Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 09.01.2024, RV/7500004/2024

Zurückweisung einer verspäteten Beschwerde gegen einen Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrates der Stadt Wien

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7500004/2024-RS1
Ebenso sind keine Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festzusetzen, wenn die beschlussmäßige Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung erfolgt.
Folgerechtssätze
RV/7500004/2024-RS1
wie RV/7501616/2014-RS2
Erfolgt kein Erkenntnis in der Sache, sondern wurde die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, sind keine Kosten festzusetzen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Christian Seywald in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, (Beschwerdeführer, abgekürzt: Bf.) über die Beschwerde des Bf. vom - soweit sie gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrates der Stadt Wien (belangte Behörde) vom , GZ. MA67/Zahl/2023, gerichtet ist - denBeschluss gefasst:

Die Beschwerde vom wird, soweit sie sich gegen den o.a. Bescheid richtet, gemäß § 7 Abs. 4, § 31 Abs. 1 und § 50 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als verspätet zurückgewiesen.

Der Bf. hat im Sinne des § 52 Abs. 1 VwGVG keinen Beitrag zu den Kosten des verwaltungsgerichtlichen, mit Beschluss beendeten Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 in Verbindung mit (iVm) Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof (VwGH) durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Eine Revision durch den Bf. wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) kraft Gesetzes nicht zulässig.

Begründung

Der Magistrat der Stadt Wien richtete an den Beschwerdeführer (abgekürzt: Bf.) einen mit datierten Bescheid (Straferkenntnis) zur GZ. MA67/Zahl/2023, mit welchem über den Bf. wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung am um 12:56 Uhr in OrtWien gemäß § 4 Abs. 1 (Wiener) Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe von 60,00 € (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Stunden) verhängt wurde sowie dem Bf. gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) 10,00 € als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vorgeschrieben wurden. Das Straferkenntnis enthielt u.a. folgende Rechtsmittelbelehrung: "Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid Beschwerde zu erheben.Die Beschwerde ist innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei uns einzubringen. …"

Dieser Bescheid (Straferkenntnis) zur GZ. MA67/Zahl/2023 wurde laut aktenkundiger Übernahmebestätigung dem Bf. am ausgefolgt, nachdem das Dokument bei der Post (zur Abholung ab ) hinterlegt worden war.

Der Bf. brachte beim Magistrat der Stadt Wien, MA 6 B 32 Kanzlei, am um 15:56:23 Uhr eine E-Mail ein, in welcher er insbesondere ausführte: "… Ich ersuche Sie höflich alle gegen meine Person ausgestellte Anzeige zu revidieren. Die Erklärung dazu finden Die bitte in meinem vorherigen Email …"

Der Magistrat der Stadt Wien wertete dieses Anbringen des Bf. als Beschwerde gegen (zunächst) sechs Straferkenntnisse vom , , und und legte die Beschwerde samt den diesbezüglichen Magistratsakten dem Bundesfinanzgericht (BFG) vor. Das BFG richtete an den Bf. im Verfahren zu diesen sechs Bescheiden (Straferkenntnissen) einen mit datierten Verspätungsvorhalt, auf welchen der Bf. nicht reagierte. Das BFG wies mit Beschluss vom , GZ. RV/7500571/2023, die Beschwerde gegen die sechs Bescheide (als verspätet) zurück.

Nun wertet der Magistrat der Stadt Wien das Anbringen des Bf. vom auch als Beschwerde gegen den Bescheid (Straferkenntnis) vom , GZ. MA67/Zahl/2023 und legte diesbezüglich die Beschwerde und den Magistratsakt an das BFG vor, wo sie am einlangten.

In dem nunmehr verfahrensgegenständlichen Fall ist die (hinterlegte) Sendung mit dem Straferkenntnis am dem Bf. ausgefolgt worden, sodass keine Umstände vorliegen können, welche den Zeitpunkt der rechtlichen Zustellung auf einen Zeitpunkt nach dem (Montag) verschieben könnten. Aufgrund der zumindest dreimonatigen Verspätung erübrigt sich ein Verspätungsvorhalt.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Relevante Gesetzestexte:

§ 7 Abs. 4 Satz 1 VwGVG: "Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen."
(Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG betrifft Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden. Der Magistrat der Stadt Wien ist eine Verwaltungsbehörde.)

§ 7 Abs. 4 Satz 3 (Z 1) VwGVG: "Sie [Die Frist] beginnt
1. in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,"
(Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG betrifft die Erhebung einer Beschwerde durch eine Person, die durch den Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet.)

§ 32 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG): "Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats." (Gemäß § 38 VwGVG in Verbindung mit (iVm) § 24 VStG ist u.a. diese Bestimmung des AVG auf das Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen anzuwenden.)

§ 28 Abs. 1 VwGVG: "Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen."

§ 31 Abs. 1 VwGVG: "Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss."

§ 50 Abs. 1 VwGVG (im Abschnitt über Verfahren in Verwaltungsstrafsachen): "Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden."

Anwendung auf den vorliegenden Fall:

Das Straferkenntnis enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung. Der spätestmögliche Zustellungszeitpunkt des verfahrensgegenständlichen Bescheides (Straferkenntnisses) liegt am Montag, . Die vierwöchige Beschwerdefrist im Sinne des § 7 Abs. 4 VwGVG hat gemäß § 32 Abs. 2 AVG (spätestens) mit dem Ablauf des (Montag) geendet.

Konsequenz aus der Erhebung der Beschwerde vom nach dem Ende der Beschwerdefrist hinsichtlich des verfahrensgegenständlichen Bescheides:
Die verspätete Beschwerde ist vom Verwaltungsgericht (hier: Bundesfinanzgericht) zurückzuweisen (, Rechtssatz 2; Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 50 VwGVG, Rz 2). Die Zurückweisung der Beschwerde hat gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG nicht durch Erkenntnis zu erfolgen. Die zurückweisende Entscheidung über die Beschwerde hat gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss zu erfolgen, wobei im Sinne des § 50 Abs. 1 VwGVG auf das inhaltliche Vorbringen des Bf. gegen die Bestrafung nicht eingegangen werden kann.

Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung:
Die öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, weil die Beschwerde zurückzuweisen ist, und weil eine Durchführung der Verhandlung nicht beantragt worden ist.

Zur Nichtvorschreibung von Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens:
Die Vorschreibung von Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens setzt gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG die Bestätigung des Straferkenntnisses (Bescheid) durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes voraus. Bei der Zurückweisung der Beschwerde mit Beschluss kommt keine Kostenvorschreibung in Betracht (Eder/Martschin/Schmid, Verfahrensrecht2, § 52 VwGVG K 1; Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG3, § 52 VwGVG Rz 4; Rosenkranz in Bumberger et al., VwGVG, § 52 Rz 2).

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Die belangte Behörde kann gegen den vorliegenden Beschluss aus folgenden Gründen keine (ordentliche) Revision erheben (wenngleich ihr die Erhebung einer außerordentlichen Revision möglich ist):

  1. Gemäß Art. 133 Abs. 4 Satz 1 iVm Abs. 9 B-VG ist gegen einen die Angelegenheit abschließenden Beschluss des Bundesfinanzgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des VwGH abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH nicht einheitlich beantwortet wird.

  2. Die der rechtlichen Zustellung zugrundeliegenden Tatfragen sind keine Rechtsfragen, weshalb diesbezüglich die Revision an den VwGH nicht zulässig ist (vgl. ).

  3. Die rechtliche Beurteilung der Zustellvorgänge ergibt sich unmittelbar aus dem Zustellgesetz. Die Fristen ergeben sich unmittelbar aus § 7 Abs. 4 VwGVG und § 32 Abs. 2 AVG. Die Vorgangsweise bei der Entscheidung über eine verspätet eingebrachte Beschwerde in einer Verwaltungsstrafsache ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (§ 28 Abs. 1, § 31 Abs. 1, § 50 Abs. 1 VwGVG) in Verbindung mit , Rechtssatz 2).

  4. Angesichts der eindeutigen Rechtslage ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG zu lösen, weshalb die Revision nicht zulässig ist, selbst wenn zu der anzuwendenden Norm noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl. ; ; ; ; , RNr. 10).

Für den Bf. geht die speziellere Regelung durch Art. 133 Abs. 4 Satz 2 iVm Abs. 9 B-VG iVm § 25a Abs. 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) vor, nach welcher für ihn eine Revision an den VwGH aus folgenden Gründen kraft Gesetzes (absolut) unzulässig ist:

  1. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist eine Revision gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes an den VwGH wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine - primäre (vgl. ) - Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

  2. Dies alles trifft im vorliegenden Fall zu:
    Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wäre die maximale Geldstrafe 365 Euro gewesen und keine primäre Freiheitsstrafe vorgesehen gewesen. Hierbei stellt eine gemäß § 16 Abs. 1 VStG festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe keine primäre Freiheitsstrafe dar (vgl. ).
    Die verhängte Geldstrafe (60 Euro) überschreitet die 400-Euro-Grenze nicht.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500004.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at