderung von Familienbeihilfe mangels Haushaltszugehörigkeit auch bei Weiterleitung der Familienbeihilfe an den anspruchsberechtigten Vater

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juni 2023 bis Juli 2023, SVNr. ***1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit den Formularen Beih 100 beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) am jeweils den Wegfall der Familienbeihilfe für die Kinder ***2*** und ***3*** ab .

Mit Bescheid vom wurden die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Juni und Juli 2023 mit der Begründung zurückgefordert, dass die Kinder nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Bf. lebten und diese auch nicht deren Unterhaltskosten überwiegend getragen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom , in der die Bf. vorbrachte, ihre Kinder lebten jetzt bei ihrem Vater, dies auch schon im Juni und Juli dieses Jahres. Sie habe zwar die Familienbeihilfe erhalten, diese aber sofort, seit sie aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen sei, an ihren "Ex-Mann" weitergeleitet. Zum Nachweis dieses Vorbringens übermittelte die Bf. entsprechende Bankbelege.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.

Zur Begründung verwies die belangte Behörde auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und Abs. 5 FLAG 1967, wonach Voraussetzung für die Gewährung von Familienbeihilfe die Haushaltszugehörigkeit des Kindes bzw. die überwiegende Tragung der Unterhaltskosten sei. Beide Voraussetzungen seien in den Monaten Juni und Juli 2023 nicht vorgelegen. Die Weiterleitung der Familienbeihilfe an den Kindesvater, in dessen Haushalt die Kinder in den fraglichen Monaten gelebt haben, ändere nichts daran, dass die Bf. die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen habe und diese daher gem. § 26 FLAG 1967 von ihr zurückzufordern gewesen war.

Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom , in dem die Bf. erneut darauf verwies, dass sie die Familienbeihilfe an den Kindesvater überwiesen habe. Die Rückforderung sei unbillig, sie können den geforderten Betrag nicht bezahlen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog in den Monaten Juni und Juli 2023 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für ihre Kinder ***2*** und ***3***.

In diesem Zeitraum lebten die Kinder nicht in ihrem Haushalt, sondern im Haushalt des Kindesvaters.

Unterhaltskosten für die Kinder wurden von der Bf. nicht getragen.

Die Bf. hat nachweislich die jeweils ihr ausgezahlte Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen an den Kindesvater überwiesen.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat vorrangig die Person Anspruch auf Familienbeihilfe, zu

deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die

jedoch die Unterhaltskosten überwiegend für das Kind trägt, hat dann Anspruch auf

Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach den ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gem. § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen aufgrund des FLAG 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für jedes Kind zu.

Gemäß § 26 FLAG 1967 hat derjenige die Familienbeihilfe zurückzuzahlen, der sie zu Unrecht bezogen hat, d.h. ohne dass diesem Bezug ein tatsächlicher Anspruch zu Grunde liegen würde.

§ 26 Abs. 1 FLAG knüpft eine Erstattungspflicht an den (objektiv unrechtmäßigen) "Bezug" der Familienbeihilfe, das heißt die Familienbeihilfe muss demjenigen, von dem sie zurückgefordert wird, auch tatsächlich ausbezahlt worden sein (siehe etwa Wanke in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 26 Rn 24). Wie die erhaltenen Beträge verwendet wurden, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht von Bedeutung (siehe z.B. ; ; ). Demnach entbindet auch die Weitergabe der unrechtmäßig erhaltenen Beträge an den anspruchsberechtigten Elternteil oder direkt an das Kind nicht von der Rückzahlungsverpflichtung (siehe auch ; ). Die Eigenschaft als "Bezieher" der Familienbeihilfe im Sinne des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 geht durch Weiterleitung an andere Personen (zB an den anspruchsberechtigten Kindesvater) nicht verloren.

Die Bf. hat unbestritten die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für Juni und Juli 2023 bezogen, diese wurde auf ihr Konto überwiesen.

Unbestritten ist auch, dass die Kinder in diesen Monaten nicht mit ihr im gemeinsamen Haushalt lebten, sondern beim Kindesvater und dass sie auch nicht überwiegend Unterhalt für die Kinder leistete. Anspruchsberechtigt gem. § 2 Abs. 2 FLAG 1967 war daher der Kindesvater. Da die Bf. somit in den Monaten Juni und Juli 2023 keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hatte, war diese im Sinne der o.a. Judikatur zu Recht von ihr zurückzufordern, da § 26Abs. 1 FLAG 1967 nur einen objektiv unrechtmäßigen Bezug voraussetzt. Dass die Bf. die Familienbeihilfe an den Kindesvater weiterleitete, ändert nichts daran, dass sie diese bezogen hat, ohne dass diesem Bezug ein rechtsgültiger Anspruch zu Grunde gelegen wäre.

Gemäß § 33 Abs 3 Z 1 letzter Satz EStG 1988 (idF BGBl I 2009/26) ist § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch auf den unrechtmäßigen Bezug von Kinderabsetzbeträgen anzuwenden.

Was das Vorbringen der Bf. betrifft, sie halte die Rückforderung für unbillig und könne den geforderten Betrag nicht bezahlen, steht es ihr frei, bei der belangten Behörde einen entsprechenden Antrag auf Nachsicht gemäß § 236 BAO einzubringen. Ein Nachsichtsverfahren ist ein von der Rückforderung getrenntes Verfahren. Die Gewährung einer Nachsicht liegt im Ermessen des Finanzamtes (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 § 26, Rz 78).

Über eine Nachsicht ist nicht im gegenständlichen Beschwerdeverfahren betreffend den Rückforderungsbescheid zu entscheiden. Das Nachsichtsverfahren ist ein eigenes Verwaltungsverfahren, welches das Finanzamt aufgrund eines entsprechenden Antrages gegebenenfalls zu entscheiden hat.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag im gegenständlichen Fall nicht vor, da die Frage der objektiven Rückzahlungsverpflichtung von Familienbeihilfe gem. § 26 FLAG 1967 durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits ausreichend geklärt ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103251.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at