Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.01.2024, RV/1100266/2022

Anspruch auf die volle Werbungskostenpauschale (2.190,00 €) für Vertreter im Außendienst - Kürzung um nicht steuerbare Kostenersätze nach § 26 EStG 1988?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK


Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Kofler in der Beschwerdesache des Bf., L-Straße-xx, Gde X, über die Beschwerden vom gegen die (2018-2020: gemäß § 293b BAO berichtigenden) Bescheide des Finanzamtes Österreich, Postfach 260, 1000 Wien, vom betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2018 bis 2021 zu Recht erkannt:


Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.


Eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe


Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) war in den Streitjahren ganzjährig bei der Fa. XY GmbH, E-Straße-yy, GDe Y, nichtselbständig tätig; er war seinen Einkommensteuererklärungen zufolge als Vertreter beschäftigt.

Mit seinen elektronisch eingelangten Einkommensteuererklärungen für die Beschwerdejahre begehrte der Bf. im Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter jeweils ganzjährig die Berücksichtigung des Berufsgruppenpauschales für Vertreter. In der dafür vorgesehenen Kennzahl 437 gab er jeweils Kostenersätze mit Null an.

Im Rahmen der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer für die Jahre 2018 bis 2020 wurde mit Bescheiden vom (2018), vom (2019) und vom (2020) jeweils das geltend gemachte Berufsgruppenpauschale mit dem Höchstbetrag von 2.190,00 € als Werbungskosten berücksichtigt.
Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2021 wurde anhand der übermittelten Lohnzettel für die Beschwerdejahre von Seiten der Abgabenbehörde festgestellt, dass der Bf. in den fraglichen Jahren Fahrkostenersätze von seiner Arbeitgeberin (nichtsteuerbare Bezüge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988) iHv 3.347,10 € (2018), 2.425,80 € (2019), 1.310,90 € (2020) und 3.080,00 € (2021) erhalten habe, woraufhin das Finanzamt die Einkommensteuer(erst)bescheide 2018 bis 2020 mit Berichtungsbescheiden gemäß § 293b BAO vom dahingehend ergänzte, als es den Höchstbetrag des Berufsgruppenpauschales um die gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 gewährten Kostenersätze (vollständig bzw. anteilig) kürzte. Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer 2021 veranlagt; dabei blieb die beantragte Berufsgruppenpauschale unberücksichtigt, zumal die in diesem Jahr erhaltenen Kostenersätze den Höchstbetrag des Vertreterpauschales überstiegen.

Mit dagegen erhobenen (bis auf Pkt. 1 wortgleichen) Beschwerden vom (bei der Abgabenbehörde am elektronisch eingelangt) wandte sich der Bf. unter Vorlage der Jahreslohnzettel gegen die (vollständige bzw. teilweise) Streichung der Berufsgruppenpauschale für Vertreter iHv 5% bzw. max. 2.190,00 €; dabei stellte er für die Beschwerdejahre 2018 bis 2020 den Antrag "auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand der Einkommensteuerbescheide 2018, 2019 und 2020 und demnach um die rückwirkende (Wieder)Gewährung der Vertreterpauschale in der Höhe von 2.190,00 € je Kalenderjahr" und für 2021 "das Vertreterpauschale weiterhin vollständig zu gewähren und maximal um die pauschalen Diäten in der Höhe von 371,30 € zu kürzen, nicht jedoch um die steuerfreien Kilometergelder in der Höhe von 2.709,00 €" und brachte dazu Folgendes begründend vor:

""Ich bin seit bei der Firma XY GmbH im Vertrieb tätig und überwiegend im Außendienst beschäftigt. Meine Tätigkeit erfüllt grundsätzlich alle inhaltlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Vertreterpauschale in der Höhe von 5% bzw. in meinem Fall in der Höhe von max. EUR 2.190,00 pro Kalenderjahr.
Dieses Vertreterpauschale wurde über sämtliche Jahre seit Beginn meiner Beschäftigung im Rahmen der Einkommensteuerklärung beantragt und immer vollständig gewährt. Bis einschließlich 2020. Im Juni 2022 erfolgte dann eine gänzliche Rückforderung der Vertreterpauschale für die Jahre 2018 und 2019 und für das Jahr 2020 wurde dieses teilweise gekürzt. Das Finanzamt begründet diese Kürzung bzw. Streichungen damit, dass ich "Ersätze" erhalten habe.
Mir war allerdings zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass das Kilometergeld, das ich für betrieblich notwendige Fahrten erhalte und auch die steuerfreien Reisekosten, welche ich für Dienstreisen von meinem Arbeitgeber erhalte, das Vertreterpauschale kürzen sollen. Mir war diese gesetzliche Änderung nicht bekannt, darüber hinaus kann ich diese auch nicht gänzlich nachvollziehen.

1. Für die betroffenen Kalenderjahre 2018 bis 2020 erhielt ich je einen zwischenzeitlich rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid, in dem mir dieses Vertreterpauschale zuerkannt wurde. Ich ging selbstverständlich davon aus, dass meine Erklärungen inhaltlich geprüft, von der Behörde beurteilt wurden und die Einkommensteuerbescheide natürlich rechtmäßig erfolgten.
Wenn nun aber derartige Änderungen in der Verwaltungspraxis stattfinden, von denen ich als Laie keinerlei Kenntnis habe, und ich mich zudem auch nicht im Zuge einer Befragung durch das Finanzamt äußern konnte oder überhaupt darüber in Kenntnis gesetzt worden bin, dann ist es meiner Ansicht nach legitim, dass ich auf die behördliche Beurteilung vertraue.
Darüber hinaus hätte doch das Finanzamt jederzeit erkennen können, dass bei den übermittelten Lohnzetteln meines Arbeitgebers (L 16) in all diesen Jahren die Positionen "nicht steuerbare Bezüge (§ 26 Z 4) und steuerfreie Bezüge (§ 3 Abs. 1 Z 16b)" befüllt gewesen waren. Das Finanzamt hätte den Erhalt solcher Bezüge also jederzeit - auch ohne Rückfragen - feststellen können.
Die amtswegige Wiederaufnahme der Jahre 2018 bis 2020 stellt für mich einen nicht bloß geringfügigen finanziellen Nachteil dar, für den ich keine Verantwortung bei mir erkennen kann. Ich habe mich nicht nur auf den Fortbestand der gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch auf die Beurteilung und die Richtigkeit der Einkommensteuerbescheide verlassen. Diese waren längst rechtskräftig geworden.
Wenn nun also das Vertreterpauschale nicht rechtmäßig zugestanden sein soll, dann war es jedenfalls für mich nicht möglich diese Unrechtmäßigkeit zu erkennen; für das Finanzamt wäre das hingegen jederzeit möglich gewesen. Ich beziehe mich an dieser Stelle auf den Grundsatz von Treu und Glauben und ersuche um Wiedereinsetzung der Bescheide in den vorherigen Stand.

2. Ich erhalte von meinem Arbeitgeber pauschale Kostenersätze. Ein großer Teil dieser Kostenersätze betreffen pauschale Kilometergelder, die ich für betriebliche Fahrten mit meinem privaten KFZ erhalte. Die Abgeltung für diese betrieblichen Fahrten erfolgt in der Höhe des amtlich geregelten Kilometergeldsatzes von EUR 0,42 je gefahrener Kilometer.
Mein Privatfahrzeug verwende ich in geringem Ausmaß privat; eine viel stärkere Bedeutung hat mein privates Fahrzeug für meine berufliche Tätigkeit. Ich bin überwiegend im Außendienst tätig. Mein Fahrzeug hat daher auch repräsentativen Zweck und die Art und Größe des Fahrzeugs wurde auch in Hinblick auf meine repräsentative Tätigkeit getroffen.
Das Kilometergeld erhalte ich als Abgeltung für Kosten, die mir bei der betrieblichen Verwendung des Fahrzeugs entstehen. Insbesondere werden demnach Treibstoff, Service und Reparaturkosten, Parkgebühren, Vignette und AFA, sowie Versicherungen, etc. im Verhältnis zur betrieblichen Verwendung abgegolten. Ob und inwieweit die Kostenabgeltung dabei der Realität entspricht, bleibt hier ohnedies außer Acht. Es wird der gesetzlich vorgeschriebene Pauschalsatz angewendet, der diese Aufwendungen beinhalten und abgelten soll.
Das Vertreterpauschale steht jedenfalls jenen Vertretern im vollem Umfang zu, deren Arbeitgeber für die Bereitstellung eines betrieblichen Fahrzeuges aufkommen und darüber hinaus sämtliche Erhaltungskosten und laufenden Betriebskosten des bereitgestellten Fahrzeuges übernehmen (RZ 425 LStRL). Dagegen sollte aber ein angestellter Vertreter, der diese Vorzüge allesamt nicht genießt, zusätzlich auch noch durch Kürzung bzw. Streichung des Vertreterpauschales höherbelastet werden.
Es ist wohl der Wille dieser Verordnung, dass Kosten, wie die "Zurverfügungstellung eines Dienstkraftwagens für berufliche Fahrten" und auch Kosten für die "Bereitstellung von sonstigen Transportmitteln und Transportmöglichkeiten bei Dienstreisen", das Vertreterpauschale bzw. andere Durchschnittssätze gem. § 17 EStG nicht schmälern sollen.
Den Ausführungen der RZ 425 der Lohnsteuerrichtlinien zufolge, schließt das (Vertreter)Pauschale also Fahrtkosten für Dienstreisen inhaltlich zur Gänze aus. Der bloße Umstand, dass meine Fahrkosten pauschal abgegolten wurden, weil ich kein Fahrzeug gestellt bekommen habe, sondern mein privates verwenden musste, soll aber nun seit 2018 zu einer Kürzung des Vertreterpauschale führen. Nun, eine andere Art der Kostenübernahme als die Erstattung in Form von Pauschalsätzen (= amtliches Kilometergeld) gibt es für meine Konstellation nicht. Mein Arbeitgeber hat sich (vermutlich aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus) anstelle einer Anmietung oder der Anschaffung eines Betriebsfahrzeuges für die Verwendung von meinem privaten Fahrzeug entschieden. Er "kauft" sich die betrieblich gefahrenen Kilometer also ein. Diese Form der Verwendung ist meiner Ansicht nach einer Anmietung gleichzusetzen, in diesem Fall nicht durch einen Dritten, aber eben durch mich als Dienstnehmer; das ist doch auch viel naheliegender und vermutlich günstiger.
Wenn also die Zurverfügungstellung eines Dienstkraftfahrzeuges für berufliche Fahrten keine Minderung der Durchschnittssätze zur Folge hat, jedoch die völlig gleichartige Verwendung meines privaten Fahrzeuges schon, dann widerspricht das meinen Vorstellungen eines Gleichheitsgrundsatzes. Diese beiden unterschiedlichen Konsequenzen widersprechen sich inhaltlich vollkommen und es handelt sich um eine Schlechterbehandlung verschiedener Personen derselben Berufsgruppe mit ansonsten ein und denselben Grundvoraussetzungen.
Ein Außendienstmitarbeiter, der ein betriebliches Fahrzeug zur Verfügung gestellt bekommt, hat keinerlei Aufwendungen oder Kosten für die Dienstfahrten zu tragen, er wird in Bezug auf sämtliche Kosten, die für betriebliche Fahrten anfallen, schadlos gehalten.
Die Erstattung des amtlichen Kilometergeldes für die betriebliche Verwendung eines Privatfahrzeuges zielt exakt auf dasselbe Ergebnis ab. Es hat also den Zweck den Dienstnehmer für die Bereitstellung seines Fahrzeugs in Hinblick auf die verursachten Kosten ebenfallsschadlos zu halten und vermutlich nicht, ihn zu bereichern. Es ist generell fraglich, ob ich als Dienstnehmer mit EUR 0,42 pro gefahrenen Kilometer tatsächlich schadlos gehalten werden konnte. Vor allem wenn man beachtet, wie stark Preise in den vergangenen Jahren gestiegen sind, das amtliche Kilometergeld jedoch seit Jahrzehnten mit EUR 0,42 pro Kilometer festgeschrieben ist.""

In Erwiderung auf das abgabenbehördliche Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom , wonach der Bf. auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, Differenzwerbungskosten zwischen den tatsächlichen und den von der Arbeitgeberin erhaltenen Reisekostenersätzen geltend zu machen, weiters ersucht wurde, die tatsächlichen und die abgegoltenen Reisekosten bekannt zu geben und in diesem Zusammenhang ein entsprechendes Fahrtenbuch, woraus die beruflich gefahrenen Kilometer ersichtlich sind, und eine Aufstellung der beruflich gefahrenen Kilometergelder und der Reisediäten, welche ersetzt wurden, vorzulegen, erklärte der Bf. mit am elektronisch eingelangtem Anbringen, dass für ihn leider keine Möglichkeit bestehe, derartige Differenzwerbungskosten geltend zu machen.

Mit Einkommensteuerbescheiden 2018 bis 2021 (Beschwerdevorentscheidungen gem. § 262 BAO) vom wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab; auf die zusätzliche Bescheidbegründung (Verf 40) vom wird an dieser Stelle verwiesen.

Mit Anbringen vom stellte der Bf. einen Antrag auf Vorlage der Beschwerden an das Bundesfinanzgericht, womit die Beschwerden wiederum als unerledigt galten. Im Vorlageantrag beantragte der Bf. für die Streitjahre die vollständige Gewährung (ohne Kürzung) der Vertreterpauschale iHv jeweils 2.190,00 € ohne Abzug der pauschalen Kilometergelder, verwies auf sein Beschwerdevorbringen und führte Nachstehendes ergänzend (wörtlich) aus:

""Das Finanzamt führt in seiner Beschwerdevorentscheidung aus, dass eine Bescheidberichtigung gem. § 293b BAO durchzuführen gewesen sei, da im Zuge der Überprüfung der Abgabenerklärung 2021 festgestellt wurde, dass Reisekostenersätze durch den Arbeitgeber im Lohnzettel (L16) übermittelt wurden. Es handle sich dabei um eine offensichtliche Unrichtigkeit, die nun rückwirkend ab 2018 zu berichtigen sei. Die Berichtigungen seien unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) im Interesse der Rechtsrichtigkeit und Rechtsbeständigkeit erfolgt.
Gem. § 293b BAO kann die Abgabenbehörde einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Die Unrichtigkeit muss It. Rechtsprechung "qualifiziert rechtswidrig" sein, und dies ist der Fall, wenn der Bescheid auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht.
Dagegen sind
unrichtige, aber vertretbare Rechtsbeurteilungen keine "offensichtlichen Unrichtigkeiten" und liegen außerhalb des Tatbestandes des § 293b BAO (Stoll, BAO - Kommentar, Band. 3 S. 2834).
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass eine solche vertretbare Rechtsbeurteilung vorliegt:
In der RZ 425 der LStR wird ausgeführt, dass die Zurverfügungstellung eines Dienstkraftwagens für berufliche Fahrten sowie die Bereitstellung von sonstigen Transportmitteln und Transportmöglichkeiten bei Dienstreisen (u.A.)
nicht als Kostenersätze im Sinne der Verordnung des BMF und somit nicht für die Kürzung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten (in meinem Fall das Vertreterpauschale) herangezogen werden. Offensichtlich ist der Wille der Verordnung zu § 17 EStG durch das Vertreterpauschale andere Werbungskosten im Zusammenhang mit dieser Berufstätigkeit, nicht aber die Kosten der betrieblichen Fahrten pauschal abzugelten.
Der bloße Umstand, dass ich kein Fahrzeug von meinem Arbeitgeber zur Verfügung gestellt bekomme und das Gesetz außerdem keine andere Form der Abgeltung (zB Miete) der entstandenen Aufwendungen für die Zurverfügungstellung meines Fahrzeuges als in der Form von pauschalen Kilometergelder vorsieht, führt nun aber dazu, dass seit 2018 entsprechend der RZ 426 LStR das Berufsgruppenpauschale um diese Kilometergelder gekürzt werden soll und dadurch in meinem Fall sogar z.T. gar nicht mehr zustehen soll.
Würde mir mein Arbeitgeber ein Fahrzeug bereitstellen bzw. für meine Fahrten ein Fahrzeug von einem Händler anmieten, dann würde mir das Vertreterpauschale hingegen ungekürzt zustehen. Hierbei handelt es sich um eine Ungleichbehandlung, die dem Gleichheitsgrundsatz widerspricht. Durch den Erhalt von Kilometergeldern werden meine privaten Belastungen für die betrieblich notwendigen Fahrten abgegolten und nicht mehr. Ich sollte dadurch in Bezug auf die Betriebsfahrten nichts weiter als schadlos gehalten werden (Anm.: Die Höhe dieser Abgeltung hält ohnedies keinen tatsächlichen Kosten stand). Daraus würde sich erst einmal kein Unterschied mehr gegenüber einem Vertreter, der mit einem Betriebsfahrzeug fährt, ergeben. Jedoch soll nun, It. Rechtsansicht der Behörden, seit 2018 das Vertreterpauschale um diese Kilometergelder plötzlich geschmälert werden, wodurch ein starkes steuerliches Ungleichgewicht entsteht.
Ein Vertreter, der sein Fahrzeug für berufliche Fahrten vom Betrieb zur Verfügung gestellt bekommt, muss nämlich
keinerlei Kürzung erleiden. Der bloße Umstand, dass diese Kostenersätze "pauschal" sind, führt offenbar zu dieser Rechtshaltung der Behörden. Es besteht jedoch keine andere Möglichkeit der Kostenabgeltung als diese. Dieser Vergleich soll aber nicht auf Vertreter abzielen, die einen Sachbezug versteuern; durch die Besteuerung von Sachbezügen werden ja ausschließlich Privatfahrten versteuert. In meinem Vergleich geht es vielmehr darum, dass mit den betrieblichen Dienstfahrten von Vertretern vollkommen unsachlich differenziert umgegangen wird. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet jedoch willkürliche, unsachliche Differenzierungen auf den Gebieten der Normsetzung und des Normvollzuges.
Unter "Billigkeit" versteht die ständige Rechtsprechung des VwGH die Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen einer Partei. "Billigkeit" gebietet etwa auch die Berücksichtigung von Treu und Glauben (Ritz, a.a.O., Anm. 7 Z § 20). Unter Treu und Glauben versteht man, dass jeder, der am Wirtschaftsleben teilnimmt, zu seinem Wort und seinem Verhalten zu stehen hat. Auch wenn in der Einkommensteuererklärung die Position betreffend erhaltener Reisekostenersätze gem. § 26/4 EStG durch mich nicht befüllt wurde, weil ich diesen Umstand vermutlich übersehen hatte, wäre es für das Finanzamt hingegen bereits im Zuge der Veranlagung erkennbar gewesen, dass solche Spesen bezogen wurden. Mir war die rechtliche Änderung und die Konsequenz darüber nicht klar, jedoch ging ich selbstverständlich im Vertrauen auf die Richtigkeit der Bescheide davon aus, dass mir diese Vertreterpauschale weiterhin wie gehabt zusteht. Ich beziehe mich auf den Grundsatz von Treu und Glauben und das Vertrauen darauf, einen ordnungsgemäßen Bescheid erhalten zu haben, insbesondere nachdem sich offenbar das Verhalten und die Ansichten der Behörde in dieser Angelegenheit geändert haben und nicht etwa ich mein Verhalten verändert habe.

Zusammenfassend möchte ich also anbringen, dass

1. eine offensichtliche Unrichtigkeit schon deshalb nicht vorliegt, da eine vertretbare Rechtsbeurteilung über das Zustehen der ungekürzten Vertreterpauschale besteht und rückwirkend bestanden hat. Diese Unrichtigkeiten liegen daher außerhalb des Tatbestandes des § 293b BAO.

2. Ermessensübungen sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umständen zu treffen. Es ist auch der Grundsatz von Treu und Glauben zu berücksichtigen, dies muss auch auf das Vertrauen in die Rechtsicherheit von Steuerbescheiden zutreffen.

3. Die offensichtliche Ungleichbehandlung in Bezug auf die Höhe des Vertreterpauschale seit 2018 zwischen Vertretern mit bereitgestellten Firmenfahrzeug und Vertretern ohne bereitgestelltem Firmenfahrzeug widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet willkürliche und unsachliche Differenzierungen.

Richtigstellung:
Die Beantragung "Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand" war leider aus Versehen nicht richtig formuliert und daher leider irreführend. Es war damit nicht die Wiedereinsetzung gem. § 308 BAO gemeint, sondern es ging in meinem Begehren lediglich um die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide 2018 bis 2020 und konkret um die vollständige Gewährung der Vertreterpauschale ohne Kürzung, so wie dies ursprünglich per Bescheid für die Jahre 2018 - 2020 auch zugesprochen wurde.""

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt - wie auch dem Bf. mitgeteilt wurde - die im Spruch genannten Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Dabei beantragte die Abgabenbehörde nach entsprechender Sachverhaltsdarstellung und unter Verweis auf die Lohnbestätigungen und die (zusätzliche) Begründung zu den Beschwerdevorentscheidungen, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen, und erklärte außerdem, dass der Bf. gedanklich übersehe, dass bei Zurverfügungstellung eines arbeitgebereigenen Kfz an einen Dienstnehmer ein CO2-abhängiger Sachbezug iHv bis zu 960,00 € pro Monat zu versteuern sei, was bei Verwendung eines privaten Kfz für dienstliche Zwecke wegfalle. Abschließend wies die Abgabenbehörde noch darauf hin, dass die Zitierung des Handelsvertreterpauschales anstelle des Werbungskostenpauschales in der Begründung sich nicht auf die grundsätzlich richtige und schlüssige Begründung der Beschwerdevorentscheidungen auswirke.

Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerden erwogen:


Sachverhaltsmäßig war festzustellen, dass der Bf. in den Beschwerdejahren als nichtselbständig Erwerbstätiger für seine Arbeitgeberin (Fa. XY GmbH, E-Straße-yy, GDe Y) im Vertrieb und dabei überwiegend im Außendienst tätig war.

Von seiner Arbeitgeberin wurden ihm hierfür in den Streitjahren entsprechend den übermittelten Jahreslohnzetteln Kostenersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 iHv 3.347,10 € (2018), 2.425,80 € (2019), 1.310,90 € (2020) und 3.080,00 € (2021) geleistet.


Rechtlich
ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.
Werbungskosten sind ua. auch Ausgaben für Arbeitsmittel (Z 7), Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für Verpflegung und Unterkunft bei ausschließlich beruflich veranlassten Reisen (Z 9), Aufwendungen für Aus- und Fortbildung (Z 10).

Für Werbungskosten, die bei nichtselbstständigen Einkünften erwachsen, ist ohne besonderen Nachweis ein Pauschbetrag von jährlich 132,00 € abzusetzen (§ 16 Abs. 3 EStG 1988).

Nach § 17 Abs. 6 EStG 1988, BGBl. Nr. 400/1988, können zur Ermittlung von Werbungskosten vom Bundesminister für Finanzen Durchschnittssätze für Werbungskosten im Verordnungswege für bestimmte Gruppen von Steuerpflichtigen nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis festgelegt werden.

Die auf Grundlage des § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangene Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen (Werbungskostenpauschale), BGBl. II Nr. 382/2001 idF BGBl. II Nr. 68/2018 (im Folgenden kurz: DurchschnittssatzVO), lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt:

9. Vertreter
5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden.

§ 4. (1) Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 (BGBl. II Nr. 500/2021 ab Veranlagung 2021: ", ausgenommen jene nach § 26 Z 9 EStG 1988") kürzen die jeweiligen Pauschbeträge.
(2) Bei Expatriates gemäß § 1 Z 11 kürzen Kostenersätze gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 nicht den Pauschbetrag.

§ 5. Werden die Pauschbeträge in Anspruch genommen, dann können daneben keine anderen Werbungskosten (BGBl. II Nr. 500/2021 ab : ", ausgenommen jene Werbungskosten, die gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 nicht auf den Pauschbetrag anzurechnen sind,") aus dieser Tätigkeit geltend gemacht werden.

§ 6.
(4) § 4 Abs. 1 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 68/2018 ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden."

Vertreter sind Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind (vgl. ; ). Der Begriff ist nach der Verkehrsauffassung auszulegen ( 2885, 2994/80; ).
Wesentlich ist, dass eine Außendiensttätigkeit vorliegt, deren vorrangiges Ziel die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen für den Arbeitgeber ist (vgl. ; ).

Im konkreten Fall steht unstrittig fest, dass der Bf. in den fraglichen Jahren unter § 1 Z 9 DurchschnittssatzVO fällt (vgl. dazu auch die diesbezüglichen Ausführungen der Abgabenbehörde in der zusätzlichen Bescheidbegründung vom zu den Beschwerdevorentscheidungen vom ). Der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften oder von Verträgen über Dienstleistungen stand damit gegenständlich im Vordergrund.

Streit bestand allein darüber, ob der Bf. in den Beschwerdejahren Anspruch auf die beantragte volle Werbungskostenpauschale (2.190,00 €) für Vertreter im Außendienst hatte, obwohl er von seiner Arbeitgeberin nicht steuerbaren Kostenersätze nach § 26 EStG 1988 erhalten hat.

Nach der für die Jahre 2018 bis 2021 anzuwendenden Fassung von § 4 DurchschnittssatzVO kürzen (nicht steuerbare) Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 die jeweiligen Pauschbeträge.
Lediglich für Expatriates sieht die Verordnung eine (wohl gesetzwidrige) Ausnahme vor.
Die frühere Ausnahme für Vertreter ", ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)" wurde vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) mit Erkenntnis vom , V 45/2017, in der Stammfassung und mit Erkenntnis vom , V 60/2018, idF BGBl. II Nr. 382/2015, als gesetzwidrig aufgehoben, zumal diese Ausnahmeregelung für Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 für Vertreter lt. Höchstgericht in offenem Widerspruch zu § 20 Abs. 2 EStG 1988 (bei der Ermittlung der Einkünfte dürfen Aufwendungen und Ausgaben nicht abgezogen werden, soweit sie mit nicht steuerpflichtigen Einnahmen in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen) stehe. § 17 Abs. 6 EStG 1988 enthalte keine Ermächtigung, Ausnahmen vom Abzugsverbot für Werbungskosten, für die steuerfreie Kostenersätze gemäß § 26 EStG 1988 gewährt werden, vorzusehen. Würde das Pauschale sohin nicht durch die steuerfreien Kostenersätze der Arbeitgeberin gekürzt bzw. gegenverrechnet werden, würde gegen die genannte gesetzliche Regelung (sohin gegen das Legalitätsprinzip) verstoßen werden.
An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass durch diese Ausnahmeregelung auch andere Dienstnehmer, die steuerfreie Kostenersätze erhalten, ungleich behandelt würden, ohne dass dafür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre (Gleichheitsgrundsatz, Sachlichkeitsgebot, Leistungsfähigkeitsprinzip, objektives Nettoprinzip).
Mit Verordnung vom , BGBl. II Nr. 68/2018 wurde diese Aufhebung durch den VfGH ab der Veranlagung 2018 in Kraft gesetzt.

Nach der Verwaltungspraxis (vgl. LStR 424 f; siehe dazu auch Jakom/Ebner 2023, § 16 Rz 73) gelten nicht als Kostenersätze im Sinne der obigen Bestimmung Betriebsmittel oder sonstige Leistungen (zB Werkverkehr), die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers zur Verfügung stellt; hierunter fallen:
- Die Zurverfügungstellung eines Dienstkraftwagens für berufliche Fahrten,
- die Bereitstellung von sonstigen Transportmitteln;
- die Bereitstellung von Schlafmöglichkeiten oder Unterkunft bei Dienstreisen und
- durchlaufende Gelder.

Gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Das Legalitätsprinzip umfasst entgegen seinem Wortlaut auch die Gerichtsbarkeit; die Bindung der Gerichte an die Gesetze (sowie an auf Grund der Gesetze erlassene und gehörig kundgemachte Verordnungen) war nämlich zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Bundesverfassung bereits eine solche Selbstverständlichkeit, dass sie gar nicht gesondert erwähnt wurde.
Das Finanzgericht hat daher - gebunden an dieses in Art. 18 Abs. 1 B-VG verankerte Legalitätsprinzip - die oben angeführten Bestimmungen der auf Grund § 17 Abs. 6 EStG 1988 erlassenen DurchschnittssatzVO so lange anzuwenden, als sie dem Rechtsbestand angehören. Dementsprechend haben das Finanzamt und auch das erkennende Gericht - § 4 Abs. 1 DurchschnittssatzVO folgend - die vom Bf. von seiner Arbeitgeberin erhaltenen Kostenersätze nach § 26 EStG 1988 bei der Bemessung der in Rede stehenden Werbungskostenpauschale in Abzug zu bringen.

Gemäß § 1 Z 9 DurchschnittssatzVO beträgt der Höchstbetrag des Vertreterpauschales 2.190,00 € jährlich. Angesichts der ausdrücklichen Anordnung in § 4 der genannten Verordnung können im konkreten Fall in den Beschwerdejahren 2018, 2019 und 2021 keine Werbungskosten nach der DurchschnittssatzVO berücksichtigt werden, zumal die von der Arbeitgeberin erhaltenen nicht steuerbaren Kostenersätze nach § 26 EStG 1988 diesen Höchstbetrag überstiegen. Für 2020 war der Differenzbetrag zwischen den erhaltenen nicht steuerbaren Kostenersätzen (1.310,90 €) und dem höchstmöglichen Jahrespauschalbetrag (2.190,00 €) im Betrage von 879,10 € als Werbungskosten in Abzug zu bringen.

Dem Bf. wäre es im Übrigen freigestanden, weitere Werbungskosten nachzuweisen, was er jedoch nicht getan hat.

Dem Einwand des Bf., wonach im Hinblick auf die Höhe der Vertreterpauschale seit 2018 Vertreter mit bereitgestellten Firmenfahrzeug und Vertreter ohne bereitgestelltem Firmenfahrzeug (aber mit Kostenersätzen) offensichtlich ungleich behandelt würden, was dem Gleichheitsgrundsatz widerspreche, ist einerseits zu erwidern, dass Fahrtkostenersätze, die von Seiten des Arbeitgebers geleistet werden (und einen wesentlichen Teil der typischen Werbungskosten eines Vertreters ausmachen), bis zur Höhe des amtlichen Kilometergeldes steuerfrei sind und damit einhergehend dem Arbeitnehmer ein Werbungskostenabzug für seine Fahrtkosten, soweit diese eben steuerfrei ersetzt werden, gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 nicht zusteht; die Berücksichtigung der Werbungskostenpauschale führte zu einer Doppelbegünstigung (einerseits sind Vergütungen nach § 26 EStG 1988 steuerfrei, andererseits steht das Werbungskostenpauschale in unvermindertem Ausmaß steuermindernd zu). Es gibt sohin durchaus objektive, sachliche und nachvollziehbare Gründe, Vertreter mit bereitgestellten Firmenfahrzeug und Vertreter ohne bereitgestelltem Firmenfahrzeug (mit Kostenersätzen) ungleich zu behandeln.

Der Gesetzgeber hat grundsätzlich eine gleiche Regelung für (grundsätzlich) gleiche Sachverhalte sicherzustellen. In diesem Sinne hat auch der Verfassungsgerichtshof - wie oben dargestellt - die vormals geltende Ausnahmeregelung für Vertreter in § 4 Abs. 1 DurchschnittssatzVO als gesetzwidrig aufgehoben und damit mit allen übrigen Dienstnehmern eine Gleichbehandlung erzielt, denen entweder nach § 4 der VO durch steuerfreie Kostenersätze nach § 26 EStG 1988 das Werbungskostenpauschale gekürzt wird oder die (außerhalb der Pauschalierung) Ausgaben nicht als Werbungskosten geltend machen können, weil sie dem Abzugsverbot des § 20 Abs. 2 EStG 1988 unterliegen.
Der Bf. stellt in seinem Vergleich ungleiche Sachverhalte (Vertreter mit bereitgestellten Firmenfahrzeug und Vertreter ohne bereitgestelltem Firmenfahrzeug) gegenüber. Eine Ungleichbehandlung läge jedoch nur dann vor, wenn wesentlich Gleiches ungleich behandelt würde.

Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass die antragsgebundene (sohin von einem Vertreter frei wählbare) Anwendung der DurchschnittssatzVO nur möglich ist, wenn dem jeweiligen Arbeitnehmer (dem Grunde nach) Ausgaben entstanden sind (was bei gänzlichem Ersatz nicht der Fall ist) und er darüber auch den Nachweis erbringt bzw. entsprechende selbst zu tragende Ausgaben zumindest glaubhaft macht (vgl. dazu zuletzt ; ; ; ; ; ; siehe auch Jakom/Ebner 2023, § 16 Rz 57; Jakom/Peyerl 2023, § 17 Rz 132, mwN).
In diesem Sinne hätte auch ein Vertreter mit bereitgestellten Firmenfahrzeug den Nachweis zu erbringen, dass ihm dem Grunde nach entsprechende Ausgaben entstanden sind. Die Berücksichtigung von fiktiven Werbungskosten durch Anwendung des Vertreterpauschales käme damit nicht in Frage.

Vor dem Hintergrund der festgestellten Sach- und Rechtslage erfolgte die von der Abgabenbehörde vorgenommene Gegenverrechnung der bezogenen nichtsteuerbaren Bezüge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 mit dem begehrten Werbungskostenpauschalbetrag daher zu Recht.


Zur formalrechtlich strittigen Frage, ob die Abgabenbehörde berechtigt war, die Einkommensteuer(erst)bescheide für die Jahre 2018 bis 2020 vom , sowie vom von Amts wegen mit Bescheiden vom gemäß § 293b BAO zu berichtigen, ist Folgendes zu sagen:

§ 293b BAO lautet:

"Die Abgabenbehörde kann auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht."

Normzweck war es, eine verfahrensrechtliche Handhabe zur Herbeiführung eines der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechenden Ergebnisses zu schaffen, die es einerseits der Abgabenbehörde ermöglicht, im Zuge der Dateneingabe unterlaufene Unrichtigkeiten zu beseitigen, andererseits auch die Rechtsschutzmöglichkeiten der Partei erweitert, indem diese selbst nach Eintritt der formellen Rechtskraft ihr zuzurechnende und von der Behörde übernommene Fehler berichtigen lassen kann.

§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den mit einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit behafteten Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt. Davon ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann auszugehen, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen, wobei die Unrichtigkeit sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen kann (vgl. , mwN; ; ).
Die Unrichtigkeit kann somit im Rechtsbereich oder im Tatsachenbereich liegen, dh. es kann sich um eine falsche rechtliche Beurteilung oder um den Gegebenheiten der realen Wirklichkeit nicht entsprechende Angaben über Sachverhalte handeln.
Eine Unrichtigkeit ist offensichtlich, wenn sie ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist (Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rz 5, mwN).
Die offensichtliche Unrichtigkeit muss sich aus den Erklärungen und dem Verwaltungsakt des betreffenden Steuerpflichtigen ergeben (vgl. , mwN). Unrichtigkeiten, welche erst im Wege eines über die Bedachtnahme auf die Aktenlage hinausgehenden Ermittlungsverfahrens erkennbar sind, sind einer Berichtigung gemäß § 293b BAO sohin nicht zugänglich (vgl. , mwN; ).
Eine offensichtliche Unrichtigkeit kann daher auch vorliegen, wenn Abgabenerklärungen mit aktenkundigen Umständen unvereinbar sind oder eine Abgabenerklärung nicht in der darin vorgesehenen Art und Weise ausgefüllt ist (siehe dazu auch Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 293b Anm 9; Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rz 5).
Ob eine offensichtliche Unrichtigkeit im Hinblick auf die übernommene Rechtsauffassung vorliegt, ist anhand des Gesetzes und vor allem auch der dazu entwickelten Rechtsprechung zu beurteilen. Bestünde behördlicherseits bei entsprechender Prüfung von vornherein die Gewissheit, dass die in der Abgabenerklärung vertretene Rechtsansicht unrichtig ist, so liegt aus Sicht der Abgabenbehörde eine offensichtliche Unrichtigkeit vor (vgl. , mwN). Dabei ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf den Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides abzustellen (vgl. ; , mwN; siehe auch Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rz 4, mwN).

Wiederholt hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass der Auffassung, eine "vertretbare Rechtsansicht" könne niemals eine offensichtliche Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO darstellen, nur insoweit zugestimmt werden könne, als die Vertretbarkeit der Rechtsansicht auch aus der Sicht der Abgabenbehörde gegeben wäre und es eines Aktes der Rechtsfindung bedürfte, um von zwei oder mehreren vertretbaren Rechtsansichten die dem Gesetz entsprechende zu erkennen (vgl. ua. ; ).

§ 293b BAO ist auch anwendbar, wenn die offensichtliche Unrichtigkeit mehrfach übersehen wurde. Das weitgehende ungeprüfte Übernehmen des Inhaltes von Abgabenerklärungen in Abgabenbescheide ist nämlich durchaus nichts Unübliches und kann daher auch mehrmals wiederholt erfolgen. Inwieweit die Abgabenbehörde dabei gegen Verfahrensvorschriften verstößt (…), ist für die Berichtigungsmöglichkeit unerheblich (vgl. ; ; Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rz 7, mwN).

Nicht entscheidend ist im Übrigen, ob die Übernahme der Unrichtigkeit auf ein Verschulden der Behörde zurückzuführen ist, da es auf das Ausmaß der Aufmerksamkeit oder Vernachlässigung der gebotenen Sorgfalt der Behörde nicht ankommt (vgl. , mwN).

Mit seinen elektronisch eingelangten Einkommensteuererklärungen für die Beschwerdejahre 2018 bis 2020 begehrte der Bf. im Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit als Außendienstmitarbeiter jeweils ganzjährig die Berücksichtigung des Berufsgruppenpauschales für Vertreter. In der dafür vorgesehenen Kennzahl 437 gab er jeweils Kostenersätze mit Null an.
Im Rahmen der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer für die Jahre 2018 bis 2020 wurde mit Bescheiden vom (2018), vom (2019) und vom (2020) jeweils das geltend gemachte Berufsgruppenpauschale mit dem Höchstbetrag von 2.190,00 € als Werbungskosten berücksichtigt, obwohl anhand der jeweils übermittelten (Jahres-)Lohnzettel von Seiten der Abgabenbehörde festgestellt hätte werden können, dass der Bf. in den fraglichen Jahren sehr wohl Kostenersätze (nichtsteuerbare Bezüge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988) von seiner Arbeitgeberin iHv 3.347,10 € (2018), 2.425,80 € (2019) und 1.310,90 € (2020) erhalten hat.

In der Tatsache, dass die Kostenersätze in ihrer tatsächlichen Höhe jeweils nicht in der dafür vorgesehenen Kennzahl 437 der Einkommensteuererklärungen ausgewiesen wurden, lag jeweils eine Unrichtigkeit im Sinne des § 293b BAO vor, da sie für die Abgabenbehörde klar erkennbar gewesen wäre, wenn sie die Abgabenerklärungen einschließlich der Beilagen (sohin auch einschließlich der im Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlich zu berichtigenden Bescheide vorliegenden Jahreslohnzettel) diesbezüglich geprüft hätte. Diese den Einkommensteuerbescheiden 2018 bis 2020 jeweils anhaftende offensichtliche Unrichtigkeit (aktenwidrige Sachverhaltsannahmen, Divergenz zwischen Angaben im Erklärungsvordruck und solchen diesem Vordruck angeschlossenen Beilagen) wurde eindeutig aus den Abgabenerklärungen übernommen und bedingte ursächlich die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden (gegenständlich zu berichtigenden) Einkommensteuerbescheide.

Für den Beschwerdefall war festzustellen, dass im Hinblick auf den klaren Wortlaut der in Rede stehenden Verordnungsbestimmung (§ 4 Abs. 1 DurchschnittssatzVO), weshalb gerade angesichts des Legalitätsprinzips für eine vertretbare Rechtsansicht auch kein Raum bliebe (an dieser Stelle wird auf die obigen materiell rechtlichen Ausführungen verwiesen), - ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich - keine Zweifel bestanden, dass das jeweils beantragte Werbungskostenpauschale um die in den fraglichen Jahren erhaltenen Kostenersätze (nichtsteuerbare Bezüge gemäß § 26 Z 4 EStG 1988) zu kürzen waren.

Im konkreten Fall lagen somit nach Ansicht des erkennenden Richters die Voraussetzungen für eine Berichtigung im Sinne des § 293b BAO zweifelsfrei vor.

Liegen nun die Voraussetzungen des § 293b BAO für eine Berichtigung vor, so liegt sie im Ermessen (§ 20 BAO). Ermessensentscheidungen sind nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit wird die Angemessenheit in Bezug auf die berechtigten Interessen der Partei verstanden. Unter Zweckmäßigkeit ist das öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben, aber auch die Bedachtnahme auf Sinn und Zweck gesetzlicher Vorschriften zu verstehen (vgl. ).
Die Zweckmäßigkeit einer Berichtigung ergibt sich aus dem Ziel der gesetzlichen Norm des § 293b BAO, ein der Gleichmäßigkeit der Besteuerung entsprechendes Ergebnis herbeizuführen, wobei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ist (vgl. , mwN; ; siehe dazu auch Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rzen 8 ff, mwN; Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 293b Anm 5).

Nach dem Sinn des Gesetzes sind Fehler der in § 293b BAO beschriebenen Art somit grundsätzlich zu beheben. Sind die Folgen (insbesondere die steuerlichen Auswirkungen) der Unrichtigkeit jedoch bloß geringfügig, ist in der Regel keine Berichtigung vorzunehmen (vgl. Ritz/Koran, BAO7, § 293b Rz 10, mwN).

Da die Folgen der Unrichtigkeit in den einzelnen Jahren nicht geringfügig waren [die steuerlichen Nachforderungen betragen gegenständlich 988,00 € (2018), 988,00 € (2019) und 629,00 € (2020)], der Bf. etwaige Billigkeitsgründe, die der Berichtigung im Beschwerdefall entgegengestanden wären, nicht vorgebracht hat und auch aus der Aktenlage keine unter dem Gesichtspunkt einer Unbilligkeit zu berücksichtigenden Umstände hervorgehen, hat die Abgabenbehörde bei Erlassung der strittigen nach § 293b BAO berichtigenden Einkommensteuerbescheide vom Ermessen im Sinne des Gesetzes zu Recht Gebrauch gemacht.

Zulässigkeit der Revision:


Gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die ordentliche Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lagen keine Rechtsfragen vor, denen grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet wurden und solche, welche im Gesetz und in der streitgegenständlichen Verordnung eindeutig gelöst sind. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Gesamthaft war sohin - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 1 Z 9 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 4 Abs. 1 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 5 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 6 Abs. 4 Durchschnittssätze für Werbungskosten, BGBl. II Nr. 382/2001
§ 293b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100266.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at