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Maßnahmenbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 18.01.2024, RM/7300010/2023

Maßnahmenbeschwerde: Anfallsbericht an die StA wurde erst nach Abschluss einer Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG erstattet, das ist kein Akt unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RM/7300010/2023-RS1
Nach § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde vor Erstattung eines Anfallsberichtes an die Staatsanwaltschaft gemäß § 100 Abs. 2 StPO auch eine Prüfung des Vorliegens der subjektiven Tatseite für Abgabenhinterziehungen vorzunehmen, deren Ahndung wegen der Höhe eines strafbestimmenden Wertbetrages in die gerichtliche Zuständigkeit fällt. Es ist nicht zwingend bereits während einer Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG, wenn sich abzeichnet, dass eine Abgabennachforderung über € 150.000,00 herauskommen könnte, ein Anfallsbericht zu erstatten. Eine Unterlassung der Erstattung eines Anfallsberichtes stellt keine Maßnahme unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***26*** in der Finanzstrafsache gegen 1) ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch SOLIDUS Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand GmbH, Seilerstätte 17/12, 1010 Wien, und ***2***, (Bf. 1) und 2) die ***2*** (Bf. 2) ebenfalls vertreten durch die Solidus Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhand GmbH, Seilerstätte 17/12, 1010 Wien, wegen der Maßnahmenbeschwerde des Beschuldigten und des belangten Verbandes vom beschlossen:

Die Maßnahmenbeschwerden des Bf. 1 und der Bf. 2 werden als unzulässig eingebracht zurückgewiesen.

Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Mit Schriftsatz vom wurde folgende Maßnahmenbeschwerde beim BFG eingebracht:

"Betreff: St.Nr.: ***3***, St.Nr.: ***4***

***Bf1***, ***2***, Maßnahmenbeschwerde gemäß §§ 283 BAO, 152 FinStrG

Hohes Gericht!

Namens und im Auftrag unserer Mandantschaft ergreifen wir innerhalb offener Frist, gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Finanzamtes Mödling sowie des Finanzamtes Wien 1/23 als Finanzstrafbehörde, den Rechtsbehelf der Maßnahmenbeschwerde gemäß § 283 BAO sowie § 152 FinStrG.

Begründung:

Mit Mitteilung vom nach § 81 FinStrG der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption wurde dem Amt für Betrugsbekämpfung, Bereich Finanzstrafsachen, Standort Baden, der Verdacht der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG betreffend nachfolgende Personen zur Kenntnis gebracht:

1.) ***2***, ***5***, ***6***

2.) ***Bf1***, geb. ***7***, ***8***

Zwecks Aufklärung der Verdachtsmomente wurde von der WKStA eine Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG der ***2*** und des ***Bf1*** angeregt.

Mit Prüfungsauftrag vom wurde ein Außenprüfungsverfahren nach § 147 BAO iVm § 99 Abs. 2 FinStrG betreffend die Firma ***2*** und ***Bf1*** eingeleitet.

Wie im internen Schreiben vom festgehalten, stellt das Amt für Betrugsbekämpfung, Team 07, fest, dass der Verdacht der Abgabenhinterziehung derzeit in der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit liegt, wobei aus den übermittelten Unterlagen jedoch noch nicht eindeutig hervorgeht, ob und welche Abgabenhinterziehungen bei ***Bf1*** oder in der KG passiert sind.

Gem. § 99 Abs. 2 FinStrG ist die Finanzstrafbehörde u.a. befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Prüfungen iSd Abgabenvorschriften anzuordnen. Solche Prüfungen sind vor allem, wie auch in diesem Fall, Außenprüfungen (§ 147 BAO).

Findet die Finanzstrafbehörde nach Einleitung des Finanzstrafverfahrens, dass für die Ahndung des Finanzvergehens das Gericht zuständig ist, so hat sie das Strafverfahren nach den Bestimmungen des Dritten Unterabschnittes weiter zu führen und hiervon den Beschuldigten und die gemäß § 122 dem Verfahren zugezogenen Nebenbeteiligten zu verständigen; Personen, die sich in vorläufiger Verwahrung oder in Untersuchungshaft der Finanzstrafbehörde befinden, sind dem Gericht zu übergeben. Zugleich ist das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren vorläufig einzustellen (§ 54 Abs. 1 FinStrG).

Sobald im Rahmen einer Außenprüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG festgestellt wird, dass das Strafverfahren in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, hat der Außenprüfer unverzüglich eine entsprechende Mitteilung an die Finanzstrafbehörde zu machen.

Die Finanzstrafbehörde hat nach § 54 FinStrG den Beschuldigten von der Gerichtszuständigkeit zu verständigen. Das Verfahren ist nach den Bestimmungen des 3. Unterabschnitts zu führen:

Sonderbestimmungen für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen

§ 195 (1) Soweit im Folgenden nicht etwas Besonderes vorgeschrieben ist, gelten für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die Bestimmungen der Strafprozessordnung. Bei Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft gelten die Verordnung (EU) 2017/1939 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), ABI. Nr. L 283 vom S. 1, in ihrer jeweils geltenden Fassung, sowie die Bestimmungen des Bundesgesetzes zur Durchführung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA-DG)1

§ 196 (1) Bei der Aufklärung und Verfolgung gerichtlich strafbarer Finanzvergehen werden die Finanzstrafbehörden im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) tätig. Die in der Strafprozessordnung der Kriminalpolizei zukommenden Aufgaben und Befugnisse haben bei gerichtlich strafbaren Finanzvergehen an Stelle der Sicherheitsbehörden die Finanzstrafbehörden und ihre Organe wahrzunehmen.

(2) Nur wenn die Finanzstrafbehörden oder ihre Organe nicht rechtzeitig einschreiten können oder das aufzuklärende Finanzvergehen auch den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, die kein Finanzvergehen ist, haben auf Anordnung der Staatsanwaltschaft die Sicherheitsbehörden einzuschreiten.

(3) Wo in den folgenden Bestimmungen die Finanzstrafbehörde genannt wird, ist darunter die Behörde zu verstehen, der das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren wegen eines Finanzvergehens zustünde, wenn dieses nicht von den Gerichten zu ahnden wäre.

(4) Auch im Ermittlungsverfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen stehen der Finanzstrafbehörde die in den §§ 99 Abs. 1 bis 4 und 120 Abs. 3 eingeräumten Befugnisse zu und, wenn es sich bei der Finanzstrafbehörde um das Zollamt Österreich handelt, die dem Zollamt Österreich und seinen Organen in den Zollvorschriften eingeräumten Befugnisse. § 120 Abs. 4 gilt sinngemäß.

Die Finanzstrafbehörde hat einen Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft als Leiterin des Ermittlungsverfahrens zu erstatten.

Ein Anlassbericht durch die Finanzstrafbehörde an die Staatsanwaltschaft wurde nicht übermittelt, obwohl bereits während des laufenden Außenprüfungsverfahrens ersichtlich war, dass Gerichtszuständigkeit besteht.

Unserem Mandanten, Herrn ***Bf1***, wurde durch diesen Verfahrensmangel der Behörde, die Möglichkeit genommen, seine Beschuldigtenrechte nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung wahrzunehmen und insbesondere einen Einspruch an das Landesgericht für Strafsachen wegen Rechtsverletzung zu machen. (Im zu verwendenden elektronischen Akt sind Fußnoten nicht abbildbar, sie werden daher als Klammerausdruck wiedergegeben. "Vgl. auch: https://www.ra-eberl.at/wp-content/uploads/2021/10/Beilaqe-WT-Herbst-2021-diqital.pdf.")

§ 48 StPO definiert den Beschuldigten wie folgt:

Im Sinne dieses Gesetzes ist Beschuldigter, jeder Verdächtige, sobald er auf Grund bestimmter Tatsachen konkret verdächtig ist, eine strafbare Handlung begangen zu haben und zur Aufklärung dieses konkreten Verdachts nach dem 8. oder 9. Hauptstück dieses Bundesgesetzes Beweise aufgenommen oder Ermittlungsmaßnahmen angeordnet oder durchgeführt werden.

Ein Beschuldigter hat nachfolgende Rechte in der Strafprozessordnung (Vgl. § 49 Abs. 1 StPO):

Der Beschuldigte hat insbesondere das Recht,

1. vom Gegenstand des gegen ihn bestehenden Verdachts sowie über seine wesentlichen Rechte im Verfahren informiert zu werden (§ 50),

2. einen Verteidiger zu wählen (§ 58) und einen Verfahrenshilfeverteidiger zu erhalten (§§ 61 und 62),

3. Akteneinsicht zu nehmen (§§ 51 bis 53), ("Das Recht auf Akteneinsicht nach § 51 StPO wurde dem Beschuldigten nicht gewährt.")

4. sich zum Vorwurf zu äußern oder nicht auszusagen sowie nach Maßgabe der §§ 58, 59 und 164 Abs. 1 mit einem Verteidiger Kontakt aufzunehmen und sich mit ihm zu besprechen,

5. gemäß § 164 Abs. 2 einen Verteidiger seiner Vernehmung beizuziehen,

6. die Aufnahme von Beweisen zu beantragen (§ 55),

7. Einspruch wegen der Verletzung eines subjektiven Rechts zu erheben (§ 106),

8. Beschwerde gegen die gerichtliche Bewilligung von Zwangsmitteln zu erheben (§ 87),

9. die Einstellung des Ermittlungsverfahrens zu beantragen (§ 108),

10. an der Hauptverhandlung, an einer kontradiktorischen Vernehmung von Zeugen und Mitbeschuldigten (§ 165 Abs. 2) und an einer Tatrekonstruktion (§ 150) teilzunehmen,

11. Rechtsmittel und Rechtsbehelfe zu erheben,

12. Übersetzungshilfe zu erhalten (§ 56).

Die Beschuldigtenrechte gehen auch in einem Außenprüfungsverfahren den Offenlegungen - und Mitwirkungspflichten der Bundesabgabenordnung vor (BMF - 310205/0020-1/4/2014).

Gemäß § 54 FinStrG darf die Finanzstrafbehörde kein Parallelverfahren oder sonstige Ermittlungen zur Überprüfung eines allfälligen Anfangsverdachtes betreffend ein verwaltungsbehördliches Finanzvergehen führen, sondern hat ein allfälliges Verfahren vorläufig einzustellen.

Die Ermittlungsbehörde ist verpflichtet regelmäßig Berichte an die Staatsanwaltschaft als Leiterin des Ermittlungsverfahrens zu übermitteln.

§ 100 - Berichte

(2) Die Kriminalpolizei hat der Staatsanwaltschaft schriftlich (Abs. 1) oder im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung zu berichten, wenn und sobald

1. sie vom Anfangsverdacht eines schwer wiegenden Verbrechens, insbesondere eines Verbrechens nach den §§ 278b bis 278e und 278g StGB, oder einer sonstigen Straftat von besonderem öffentlichen Interesse (§ 101 Abs. 2 zweiter Satz) Kenntnis erlangt (Anfallsbericht),

2. eine Anordnung oder Genehmigung der Staatsanwaltschaft oder eine Entscheidung des Gerichts erforderlich oder zweckmäßig ist oder die Staatsanwaltschaft einen Bericht verlangt (Anlassbericht),

3. in einem Verfahren gegen eine bestimmte Person seit der ersten gegen sie gerichteten Ermittlung drei Monate abgelaufen sind, ohne dass berichtet worden ist, oder seit dem letzten Bericht drei Monate vergangen sind (Zwischenbericht),

4. Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheinen, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann (Abschlussbericht).Wir stellen daher den Antrag auf Feststellung, dass im Finanzstrafverfahren gegen die ***2*** und ***Bf1*** die Finanzstrafbehörde verpflichtet gewesen wäre, das Finanzstrafverfahren nach den Bestimmungen des Dritten Unterabschnitts zu führen und hievon der Beschuldigte zu verständigen gewesen wäre.

Das verwaltungsbehördliche Verfahren wäre nach § 54 Abs. 1 FinStrG vorläufig einzustellen gewesen.

Die Weiterführung des Verfahrens als verwaltungsbehördliches stellt eine Umgehung der Rechte des Beschuldigten nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung dar.

****

Nach Mitteilung der Finanzstrafbehörde vom wurde am ein Anlassbericht nach § 100 Abs. 2 StPO an die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt erstattet und der Beschuldigte zu einer Einvernahme durch die Behörde geladen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahme) wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde ist ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, Prüfungsmaßstab ist die Rechtswidrigkeit; Zweck eines Maßnahmenbeschwerdeverfahrens ist die nachträgliche Feststellung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer derartigen behördlichen Maßnahme an Hand der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Setzung der Amtshandlungen.

Gemäß § 152 Abs. 1 FinStrG ist eine Beschwerde gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide sowie gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zulässig, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist. Gegen das Verfahren betreffende Anordnungen ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt ist, eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig; sie können erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis (Bescheid) angefochten werden. Zur Erhebung der Beschwerde ist derjenige berechtigt, an den der angefochtene Bescheid ergangen ist oder der behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein sowie bei einem Bescheid eines Spruchsenates oder eines Spruchsenatsvorsitzenden auch der Amtsbeauftragte.

Gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde eine Beschwerde, die gegen ein von ihr erlassenes Erkenntnis (einen Bescheid) oder gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder wegen Verletzung der Entscheidungspflicht eingebracht worden ist, durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Beschwerde nicht zulässig ist oder nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Abs. 2: Wenn eine Beschwerde nicht den im § 153 umschriebenen Erfordernissen entspricht oder wenn sie ein Formgebrechen aufweist, so hat die Finanzstrafbehörde dem Beschwerdeführer die Behebung der Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Beschwerde nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

Abs. 3: Liegt ein Anlass zur Zurückweisung nach Abs. 1 oder zur Erteilung eines Auftrages nach Abs. 2 nicht vor oder sind etwaige Formgebrechen oder inhaltliche Mängel behoben, so ist die Beschwerde ungesäumt dem Bundesfinanzgericht unter Anschluss eines Vorlageberichtes vorzulegen. Der Vorlagebericht hat jedenfalls eine Stellungnahme zu den im Beschwerdeverfahren strittigen Tat- und Rechtsfragen sowie allfällige Anträge der Finanzstrafbehörde zu enthalten. Ausfertigungen der Beschwerde des Amtsbeauftragten (§ 153 Abs. 2) sind dem Beschuldigten und den gemäß § 122 dem Verfahren zugezogenen Nebenbeteiligten zuzustellen.

Abs. 4: Das Bundesfinanzgericht hat zunächst zu prüfen, ob ein von der Finanzstrafbehörde nicht aufgegriffener Grund zur Zurückweisung oder für einen Auftrag zur Mängelbehebung vorliegt, und hat erforderlichenfalls selbst sinngemäß nach den Abs. 1 und 2 mit Beschluss vorzugehen.

Abs. 5: Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für Beschwerden gegen Bescheide des Bundesministeriums für Finanzen.

Gemäß § 150 Abs. 1 FinStrG ist Rechtsmittel im Finanzstrafverfahren die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Abs. 2: Die Rechtsmittelfrist beträgt einen Monat. Sie beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Erkenntnisses oder sonstigen Bescheides, bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit deren Kenntnis, sofern der Beschwerdeführer aber durch den Verwaltungsakt behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall dieser Behinderung.

Gemäß § 81 FinStrG sind alle Dienststellen der Gebietskörperschaften mit behördlichem Aufgabenbereich, die Österreichische Gesundheitskasse und das Arbeitsmarktservice verpflichtet, die entweder von ihnen selbst wahrgenommenen oder sonst zu ihrer Kenntnis gelangten Finanzvergehen der nächsten Finanzstrafbehörde mitzuteilen.

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.

Abs. 2: Ergibt diese Prüfung, dass für die Ahndung des Finanzvergehens das Gericht zuständig ist, so hat die Finanzstrafbehörde das Strafverfahren nach den Bestimmungen des Dritten Unterabschnittes zu führen.

Abs. 3: Ergibt die Prüfung gemäß Abs. 1, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde das Strafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG ist die Finanzstrafbehörde auch befugt, zur Klärung des Sachverhaltes Nachschauen und Prüfungen im Sinne der Abgaben- oder Monopolvorschriften anzuordnen oder selbst durchzuführen. Die mit einer solchen Maßnahme betrauten Organe der Abgabenbehörden haben insoweit auch die Befugnisse der Organe der Finanzstrafbehörden. Führen Organe der Finanzstrafbehörden die Nachschau oder Prüfung selbst durch, haben sie insoweit auch die Befugnisse der Organe der Abgabenbehörden. Das Ergebnis einer durch die Finanzstrafbehörde durchgeführten Nachschau oder Prüfung ist der Abgabenbehörde zur Wahrnehmung der dieser obliegenden Aufgaben zu übermitteln. Die einschränkenden Bestimmungen des § 148 Abs. 3 und 5 BAO gelten für Prüfungen gemäß diesem Absatz nicht.

Gemäß § 14 Abs. 3 FinStrG ist Verfolgungshandlung jede nach außen erkennbare Amtshandlung eines Gerichtes, einer Staatsanwaltschaft, einer Finanzstrafbehörde, des Bundesfinanzgerichtes oder eines im § 89 Abs. 2 genannten Organs, die sich gegen eine bestimmte Person als den eines Finanzvergehens Verdächtigen, Beschuldigten oder Angeklagten richtet, und zwar auch dann, wenn das Gericht, die Staatsanwaltschaft, die Finanzstrafbehörde, das Bundesfinanzgericht oder das Organ zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder die Person, gegen die sie gerichtet war, davon keine Kenntnis erlangt hat.

Gemäß § 53 Abs. 1 FinStrG ist das Gericht zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, wenn das Finanzvergehen vorsätzlich begangen wurde und der maßgebliche Wertbetrag, nach dem sich die Strafdrohung richtet (strafbestimmender Wertbetrag) 150 000 Euro übersteigt oder wenn die Summe der maßgeblichen strafbestimmenden Wertbeträge aus mehreren zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen 150 000 Euro übersteigt und alle diese Vergehen in die sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fielen. Zusammentreffen können nur Finanzvergehen, über die noch nicht rechtskräftig entschieden wurde.

Abs. 3: Ist das Gericht nach den Abs. 1, 1a oder 2 zur Ahndung von Finanzvergehen zuständig, so ist es auch zur Ahndung von mit diesen zusammentreffenden anderen Finanzvergehen zuständig, wenn alle diese Vergehen in die sachliche Zuständigkeit derselben Finanzstrafbehörde fielen.

Abs. 4: Die Zuständigkeit des Gerichts zur Ahndung von Finanzvergehen des Täters begründet auch dessen Zuständigkeit zur Ahndung von Finanzvergehen der anderen vorsätzlich an der Tat Beteiligten. Wird jemand nach dieser Bestimmung ausschließlich wegen eines sonst in die Zuständigkeit der Finanzstrafbehörde fallenden Finanzvergehens rechtskräftig verurteilt, so sind mit dieser Verurteilung nicht die Folgen einer gerichtlichen Verurteilung, sondern nur die einer Ahndung durch die Finanzstrafbehörde verbunden; dies ist im Urteil festzustellen.

Abs. 8: Kann eine Prüfung, ob das Gericht nach den Abs. 1 bis 4 zur Ahndung des Finanzvergehens zuständig sei, noch nicht vorgenommen werden, so hat die Finanzstrafbehörde alle zur Sicherung der Beweise erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Solche Maßnahmen der Finanzstrafbehörde sind wegen Unzuständigkeit nicht anfechtbar, wenn sich später die gerichtliche Zuständigkeit herausstellt.

Gemäß § 100 Abs. 1 StPO hat die Kriminalpolizei Ermittlungen aktenmäßig festzuhalten, sodass Anlass, Durchführung und Ergebnis dieser Ermittlungen nachvollzogen werden können. Die Ausübung von Zwang und von Befugnissen, die mit einem Eingriff in Rechte verbunden sind, hat sie zu begründen.

Abs. 2: Die Kriminalpolizei hat der Staatsanwaltschaft schriftlich (Abs. 1) oder im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung zu berichten, wenn und sobald

1. sie vom Anfangsverdacht eines schwer wiegenden Verbrechens, insbesondere eines Verbrechens nach den §§ 278b bis 278e und 278g StGB, oder einer sonstigen Straftat von besonderem öffentlichen Interesse (§ 101 Abs. 2 zweiter Satz) Kenntnis erlangt (Anfallsbericht),

2. eine Anordnung oder Genehmigung der Staatsanwaltschaft oder eine Entscheidung des Gerichts erforderlich oder zweckmäßig ist oder die Staatsanwaltschaft einen Bericht verlangt (Anlassbericht),

3. in einem Verfahren gegen eine bestimmte Person seit der ersten gegen sie gerichteten Ermittlung drei Monate abgelaufen sind, ohne dass berichtet worden ist, oder seit dem letzten Bericht drei Monate vergangen sind (Zwischenbericht),

4. Sachverhalt und Tatverdacht soweit geklärt scheinen, dass eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von Verfolgung, Einstellen oder Abbrechen des Verfahrens ergehen kann (Abschlussbericht).

Gemäß § 195 Abs. 1 FinStrG gelten soweit im Folgenden nicht etwas Besonderes vorgeschrieben ist, für das Verfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die Bestimmungen der Strafprozessordnung. Bei Zuständigkeit der Europäischen Staatsanwaltschaft gelten die Verordnung (EU) 2017/1939 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA), ABl. Nr. L 283 vom S. 1, in ihrer jeweils geltenden Fassung, sowie die Bestimmungen des Bundesgesetzes zur Durchführung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA DG).

Abs. 2: Die besonderen Vorschriften dieses Unterabschnittes gelten auch für das Verfahren wegen einer Tat, die zugleich den Tatbestand eines Finanzvergehens und den einer gerichtlich strafbaren Handlung anderer Art erfüllt.

Abs. 3: Für Verfahren wegen Finanzvergehen gegen Verbände gelten, soweit im Folgenden nicht etwas Besonderes vorgeschrieben ist, die Bestimmungen des 3. Abschnittes des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes.

Gemäß § 196 Abs. 1 FinStrG werden bei der Aufklärung und Verfolgung gerichtlich strafbarer Finanzvergehen die Finanzstrafbehörden im Dienste der Strafrechtspflege (Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG) tätig. Die in der Strafprozessordnung der Kriminalpolizei zukommenden Aufgaben und Befugnisse haben bei gerichtlich strafbaren Finanzvergehen an Stelle der Sicherheitsbehörden die Finanzstrafbehörden und ihre Organe wahrzunehmen.

Abs. 2: Nur wenn die Finanzstrafbehörden oder ihre Organe nicht rechtzeitig einschreiten können oder das aufzuklärende Finanzvergehen auch den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, die kein Finanzvergehen ist, haben auf Anordnung der Staatsanwaltschaft die Sicherheitsbehörden einzuschreiten.

Abs. 3: Wo in den folgenden Bestimmungen die Finanzstrafbehörde genannt wird, ist darunter die Behörde zu verstehen, der das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren wegen eines Finanzvergehens zustünde, wenn dieses nicht von den Gerichten zu ahnden wäre.

Abs. 4: Auch im Ermittlungsverfahren wegen gerichtlich strafbarer Finanzvergehen stehen der Finanzstrafbehörde die in den §§ 99 Abs. 1 bis 4 und 120 Abs. 3 eingeräumten Befugnisse zu und, wenn es sich bei der Finanzstrafbehörde um das Zollamt Österreich handelt, die dem Zollamt Österreich und seinen Organen in den Zollvorschriften eingeräumten Befugnisse. § 120 Abs. 4 gilt sinngemäß.

Gemäß § 54 Abs. 1 FinStrG gilt: Findet die Finanzstrafbehörde nach Einleitung des Finanzstrafverfahrens, dass für die Ahndung des Finanzvergehens das Gericht zuständig ist, so hat sie das Strafverfahren nach den Bestimmungen des Dritten Unterabschnittes weiter zu führen und hievon den Beschuldigten und die gemäß § 122 dem Verfahren zugezogenen Nebenbeteiligten zu verständigen; Personen, die sich in vorläufiger Verwahrung oder in Untersuchungshaft der Finanzstrafbehörde befinden, sind dem Gericht zu übergeben. Zugleich ist das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren vorläufig einzustellen.

Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 1 FinStrG besteht auch in Finanzstrafsachen die Berechtigung, sich gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beschweren, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt worden ist.

Gemäß § 152 Abs. 1 Satz 3 FinStrG ist zur Erhebung einer derartigen Maßnahmenbeschwerde derjenige berechtigt, der - wie im gegenständlichen Fall - behauptet, durch die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Die Frist, innerhalb der eine derartige Maßnahmenbeschwerde erhoben werden kann (die Rechtsmittelfrist), beträgt gemäß § 150 Abs. 2 FinStrG einen Monat. Sie beginnt bei derartigen Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt mit deren Kenntnis, sofern der Beschwerdeführer aber durch den Verwaltungsakt behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, ab dem Wegfall der Behinderung. Wird eine Maßnahmenbeschwerde verspätet eingebracht, ist sie gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG zurückzuweisen.

Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt allgemein dann vor, wenn Verwaltungsorgane im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen individuell bestimmte Adressaten einen Befehl erteilen oder Zwang ausüben und damit unmittelbar - das heißt, ohne vorangegangenen Bescheid - (mittels faktischer Amtshandlungen) in subjektive Rechte des Betroffenen eingreifen. Das ist dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsaktes in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt ein ausdrücklicher Befolgungsanspruch nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. ; ; siehe auch Ritz, BAO6, § 283 Tz 5 ff mit entsprechenden praktischen Beispielen).

Inhaltliche Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Maßnahmenbeschwerde ist es also, dass sie gegen die Anwendung von Gewalt oder gegen eine normative Anordnung gerichtet ist. Es wird somit als Verfahrensgegenstand insoweit die Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch (faktische Amtshandlungen) gefordert, andernfalls die Beschwerde - hier gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG - zurückzuweisen ist (vgl. z.B. , B757/88 [hier: das schlichte Fotografieren oder eine Identitätsfeststellung im Zuge einer Amtshandlung]; [hier: das Anbringen einer Organstrafverfügung an einem Kraftfahrzeug]; [hier: das Abstempeln eines Reisepasses]; - hier das Abstempeln einer Ausfuhrbescheinigung mit dem Vermerk "Ungültig"]). So sind etwa eine bloße behördliche Untätigkeit oder Säumigkeit (vgl. z.B. ), eine tatsächliche Verweigerung einer Akteneinsicht (; , 97/11/0105), behördliche "Einladungen" (), die vorübergehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit infolge einer Amtshandlung (), und Ähnliches keine derartige ausgeübte behördliche unmittelbare Befehls- und Zwangsgewalt.

Typische Beispiele einer ausgeübten verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt sind etwa eine Festnahme (), eine Aufforderung, unter Androhung der Festnahme mitzukommen (), eine zwangsweise Blutabnahme (), eine Vorführung zum Strafantritt (), das Betreten von Liegenschaften und Wohnungen (; ), das Befahren einer Privatstraße durch Beamte (), Fesselung und Misshandlung durch Beamte (), eine Abschiebung (), die Beiziehung eines privaten Kamerateams zu einer gewerbepolizeilichen Nachschau (), die Verbringung in eine psychiatrische Abteilung (), und Ähnliches.

Läge zwar die Ausübung einer Befehls- und Zwangsgewalt vor, fände diese aber wiederum ihre Deckung in erlassenen Bescheiden, bestünden keine faktischen Amtshandlungen. Mit Bescheidbeschwerde bekämpfbar, wenn solches zugelassen, wären vielmehr die dem behördlichen Wirken zugrundeliegenden Bescheide. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dienen die Regelungen über Maßnahmenbeschwerden im Übrigen nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, nicht aber der Eröffnung einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes. Was in einem Verwaltungsverfahren ausgetragen werden kann, kann daher nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein (z.B. Zl. 90/01/0009; ; , 0022, 0023 bzw. 0018, 0020, 0031; ).

Verwaltungsgeschehen:

Die WKStA hat am eine Mitteilung gemäß § 81 FinStrG zum Bf. 1 und die Bf. 2 wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG mit folgendem Inhalt an das Amt für Betrugsbekämpfung Standort Baden verfasst:

"***Bf1*** ist seit bis dato alleiniger Komplementär der ***2*** mit Sitz in ***9***. Seit ist ***10***, geb. ***11***, alleiniger Kommanditist mit einer Haftsumme von 100 Euro. Der Geschäftszweig der Gesellschaft ist gewerbliche Buchhaltung und Unternehmensberatung. Die Gesellschaft erledigt unter anderem Buchhaltungsarbeiten, Erstellung von Jahresabschlüssen, Lohnverrechnungen und die Anmeldung von Dienstnehmern.

Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) hat vor kurzem eine Anklageschrift gegen ***Bf1*** beim Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und anderer Straftaten eingebracht. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens hat sich mehrfach der Verdacht der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG ergeben:

1. Im Zuge der Ermittlungen wurden von ***Bf1*** verschiedene Belege (Rechnungen, Kontoblätter) vorgelegt. Auf Grund von Buchungen in Kontoblättern konnte festgestellt werden, dass bei verschiedenen Kunden zu Beginn des Jahres 2015 (bzw. auch Ende des Jahres 2014) jeweils eine Forderung in der Höhe von 1.800 Euro eingebucht wurde und diese am mit dem Vermerk "STORNO keine Leistung" (BelegNr "***12***") wieder ausgebucht wurden. Belege für diese Buchungen wurden mit der Bemerkung "Stornorechnung ***12*** ist eine interne fiktive Rechnungsnummer um die Rechnung B-***13*** bei Uneinbringlichkeit auszubuchen" nicht vorgelegt. Es wurden somit Buchungen im Rechenwerk ohne Beleg vorgenommen, der volle Umfang ist nicht bekannt.

2. In seiner Beschuldigteneinvernahme vom durch das LKA Wien gab ***Bf1*** an, in den Jahren 2015 bis 2017 Bargeld aus dem Verkauf von Firmenmänteln erhalten zu haben. Belege für diese Einnahmen gäbe es nicht, da ja der jeweilige notarielle Abtretungsvertrag der Beleg sei. Belege für die Verbuchung in die Kassa bzw. Bank wurden nicht vorgelegt. Auf Nachfrage konnten nicht einmal die bezughabenden Abtretungsverträge vorgelegt werden. Es kann somit nicht nachvollzogen werden, ob ***Bf1*** diese Einnahmen offengelegt und einer Versteuerung zugeführt hat.

3. ***Bf1*** wurde aufgefordert, zu Buchungen in Kontoblättern die jeweiligen Belege zu übermitteln. Dies erfolgte von ihm nicht lückenlos, einige Rechnungen waren "nicht mehr auffindbar", obwohl die gesetzliche Aufbewahrungspflicht noch nicht abgelaufen ist. Auf der anderen Seite übergab er Rechnungen ohne die entsprechenden Kontoblätter, was eine Überprüfung, ob diese Belege Eingang in das Rechenwerk fanden, unmöglich machte. Er verstrickte sich immer wieder in Widersprüche, indem er zB meinte "da wir ein Einnahmen/Ausgabenrechner waren, gibt es keine Kontenblätter", aber ebensolche (mit deutlich lesbarer Bezeichnung "Kontoblatt") vorlegte.

4. Laut einer Auswertung der Dienstnehmeranmeldungen im elektronischen System ELDA (ON 63 S 27 ff des Ermittlungsaktes) führte die ***2*** von Juli bis September 2014 insgesamt 76 Anmeldungen von Dienstnehmern zur Sozialversicherung auf die ***14*** durch. ***Bf1*** konnte dazu allerdings keine Rechnungen vorlegen und behauptete, keine Leistungen für diese Gesellschaft erbracht zu haben. Zeugen bestätigen allerdings, ihm Unterlagen und Stundenaufzeichnungen von Dienstnehmern übergeben zu haben. Für die im Zeitraum Juli bis September 2014 erbrachten Leistungen wurden offenbar keine Rechnungen ausgestellt.

5. Laut einer Auswertung der Dienstnehmeranmeldungen im elektronischen System ELDA (ON 63 S 63 ff) führte die ***2*** von Oktober 2015 bis Februar 2016 insgesamt 84 Anmeldungen von Dienstnehmern zur Sozialversicherung auf die ***15*** durch. Trotz mehrmaliger Aufforderung konnte ***Bf1*** allerdings nur eine einzige Rechnung, datierend vom , für den Zeitraum Oktober 2015 vorlegen. Eine Zeugin bestätigte, für die genannte Gesellschaft auch nach Oktober 2015 Unterlagen der Arbeiter an die ***2*** gemailt und später die An- und Abmeldungen zurückbekommen zu haben. Für die von November 2015 bis Februar 2016 erbrachten Leistungen wurden offenbar keine Rechnungen ausgestellt.

6. Laut einer Auswertung der Dienstnehmeranmeldungen im elektronischen System ELDA führte die ***2*** von Februar bis Juni 2016 insgesamt 148 Anmeldungen von Dienstnehmern zur Sozialversicherung auf die ***16*** durch (ON 63 S 69 ff).

***Bf1*** konnte allerdings nur zwei Rechnungen, datierend vom für den Zeitraum März und April 2016 vorlegen. Für die im Februar, Mai und Juni erbrachten Leistungen wurden offenbar keine Rechnungen ausgestellt. Bemerkenswert ist, dass ***Bf1*** einen Beleg für eine Acontozahlung für die Lohnverrechnung im Zeitraum Februar 2016 vorlegte.

7. Für die ***17*** war die ***2*** nach den Ermittlungsergebnissen (insbesondere zahlreiche gesicherte E-Mails, Auswertung ELDA-Anmeldungen) von bis Ende Juli 2017 tätig. ***Bf1*** konnte allerdings nur eine einzige Rechnung, datierend vom für den Leistungszeitraum Jänner bis April 2017 vorlegen. Für die von Juni 2016 bis Dezember 2016 sowie Mai bis Juli 2017 erbrachten Leistungen wurden offenbar keine Rechnungen ausgestellt.

Auf Grund der oben angeführten Sachverhalte besteht der Verdacht der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs 1 FinStrG. Zur Aufklärung der Verdachtsmomente wird eine Außenprüfung gem. § 147 BAO iVm § 99 Abs 2 FinStrG der ***2*** und des ***Bf1*** angeregt.

In der Beilage wird eine Kopie des Ermittlungsaktes sowie der Anklageschrift übermittelt."

Am wurde durch ***24*** eine Prüfung nach § 99 Abs. 2 FinStrG bei der ***2*** für Umsatzsteuer 2014 bis 2018 angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Es besteht der Verdacht, dass og. Verband und der verantwortliche Geschäftsführer ***Bf1*** vorsätzlich durch Abgabe unrichtiger Umsatzsteuererklärungen und Feststellungserklärungen für die Jahre 2014 bis 2018, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung an Umsatzsteuer für die Jahre 2014 bis 2018 bewirkt hat in einem noch festzustellenden Betrag und unter den Steuernummern ***18*** (***10***, für die Jahre 2015 bis 2018) und ***BF1StNr1*** (***Bf1***, für die Jahre 2014 bis 2018) und ***19*** (vormals ***20***, ***21***, für das Jahr 2014) eine Verkürzung an Einkommensteuer für die Jahre 2014 bis 2018 in noch festzustellender Höhe bewirkt und hierdurch eine Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat/haben.

Aufgrund von den, dem Amt für Betrugsbekämpfung, vorliegenden Unterlagen besteht der begründete Verdacht, dass Herr ***Bf1*** als Geschäftsführer der og KG und die og KG, durch den Verkauf von Firmenmäntel gegen Barzahlung, sowie durch Stornierungen von Kundenforderungen nicht sämtliche Einkünfte wahrheitsgemäß offengelegt hat und dadurch Abgabenverkürzungen bewirkt wurden.

Am selben Tag erging eine weitere Anordnung betreffend ***Bf1***, ***22***, Einkünfte aus Gewerbebetrieb/Geschäftsführer der Firma ***2*** für die Abgabenarten/Zeiträume, Kl Einkommensteuer für das Jahr/die Jahre 2014-2018

Zur Begründung wurde ausgeführt:

"Es besteht der Verdacht, dass og. vorsätzlich, steuerlich erfasst unter St.Nr.: ***BF1StNr1***, durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen für 2014 - 2016 bzw. durch Nichtabgabe der Einkommensteuererklärungen für 2017 und 2018 infolge der Akzeptierung einer zu geringen Schätzung, sohin unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung an Einkommensteuer für 2014 bis 2018 bewirkt hat in einem noch festzustellenden Betrag und hierdurch eine Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat.

Aufgrund von den, dem Amt für Betrugsbekämpfung, vorliegenden Unterlagen besteht der begründete Verdacht, dass Herr ***Bf1*** als Einzelunternehmer, wohnhaft in ***23***, durch den Verkauf von Firmenmäntel gegen Barzahlung, sowie durch Stornierungen von Kundenforderungen nicht sämtliche Einkünfte wahrheitsgemäß offengelegt hat und dadurch Abgabenverkürzungen bewirkt wurden.

Mit Schreiben vom an das ABB wurde die Bevollmächtigung der ***25*** durch den Bf. 1 bekannt gegeben.

Im Prüfungsbericht vom sind die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung des Bf. 1 hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 bis 2018 enthalten. Am Abgabenkonto scheint seither dazu in Folge der Beschwerde vom eine Aussetzung von insgesamt € 871.719 auf.

Im Prüfungsbericht vom sind die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung der Bf. 2 zur Umsatzsteuer 2014 bis 2019 und Feststellungsverfahren 2014 bis 2019 enthalten.

Gegen die Bescheide nach der Prüfung wurde durch die Bf. 2 Beschwerde erhoben, dazu scheint am Abgabenkonto eine Aussetzung von € 324.014 auf.

Am wurde an das BFG zusammengefasst berichtet, dass gegen die ***2*** und Herrn ***Bf1*** bislang kein Finanzstrafverfahren eröffnet worden sei. Derzeit würden Erhebungen (siehe zB. Amtshilfeersuchen an das Landesgericht für Strafsachen Wien) durchgeführt um festzustellen, ob auf Grund der Feststellungen der durchgeführten Außenprüfungen genügend Verdachtsgründe für ein gerichtliches Finanzstrafverfahren vorlägen. Nach Abschluss der Erhebung und einem Ergebnis, dass der Verdacht eines Finanzvergehens begründet sei, werden konkrete Ermittlungsschritte gesetzt und ein Anlassbericht an die zuständige Staatsanwaltschaft übermittelt werden.

Sachverhalt:

Auf Grund der Anregung der WKStA v. wurden am zwei Prüfungen nach § 99 Abs. 2 FinStrG angeordnet.

Dazu ergingen folgende Prüfberichte:

Prüfungsbericht vom zur abgabenbehördlichen Prüfung des Bf. 1 hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 bis 2018.

Prüfungsbericht vom zur abgabenbehördlichen Prüfung der Bf. 2 zur Umsatzsteuer 2014 bis 2019 und Feststellungsverfahren 2014 bis 2019.

Ein Anfallsbericht an die StA gemäß § 100 StPO wurde dazu nicht erstattet.

Am wurden zwei Maßnahmenbeschwerden eingebracht. Eine konkrete Maßnahme, die die Beschwerdefrist in Gang gesetzt habe, wurde nicht genannt.

Am wurde ein Anlassbericht an die StA Wiener Neustadt verfasst.

Bewertung:

Die WKStA hat lediglich die Finanzstrafbehörde von der Annahme eines Tatverdachtes zu denkmöglichen Abgabenhinterziehungen nach § 33 FinStrG informiert. Sie hat weder ein gerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet noch einen in eine gerichtliche Zuständigkeit fallenden Tatverdacht geäußert.

Gemäß § 81 FinStrG sind alle Dienststellen der Gebietskörperschaften mit behördlichem Aufgabenbereich (darunter auch die Staatsanwaltschaften) verpflichtet, die entweder von ihnen selbst wahrgenommenen oder sonst zu ihrer Kenntnis gelangten Finanzvergehen der Finanzstrafbehörde mitzuteilen. Diese bloße Mitteilungspflicht der Staatsanwaltschaft gilt für den Fall, als von ihr bei Prüfung der ihr vorliegenden Aktenlage trotz eines Anfangsverdachtes (§ 1 Abs. 3 StPO) noch keine Gerichtszuständigkeit in der möglichen Finanzstrafsache wahrgenommen wird. Die solcherart der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen sind von dieser darauf zu prüfen, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind (§ 82 Abs. 1 Satz 1 FinStrG). Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen (§ 82 Abs. 1 Satz 3 FinStrG). Eine derartige Sachverhaltsprüfung kann zur Konkretisierung eines Anfangsverdachtes gegenüber bestimmten Personen oder Verbänden, welchen gegebenenfalls eine finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit zukäme, führen.

Ausdrücklich bestimmt § 75 Satz 2 FinStrG, dass die für den Beschuldigten geltenden Bestimmungen bereits auch für derartige Verdächtige anzuwenden sind, wenn gegen sie schon vor der Einleitung des Finanzstrafverfahrens eine Verfolgungshandlung (§ 14 Abs. 3 FinStrG) gerichtet wurde. Es gilt in einem derartigen Vorerhebungsverfahren der objektive Beschuldigtenbegriff, woraus sich ableitet, dass auch allenfalls verfahrensrechtlich mangelhafte Verfolgungshandlungen dieselbe Rechtswirkung für derartige Verdächtige herbeiführen. Zu den Rechten eines Verdächtigen zählt sein Anspruch, ihn sobald als möglich über das gegen ihn geführte Ermittlungsverfahren und den gegen ihn bestehenden Tatverdacht sowie über seine wesentlichen Verfahrensrechte zu informieren (§ 57 Abs. 3 Satz 1 FinStrG). Eine derartige Information darf gemäß § 57 Abs. 3 Satz 2 FinStrG nur so lange unterbleiben, als besondere Umstände befürchten lassen, dass ansonsten der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre, insbesondere, weil Ermittlungen oder Beweisaufnahmen durchzuführen sind, deren Erfolg voraussetzt, dass der Verdächtige keine Kenntnis von den gegen ihn geführten Ermittlungen hat. Vor seiner ersten Befragung zum strafrechtlich relevanten Sachverhalt (sei es auch im Rahmen einer Außenprüfung) ist dem Verdächtigen aber jedenfalls mitzuteilen, welcher Taten er verdächtig ist, auch ist er darüber zu informieren, dass er berechtigt ist, sich zur Sache zu äußern oder nichts auszusagen und sich zuvor mit einem Verteidiger zu beraten; er ist darauf aufmerksam zu machen, dass seine Aussage seiner Verteidigung dienen, aber auch als Beweis gegen ihn Verwendung finden könne (§ 84 Abs. 1 FinStrG).

Die Erlassung eines Prüfungsauftrages nach § 99 Abs. 2 FinStrG steht der Finanzstrafbehörde als Ermittlungsmaßnahme zu, damit kann sie als Verfolgungshandlungen im Sinne des § 14 Abs. 3 FinStrG verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren anhängig machen, woraus sich die Beschuldigtenrechte des FinStrG ableiten.

§ 82 Abs. 1 und 2 FinStrG normiert eine Prüfkompetenz der Finanzstrafbehörde hinsichtlich der Vorgaben für die Zuständigkeit des Gerichtes für Abgabenhinterziehungen.

Es ist demnach weder während jeder abgabenbehördlichen Prüfung, sobald sich nur auf objektiver Tatseite abzeichnet, dass eine Abgabennachforderung in einer Höhe bestehen könnte, die im Fall einer Abgabenhinterziehung ein gerichtliches Finanzstrafverfahren nach sich zu ziehen hätte, noch bei Vorlage eines Prüfungsberichtes mit einer Abgabennachforderung über € 150.000,00 zwingend automatisch ein Anlassbericht nach § 100 StPO an die StA oder WKStA zu erstatten, sondern die Finanzstrafbehörde hat jedenfalls vorweg auch eine Beurteilung der für die Annahme einer Abgabenhinterziehung erforderlichen subjektiven Tatseite vorzunehmen. Dies unter der Vorgabe, dass tunlichst eine Unzuständigkeitsentscheidung des Gerichtes vermieden werden, somit, dass ein hinreichender Tatverdacht für eine Bestrafung einer in der Folge anzuklagenden Person oder eines gerichtlich zu verfolgenden belangbaren Verbandes bestehen sollte.

Eine zeitliche Einschränkung für diese Prüfung einer Gerichtszuständigkeit ergibt sich aus den einschlägigen Verfolgungsverjährungsbestimmungen, die durch den OGH behördenbezogen gesehen werden (u.a. OGH 13Os17/21f; 13Os47/22v; 13Os50/23m v. ).

Gemäß § 106 Abs. 1 StPO idF BGBl I 2015/85 mit Wirkung ab dem steht jeder Person ein Einspruch an das Strafgericht wegen Rechtsverletzung zu, die behauptet, im Ermittlungsverfahren durch eine Staatsanwaltschaft in einem subjektiven Recht verletzt zu sein, weil 1. ihr die Ausübung eines Rechtes nach der StPO verweigert oder 2. eine Ermittlungs- oder Zwangsmaßnahme unter Verletzung von Bestimmungen der StPO angeordnet oder durchgeführt wurde. Die vorherige Wortfolge "Kriminalpolizei oder" in Abs. 1 des § 106 StPO hatte der VfGH mit Erkenntnis vom , G 233/2014, G 5/2015, als verfassungswidrig aufgehoben, weshalb also nur mehr Eingriffe der Staatsanwaltschaft in subjektive Rechte der Kontrolle des Strafgerichtes unterliegen. Als subjektive Rechte sind laut Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 106 Rz 2, solche zu verstehen, welche die Voraussetzungen und Bedingungen festlegen, die bei Ermittlungen bzw der Ausübung von Zwang gegenüber Betroffenen nach der StPO konkret einzuhalten sind (Abs. 1 Z 2) oder welche dem Betroffenen einen Anspruch auf ein bestimmtes Verfahrensrecht nach der StPO einräumen (Abs. 1 Z 1; z.B. Akteneinsicht). In subjektive Rechte kann auch durch die Art und Weise der Durchführung rechtswidrig eingegriffen werden, bspw. wenn dem von einer Hausdurchsuchung Betroffenen die Anwesenheit oder die Beiziehung einer Vertrauensperson verweigert wird (vgl RV 25 BlgNR 22. GP 140 f).

Im Falle kriminalpolizeilichen Handelns (in Bezug auf Finanzstrafangelegenheiten: des Handelns einer Finanzstrafbehörde gemäß § 196 Abs. 1 FinStrG) aufgrund einer staatsanwaltschaftlichen Anordnung liegt ein Akt der Gerichtsbarkeit nach Art. 90a B-VG vor, sodass der Einspruch wegen Rechtsverletzung zulässig ist (vgl. Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 106 Rz 1/1).

Lediglich im Falle einer offenkundigen Überschreitung der staatsanwaltschaftlichen Anordnung durch die Polizei (der Finanzstrafbehörde) im Sinne eines Exzesses läge ein der Verwaltung zurechenbares Organhandeln vor (Köck in Köck/Judmaier/Kalcher/Schmitt, FinStrG II5, § 152 Rz 4, mit Hinweis auf Pilnacek/Stricker in WK-StPO, § 106 Rz 6 mwN).

Das Sicherheitspolizeigesetz gelangt im Falle der Zuordnung des Handelns einer Finanzstrafbehörde im Zuge eines Finanzstrafverfahrens zur verwaltungsbehördlichen Sphäre jedoch nicht zur Anwendung, es gelten der Zweite Unterabschnitt des FinStrG, "Verwaltungsbehördliches Verfahren" bzw. im Falle eines behaupteten Verwaltungsexzesses der Dritte Unterabschnitt des FinStrG "Sonderbestimmungen wegen gerichtlich strafbarer Handlungen" in Verbindung mit den Bestimmungen der StPO.

Eine "Verhaltensbeschwerde" gemäß Art 130 Abs. 2 Z. 1 B-VG erfasst formfreies Verwaltungsverhalten, das nicht mit Bescheid- oder Säumnisbeschwerde bekämpfbar und auch nicht einer Maßnahmenbeschwerde zugänglich ist, vgl. z.B. eben §§ 88 Abs. 2, 89 Abs. 4 SPG (Mayer/Muzak, B-VG5, Art 130 II.2). Einfachgesetzlich kann die Bekämpfbarkeit von Weisungen (Art 20 Abs. 1 B-VG) vorgesehen werden (Mayer/Muzak, aaO, mit Zitat Hauer, Zuständigkeit, in Janko/Leeb, Verwaltungsgerichtsbarkeit 36).

Fehlt es aber an einer solchen einfachgesetzlichen Basis wie im FinStrG (mit einigen wenigen ausdrücklichen Ausnahmen, wie die Anordnungen der Spruchsenatsvorsitzenden auf Hausdurchsuchung, § 93 Abs. 7 FinStrG, oder auf Ergehen eines Auskunftsersuchen an Banken, § 99 Abs. 6 FinStrG), besteht keine Beschwerdeberechtigung; in diesem Sinne bestimmt auch § 152 Abs. 1 Satz 2 FinStrG, dass gegen das Verfahren betreffende Anordnungen eines Organes einer Finanzstrafbehörde eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig ist, soweit nicht ein Rechtsmittel für zulässig erklärt worden war. Derartige verfahrensleitende Verfügungen können daher erst mit einer Beschwerde gegen das das Verfahren abschließende Erkenntnis angefochten werden. Dennoch erhobene Beschwerden wären als unzulässig gemäß § 156 Abs. 1 und 4 FinStrG ebenfalls zurückzuweisen.

Gemäß § 156 Abs. 4 FinStrG hat das Bundesfinanzgericht ebenfalls mit einer Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde vorzugehen, wenn sich diese gegen ein behauptetes Verhalten einer belangten Behörde richtet, welches schon nach seiner Begrifflichkeit keine Ausübung einer unmittelbaren (verwaltungsbehördlichen) Befehls- und Zwangsgewalt darstellen kann.

Somit waren die beiden Maßnahmenbeschwerden durch das BFG als unzulässig eingebracht zurückzuweisen.

Zur Unzulässigkeit der Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag verfahrensgegenständlich nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 156 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 81 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 82 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 99 Abs. 2 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 100 Abs. 1 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975
§ 152 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 54 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RM.7300010.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at