Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2024, RV/7400006/2020

Geschäftsführerhaftung für Kommunalsteuern und Dienstgeberabgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Winkler Wolfgang Rechtsanwalt, Ditscheinergasse 2, 1030 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Haftung für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe zur Zahl MA 6/ARL-272240/18E zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Der Beschwerdeführer wird zur Haftung für Kommunalsteuer und für Dienstgeberabgabe in Höhe von 5.700 Euro herangezogen. Die Aufteilung ist dem Ende der Entscheidung, die einen Spruchbestandteil bildet, zu entnehmen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bericht vom schloss das Finanzamt Wien 12/13/14 Purkersdorf eine Außenprüfung im Insolvenzverfahren der ***Primärschuldnerin*** (Primärschuldnerin) ab. Dabei wurden auch Feststellungen zu Kommunalsteuerdifferenzen getroffen.

Vorhalt

Mit Schreiben vom richtete der Magistrat der Stadt Wien (belangte Behörde) einen Vorhalt an den Beschwerdeführer und erläuterte, dass nachfolgende Abgabenbeträge nicht entrichtet worden wären:

Eine Stellungnahme durch den Beschwerdeführer dazu unterblieb.

Haftungsbescheid

Mit Bescheid vom zog die belangte Behörde den Beschwerdeführer als (ehemaligen) Geschäftsführer der Primärschuldnerin für rückständige Kommunalsteuerbeträge samt Nebenansprüchen für den Zeitraum Jänner 2015 bis Dezember 2017 in Höhe von € 7.107,70 sowie für rückständige Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2017 in Höhe von € 1.062,84 heran.

Die Begründung lautet (auszugsweise):
"Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** zur Zahl ***HG_GZ*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Sanierungsverfahrens jedenfalls erfüllt.

Herr ***Bf1*** ist seit im Firmenbuch als Geschäftsführer der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und hat weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.

Er hat somit die ihm als Geschäftsführer der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und ist daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann.

Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf besteht, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte."

Beschwerde

Am langte die mit datierte Beschwerde bei der belangten Behörde ein, die wie folgt lautet:
"I. Bescheidbeschwerde

In umseits näher bezeichneter Rechtssache erhebt der Einschreiter durch seinen ausgewiesenen Vertreter binnen offener Frist gegen den umseits näher bezeichneten Haftungsbescheid vom betreffend die Abgabenrückstände der ***Primärschuldnerin***, nachstehende

Beschwerde:

Der von der Behörde behauptete Rückstand ist unrichtig und zudem nicht nachvollziehbar, da eine Aufschlüsselung der Abgaben nach Monaten nicht erfolgt ist und somit vom Beschwerdeführer nicht geprüft werden kann. Wie sich der nunmehr behauptete Rückstand von EUR 8.170,54 zusammen setzen soll ist nicht nachvollziehbar. Der Rückstand wurde erst nach Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Hauptschuldnerin festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt war dem Einschreiter eine Bezahlung nicht mehr möglich. Es trifft ihn daher kein Verschulden. Während der Geschäftsführertätigkeit meines Mandanten bestanden jedenfalls keine Rückstände betreffend Kommunalsteuer bzw. DGA. Zudem hat sich mein Mandant regelmäßig eines Steuerberaters für die Ermittlung der Lohnabgaben bedient, der sich nur auf vertretbare Rechtsanschichten bei derBerechnung der Abgaben gestützt hat. Auch ist das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin nochnicht abgeschlossen, sodass der Ausfall der Behörde noch gar nicht feststeht. Die Primärschuldnerinverfügt über Gerüste im Wert von ca. EUR 1 Mio., sodass mit einer sehr hohen Quotenzahlung zuGunsten der Gläubiger zu rechnen ist.

Auch hat der Einschreiter ab Erkennen der Krise sämtliche Gläubiger gleich behandelt, sodass mangels Verschulden keine Haftung besteht. Zur Erstellung eines entsprechenden Gleichbehandlungsnachweises ist jedoch die Aufschlüsselung der Haftungsbeträge in einzelne Monate erforderlich. Da eine solche Aufschlüsselung durch die Behörde bis dato unterblieben ist, war es dem Einschreiter auch nicht möglich einen entsprechenden Gleichbehandlungsnachweis zu erstellen.

[…]"

Vorhalt

Mit Schreiben vom forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, eine Liquiditätsaufstellung für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum vorzulegen. Gleichzeitig teilte die belangte Behörde mit, dass sich der Rückstand an Dienstgeberabgabe von € 1.042,-- auf € 562,-- reduziert hat und übermittelte dem Beschwerdeführer eine Aufstellung mit einer monatlichen Aufteilung der Steuerbeträge für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe wie folgt:

Beschwerdevorentscheidung

Am erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung. Der Spruch dieser Erledigung lautet:
"Gemäß § 263 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, in der geltenden Fassung, wird die Beschwerde des Herrn ***Bf1***, vom gegen den Bescheid vom , Zahl MA 6/ARL - 272240/18 E, betreffend die Haftung für die "***Primärschuldnerin***, wegen Rückständen an Kommunalsteuer in der Höhe von Euro 6.968,34 und an Dienstgeberabgabe in Höhe von Euro 562,00 für den Zeitraum Jänner 2015 bis Dezember 2017 als unbegründet abgewiesen."

Die Begründung lautet (auszugsweise):
"Voraussetzungen für die Haftung sind also:

Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.

Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, steht nach der Aktenlage fest.

Weiters steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehört.

Ferner wird nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich sind.

Es ist ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden kann, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist.

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, der behauptete Rückstand sei unrichtig und nicht nachvollziehbar, da die Aufschlüsselung der Abgaben nicht nach Monaten erfolgt sei und somit nicht geprüft werden könne. Der Rückstand sei erst nach Insolvenzeröffnung festgestellt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei die Bezahlung nicht mehr möglich gewesen. Der Beschwerdeführer habe sich regelmäßig eines Steuerberaters bedient, weiters sei das Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin noch nicht abgeschlossen, und würde der Ausfall der Behörde noch gar nicht feststehen. Ab Erkennen der Krise seien alle Gläubiger gleich behandelt worden.

Dazu wird Folgendes festgestellt:

Bei Abgaben, welche der Abgabeschuldner selbst zu berechnen und abzuführen hat, bestimmt sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachkam und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären ( ZI. 93/17/280), und nicht, wann die Nachforderungen anlässlich einer Revision festgestellt wurden. Die Nachforderungen betreffen den Zeitraum, in dem der Beschwerdeführer als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen war und er daher für die Abgabenentrichtung zu sorgen hatte.

Mit der Bestellung einer Person zum Geschäftsführer wird dieser Person auch die Pflicht zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Vorschriften übertragen. Der Geschäftsführer hat insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln der Gesellschaft entrichtet werden; nimmt der Geschäftsführer die steuerlichen Agenden nicht selbst wahr, sondern überträgt sie an Dritte, wird er dadurch nicht vom Haftungsrisiko befreit.

Insbesondere müssen Kontrollen so oft vorgenommen werden, dass dem Verantwortlichen Steuerrückstände nicht verborgen bleiben ().

Da nicht einmal die selbst erklärten Steuerbeträge vollständig entrichtet wurden, ist der Beschwerdeführer seiner Kontrolltätigkeit keinesfalls ausreichend nachgekommen.

Mit Schreiben vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert eine Liquiditätsaufstellung zum Nachweis der behaupteten Gläubigergleichbehandlung vorzulegen und dabei detailliert und auch anhand eines Beispiels aufgelistet, was eine nachvollziehbare Aufstellung zu enthalten hat.

Da seitens des Beschwerdeführers keine Reaktion erfolgte, wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom nochmals ersucht, den Nachweis der Gläubigergleichbehandlung vorzulegen. Als Beilage wurde eine monatliche Aufstellung der Abgabenrückstände mittels Excel Tabelle übermittelt.

Bis dato erfolgte weder eine Vorlage des Nachweises für die behauptete Gläubigergleichbehandlung, noch eine Stellungnahme des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich war.

Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird.

Der Sanierungsplan der Primärschuldnerin wurde zurückgezogen und am das Insolvenzverfahren in ein Konkursverfahren umgewandelt.

Die erschwerte Einbringung des Abgabenrückstandes ist im Hinblick auf die erfolgte Eröffnung des Konkursverfahrens gegen die Primärschuldnerin evident, zumal laut Auskunft des Masseverwalters ein Abschluss des Konkursverfahrens weder in Sicht ist, noch Einschätzungen über eine etwaige Konkursquote möglich sind. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist daher erfüllt und bedarf es dazu keineswegs eines Zuwartens auf den Abschluss des Konkursverfahrens bzw. der Festlegung einer Konkursquote.

Auf Grund dieser Tatsachen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage seiner Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

Unzuständigkeit

Am gab die Gerichtsabteilung GA 1016, welcher die Beschwerde am zugeteilt wurde, ihre Unzuständigkeit bekannt. Am wurde die Beschwerde der GA 1059 zugewiesen.

Beschluss vom (an die belangte Behörde) bzw. (an den Beschwerdeführer)

Das Bundesfinanzgericht hat zunächst die belangte Behörde aufgefordert, zum Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom Stellung zu nehmen.
Hinsichtlich der bislang erfolgten Quotenzahlungen wurde beiden Verfahrensparteien die Abgabe einer Stellungnahme ermöglicht und die belangte Behörde wurde aufgefordert, bekannt zu geben, welche Quotenzahlungen sie bislang erhalten hatte.

Die Beantwortung durch die belangte Behörde vom lautet:
"Die Reduzierung der Dienstgeberabgabe erfolgte aufgrund der Tatsache, dass der Exekutionstitel (möglicherweise Prüfungsniederschrift) im Archiv nicht zu finden war. Es erfolgte daher die Reduzierung der Dienstgeberabgabe auf den Betrag, der laut Jahreslohnkonten als Steuerbetrag für die Dienstgeberabgabe aufscheint. Diese Anpassung erfolgte bereits mit der an den Beschwerdeführer übermittelten monatlichen Aufteilung der Steuerbeträge.

Der für 2017 an Dienstgeberabgabe in Haftung gezogene Säumniszuschlag wurde der Höhe nach nicht verändert. Für den gegenständlichen Säumniszuschlag erfolgte keine gesonderte Festsetzung mit Bescheid. Diesbezüglich wird folgende Rechtsansicht der belangten Behörde ergänzend vorgebracht:

Ein Vertreter haftet gemäß § 6a KommStG für die Kommunalsteuer. Wird bei nicht zeitgerechter Zahlung ein Säumniszuschlag verhängt, so handelt es sich hierbei um einen Nebenanspruch (siehe § 3 Abs 2 lit. d BAO). Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstreckt sich die persönliche Haftung des Vertreters auch auf Nebenansprüche. Daher ist die Grundlage für eine Haftung für den Säumniszuschlag § 7Abs 2 BAO iVm § 6a KommStG iVm § 80 BAO. Die Haftungsgrundlage muss im Spruch des Haftungsbescheides genannt werden.

Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und soll die pünktliche Tilgung vonAbgabenschulden sicherstellen (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 217 Rz 2). Säumniszuschläge sind mitAbgabenbescheid (§ 198 BAO) geltend zu machen (vgl. ).Jedoch kann die Geltendmachung auch erst im Haftungsverfahren gegenüber dem Haftpflichtigenerfolgen. Nach Rechtsprechung des VwGH setzt die Geltendmachung einer abgabenrechtlichenHaftung lediglich voraus, dass die Abgabenschuld entstanden ist. Keine Voraussetzung ist hingegen,dass die Schuld gegenüber dem Primärschuldner bereits geltend gemacht wurde (vgl. VwGH vom, Ra 2020/13/0035). Der Säumniszuschlag entsteht gemäß § 4 Abs 1 BAO mitTatbestandsverwirklichung (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 4 Rz 6; Stoll, BAO, 2319) im Falle desSäumniszuschlages ist das das Versäumen der fristgerechten Entrichtung der Abgabe (vgl. Stoll,BAO, 2321).

Zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld ist der Geschäftsführer noch zur Führung derGeschäfte zuständig gewesen und hat somit auch die Nichtentrichtung der Abgabe zuverantworten. Die Fälligkeit ist im Falle der Geltendmachung im Haftungsweg nach § 224 BAO undnicht nach § 217a BAO zu beurteilen und beträgt daher 1 Monat ab Zustellung desHaftungsbescheides.

Für eine Haftung des Geschäftsführers auch für den Säumniszuschlag spricht überdies das Wesender persönlichen Haftung. So haftet der Vertreter laut Stoll auch für später auftretende Folgen inseinem Bezugsrahmen gelegener Gründe (frühere vom Vertreter zu verantwortenderPflichtverletzungen) (siehe Stoll, BAO, 134). Der Säumniszuschlag als Folge der nicht zeitgerechtenTilgung von Abgabenschulden, ist eine derartige später auftretende Folge für die derGeschäftsführer einzustehen hat. Außerdem hält § 7 Abs. 2 BAO explizit fest, dass sich diepersönliche Haftung auch auf Nebenansprüche, wie etwa den Säumniszuschlag, erstreckt. Auch derVwGH hat in seiner Rechtsprechung die Haftung des Geschäftsführers für den Säumniszuschlag imFalle einer Insolvenz bestätigt (vgl. ).

Zusammenfassend spricht daher nichts dagegen den Säumniszuschlag erstmalig mit einemHaftungsbescheid festzusetzen.

Für das Jahr 2017 ist durch die Reduzierung des Rückstandes vor Quotenzahlung auf 562,00 Euroder Säumniszuschlag auf 11,24 Euro zu reduzieren.

Zu Punkt II. wird Folgendes festgestellt:

In Summe wurden 8.293,99 Euro an Insolvenzforderungen angemeldet (nicht bestritten). Es wurde eine 20%ige Sanierungsplanquote in Höhe von 1.658,80 Euro entrichtet, wobei 12,53 Euro auf Verwaltungsabgaben entfielen. Dieser Betrag wurde nach Zahlung am verbucht.

Die Quote von 1.646,27 Euro wurde laut Buchhaltungsabteilung zur Abdeckung der Kommunalsteuer 2015 in Höhe von 318,35 Euro, für den Säumniszuschlag hiezu von 6,36, für die Kommunalsteuer 2016 in Höhe von 1.082,52 Euro, für den Säumniszuschlag 2016 betreffend Kommunalsteuer in Höhe von 24,87 Euro und für die Dienstgeberabgabe 2017 in Höhe von 193,33 Euro und für den Säumniszuschlag an Dienstgeberabgabe 2017 in Höhe von 20,84 Euro verwendet.

Als Rückstand verbleibt ein Betrag von 161,01 Euro an Kommunalsteuer für November bis Dezember 2016, sowie 5.406,47 Euro an Kommunalsteuer für 2017 zuzüglich eines Säumniszuschlages von 108,18 Euro.

Als Rückstand an Dienstgeberabgabe für Oktober bis Dezember 2017 verbleibt ein Betrag von 368,67 Euro bzw. der um den verringerten Säumniszuschlag reduzierten Betrag (359,07 Euro).

Es wird darauf hingewiesen, dass mit Beschluss des BG Mödling vom über das Vermögen des Beschwerdeführers am zur Zahl ***BG_GZ***, ein Schuldenregulierungsverfahren (Zahlungsplanvorschlag 2,33%) eröffnet wurde."

Der Vertreter des Beschwerdeführers hat in seiner Stellungnahme vom darauf verwiesen, dass im Zuge der Schlussverteilung "mit einer weiteren beträchtlichen Quote zu rechen" wäre.

Mit E-Mail vom teilte der Vertreter des Beschwerdeführers die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Beschwerdeführers mit.

Beschluss vom an den Masseverwalter

Das Bundesfinanzgericht hat den Masseverwalter der Primärschuldnerin unter anderem um Auskunft ersucht, wie lange das Insolvenzverfahren noch dauern werde und ob tatsächlich mit einer beträchtlichen Schlussquote zu rechnen wäre.

Mit Fax vom hat der Masseverwalter bekannt gegeben, dass mit einem ehemaligen Geschäftsführer / Gesellschafter eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen worden wäre und noch eine Quotenausschüttung von bis zu 5 % möglich wäre, sofern die Ratenzahlungsvereinbarung eingehalten werde.

Dieses Schreiben des Masseverwalters wurde beiden Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht.

In einer Stellungnahme der belangten Behörde vom wurde bekannt gegeben, dass die Angaben des Masseverwalters zutreffend seien. Ein Zuwarten bis zum voraussichtlichen Ende des Insolvenzverfahrens der Primärschuldnerin erscheint der belangten Behörde jedoch nicht zweckmäßig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Primärschuldnerin wurde am ins Firmenbuch eingetragen. Am wurde der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ins Firmenbuch eingetragen. Die Primärschuldnerin hat Dienstnehmer beschäftigt. Im haftungsgegenständlichen Zeitraum wurden Firmenfahrzeuge auch privat verwendet und Teile des Geschäftsführergehalts wurden nicht in die Kommunalsteuerbemessungsgrundlage einbezogen. Für diese Sachverhalte hat die Primärschuldnerin nur teilweise Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe entrichtet.

Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer wie folgt zur Haftung herangezogen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Haftung
KommSt 2015
318,35
SZ KommSt 2015
6,36
KommSt 2016
1.243,53
SZ Kommst 2016
24,87
KommSt 2017
5.406,47
SZ KommSt 2017
108,12
DGA 2017
1.042,00
SZ DGA
20,84
8.170,54

Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom ***Datum1*** zur Zahl ***HG_GZ*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Sanierungsverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom wurde die Schließung des Unternehmens bekannt angeordnet. Im Insolvenzverfahren der Primärschuldnerin hat die belangte Behörde Insolvenzforderungen in Höhe von € 8.293,99 angemeldet, die auch anerkannt wurden. Dieser Betrag setzt sich aus dem haftungsgegenständlichen Betrag von € 8.170,54, Kommunalsteuer 1/2018 in Höhe von € 52,80, Dienstgeberabgabe 1/2018 in Höhe von € 8 sowie anderen Abgaben in Höhe von € 62,65 zusammen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde der Beschwerde teilweise Folge gegeben und die Haftung für Dienstgeberabgabe auf € 562,-- reduziert.

Mit Beschluss vom wurde der Zwischenverteilungsentwurf des Masseverwalters, der eine Quote von 20 % für die Insolvenzgläubiger vorsah, genehmigt.

Im Juni 2020 hat die belangte Behörde 1.658,80 € als Insolvenzquotenzahlung erhalten.

Im Oktober 2023 wurde über das Vermögen des Beschwerdeführers ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und wurde der Zahlungsplan angenommen.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Firmenbuchstand gründen sich auf die Eintragungen im Firmenbuch, in das Einsicht genommen wurde. Ebenfalls Einsicht genommen wurde in den Gesellschafterbeschluss vom , mit dem der Beschwerdeführer zum Geschäftsführer bestellt wurde und in den Abtretungsvertrag vom , mit dem der Beschwerdeführer sämtliche Gesellschaftsanteile um € 1,-- erworben hat.

Die Feststellungen zum Insolvenzverfahren gründen sich auf die Bekanntmachungen in der öffentlich zugänglichen Ediktsdatei, in die Einsicht genommen wurde. Darüber hinaus ist aus dem Verwaltungsakt ersichtlich, dass per ein Gesamtrückstand von € 8.231,34, der sich aus dem beschwerdegegenständlichen Haftungsbetrag sowie der Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe 1/2018, zusammenersetzt, bestand.

Aus dem Schreiben der belangten Behörde vom geht zudem hervor, dass die Quotenzahlung in Höhe von € 1.658,80 unter anderem mit Verwaltungsabgaben verrechnet wurden. Unstrittig betrug die Quotenzahlung 20 % der angemeldeten Forderungen, somit € 1.658,80. Dieser Betrag ist auch aus den vom Masseverwalter zur Verfügung gestellten Abrechnungsunterlagen ersichtlich. 20 % des beschwerdegegenständlichen Haftungsbetrages von € 8.170,54 betragen € 1.634,11. Obwohl bereits im Juni 2019 die geltend gemachte Haftung für die Dienstgeberabgabe (nicht jedoch für den Säumniszuschlag für Dienstgeberabgabe) reduziert wurde, erhielt die belangte Behörde die volle Quotenzahlung - bezogen auf die ursprünglich angemeldeten Forderungen.

Die Feststellungen zur Kommunalsteuerbemessungsgrundlage gründen sich auf die Ausführungen im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung bei der Primärschuldnerin, in den Einsicht genommen wurde. Darin wird geschildert, dass Teile des Geschäftsführerbezuges im Jahr 2015 (€ 12.000) zwar ausbezahlt wurden, jedoch nicht in die Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer miteinbezogen wurden. Weiters hat der Prüfer festgestellt, dass mehrere KFZ (zB Mercedes-Benz S 400 Hybrid) bei der Primärschuldnerin vorhanden waren, die auch privat genutzt wurden.
Die Feststellung, dass die Primärschuldnerin für Sachverhalte, die im Zuge der Gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben festgestellt wurden, nur teilweise entrichtet hat, ergibt sich aus den vorgelegten Auszügen des Abgabenkontos. So wurde bspw für das Jahr 2015 eine Kommunalsteuererklärung mit einer Kommunalsteuerbemessungsgrundlage in Höhe von € 332.414,00 (Abgabenbetrag € 9.972,42) eingereicht; die Bemessungsgrundlage laut GPLA betrug € 373.545,93, was zu einer rückständigen Abgabe in Höhe von € 1.233,96 führt. Laut Abgabenkonto kam es zu einer Zahlung in Höhe in Höhe von € 915,61; somit verbleibt ein offener Betrag in Höhe von € 318,35, der mit dem angefochtenen Haftungsbescheid eingefordert wurde.

Die Feststellung, dass die belangte Behörde der Beschwerde hinsichtlich Dienstgeberabgabe teilweise Folge gegeben hatte, gründet sich unter anderem auf das Schreiben der belangten Behörde vom , in dem diese darauf hinweist, dass sie den Säumniszuschlag für die Dienstgeberabgabe nicht angepasst hat. Darüber hinaus finde sich auch in der tabellarischen Aufstellung vom bereits der reduzierte Betrag.

Die Feststellung zum Schuldenregulierungsverfahren des Beschwerdeführers gründen sich auf eine Einsichtnahme in die Ediktsdatei (BG Mödling ***BG_GZ***) sowie die diesbezüglichen Angaben beider Parteien.

Rechtslage

§ 80 BAO lautet:

2. Vertreter.

§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.

(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.

§ 224 BAO lautet:

2. Geltendmachung von Haftungen.

§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.

(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.

(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.

§ 6a Kommunalsteuergesetz 1993 lautet:

Haftung

§ 6a. (1) Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.

(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

§ 6a Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe (LGBl. Nr. 05/1979 idgF) lautet:

§ 6a.(1) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.

(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.

(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.

Rechtliche Beurteilung

Die Haftung nach § 6a KommStG und § 6a Dienstgeberabgabengesetz ist eine Gefährdungshaftung. Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die erschwerte Einbringung der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden, seine Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für erschwerte Einbringung. Der unbestimmte Rechtsbegriff "nicht ohne Schwierigkeiten" ist so auszulegen, dass nur bei erheblichen Schwierigkeiten, die in ihrer Intensität so geartet sind, wie die Schwierigkeiten, die sich für das Einbringen der Abgabenforderungen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ergeben, die Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung gegeben ist. Die Tatsache, dass ein Verschulden des Haftungspflichtigen und schwere Einbringlichkeit beim Abgabepflichtigen als weitere Tatbestandsvoraussetzungen hinzutreten müssen, damit die Haftung des Vertreters besteht, zeigt, dass auch von einer unsachlich-überschießenden Regelung nicht die Rede sein kann ().

Pflichtverletzung:
Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen. Hat er dies nicht getan, dann muss er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen (vgl. zB , und vom ; zur Haftung eines "willfährigen" Geschäftsführers vgl. weiters das Erkenntnis vom mwN).

Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.

Sowohl nach § 6a KommStG als auch § 6a Dienstgeberabgabegesetz tritt die Haftung nicht nur bei Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten, sondern auch bei Verletzung sonstiger Pflichten ein. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter die Pflicht zur Abgabenentrichtung getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre.Die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten durch den Beschwerdeführer besteht darin, dass die Entrichtung der haftungsgegenständlichen Abgaben zu den jeweiligen gesetzlichen Fälligkeitstagen unterlassen wurde.

Bei Selbstbemessungsabgaben, zu denen die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe zählen, ist für die Frage der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten eines Vertreters des Abgabepflichtigen maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (). Mit einem Vorbringen, dass sich die Haftungsbeträge erst aus Nachforderungen als Folge abgabenbehördlicher Prüfungen ergeben haben, wird keine Rechtswidrigkeit des Haftungsbescheides aufgezeigt. Die Verpflichtung zur Entrichtung der genannten Abgaben ist nämlich bereits vor Bescheiderlassung ex lege eingetreten ().

Abgabenbescheid - Beschwerde:
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten.

Grundlagenbescheide hinsichtlich Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe gibt es keine, weil die belangte Behörde solche Bescheide nicht erlassen hat.

Die Frage, ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch objektiv gegeben ist, ist als Vorfrage im Haftungsverfahren nur dann zu beantworten, wenn kein Bindungswirkung auslösender Abgabenbescheid oder Haftungsbescheid vorangegangen ist. Auf die "Fälligstellung" durch solche Bescheide kommt es nicht an, weil die in Rede stehende Steuer (Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe) als Selbstbemessungsabgabe von der Primärschuldnerin nicht erst im Jahr der bescheidmäßigen Festsetzung einzubehalten und abzuführen gewesen wäre. Wurde bei Selbstbemessungsangaben noch kein Bescheid gemäß § 201 BAO oder gemäß § 202 BAO erlassen, so ist im Haftungsverfahren über den Abgabenanspruch (seine Höhe) abzusprechen (; ).
Hinsichtlich der Dienstgeberabgabe hat die belangte Behörde die Haftung in der Beschwerdevorentscheidung eingeschränkt. Im Schreiben vom hat die belangte Behörde schließlich angeführt, dass der Haftungsbetrag jenem Betrag entspricht, der sich aus dem Jahreslohnkonto ergibt.

§ 11 Abs 2 KommStG normiert die Pflicht des Unternehmers, die Kommunalsteuer für jeden Monat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates (Fälligkeitstag) an die Gemeinde zu entrichten.
Gemäß § 11 Abs 3 Satz 2 KommStG hat die Gemeinde Kommunalsteuerbescheide zu erlassen, wenn
-) ihr kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder
-) sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

Aus den Berichten über die durchgeführten Außenprüfungen geht hervor, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Kommunalsteuer aus den Lohnkonten mit den tatsächlich ausbezahlten Bezügen ergibt. Mit Schreiben vom hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer den Bericht über die Gemeinsamt Prüfung lohnabhängiger Abgaben, in dem sich auch die Kommunalsteuerbemessungsgrundlagen finden, übermittelt. Mit Schreiben vom hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer eine monatliche Aufstellung der Kommunalsteuer- und Dienstgeberabgabenbeträge übermittelt, nachdem die belangte Behörde zuvor die Lohnkonten von der steuerlichen Vertretung der Primärschuldnerin angefordert hatte.

Einwendungen gegen die Richtigkeit und oder Höhe der Abgaben, insbesondere hinsichtlich der tabellarischen Aufstellung, die von der belangten Behörde erstellt wurde und dem Schreiben vom beigelegt wurde, wurden nicht vorgebracht. Eine Unrichtigkeit ist auch für das Bundesfinanzgericht nicht zu erkennen. Abgabenansprüche hinsichtlich Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe sind entstanden; dies ergibt sich auch aus den von der Primärschuldnerin eingereichten Abgabenerklärungen.

Ausmaß der Haftung:
Die Haftung ist subsidiär und akzessorisch. Eine Person darf demnach nur dann als Haftende in Anspruch genommen werden, wenn der Hauptschuldner seiner Verbindlichkeit nicht nachkommt und diese Verbindlichkeit beim Hauptschuldner uneinbringlich ist (Subsidiarität). Die Haftungsschuld ist weiters ihrem bloß sichernden Charakter zufolge in ihrem Bestand von der Existenz der Hauptschuld abhängig. Ist die Hauptschuld nicht (gültig) entstanden oder ist sie erloschen oder hat nur mehr den Charakter einer Naturalobligation (), ist auch eine Haftung für diese nicht denkbar (). Das Erlöschen der Abgabenschuld wird unter anderem durch die Entrichtung der Abgaben - etwa durch einen Gesamtschuldner - bewirkt (), durch Nachsicht oder Löschung (vgl Ritz/Koran, BAO7, § 4 Tz 9).
Durch die Entrichtung der Insolvenzquote ist ein Teil der Hauptschuld weggefallen. Damit ist auch die Haftung für diesen weggefallenen Teil nicht mehr denkbar. Somit ist der Beschwerde teilweise Folge zu geben.

Kausalität:
Der Vertreter haftet aber nicht für sämtliche Abgabenschulden des Vertretenen in voller Höhe, sondern nur im Umfang der Kausalität zwischen seiner schuldhaften Pflichtverletzung und dem Entgang der Abgaben. Die Inanspruchnahme als Haftender setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die erschwerte Einbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; ; ). Eine bestimmte Schuldform ist hiefür nicht erforderlich (zB ).

Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (zB ). Er hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Abgabenentrichtung nachzuweisen.

Der Vertreter hat bei der Entrichtung von Schulden Abgabenschulden nicht schlechter zu behandeln als andere Schulden; er hat die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz; ). Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Haftung des Vertreters in der Höhe des Quotenschadens setzt den Nachweis voraus, welcher Betrag bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger an die Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Diesen Nachweis hat der Vertreter auf die jeweiligen Fälligkeitszeitpunkte einerseits und das Vorhandensein liquider Mittel andererseits bezogen zu führen (; ). Kommt der Geschäftsführer der Aufforderung zu einer Präzisierung und Konkretisierung seines Vorbringens nicht nach und erbringt er nicht den ihm obliegenden Nachweis, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, haftet er dann für die in Rede stehenden Abgabenschulden zur Gänze (vgl. ; ).

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer mit Schreiben vom eingeladen, einen Gläubigergleichbehandlungsnachweis vorzulegen, zumal der Beschwerdeführer in der Beschwerde vom angeführt hatte, dass ihn einerseits gar kein Verschulden treffe, weil er ab Erkennen der Krise sämtliche Gläubiger gleich behandelt habe und darauf hingewiesen hat, dass er mangels Aufschlüsselung der Haftungsbeträge auf die einzelnen Monate keinen Gleichbehandlungsnachweis erbringen könne. Dem Schreiben vom hat die belangte Behörde eine monatliche Aufstellung für die Jahre 2015 bis 2017 über Steuerbeträge, Zahlungen und Rückstände für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe übermittelt. Der Beschwerdeführer hat auf den Vorhalt der belangten Behörde jedoch nicht reagiert.

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beschwerdeführer konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die erschwerte Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Ermessen:
Die Inanspruchnahme zur Haftung liegt im Ermessen (§ 20 BAO). Dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" ist dabei die Bedeutung "berechtigte Interessen der Partei", dem Gesetzesbegriff "Zweckmäßigkeit" die Bedeutung "öffentliches Anliegen an der Einbringung der Abgaben" beizumessen. Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist. Die erschwerte Einbringlichkeit bei der Primärschuldnerin steht als Folge der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens fest; es steht auch fest, dass die Gläubiger nur mit einer Quote ihrer Forderungen befriedigt werden. Bei der Ermessensübung ist zudem auf den Grad des Verschuldens des Haftenden Bedacht zu nehmen. Der Beschwerdeführer war alleiniger Geschäftsführer der Primärschuldnerin und war für die Entrichtung der Abgaben verantwortlich. Bei Betrauung einer nicht geschäftsführenden Person mit den steuerlichen Angelegenheiten besteht eine Kontrollpflicht der Geschäftsführer.

Im Rahmen der Ermessensübung ist noch zu berücksichtigen, dass die belangte Behörde gute Aussichten hat, eine abschließende Quotenausschüttung von bis zu 5 % zu erhalten. Dabei orientiert sich die insolvenzrechtliche Quotenzahlung an der angemeldeten und anerkannten Forderung. Aus dem Schriftsatz der belangten Behörde vom , in dem ausgeführt wird, dass die Haftung für die Dienstgeberabgabe letztlich laut Jahreslohnkonten geltend gemacht werde, lässt sich ableiten, dass die zunächst geltend gemachte Haftung möglicherweise zu hoch war. Zu einer Einschränkung der angemeldeten Insolvenzforderungen kam es aber offensichtlich nicht, sonst wäre die auf die belangte Behörde entfallende Quotenzahlung geringer ausgefallen. Es wäre an der belangten Behörde gelegen, Unklarheiten hinsichtlich der Höhe der haftungsverfangenen Selbstberechnungsabgaben zu beseitigen und etwa die Dienstgeberabgabe bescheidmäßig festzusetzen (§ 201 BAO). Da die Primärschuldnerin durch einen Masseverwalter einen gesetzlichen Vertreter hat, kann es auch zu keinen zustellrechtlichen Schwierigkeiten kommen. Eine Festsetzung der Abgabe wäre ohne Schwierigkeiten möglich gewesen. Auch wenn eine Haftungsinanspruchnahme nach § 6a Dienstgeberabgabegesetz bereits bei im Falle der Konkurseröffnung möglich ist, bedeutet dies nicht, dass sämtliche nachteiligen Folgen auf einen Haftungspflichtigen abzuwälzen sind.
Nach Angabe des Masseverwalters ist eine weitere Quotenzahlung "bis zu 5 % möglich". Im Rahmen der Ermessensübung ist dies zu berücksichtigen und angesichts der Tatsache, dass die Ratenvereinbarung wohl schon einige Jahre eingehalten wird, eine Herabsetzung von zumindest 3,5 % vorzunehmen, zumal sich die Quotenberechnung durch den Masseverwalter an den angemeldeten (und anerkannten) Forderungen orientiert, die sich in Bezug auf die Dienstgeberabgabe als zu hoch erwiesen haben. Auch dieser Umstand war im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen war auch, dass durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens des Beschwerdeführers die vollen 5 % möglicherweise nicht (mehr) zu erzielen sein werden.

Auf den um einen Teil der Dienstgeberabgabe verminderten Haftungsbetrag in Höhe von € 7.680,94 entfiel eine Quotenzahlung von € 1.634,11 (12,53 € sind auf Verwaltungsabgaben entfallen; 12,16 € sind auf die nicht haftungsgegenständliche Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe 1/2018 entfallen; zusammen 24,69 € [1.634,11 + 24,69 = 1.658,80]. Dies ergibt eine Quote von 21,27 %. In diesem Ausmaß sind die Abgabenschulden ohnedies erloschen.
Der Umstand, dass eine Haftungsschuld letztlich nur zum Teil eingebracht werden kann, steht deren (ungekürzten) Geltendmachung nicht entgegen ().

Im Ergebnis besteht die Haftung wie folgt zu Recht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Haftung
Quote
verbleibend
minus 3,5%
Ergebnis
KommSt 2015
318,35
67,73
250,62
11,14
239,49
SZ KommSt 2015
6,36
1,35
5,01
0,22
4,78
KommSt 2016
1.243,53
264,56
978,97
43,52
935,45
SZ Kommst 2016
24,87
5,29
19,58
0,87
18,71
KommSt 2017
5.406,47
1.150,22
4.256,25
189,23
4.067,03
SZ KommSt 2017
108,12
23,00
85,12
3,78
81,33
DGA 2017
562,00
119,56
442,44
19,67
422,77
SZ DGA
11,24
2,39
8,85
0,39
8,46
7.680,94
1.634,11
6.046,83
268,83
5.778,15
(-Ermessen)
-78,00
5.700,00

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht orientierte sich bei der zu lösenden Rechtsfrage an den zitierten gesetzlichen Bestimmungen. Die rechtlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme zur Haftung sind durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung hinreichend geklärt. Es liegt hier keine zu klärende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, weshalb die Zulässigkeit einer Revision zu verneinen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 6a KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
§ 6a WDGAG, Wr. Dienstgeberabgabegesetz, LGBl. Nr. 17/1970
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7400006.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at