Rückforderung von zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe; die Überweisung der Beträge erfolgte auf das von der Bf bekanntgegebene Konto des anspruchsberechtigten Elternteils
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerdeführerin (Bf) gemäß § 26 Abs.1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) iVm § 33 Abs.3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) aufgefordert, die für ihre Söhne ***1*** und ***2*** für den Zeitraum Juli 2020 bis Juli 2022 bezogene Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag in Höhe von € 11.430,80 (FB: € 8.510,80; KG € 2.920,00) zurückzuzahlen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Kinder nicht mehr im Haushalt der Bf leben würden und die Bf auch nicht überwiegend die Unterhaltskosten für die Kinder trage.
Gegen diesen Bescheid hat die Bf mit Eingabe vom binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass die Familienbeihilfe unter ihrem Namen auf ein Konto ihres geschiedenen Mannes ausbezahlt worden sei und er die Familienbeihilfe erhalten habe.
Mit Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Anspruch auf Familienbeihilfe die Person habe, zu deren Haushalt das Kind gehört. Aus § 26 Abs.1 FLAG ergebe sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe seien dabei unerheblich.
Mit Eingabe vom beantragte die Bf die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Die Bf führte im Wesentlichen aus, dass die Familienbeihilfe seit Juli 2020 auf ein Konto ihres geschiedenen Mannes ausbezahlt worden sei. Somit habe die bezugsberechtigte Person die Familienbeihilfe erhalten.
Mit Vorlagebericht vom wurden der Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
***1***, geb. am ***3*** und ***2***, geb. am ***4*** sind die Kinder der Bf und des Kindesvaters ***5***.
Im Zuge der Scheidung der Ehe ist die Bf Ende Juni 2020 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Die Obsorge für die Kinder liegt laut dem Scheidungsvergleich vom alleine beim Kindesvater.
Die Bf teilte mit Eingabe vom dem Finanzamt Klagenfurt mit, dass die von ihr bezogene Familienbeihilfe künftig auf ein anderes Konto zu überweisen sei. Weitere relevante Umstände für den Bezug der Familienbeihilfe wurden nicht offengelegt. Bei dem genannten Konto handelt es sich um ein Konto des Kindesvaters.
Die Bf bezog im Zeitraum Juli 2020 bis Juli 2022 für ihr Kind ***1*** die Familienbeihilfe in Höhe von € 141,50 monatlich zuzüglich dem Kinderabsetzbetrag von € 58,40 monatlich und für ihr Kind ***2*** im Juli und August 2020 Familienbeihilfe in der Höhe von € 121,90 und von September 2020 bis Juli 2022 Familienbeihilfe in der Höhe von € 141,50 monatlich zuzüglich dem Kinderabsetzbetrag von € 58,40 monatlich. Im September 2020 und September 2021 wurde zudem die Familienbeihilfe für jedes Kind gemäß § 8 Abs.8 FLAG um € 100,00 erhöht, im September 2020 zudem einmalig € 360,00 pro Kind ausbezahlt. Zwischen Juli 2020 und Juli 2022 wurde zudem die Kinderstaffel für jedes ihrer beiden Kinder in Höhe von € 7,10 monatlich angewiesen. Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag wurden auf das bekanntgegebene Konto des Kindesvaters überwiesen.
2. Beweiswürdigung
Gemäß § 167 Abs.2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).
Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten. Der Sachverhalt ist unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 26 Abs.1 FLAG hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 2 Abs.1 lit.a FLAG haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für minderjährige Kinder.
Gemäß § 2 Abs.2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe die Person, zu deren Haushalt ein Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Gemäß § 33 Abs.3 EStG steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. … Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden.
Gibt der Beihilfenbezieher ein Bankkonto an, auf das die Familienbeihilfe (und der Kinderabsetzbetrag) vom Finanzamt überwiesen werden soll, sind Auszahlungen auf dieses Konto dem Beihilfenbezieher zuzurechnen, auch wenn Kontoinhaber ein Dritter ist (vgl ). Die Bekanntgabe einer Kontonummer und der Bezeichnung, auf wen das Konto lautet, die nicht notwendigerweise den Namen des Anspruchsberechtigten tragen muss, bewirkt in Verbindung mit der späteren Auszahlung auf dieses Konto noch nicht, dass der als Anspruchsberechtigte Auftretende, der diese Angaben getätigt hat, die Familienbeihilfe nicht bezogen hätte, sondern ein anderer über dieses Konto Verfügungsberechtigter (vgl ). Gibt ein vom Finanzamt als Anspruchsberechtigter Angesprochener eine Kontonummer bekannt und wird die Familienbeihilfe anschließend auf dieses Konto überwiesen, so ist dies dem Fall gleichzuhalten, dass der Betreffende diese Beträge erhalten und - gegebenenfalls - an eine andere Person weitergegeben hat (vgl , vgl. weiters ).
Die Weitergabe der Familienbeihilfe steht einer Rückforderung nicht entgegen. Es ist nicht von Bedeutung, dass vom Empfänger der Familienbeihilfe diese an einen anspruchsberechtigten Elternteil (vgl ; ); weitergeleitet wurde.
Besteht auf Grund der Änderung der Verhältnisse (Änderung der Sach- oder Rechtslage) kein Anspruch mehr auf Gewährung der Familienbeihilfe und wird diese trotzdem weiter bezogen, weil der Bezieher der Familienbeihilfe es unterlässt, eingetretene Änderungen der Verhältnisse rechtzeitig dem Wohnsitzfinanzamt mitzuteilen, obwohl er sich bei der Antragstellung verpflichtet hat, diese innerhalb eines Monats bekannt zu geben, oder das Wohnsitzfinanzamt feststellt, - sei es durch eine von ihm vorgenommene Überprüfung oder auf andere Weise - dass der Anspruch nicht mehr besteht, aber trotzdem die Familienbeihilfe weiterhin bezogen wurde, werden die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag vom Bezieher der Familienbeihilfe vom Wohnsitzfinanzamt zurückgefordert (§ 26 FLAG, vgl Lenneis/Wanke, FLAG, § 12 Rz 7).
Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familien-beihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge unerheblich. Entscheidend ist lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat (, ). Ob und gegebenenfalls, wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl zB , , ).
Zufolge der Haushaltszugehörigkeit der Kinder zum Vater stand aber dem Kindesvater im Rückforderungszeitraum die Familienbeihilfe (und Kinderabsetzbeträge) zu.
Das Vorbringen der Bf, dass die hier in Rede stehenden Beträge an das Bankkonto ihres Exgatten ausgezahlt worden seien, kann der Beschwerde daher nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag wurden zwischen Juli 2020 und Juli 2022 zu Unrecht bezogen und sind gemäß § 26 Abs.1 FLAG zurückzuzahlen.
Berechnung des Rückforderungsbetrages:
***1***:
FB: § 8 Abs.2 Z.3 lit.c FLAG: € 141,50 x 25 = € 3.537,50
FB: § 8 Abs.3 lit.a FLAG: € 7,10 x 25 = € 177,50
FB: § 8 Abs.8 FLAG: € 100 x 2 = € 200,00
FB: § 8 Abs.9 FLAG: € 360,00
KG: § § 33 Abs.3 EStG: € 58,40 x 25 = € 1460,00
***2***:
FB: § 8 Abs.2 Z.3 lit.b FLAG: € 121,90 x 2 = € 243,80
FB: § 8 Abs.2 Z.3 lit.c FLAG: € 141,50 x 23 = € 3.254,50
FB: § 8 Abs.3 lit.a FLAG: € 7,10 x 25 = € 177,50
FB: § 8 Abs.8 FLAG: € 100 x 2 = € 200,00
FB: § 8 Abs.9 FLAG: € 360,00
KG: § § 33 Abs.3 EStG: € 58,40 x 25 = € 1460,00
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rückforderung der Familienbeihilfe entspricht der bestehenden Gesetzeslage. Eine Revision ist daher nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 33 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100213.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at