Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2024, RV/7100246/2011

Naheverhältnis zwischen Gesellschafter und GmbH schadet einer Vermietung nicht, wenn kein Missbrauch gemäß § 22 BAO vorliegt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch ***2*** ***3***, ***6***, ***7***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide vom , betreffend Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs 4 betreffend Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 und Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008 und Festsetzung Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 und Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008 des Finanzamtes Österreich zu Recht erkannt:

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs 4 betreffend Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 und Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008 wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde gegen die Festsetzung Umsatzsteuer 2006 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen die Festsetzung Umsatzsteuer 2007, 2008 und Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Beschwerdegegenstand sind die Bescheide der Jahre 2006, 2007, 2008 betreffend Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer und der Sachbescheide betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer.

Die Firma ***1***, Beschwerdeführer, ist gemäß Bescheid der Bezirkshauptmannschaft seit zur Ausübung des Gewerbes "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik einschließlich der Entwicklung von Software" berechtigt.

100% Gesellschafter ***1***. war und ist Herr ***2*** ***3***. Herr ***2*** ***3*** war und ist Geschäftsführer dieser GmbH.

Für die Jahre 2006, 2007, 2008 fand eine Außenprüfung des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer statt.

Die Betriebsprüfung traf im Betriebsprüfungsbericht folgende vom Beschwerdeführer bekämpfte beschwerdegegenständliche Feststellungen:

In Tz. 7 wurde zu den Dienstwohnungen folgendes durch die Betriebsprüfung festgestellt:

"Im Prüfungszeitraum wurden vom 100% Gesellschafter ***2*** ***3***, zwei Eigentumswohnungen in ***4*** als Dienstwohnungen angemietet. Das Mietverhältnis wurde von der Betriebsprüfung nicht anerkannt, da die Anmietungen der beiden Dienstwohnungen nur durch das Nahverhältnis des Gesellschafters zustandegekommen sind. Es wurde im Zuge des Prüfungsverfahrens keine betriebliche Notwendigkeit für die Anmietung der beiden Wohnungen festgestellt.

Die steuerlichen Auswirkungen werden wie folgt dargestellt:


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Vorsteuerkorrektur
2007
11.159,75
2008
5.064,36
Erfolgsänderungen
2007
17.775,41
2008
25.880,42

Steuerliche Auswirkungen


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Zeitraum
2007
2008
Euro
Euro
Umsatzsteuer
[060] Vorsteuern (ohne EUSt)
-11.159,75
-5.064,36
Körperschaftssteuer
[636] Einkünfte aus Gewerbebetrieb
17.775,41
25.880,42
[777]Gesamtbetrag der Einkünfte
17.775,41
25.880,42

Das Finanzamt erließ nach Wiederaufnahme des Verfahrens neue Sachbescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftssteuer für die Jahre 2006, 2007, 2008 in denen sie die Feststellungen der Betriebsprüfung - die nichtbeschwerdegegenständlichen sowie die beschwerdegegenständlichen - in die Festsetzung miteinbezog.

In der dagegen erhobenen Beschwerde bekämpfte die Beschwerdeführerin die Miteinbeziehung der Feststellungen in Punkt Tz 7 des BP-Berichtes, die Nichtanerkennung des Mietverhältnisses zwischen der Beschwerdeführerin der ***1*** und Herrn ***2*** ***3***.

In der Begründung der Beschwerde wurde ausgeführt, dass in einer Vorentscheidung das Mietverhältnis und die Anschaffung der Einrichtungsgegenstände durch die GmbH grundsätzlich anerkannt wurden. "Zum gleichen Problem hat der UFS bereits in seiner Berufungsentscheidung vom (GZ. RV/0799-W/08) Stellung genommen. Dabei wurden die Anschaffung der Einrichtungsgenstände durch die GmbH und der Mietvertrag mit dem Gesellschafter grundsätzlich anerkannt. Lediglich auf die Beobachtung der Entwicklung der Kundenbeziehungen im ***5*** Raum bzw. auf allenfalls daraus resultierende Folgen für den Mietvertrag wurde in zitierten Entscheidung hingewiesen."

In der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung RV/0799-W/08 betreffend Umsatzsteuerfestsetzung für den Zeitraum bis wurde die Beschwerde deshalb abgewiesen, da keine ordnungsgemäße Rechnung mit gesondertem Steuerabzug vorlag.

In ihrer Stellungnahme zur Beschwerde führte die Betriebsprüfung im Wesentlichen zusammenfassend aus, dass sich die Sachlage wie folgt entwickelte:

"Im gesamten Prüfungszeitraum seien im überwiegenden Ausmaß zwei Kunden in Deutschland und ein Kunde in ***4*** betreut worden. Im Prüfungszeitraum seien 3 Dienstnehmer und der Pflichtige im Unternehmen operativ tätig gewesen. Herr ***2*** ***3*** und sein Bruder hätten die Kunden in Deutschland betreut und die angestellten die Kunden in ***4***. Zum Teil wurden vom Geschäftsführer und seinem Bruder nur Auslandsdiäten verrechnet, ein Angestellter hat Diäten für das Inland verrechnet. Ein Arbeitnehmer verrechnete auch Pendlerpauschale und machte Familienheimfahrten geltend. Im Zeitraum. Der für die Beurteilung der betrieblichen Notwendigkeit der beiden Wohnungen maßgeblich war, ist lediglich ein Mitarbeiter im Raum ***4*** tätig gewesen.

Bis zur Stellungnahme der Betriebsprüfung am wurden die Wohnungen weder als echte Dienstwohnung noch als Betriebsstätte des Pflichtigen genutzt. Im Prüfungszeitraum waren die Auftraggeber 2 deutsche Unternehmer und ein ***5*** Unternehmen. Es wurden mehr Auslandserlöse als Inlandserlöse erzielt.

Es sei auch festzuhalten, dass sich die Tätigkeit der Gesellschaft, wie üblich in der Branche, hauptsächlich bei den Kunden vor Ort stattfindet. Selbst wenn der Auftraggeber in ***4*** wäre, sei es durchaus möglich, dass die Tätigkeit der Mitarbeiter an anderen Standorten zu erfolgen hat."

Die Beschwerde wurde direkt an die zweite Instanz vorgelegt.

Das Bundesfinanzgericht ersuchte um Beantwortung folgender Fragen:

"Bis zu welchem Zeitpunkte und in welchem Ausmaß wurden die Dienstwohnungen von Arbeitnehmern oder Ihrerseits beruflich genutzt?

Um Vorlage einer Aufstellung der Nutzung dieser Dienstwohnungen derjenigen Arbeitnehmer - unter Bekanntgabe der Hauptwohnsitze dieser in diesem Zeitraum - für den gesamten Zeitraum wird ersucht.

Wer benutzt derzeit diese Wohnungen und zu welchem Zweck?"

Durch die steuerliche Vertretung wurde dies in der Beantwortung zum Vorhalt im Beschwerdeverfahren des Geschäftsführers in einem wie folgt beantwortet:

Die Wohnungen wurden von den Arbeitnehmern und dem Geschäftsführer genutzt. Die Beschwerdeführerin nutzte eine Wohnung auch als Geschäftsstandort sowie als Büro. Auch wurde sie weiterhin als Schlafstelle für Mitarbeiter genutzt. Die zweite Wohnung wurde ebenso als Büro und Schlafstelle genutzt. Später wurde sie einer Verwandten zur Nutzung überlassen. Nach Ende dieser Nutzung wurde diese Wohnung an eine Privatperson vermietet.

Die detaillierten Aufstellungen ergeben sich aus der Vorhaltsbeantwortung der Beschwerdeführerin und sind dem Finanzamt bekannt.

Das Finanzamt gab zu der Beantwortung des Vorhaltes folgendes bekannt:

Betreffend der Auflistung der Personen lt. steuerlicher Vertretung, die in den beiden Wohnungen in den jeweiligen Jahren untergebracht waren, werden keine gegenteiligen Äußerungen abgegeeben. Das Finanzamt Österreich nimmt daher Abstand von einer Stellungnahme betreffend der Beantwortung des steuerlichen Vertreters zu oben genannter Verfahren.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Dienstwohnungen:

Die Beschwerdeführerin hatte im beschwerdegegenständlichen Zeitraum ihren Sitz in Südburgenland. Sie mietete in diesem Zeitraum 2 Eigentumswohnungen in ***4***, die im Eigentum ihres Alleingesellschafters und Geschäftsführers standen. Sie sollten als Schlafstellen und Arbeitsräume für die Mitarbeiter und Geschäftsführers nach Dienstschluss dienen. Die Räumlichkeiten wurden von den Mitarbeitern genutzt, da sie im Südburgenland wohnten. Es wurden auch dementsprechende Reisekosten und Diäten den Mitarbeitern gewährt. Die Wohnungen wurden in den Jahren 2006,2007, 2008 wurden betrieblich genutzt. Ab 2009 wurden die Wohnungen weiterhin betrieblich von den Mitarbeitern, dem Geschäftsführer und als Geschäftsstandort genutzt. Die Tätigkeit der Mitarbeiter war nahezu ausschließlich in ***4***. Der Geschäftsführer und sein Bruder waren überwiegend für Firmen im Ausland tätig.

GPLA: Die Mehrergebnisse bezüglich der Lohnsteuer, DB, DZ, SZ, GKK-Beiträge und Kommunalsteuer ergeben sich aus der GPLA- Prüfung.

2. Beweiswürdigung

Dies steht aufgrund des bisherigen Verfahrens, der Betriebsprüfung, den Ermittlungen des Finanzamtes und dem Vorbringende des Beschwerdeführers sowie dem Vorbringen über den Vorhalt des BFG fest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

  1. Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 sowie Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008

§ 303. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und

a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder

c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

(3) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.

(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Gemäß § 303 Abs 4 BAO in der damals geltenden Fassung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von amts wegen dann zulässig, wenn in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Betriebsprüfungsbericht vom wies folgende steuerlich relevante Feststellungen auf:

TZ1 sonstige Gebühren; Tz2 PKW-Aufwendungen; Tz 3 Erlöse; Tz 4 Vorsteuer Pkw; Tz 5 Diäten; Tz6 Fortbildungskosten; Tz7 Dienstwohnungen.

Die Beschwerdeführerin bekämpfte nur die Feststellungen zu den Dienstwohnungen. Die weiteren Feststellungen der Betriebsprüfung wurden von der Beschwerdeführerin anerkannt.

Da die steuerlichen Auswirkungen nicht gering waren, war der Rechtsrichtigkeit der Vorrang zu geben.

Die Beschwerde gegen die Wiederaufnahme der Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2006, 2007, 2008 sowie Körperschaftsteuer 2006, 2007, 2008 wird daher abgewiesen.

  1. Umsatzsteuerbescheide 2006, 2007, 2008 und Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007, 2008

Dienstwohnungen:

Die Anmietung einer Dienstwohnung durch eine GmbH ist eine Betriebsausgabe gemäß § 4 Abs 1 und Abs 3 EStG. Sie kann nur dann nicht zu Betriebsausgaben führen, wenn ein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeit vorliegt. Die Vorentscheidung RV/799-W/08 führt dazu aus:

Wie in -G/09 ausgeführt:

"a) Angehörigenvereinbarungen

Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung würden Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen steuerlich nur dann anerkannt, wenn sie nach außen hinreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung), einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Diese Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen und beruhten auf der in § 21 BAO normierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wobei ein Naheverhältnis nicht generell zu Verdachtsvermutungen gegen Angehörigenvereinbarungen bzw. zu einer steuerlichen Schlechterstellung führen dürfe (vgl. Rz 1131 EStR 2000 und die dort zitierte Rechtsprechung).

Die Publizitätswirkung (im konkreten Fall Mietvertrag) sei durch Vorlage gegenüber dem Finanzamt bereits im Jahr 2007 eindeutig gegeben. Auch sei der Inhalt des Bestandsvertrages eindeutig, klar und jeden Zweifel ausschließend.

Der Bestandsvertrag sei ihres Erachtens in sämtlichen Bestandteilen wie Beschreibung des Mietgegenstandes, Vertragsdauer (samt Kündigungsverzicht der Vermieterin auf 25 Jahre bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Kündigung aus wichtigem Grund), Mietzins, Wertsicherung, Erhaltung und Reparaturen, Investitionen samt Investitionsablöse usw. fremdüblich.

Bezüglich des Kündigungsverzichtes der Vermieterin sei dies bei höheren Mieterinvestitionen gang und gäbe.

Die Höhe des Mietzinses sei unter dem Gesichtspunkt des im § 1 des Bestandsvertrages umschriebenen Mietgegenstandes zu sehen. Weiters sei der Fremdvergleich (gemeint wohl: Mietzins) der Empfehlung des Sachverständigenverbandes wie auch bekannter Vergleichsmieten im Bereich Graz-Umgebung angemessen.

Dass die Bestandgeberin eine sich bietende Chance wahrgenommen habe, könne man ihr nicht zum Vorwurf machen (siehe zB ).

b) Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten

Nach Rechtsprechung und Literatur sei Missbrauch eine rechtliche Gestaltung, die im Hinblick auf den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg ungewöhnlich und unangemessen sei und ihre Erklärung nur in der Absicht der Steuervermeidung finde. Es sei dann zu prüfen, ob der gewählte Weg noch sinnvoll erscheine, wenn man den abgabensparenden Effekt wegdenke oder ob er ohne das Resultat der Steuervermeidung einfach unverständlich wäre. Die Anwendbarkeit des § 22 setze neben dem objektiven Element der ungewöhnlichen und unangemessenen Gestaltung auch ein subjektives Element (die Absicht der Steuervermeidung) voraus. Eine ungewöhnliche Gestaltung sei allerdings kein Missbrauch im Sinne des § 22, wenn für sie außersteuerliche Gründe vorlägen. Beispielsweise würden mietrechtliche, gewerberechtliche und sozialversicherungsrechtliche Gründe genannt.

Im gegenständlichen Fall liege weder eine ungewöhnliche Vorgangsweise vor - die Vermietung von Bestandobjekten an nahe Angehörige bzw. eigene Kapitalgesellschaften (siehe zuletzt und ) sei wohl nicht ungewöhnlich - noch liege Unangemessenheit vor (wie bereits in den bisherigen Ausführungen wiederholt dargestellt)."

Diese Ausführungen gelten auch für ein Naheverhältnis zwischen einer GmbH deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieselbe Person sind.

Aus den Feststellungen in der Vorentscheidung RV/0799-W/08 lässt sich schließen, dass die Absicht der Vermietung durch den Alleingesellschafter an die GmbH weder unüblich noch ein Missbrauch war.

Die Bedingungen des Mietvertrages waren fremdüblich, die Miete den steigenden Mietkosten in den betreffenden Jahren und der guten Lage angemessen. In den betreffenden Jahren vor dem weltweiten Finanzcrash war das Halten und Akquirieren von entsprechend ausgebildetem Personal eine Notwendigkeit und musste die das Verbleiben und die Anwerbung attraktiv für mögliche Bewerber der IT-Branche sein. Dass ein Teil der Kunden im Ausland ihren Sitz hatte, schadet der damaligen strategischen Überlegung für Mitarbeiter eine Wohn-und Arbeitsmöglichkeit zu bieten nicht ebenso wenig schadet dieser strategischen Überlegung die Möglichkeit ein zweites Bürostandbein in ***4*** aufzubauen nicht. Im damaligen Beschwerdezeitraum investierten auch in Österreich die großen Banke, die ihren Sitz überwiegend in ***4*** hatten und haben, in ihre IT-Ausstattung.

Um neues Personal von außerhalb anwerben zu können, war eine gute Wohn- und Arbeitsmöglichkeit in guter Lage eine attraktive und durchaus fremdübliche Dienstvertragsvereinbarung. Dies trägt den wirtschaftlichen Überlegungen Rechnung. Ebenso hätte eine andere Wohnung für das Nutzen der bestehenden Mitarbeiter und das Anwerben zukünftiger Mitarbeiter angemietet werden können. Das Naheverhältnis zum Allleingesellschafter schadet im konkreten Fall daher nicht. Normale wirtschaftliche Überlegungen und strategische Pläne für die Zukunft waren gleich jedem anderen Unternehmen. Es kann daher kein Missbrauch der Gestaltungsmöglichkeit festgestellt werden.

Die Kosten für die Dienstwohnungen werden daher in der Umsatzsteuer und in der Körperschaftsteuer anerkannt.

Der Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2007, 2008 und Körperschaftsteuerbescheide 2006, 2007, 2008 wird stattgegeben.

Da für 2006 keine Feststellungen zu Kosten der Dienstwohnungen in der Umsatzsteuer festgestellt wurden, dies der einzige Beschwerdepunkt ist, wird die Beschwerde gegen die Umatzsteuer 2006 als unbegründet abgewiesen.

GPLA-Ergebnisse:

Wie in der Beschwerde beantragt werden die Ergebnisse der GPLA-Prüfung berücksichtigt.

Die GPLA Ergebnisse werden in der Festsetzung für 2006, 2007, 2008 der Körperschaftssteuerberücksichtigt.

Die Berechnungen der Abgabenfestsetzungen siehe den Beiblättern.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da es sich um Sachverhaltsfeststellungen handelt und die rechtlichen Schlussfolgerungen der herrschenden Judikatur dazu folgt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 22 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7100246.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at