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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 20.12.2023, RV/7103575/2019

Wo liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen? Die Höhe der ausländischen Einkünfte wurde nicht ermittelt

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Ri in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Vialto Partners Galaxy Steuerberatungs GmbH, Mariahilfer Straße 36 / 6. Stock, 1070 Wien, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2013 Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

Der gemäß § 243 BAO angefochtene Einkommensteuerbescheid 2013 vom sowie die Beschwerdevorentscheidung vom werden gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt aufgehoben.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang

Mit Einkommensteuerbescheid 2013 vom setzte die belangte Behörde die Einkommensteuer für das Jahr 2013 vorläufig mit -7.284,00 Euro fest. Berücksichtigt wurden Einkünfte aus einem inländischen Lohnzettel in Höhe von 20.288,65 Euro abzüglich Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von 132 Euro sowie negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Mit Beschwerde vom führte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin aus, dass trotz Beantragung im L1i auf Veranlagung mit beschränkter Steuerpflicht die Beschwerdeführerin unbeschränkt steuerpflichtig behandelt worden sei und somit keine 9.000 Euro zum steuerpflichtigen Einkommen addiert worden wären. Ab August 2012 sei die Beschwerdeführerin nach Großbritannien entsendet. Da ihre Familie mit nach Großbritannien gezogen sei, habe der Mittelpunkt der Lebensinteressen nach Großbritannien gewechselt. Ihren Wohnsitz in Österreich habe die Beschwerdeführerin ab Beginn ihrer Entsendung vermietet. Da der Beschwerdeführerin somit weder ein Wohnsitz in Österreich zur Verfügung stehe und sie nicht in Österreich ansässig sei, sei sie im Jahr 2013 beschränkt steuerpflichtig.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom tritt hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Einkommensteuer und der berücksichtigten Einkünfte keine Änderung zum Erstbescheid vom ein.

Mit fristgerechtem Vorlageantrag vom wiederholte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin das bereits in der Beschwerde Vorgebrachte. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass drei Liegenschaften im Besitz der Beschwerdeführerin stehen würden. Alle drei Liegenschaften seien 2013 vermietet gewesen. Bei der Liegenschaft in der ***1*** würde es sich um Liebhaberei handeln. Mitgesendet wurde eine diesbezügliche Prognoserechnung.

Im Erhebungsauftrag vom wurde ein Prüfungsorgan der belangten Behörde beauftragt, eine Erhebung gemäß § 143 BAO vorzunehmen betreffend "Feststellung der Mietverhältnisse der Wohnung ***2***". Darauf wurde festgehalten: "***3*** --> Neffe, lebt seit ca 3 Jahren (2012), momentan einziger Mieter, gab 2 andere Mieter, ab Okt evtl 1 Mieter zusätzlich. Miete 330pP/Monat. Derzeit Familie ***4*** in Deutschland, kommt wieder in Wohnung, Zeitpunkt hängt von Befristung Dienstvertrag ab."

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurden der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde mehrere Fragen zu ihrer Entsendung, zum vorliegenden inländischen Lohnzettel sowie zum derzeitigen Wohnort gestellt. Zudem wurde ersucht, den Entsendevertrag vorzulegen.

Mit Schreiben vom wurde von der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin ausgeführt, dass die Entsendung mit ***5***.2012 begonnen hätte. Die Beschwerdeführerin hätte im Jahr 2013 keine österreichischen Arbeitstage gehabt. Bei den Bezügen des eingespielten Lohnzettels würde es sich um die Ausübung von Aktien-Optionen handeln, welche in Bezug auf die österreichischen Arbeitstage zugeteilt worden seien. Die Familie der Beschwerdeführerin sei mit nach Großbritannien übersiedelt. Der Gatte der Beschwerdeführerin sei während der Entsendung nicht berufstätig gewesen. Zudem wurde der "Contract of Employment" und "Letter of Assignment", jeweils vom ***13*** 2012 vorgelegt. Ein weiteres "Letter of Assignment" vom sowie ein Schreiben "Ihr Dienstvertrag" vom wurden vorgelegt, wonach die Beschwerdeführerin von ***6*** 2015 bis ***7*** 2018 nach Deutschland entsendet wird. Weiters werden Kindergarten- und Schulbestätigungen vorgelegt. Mit Eingabe vom führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie in Österreich sowohl in ***8*** als auch in ***9*** mit Nebenwohnsitz gemeldet sei. Ihr Mann und ihre Tochter seien nachwievor in ***8*** hauptgemeldet, da sie nicht gewusst hätten wie sie am besten tun. Die kleine Wohnung in ***8*** sei vermietet, die zweite große Wohnung sei ebenfalls an Patenkinder, Nichten, Neffen, je nach Jahr, vermietet und ***9*** ebenfalls. In ***9*** im Haus hätten sie trotz Vermietung noch die Möglichkeit zu wohnen. Vorgelegt wurden zudem mehrere Schulbescheinigungen.

Am erging ein neuerliches Ersuchen um Ergänzung der belangten Behörde betreffend die Vermietung in der ***1*** und Vorlage diesbezüglicher Unterlagen.

In der diesbezüglichen Beantwortung mit Schreiben vom führte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin aus, dass die Entsendung das ganze Jahr 2013 und 2014 aufrecht gewesen sei und bis ***7*** 2015 gedauert hätte. Seit ***6*** 2015 sei sie von Großbritannien nach Deutschland entsendet. Während der Zeit der Entsendung nach Großbritannien sei ein Wohnsitz in Österreich aufrecht gewesen. Seit ***6*** 2012 sehe sie ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen sowie die steuerliche Ansässigkeit gem. DBA Österreich-Großbritannien in Großbritannien, da ihre Familie sie nach Großbritannien begleitet hätten. Den Wohnsitz in Österreich in ***9*** vermiete sie zu 50% und zu 50% stehe dieser ihr selbst zur Nutzung zur Verfügung. Den vormaligen Hauptwohnsitz in ***8*** hätte sie mit Beginn der Entsendung nach Großbritannien aufgegeben. Die Wohnung in der ***1*** stehe im Eigentum von ihr und ihrem Ehemann. Diese Wohnung würde an Studenten im Familienkreis vermietet werden. Bei dieser handle es sich um Liebhaberei. Ihr stehe die Wohnung nicht zur Verfügung und sie übernachte in Hotels wenn sie in ***8*** sei. Mitgesendet werden Unterlagen zur Vermietung.

Eine KFZ-Abfrage der belangten Behörde vom ergab, dass ein näher bezeichnetes KFZ des Ehemanns der Beschwerdeführerin seit angemeldet ist und (auch im Streitzeitraum) nicht abgemeldet wurde.

Mit weiterem Ersuchen um Ergänzung vom der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin ersucht, Fragen zu den Tagen des Aufenthaltes in Österreich in ***9*** während der Entsendung zu beantworten und ersucht, eine vollständige britische Steuererklärung vorzulegen.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vor. Darin wird u.a. ausgeführt, dass der Vorlageantrag verspätet sei, da die Fristerstreckungsanträge des steuerlichen Vertreters vom und vom lediglich die Verlängerung der Beschwerdefrist betreffend den Einkommensteuerbescheid vom beantragt hätte, nicht jedoch die Frist zur Stellung eines Vorlageantrages hinsichtlich der Beschwerdevorentscheidung vom . Ein Umdeuten der Fristanträge des rechtskundigen Parteienvertreters sei nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs mit Verweis auf , nicht möglich.

In der Beantwortung vom des Ersuchens um Ergänzung vom wurde von der steuerlichen Vertretung ausgeführt, dass die Nutzung des Wohnsitzes in ***9*** nur sehr eingeschränkt zu bestimmten Ferienzeiten und bei Feierlichkeiten der erweiterten Familie erfolgt sei. Ansonsten sei der Wohnsitz ganzjährig nicht bewohnt gewesen. Grundsätzlich verbringe die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie in den Ferien zu Weihnachten, Semester, Ostern und eine Woche im Sommer vereinzelte Tage am Wohnsitz in ***9***. Dies sei auch in 2013 der Fall gewesen. Vorgelegt wurden britische Steuererklärungen. Ein britischer Steuerbescheid wurde nicht vorgelegt.

Mit Eingabe vom übermittelte die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin eine Ansässigkeitsbescheinigung der HM Revenue & Customs vom . Darin wird unter anderem ausgeführt: "I certify that to the best of HM Revenue & Customs' knowledge ***10*** […] was a resistent of the UK in accordance with Article 4(1) of the Convention in force between the UK and Austria from ***6*** 2012 to ***11*** 2015."

Mit Beschluss vom des Bundesfinanzgerichts wurden der Beschwerdeführerin nähere Fragen zur Nutzung ihres Wohnsitzes in ***9*** gestellt. Mit Schreiben vom führte in Beantwortung dieses Beschlusses die steuerliche Vertretung der Beschwerdeführerin aus, dass das Haus in ***9*** über zwei Wohneinheiten verfüge. Eine Wohneinheit sei vermietet, die andere Wohneinheit stehe der Beschwerdeführerin und ihrer Familie zur Verfügung. Die Zustimmung des Mieters zur Nutzung der zweiten Wohneinheit sei nicht notwendig gewesen. Die Beschwerdeführerin sei im Jahr 2013 47 Tage in Österreich gewesen. Ein Reisekalender werde beigelegt. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin sei im Entsendezeitraum jedenfalls außerhalb Österreichs gelegen.

Mit vorgelegtem Kalender gab die Beschwerdeführerin an, an folgenden Tagen im Jahr 2013 in Österreich gewesen zu sein:

1.-5.1., 25.1.-2.2., 30.3.-6.4., 21.-30.6., 2.-11.8. und 20.-31.12.

Dieses Schreiben wurde vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss vom der belangten Behörde zur Stellungnahme übermittelt.

Mit Stellungnahme vom führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass durch die jederzeit zur Eigennutzung zur Verfügung stehende Wohneinheit im Haus in ***9*** ein aufrechter und regelmäßig genutzter Wohnsitz in Österreich bestanden habe und daher aus Sicht der Abgabenbehörde eine unbeschränkte Steuerpflicht im Jahr 2013 in Österreich zu bejahen sei. Verwiesen werde darüber hinaus auf die Entscheidung des sowie vom , RV/4100053/2018. Obwohl die Beschwerdeführerin in diesem Fall, wie auch im gegenständlichen Fall, in Summe mehr als fünf Jahre im Ausland tätig gewesen sei, sei diese Tätigkeit ebenfalls nicht im Rahmen einer einzigen Entsendung erfolgt, sondern aufgrund unabhängiger und rechtlich eigenständiger Vereinbarungen und in unterschiedlichen Staaten. Verwiesen wurde weiters auf und .

Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, zu dieser Stellungnahme der Behörde Stellung zu nehmen. Dies wurde abgelehnt.

Mit Beschluss vom des Bundesfinanzgerichts wurde die Beschwerdeführerin über konkrete Angaben ersucht, aus welchen Gründen ihrer Ansicht nach der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Jahr 2013 "jedenfalls außerhalb Österreichs lag". Zu diesem Beschluss erfolgte keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin.

Im vorliegenden Fall stellte sich für das Bundesfinanzgericht die Frage, ob die ausländischen Einkünfte aus Großbritannien im Einkommensteuerbescheid 2013 vom sowie in der Beschwerdevorentscheidung vom angesetzt wurden oder nicht. Auf diesen Bescheiden werden lediglich die österreichischen Einkünfte aus dem inländischen Lohnzettel sowie die negativen österreichischen Vermietungseinkünfte angesetzt. Nach telefonischer Rücksprache mit der belangten Behörde, wurde dies ebenfalls bestätigt. Ausgeführt wurde, dass das Finanzamt über die Höhe der ausländischen Einkünfte keine Informationen hätte und von der Steuerpflichtigen erst mehrere Formulare zur Feststellung der ausländischen Einkünfte für den strittigen Zeitraum ausgefüllt werden müssten. Die steuerliche Vertretung war trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme durch das Bundesfinanzgericht innerhalb eines Zeitraums von 3 Wochen nicht erreichbar.

Zurückverweisung

Zunächst ist dem Vorbringen der belangten Behörde, der Vorlageantrag sei verspätet, entgegen zu halten, dass die Beschwerdevorentscheidung vom selbst als "Einkommensteuerbescheid 2013" bezeichnet ist. Das in den Fristerstreckungsanträgen angeführte Bescheiddatum deckt sich ebenfalls mit dem Datum der Beschwerdevorentscheidung (). Dass in den Schreiben betreffend Fristverlängerung vom und vom ein anderer Bescheid als die als "Einkommensteuerbescheid 2013" bezeichnete Beschwerdevorentscheidung vom gemeint sein könnte, ist auszuschließen. Der Vorlageantrag war daher fristgerecht.

Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum in Österreich der unbeschränkten Steuerpflicht unterlag oder nicht.

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 26/2009, sind unbeschränkt steuerpflichtig jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Maßgebend ist die tatsächliche Gestaltung der Dinge (). Unter einer "Wohnung" sind Räume zu verstehen, die ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen persönlichen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten. Die Räumlichkeiten müssen nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sein, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnung benutzt werden können (z.B. mwN). Auch eine nur teilweise Einrichtung reicht aus. Der Steuerpflichtige muss die Wohnung "innehaben", d.h. er muss die Wohnung grundsätzlich jederzeit für eigene Wohnzwecke nutzen können, ohne die Zustimmung einer anderen Person einholen zu müssen (vgl. Marschner in Jakom EStG, 2022, § 1, Rz 30; Fuchs in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer: Kommentar, § 1, 45. Lfg, Rz 7). Es kommt auf die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung an ("Schlüsselgewalt") (vgl. Marschner in Jakom EStG, 2022, § 1, Rz 31 mwN). Es kommt nicht darauf an, in welchem Ausmaß die Wohnung tatsächlich benutzt wird (z.B. ). Wird eine Wohnung vermietet und hat der Eigentümer nicht die Möglichkeit zur jederzeitigen Benutzung, liegt kein Wohnsitz vor (). Die Umstände müssen darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Das tatsächliche Benützen der Wohnung spricht für die Erfüllung des Kriteriums (vgl. Marschner in Jakom EStG, 2022, § 1, Rz 35 mit Verweis auf die Rspr des VwGH).

Im vorliegenden Fall standen der Beschwerdeführerin und ihrer Familie nach eigenen Angaben die zweite Wohneinheit in ihrem Haus in ***9*** ständig zur Verfügung. Diese wurde auch während der Ferien, zu Ostern und zu Weihnachten und anderen Tagen tatsächlich benutzt. Eine Zustimmung des Mieters der anderen Wohneinheit war dazu nicht notwendig. Die Beschwerdeführerin hatte die "Schlüsselgewalt" über diese Wohneinheit. Ein inländischer Wohnsitz lag somit im Jahr 2013 vor.

Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend inländische Zweitwohnsitze, BGBl. II Nr. 528/2003 (im Folgenden kurz ZweitwohnsitzVO) begründet ein inländischer Wohnsitz nicht die unbeschränkte Steuerpflicht, wenn bloß ein Zweitwohnsitz im Sinne dieser Verordnung vorliegt. Gemäß § 1 Abs. 1 ZweitwohnsitzVO begründet bei Abgabepflichtigen, deren Mittelpunkt der Lebensinteressen sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befindet, eine inländische Wohnung nur in jenen Jahren einen Wohnsitz im Sinne des § 1 Abs. 1 EStG, in denen diese Wohnung allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen an mehr als 70 Tagen benutzt wird. Gemäß Abs. 2 ist für die Anwendung des Abs. 1 erforderlich, dass ein Verzeichnis geführt wird, aus dem die Tage der inländischen Wohnungsbenutzung ersichtlich sind. Für die Fristenberechnung zählen alle Tage, an denen die Wohnung benutzt wird, auch "angebrochene" Tage (etwa nur ein paar Stunden) werden voll gezählt (vgl Marschner in Jakom EStG, 2022, § 1, Rz 42). Die Wirkungen treten bei Auswärtsverlagerungen des Mittelpunktes der Lebensinteressen erstmals im folgenden Kalenderjahr ein (§ 2 ZweitwohnsitzVO). Nach Marschner in Jakom EStG, 2022, § 1, Rz 44, entstammt der Begriff "Mittelpunkt der Lebensinteressen" den DBA. Auch Loukota in SWI Nr. 2/2004, 053, 056, führt aus, dass "Mittelpunkt der Lebensinteressen" ein Begriff des österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens sei, der in der Anwendungspraxis dieser Abkommen bereites einen klaren Begriffsinhalt bekommen hätte und verweist auf die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH. Gleiche Ansicht vertreten Kanduth-Kristen/Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, 2018, 36.

Die Beschwerdeführerin war nach eigenen Angaben 54 Tage (inkl. angebrochene Tage) im Jahr 2013 in Österreich. Für die Frage, ob die Zweitwohnsitz-Verordnung im vorliegenden Fall anwendbar ist oder nicht, ist daher die Frage zu klären, ob die Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum ihren Mittelpunkt der Lebensinteressen im Ausland (i.e. Vereinigtes Königreich) oder in Österreich hatte. Bei der Frage nach dem "Mittelpunkt der Lebensinteressen" bedarf es einer Untersuchung, zu welchem der beiden Staaten engere persönliche und wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Das Bundesfinanzgericht führte in seinem Erkenntnis vom , RV/3101116/2015 aus:

"Der Mittelpunkt der Lebensinteressen kann begrifflich nur an einem Ort gelegen sein (Huemer, Die unbeschränkte Steuerpflicht natürlicher Personen, 134). Zwecks Ausfindigmachung des einen und einzigen "Hauptsteuerdomizils" wird auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen eines Menschen geblickt. Zusätzlich zur Feststellung der faktischen Gegebenheit eines tatsächlichen (körperlichen) Aufenthalts wird in Ansehung der ebenfalls erforderlichen Absicht des (auch zukünftigen!) Verbleibens an einem Ort auf die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen eingegangen."

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter Letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an der eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er sie beibehalten und benutzen wird (; , 2011/15/0193). Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl. , , Ra 2016/15/0057 mwN). Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (). Eine zeitlich begrenzte (auch mehrjährige) Auslandstätigkeit lässt somit den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland und entsprechende Bindungen aber beibehalten werden (vgl. ; , 2011/15/0193; , 2013/15/0117; vgl. auch Bendlinger/Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., 530, mwN). Begründet eine Person in einem Staat eine Wohnstätte, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, so kann die Tatsache, dass sie die erste Wohnstätte beibehält, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, zusammen mit anderen Gesichtspunkten dafür sprechen, dass sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im ersten Staat beibehalten hat (, mwN).

Die Beschwerdeführerin hat kein substantiiertes Vorbringen über konkrete persönliche Beziehungen in Großbritannien, die über persönliche Beziehungen in Österreich hinausgingen, erstattet. Übliche Kontakte zu Arbeitskollegen und Mitbewohnern fallen nicht als persönliche Beziehungen ins Gewicht. Dass die Beschwerdeführerin in Großbritannien Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art oder anderen Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen nachgegangen sei, wurde von ihr bzw. der steuerlichen Vertretung nicht behauptet. Zum diesbezüglichen Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom erfolgte keine Stellungnahme. Auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements in Großbritannien wurde nicht behauptet. Als Anknüpfungspunkt zu Großbritannien bestehen die dreijährige Berufstätigkeit im Rahmen einer Entsendung eines österreichischen Arbeitgebers nach Großbritannien sowie die ständige Wohnstätte in Großbritannien in Form von angemieteten Räumlichkeiten.

In der Entsendungsvereinbarung vom ***13*** 2012 wird ausdrücklich festgehalten, dass der am ***12*** geschlossene Dienstvertrag weiterhin aufrecht bleibt und nur für die Dauer der Tätigkeit im Vereinigten Königreich durch von ihm abweichende Bestimmungen des "Letter of Assignment" überlagert wird. Sofern der Vertrag mit ***Arbeitgeber*** durch ordentliche Kündigung oder einvernehmliche Aufhebung endet, kommt automatisch der Dienstvertrag mit ***Arbeitgeber Europa*** wieder zur Gänze zur Anwendung.

Demgegenüber fällt für Österreich ins Gewicht, dass hier Familienmitglieder leben, die laufend das Haus und die Wohnungen betreuen und dass die Beschwerdeführerin und ihre Familie im Wesentlichen an allen Urlaubszeiten zu ihrem Haus in Österreich zurückgekehrt sind. Der Ehemann und die Tochter der Beschwerdeführerin sind in Österreich durchgängig gemeldet gewesen, und zwar in Form eines Hauptwohnsitzes. Die Beschwerdeführerin selbst war in jenem Haus, welches zu allen Urlaubs- und Weihnachtszeiten aufgesucht wurde, durchgehend mit Nebenwohnsitz gemeldet. Ein Pkw des Ehemannes der Beschwerdeführerin war durchgehend in Österreich gemeldet. Zudem hat die Beschwerdeführerin mehrere Liegenschaften in Österreich in ihrem Eigentum und auch während ihres Auslandsaufenthaltes nicht veräußert. Die Beschwerdeführerin selbst bringt bereits vor, dass es sich bei der Vermietung der Liegenschaften um Liebhaberei handle und diese zum Teil zu einem sehr geringen Betrag an Verwandte vermietet werden. Auch das Bundesfinanzgericht sieht es dabei als erwiesen an, dass die Vermietung der Liegenschaften in Österreich nicht aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte. Die Beibehaltung dieser Liegenschaften und die Vermietung zu einer Miete, die die Kosten nicht decken, lässt auf eine starke persönliche Bindung der Beschwerdeführerin zu ihren Liegenschaften in Österreich schließen. Dass die Absicht besteht, die Liegenschaften nach der Entsendung selbst wieder zu nutzen lässt sich aus der Aussage des Mieters ableiten.

Bei Abwägung der Gesamtheit der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin zu den beiden Vertragsstaaten Österreich und Großbritannien ergibt sich, dass auch im Streitzeitraum Österreich der bedeutungsvollere für die Beschwerdeführerin war. Ein wichtiges Indiz ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Großbritannien eine Wohnstätte begründet hat, ohne ihre in Österreich schon bestehende Wohnstätte, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, aufgegeben hat (vgl. dazu z.B. ). Auch dem Mieter in der ***1*** in ***8*** war bewusst, dass er dort lediglich so lange wohnen wird, bis die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie nach ihren Entsendungen nach Österreich zurückkehrt. Eine zeitlich begrenzte Auslandstätigkeit lässt den Mittelpunkt der Lebensinteressen auch dann im Inland bestehen, wenn die Familie an den Arbeitsort im Ausland mitzieht, die Wohnung im Inland aber beibehalten wird (vgl. z.B. mwN, , 2013/15/0117). In diesem Zusammenhang muss auch auf den Umstand Bedacht genommen werden, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Berufstätigkeit in Großbritannien nicht die Absicht hatte, dauerhaft dort zu bleiben, sondern mit ihrem österreichischen Arbeitgeber eine weitere Entsendung nach Deutschland geplant hat (vgl. dazu auch ).

Die Beschwerdeführerin hat kein Vorbringen erstattet, demzufolge ihrer unselbständigen Tätigkeit im Vereinigten Königreich im Streitzeitraum eine über die bloße wirtschaftliche Funktion des Erwerbens des Lebensunterhaltes hinausgehende (subjektive) Bedeutung zugekommen ist. Der durch die nichtselbständige Tätigkeit bedingte zeitlich überwiegende Aufenthalt im Vereinigten Königreich ist somit nicht geeignet, die sich aus der obig dargestellten privaten Lebensführung ergebenden persönlichen Beziehungen der Beschwerdeführerin zu Österreich hintanzuhalten.

Der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin befand sich daher auch im Jahr 2013 in Österreich. Die Zweitwohnsitzverordnung war daher auf die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum nicht anzuwenden.

Gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und von Veräußerungsgewinnen (in der Folge kurz DBA Österreich-VK) bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" im Sinne dieses Abkommens eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthaltes, des Ortes ihrer Geschäftsleitung, des Ortes ihrer Gründung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist, und umfasst auch diesen Staat und seine Gebietskörperschaften. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften oder Veräußerungsgewinnen aus Quellen in diesem Staat steuerpflichtig ist. Ist eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, gilt gemäß Absatz 3 litera a leg cit die Person als nur in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt. Verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als nur in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Eine "ständige Wohnstätte" setzt zum Wohnen geeignete Räume voraus, die der potentiell ansässigen natürlichen Person zur Verfügung stehen. Dabei kann es sich um eigene, gemietete, unentgeltlich zur Verfügung gestellte oder bloß mitbenutzte Räume handeln. Sie müssen allerdings jederzeit zu Wohnzwecken zur Verfügung stehen.

Die Beschwerdeführerin war im Jahr 2013 gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA Österreich-VK sowohl in Österreich als auch in Großbritannien ansässig. Da sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte verfügte, kommt es auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen an. Wie bereits oben ausgeführt, lag der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Beschwerdeführerin im Streitzeitraum in Österreich. In der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bescheinigung der HM Revenue & Customs vom wird lediglich bescheinigt, dass die Beschwerdeführerin im Vereinigten Königreich gemäß § 4 Abs. 1 DBA Österreich-VK ansässig war. Eine Auskunft oder Bescheinigung über den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Sinne des Art 4. Abs. 3 lit. a DBA Österreich-VK ist in diesem Schreiben nicht enthalten.

Die Beschwerdeführerin war daher im strittigen Zeitraum in Österreich ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig.

Weder im Einkommensteuerbescheid vom noch in der Beschwerdevorentscheidung vom werden trotz dessen, dass die belangte Behörde die Ansicht vertritt, dass unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich besteht, die ausländischen Einkünfte angesetzt. Auch der steuerlichen Vertretung der Beschwerdeführerin dürfte dieser Umstand nicht aufgefallen sein.

Das Bundesfinanzgericht kann nach § 278 BAO Bescheide aufheben und an das Finanzamt zur Entscheidung zurückverweisen. Die maßgebliche Bestimmung lautet:

"§ 278.

(1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch

b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandslos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.

(3) Im weiteren Verfahren sind die Abgabenbehörden an die für die Aufhebung maßgebliche, im aufhebenden Beschluss dargelegte Rechtsanschauung gebunden. Dies gilt auch dann, wenn der Beschluss einen kürzeren Zeitraum als der spätere Bescheid umfasst."

Im vorliegenden Fall ist die Beschwerde nicht entscheidungsreif. Aus den vorliegenden Unterlagen lassen sich die sachlichen Grundlagen nicht ableiten. Es bedarf einer Erhebung, wie hoch die ausländischen Einkünfte der Beschwerdeführerin im Jahr 2013 waren. Dazu sind unter Umständen Ermittlungen in den betroffenen Mitgliedstaaten, insbesondere in Großbritannien, nötig. Ein britischer Steuerbescheid liegt nicht vor. Die belangte Behörde selbst ist der Ansicht, dass zur Feststellung der ausländischen Einkünfte noch keinerlei Ermittlungen gemäß § 115 BAO vorgenommen wurden und die Beschwerdeführerin erst mittels Formularen des Finanzamts zur Bekanntgabe der ausländischen Einkünfte aufgefordert werden müsste. Allenfalls sind Erhebungen bei der britischen Steuerbehörde erforderlich. Aus den vorgelegten Unterlagen kann keine Feststellung über die Höhe des Welteinkommens der Beschwerdeführerin vorgenommen werden.

Die im Ermessen (§ 20 BAO) gelegene Kassation ist als Ausnahme von der meritorischen Entscheidungspflicht zu sehen, weil die Verwaltungsgerichte erster Instanz grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden sollen. Nach § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umständen zu treffen.

Es ist nicht zweckmäßig, wenn es wegen des Unterbleibens des Ermittlungsverfahrens in erster Instanz zu einer Verlagerung des gesamten Verfahrens vor die Rechtsmittelbehörde käme und die Einrichtung von zwei Entscheidungsinstanzen damit zur bloßen Formsache würde. Es ist nicht im Sinne des Gesetzes, wenn die Rechtsmittelbehörde, statt ihre Kontrollbefugnis wahrnehmen zu können, jene Behörde ist, die erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ermittelt und einer Beurteilung unterzieht.

Da keinerlei Hinweise über die Grundlagen der Einkünfte vorliegen, ist das Bundesfinanzgericht nicht in der Lage, über die Beschwerde zu entscheiden. Die unterlassenen Ermittlungen sind aber entscheidungswesentlich.

Die Durchführung der Ermittlungen durch das Bundesfinanzgericht wäre mit keiner erheblichen Kostenersparnis verbunden. Im Hinblick auf das kontradiktorische Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ist zu bedenken, dass Ermittlungsergebnisse und die hierzu abgegebenen Stellungnahmen der jeweils anderen Partei zur Kenntnis gebracht werden müssten, was zu einem deutlich aufwändigeren Verfahren führen würde.

Die Aufhebung des Bescheides und der Beschwerdevorentscheidung unter Zurückverweisung an das Finanzamt erweist sich daher als zweckmäßig. Dagegen sprechende Billigkeitsgründe liegen nicht vor.

Hingewiesen wird auf § 209a Abs. 5 BAO: "Soweit die Verjährung der Festsetzung einer Abgabe in einem Erkenntnis (§ 279) nicht entgegenstehen würde, steht sie auch nicht der Abgabenfestsetzung in dem Bescheid der Abgabenbehörde entgegen, der den gemäß § 278 oder § 300 aufgehobenen Bescheid ersetzt, wenn dieser Bescheid binnen einem Jahr ab Bekanntgabe (§ 97) des aufhebenden Beschlusses bzw. innerhalb der Frist des § 300 Abs. 1 lit. b ergeht." Im vorliegenden Fall steht die Verjährung der Festsetzung der Einkommensteuer 2013 dem "Ersatzbescheid" des Finanzamts ("der den gemäß § 278 […] aufgehobenen Bescheid ersetzt") daher nicht entgegen, wenn dieser Bescheid binnen einem Jahr ab Bekanntgabe des vorliegenden aufhebenden Beschlusses ergeht. Diese Jahresfrist ist eine gesetzliche Frist im Sinne des § 110 Abs. 1 BAO und daher nicht verlängerbar (vgl. auch Ritz/Koran, BAO, 2021, § 209a Rz 11d mwN).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Zu beurteilen waren Fragen des Sachverhalts. Die Aufhebung des Einkommensteuerbescheides und der Beschwerdevorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Finanzamt war eine Ermessensentscheidung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung lag nicht vor, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Inländische Zweitwohnsitze, BGBl. II Nr. 528/2003
§ 278 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7103575.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at