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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2023, RV/7101139/2023

Arbeitszimmer eines Sachverständigen aufgrund einer Vereinbarung von Telearbeit mit dem Arbeitgeber

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017, 2018, 2019, 2020 und 2021, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Einkommensteuer 2017 als unbegründet abgewiesen. Der Bescheid bleibt unverändert.

II. Der Beschwerde wird hinsichtlich der Einkommensteuer 2018, 2019, 2020 und 2021 zum Teil Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.


  • Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

III. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das bisherige Verfahren stellt sich wie folgt dar:

Das Finanzamt erließ Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2017 bis 2021 vom . Geltend gemachte Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung wurden nicht anerkannt, da dieses nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bildet bzw. nicht (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird. Für das Jahr 2021 wurde für die im Lohnzettel ausgewiesenen Homeoffice-Tage der Betrag von 300,00 € als Werbungskosten berücksichtigt.

Dagegen richtete sich die Beschwerde vom mit der Begründung, dass der Beschwerdeführer seit bei der Fa. AG GmbH als Sachverständiger tätig sei und er seit Beginn der Tätigkeit in seinem im eigenen Zuhause eingerichteten Büro im Homeoffice arbeite. Er legte eine Bestätigung des Dienstgebers über die Heimarbeit des Beschwerdeführers und eine Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag über alternierende Telearbeit vor.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde ab und begründete dies im Wesentlichen damit, dass dem Beschwerdeführer laut vorgenannter Zusatzvereinbarung ein Büro am Dienstort zur Verfügung stehe und die Beschäftigung am Telearbeitsplatz freiwillig erfolge.

Mit Antrag vom ersuchte der Beschwerdeführer um Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und legte eine weitere Bestätigung des Dienstgebers darüber vor, dass eine dauerhafte Einrichtung eines Büroarbeitsplatzes nicht gegeben war und ist. Lediglich für Zwecke der Einschulung wurde dem Beschwerdeführer für die ersten Wochen teilweise ein Arbeitsplatz in AG-Ort zur Verfügung gestellt. Es seien 24 Büroarbeitsplätze eingerichtet und über 40 Mitarbeiter in der Sparte tätig. Vorgelegt wurde eine Vereinbarung Telearbeit vom .

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung als unbegründet, da laut § 14 des Kollektivvertrages für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung die Beschäftigung an einem Telearbeitsplatz sowohl von Seiten des Dienstnehmers als auch des Dienstgebers freiwillig sei. Die Vereinbarung Telearbeit nehme Bezug zu dieser Bestimmung.

Der erkennende Richter forderte den Beschwerdeführer am auf, Zeitaufzeichnungen für 2017 bis 2021 vorzulegen, die schätzungshalber angenommenen Herstellungskosten von 2.500,00 € je m² und die Kosten der Heizungswartung nachzuweisen sowie die genaue Höhe der geltend gemachten Werbungskosten anzugeben.

Der Beschwerdeführer übermittelte am seine Antworten, welche am dem Finanzamt zur Kenntnisnahme und Stellungnahme weitergeleitet wurden.

Das Finanzamt verwies in seiner Stellungnahme vom im Wesentlichen auf den Vorlagebericht.

Strittig sind im Verfahren die geltend gemachten Kosten für das Arbeitszimmer in den Jahren 2017 bis 2021.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ***Bf1*** war von bis und von bis bei der AG GesmbH als Elementar-Sachverständiger beschäftigt. Seine Tätigkeit umfasste im Wesentlichen Besichtigungen im Außendienst und die Prüfung von Unterlagen (Rechnungen, Fotos, Belege) bzw. Erstellung von Gutachten im Innendienst.

Den Innendienst übte der Beschwerdeführer von 2. Oktober bis aus Gründen der Einschulung abwechselnd an einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz in AG-Ort und in einem für berufliche Zwecke eingerichteten Raum in einem Einfamilienhaus an seinem Wohnsitz in ***Bf1-Adr*** (Homeoffice) aus. Die Wahl des Arbeitsplatzes erfolgte außerhalb der Einschulung freiwillig.

Von bis sowie von bis erbrachte der Beschwerdeführer seine dienstliche Tätigkeit abseits des Außendienstes nahezu ausschließlich im Homeoffice. Ein Arbeitsplatz am Sitz des Arbeitsgebers in AG-Ort stand für den Beschwerdeführer nicht zur Verfügung. Einzelne Dienstverrichtungen in AG-Ort erfolgten in Form des Desksharing.

Der in seinem Eigenheim genutzte Raum weist den Charakter eines Büroraums auf. Eine - auch geringfügige - private Nutzung ist nicht wahrscheinlich.

Für die Abnutzung des auf den Arbeitsraum entfallenden Gebäudeteiles sowie für anteilige Betriebskosten (Versicherung, Heizung, Strom, Internet, Festnetz) entstanden dem Beschwerdeführer Aufwendungen von 105,90 € für Dezember 2017, jeweils 1.270,79 € für die Jahre 2018 bis 2020 sowie 1.164,89 € für den Zeitraum Jänner bis Juni und August bis Dezember 2021.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und dem Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung sowie den Erhebungen des Bundesfinanzgerichts.

Die Feststellungen zum Dienstgeber, der Dauer seiner Beschäftigung sowie der Inhalt der Berufstätigkeit sind unstrittig.

Oktober - November 2017

Dass die Tätigkeit in den ersten beiden Monaten im Wesentlichen am Betriebssitz erfolgte, ist einer Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag und einem Schreiben des Arbeitsgebers sowie dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu entnehmen.

In einer Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag über alternierende Telearbeit vom wurde unter Punkt 1. Beschäftigungsform folgendes festgehalten:

"Für die/den DN wird ein alternierender Telearbeitsplatz eingerichtet. Dabei wird die gesetzliche bzw. kollektivvertragliche regelmäßige Arbeitszeit teilweise in der Wohnung des/der DN bzw. an einem vom DN frei gewählten Ort (außerbetriebliche Arbeitsstätte) und teilweise im Betrieb in AG-Ort der/des DG (betriebliche Arbeitsstätte) erbracht. Die Beschäftigung auf einem Telearbeitsplatz erfolgt nach dem Prinzip der Freiwilligkeit."

Der Arbeitgeber erklärte in einem Schreiben vom , dass nur für Zwecke der Einschulung "für die ersten Wochen teilweise ein Arbeitsplatz in AG-Ort zur Verfügung gestellt" wurde.

Der Beschwerdeführer führte in seiner E-Mail vom an, dass er die ersten beiden Wochen zur Gänze sowie anschließend wöchentlich 2 - 3 Tage bis ca. Mitte November in AG-Ort tätig war.

Dezember 2017 - Dezember 2021

Dass ab Dezember 2017 die Tätigkeit des Beschwerdeführers im weitaus überwiegenden Ausmaß im Homeoffice stattfand, lässt sich aus folgenden Beweismittel ableiten:

In einer Vereinbarung - tituliert als "Vereinbarung Telearbeit" - vom , welche an die Stelle der bisherigen Vereinbarungen getreten ist, wurde unter Punkt 1. folgendes festgehalten:

"wird Telearbeit an einer außerbetrieblichen Arbeitsstätte im Sinne des § 14 des Kollektivvertrages für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung, in Information und Consulting (...) vereinbart. (..) Ort der außerbetrieblichen Betriebsstätte: ***Bf1-Adr***".

Punkt 3. regelt, dass alle Arbeiten im Rahmen der Sachverständigen-Tätigkeit (außer Besichtigungen vor Ort) in Telearbeit verrichtet werden.

Bildschirm, Laptop, Handy, Drucker, Kamera, Entfernungsmesser, Feuchtemessgerät werden dem Dienstnehmer als Arbeitsmittel für die Zeit der Tätigkeit an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt. (Punkt 4.)

Des Weiteren wurde unter Punkt 9. Sonstige Vereinbarungen festgehalten:

"Ein fixer Arbeitsplatz in AG-Ort (...) ist weder vorgesehen noch vereinbart".

Gemäß einer Bestätigung des Arbeitgebers vom übt der Beschwerdeführer seine Tätigkeit im Homeoffice aus. In einem weiteren Schreiben des Arbeitgebers vom erklärt dieser, dass für die Jahre 2017 bis laufend in der Betriebsstätte des Arbeitgebers für den Beschwerdeführer eine dauerhafte Einrichtung eines Büroarbeitsplatzes nicht gegeben gewesen sei, insbesondere auch aufgrund der Entfernung zwischen Wohnort und Arbeitsplatz von fast zwei Stunden für die einfache Fahrtstrecke. Es seien 24 Büroarbeitsplätze für über 40 Mitarbeiter eingerichtet.

Zusätzlich ist aufgrund der nicht notwendigerweise an einem Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zu erbringende Leistung und der räumlichen Distanz vom Sitz des Arbeitgebers (AG-Ort) und dem Wohnsitz des Beschwerdeführers (Bf-Ort) mit einer fast zweistündigen einfachen Fahrtzeit davon auszugehen, dass abseits der Einschulung eine hauptsächliche Ausführung der Innendienstarbeiten im Homeoffice bei Abschluss des Dienstvertrags vom Arbeitgeber und dem Beschwerdeführer beabsichtigt war und dass dies im Interesse beider Vertragsparteien war.

Aus der vom Arbeitgeber angegebenen Anzahl von eingerichteten Büroarbeitsplätzen und der Anzahl der Mitarbeiter ist auf die Tatsache zu schließen, dass die gelegentlichen Arbeitstage des Beschwerdeführers am Betriebssitz mittels Desksharing bewerkstelligt wurden.

Zimmer

Hinsichtlich des Charakters des im Eigenheim gelegenen Raumes als Büroraum und dass dieser im Wohnungsverband gelegen ist, wurde von der belangten Behörde keine gegenteilige Ansicht vorgebracht. Es bestehen auch beim erkennenden Richter diesbezüglich keine Bedenken, insbesondere aufgrund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Bilder und des Bestandsplans. Aufgrund der abgebildeten Einrichtungsgegenstände und Arbeitsmittel sowie der Lage im Kellergeschoss ist eine rein berufliche Nutzung weitaus überwiegend wahrscheinlich. Auch das laut Bestandsplan bestehende Raumangebot (insbesondere des sonstigen ausreichenden Wohnraums) lässt nicht auf eine Mitnutzung des Büros für private Zwecke schließen. Die Lage des Raumes im Einfamilienhaus weist eindeutig auf eine Nutzung im Wohnungsverband hin.

Die Fläche des Büroraums, die vom Beschwerdeführer mit 16,3 m² angegeben wurde, erscheint aufgrund des Bestandsplans und der vorgelegten Bilder glaubhaft.

Aufwendungen

Die Berechnung der vom Beschwerdeführer schätzungshalber angenommenen Herstellungskosten von 2.500,00 € je m² werden seitens der belangten Behörde nicht bestritten. Auch für den erkennenden Richter ist die Berechnung des Beschwerdeführers im E-Mail vom nachvollziehbar.

Popp weist in der Zeitschrift "Sachverständige" (2/2020, 94) regionalspezifische Normalherstellungskosten je m² für Einfamilienhäuser in Niederösterreich (Kosten für bauliche Aufschließung, Planungs- und Projektnebenleistungen und Umsatzsteuer von 20%) einen Richtwert für 2020 von 2.320,00 € bis 3.100,00 € aus. Eine Umrechnung mit dem Baupreisindex Durch Umrechnung mit dem Baupreisindex (Baupreisindex 2020 mit Basis 2010 = 129,8, 2017 = 117,5 vgl auch https://www.statistik.at/wcm/idc/idcplg?IdcService=GET_PDF_FILE&RevisionSelectionMethod=LatestReleased&dDocName=020404) ergibt sich eine Bandbreite von ca. 2.100,00 € bis 2.806,00 €. Der vom Beschwerdeführer gewählte Ansatz findet sich ohne Berücksichtigung der Eigenheiten des konkreten Gebäudes in diesem Bereich und erscheint aufgrund dieser Berechnung zumindest glaubhaft.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Betriebskosten wurden aufgrund eines Vorhalts des erkennenden Richters im Hinblick auf die Heizungswartung (bei den angegebenen Kosten handelte es sich um einen Jahres- und nicht um einen Monatsbetrag) reduziert und sind die monatlichen Aufwendungen, die anteilig dem Arbeitszimmer zuzurechnen sind, mit 105,90 € der Art und der Höhe nach glaubhaft.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I. und II.)

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

§ 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 lautet:

"Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig."

Der Beschwerdeführer übte ab bis zusätzlich eine Beschäftigung als Gemeinderat der Stadtgemeinde Bf-Gemeinde aus. Unabhängig davon, dass diese Tätigkeit ihren Mittelpunkt außerhalb eines Arbeitszimmers hat () und der Beschwerdeführer weniger als ein Zehntel seiner gesamten Einkünfte damit erzielt, wird für die gegenständliche Beurteilung in verfassungsrechtlicher Auslegung auf den Mittelpunkt der Hauptbetätigung des Beschwerdeführers als Sachverständiger abzustellen sein.

Unter einem Sachverständigen versteht man eine Person, die ein überdurchschnittliches fachliches Wissen auf einem gewissen Gebiet mitbringt. Diese Expertise stellt er Gerichten oder auch Firmen zur Verfügung. Es werde zwischen Sachverständigen bei Gerichten und Entscheidungsgremien bzw. solchen, die bei privatwirtschaftlichen Unternehmen angestellt sind, unterschieden. Letztere erfüllen ähnliche Aufgaben. Auch sie stellen ihre fachliche Expertise zur Verfügung, üben aber meist noch zusätzliche Tätigkeiten aus. (https://www.stepstone.at/Karriere-Bewerbungstipps/sachverstaendiger/#:~:text=Unter%20einem%20Sachverst%C3%A4ndigen%20versteht%20man,dieses%20Fach%2D%20oder%20Sachwissen%20verf%C3%BCgen.).

Die Tätigkeit als Sachverständiger ist abseits der notwendigerweise im Außendienst vorzunehmenden Besichtigungen nicht zwingend an einen bestimmten Ort gebunden. Die Prüfung von Unterlagen (Rechnungen, Fotos, Belege), das Ziehen von Schlussfolgerungen und deren Darstellung im Gutachten erfolgt als wesentliche Tätigkeit an einem Büroarbeitsplatz. Der Mittelpunkt der Tätigkeit als Sachverständiger liegt in dieser Hinsicht typischerweise an jenem Ort, an dem diese Leistungen erbracht werden. Wiewohl eine Dienstleistung an einem Arbeitsplatz beim Arbeitgeber naheliegend und praktikabel ist, eignet sie sich nach der Art für eine Ausübung in einem Arbeitsraum im Wohnungsverband und ist es durchaus möglich, sie zur Gänze auch im Wohnungsverband zu erbringen.

Die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung sah die Tätigkeit eines Sachverständigen () bzw. jene eines Gutachters ( als Tätigkeiten mit Mittelpunkt in einem Arbeitszimmer an (Peyerl in Jakom EStG 2023, § 20 Rz 53).

Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur dann anzuerkennen, wenn ein Arbeitszimmer nach Art der Tätigkeit des Steuerpflichtigen notwendig ist und der zum Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt und auch entsprechend eingerichtet wird (Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 20 Rz 104/9).

Das Kriterium der Notwendigkeit ist dabei in zwei voneinander unterscheidbaren Ausprägungen zu beachten. Einerseits unter dem Gesichtspunkt der Art der Tätigkeit und der Auslastung des dafür verwendeten Raumes, und andererseits im Hinblick auf die Frage, ob dem Steuerpflichtigen nicht schon an seiner Dienststelle ein geeigneter Arbeitsplatz zur Verfügung steht ().

Nach der Art der Tätigkeit liegt wie oben dargestellt kein Ausschlussgrund für die steuerliche Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers vor. Dass nur eine geringfügige bzw. an sich entbehrliche (bloß unwesentliche [siehe LStR 2002 Rz 329b]) berufliche Nutzung des Raumes () tatsächlich gegeben bzw. notwendig war, lässt sich aus dem Akteninhalt nicht erschließen. Vielmehr wurde die nahezu gesamte Bürotätigkeit unbestritten im Eigenheim des Beschwerdeführers geleistet.

Verfügt der Steuerpflichtige als Arbeitnehmer über ein jederzeit zugängliches Arbeitszimmer an der Arbeitsstätte, steht dies der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers entgegen (Peyerl in Jakom EStG 2023, § 20 Rz 53 mit Verweis auf ; bzw. Kofler/Wurm in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21 § 20 Rz 104/9 mit Verweis auf ; ; ).

Steht dem Arbeitnehmer kein werktäglich benutzbarer Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten seines Arbeitgebers zur Verfügung ("Shared-desk-Konzept"), ist von der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers auszugehen ().

Das Finanzamt bringt vor, dass der Beschwerdeführer freiwillig auf einen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber verzichtet habe und deshalb nicht die Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers gegeben sei ().

Es verweist insbesondere auf § 14 des Kollektivvertrages für Angestellte im Handwerk und Gewerbe in der Dienstleistung ("Die Beschäftigung an einem Telearbeitsplatz ist sowohl von Seiten des Dienstnehmers als auch des Dienstgebers freiwillig.") und die "Vereinbarung Telearbeit", die auf diese Bestimmung Bezug nimmt.

Gemäß der "Vereinbarung Telearbeit", abgeschlossen zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Arbeitgeber vom ist am Sitz des Arbeitgebers kein Büroplatz für den Beschwerdeführer vorgesehen. Da auf Basis des Kollektivvertrages die "Vereinbarung Telearbeit" daher auf Freiwilligkeit des Arbeitsnehmers beruhe, der Beschwerdeführer somit freiwillig diese Vereinbarung unterzeichnet hat, hat er damit auf die Nutzung eines Büros beim Arbeitgebers freiwillig verzichtet, womit die Notwendigkeit des häuslichen Arbeitszimmers nicht gegeben sei.

Die belangte Behörde kann damit nicht überzeugen. Ein Dienstvertrag wie auch Zusatzvereinbarungen basieren grundsätzlich auf dem Prinzip der Privatautonomie und Vertragsfreiheit. Die daraus folgende Freiwilligkeit hinsichtlich des Eingehens von dienstvertraglichen Rechten und Pflichten würde - wenn man der Ansicht der belangten Behörde folgen würde - bedeuten, dass bei unselbständig Beschäftigten die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen eines Arbeitszimmers niemals gegeben wäre. Dass auch bei Nichtselbständigen ein häusliches Arbeitszimmer vorliegen kann, hat der Verwaltungsgerichtshof aber bereits bejaht (zB ) und ist auch seitens der Finanzverwaltung unbestritten (LStR 2022 Rz 329b). Ob die Vereinbarung von Heimarbeit im Rahmen des ursprünglichen Dienstvertrages (wie zB bei Heimarbeitern, Heimbuchhaltern etc.) oder - wie hier - in einer späteren Vereinbarung erfolgt, kann aus Sachlichkeitserwägungen keinen Unterschied machen.

Die gegenständliche "Vereinbarung Telearbeit" ist nicht zwingend als einseitiger, freiwilliger Verzicht auf einen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber zu verstehen. Sie könne ebenso als Regelung dafür gelesen werden, dass seitens des Arbeitgebers kein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, was von diesem auch mehrfach behauptet wurde. Für die alternative Sichtweise spricht, dass dem Arbeitgeber aufgrund der tatsächlichen Anzahl der Arbeitsplätze im Vergleich zur Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bzw. der erheblichen Entfernung zwischen dem Wohn- und Dienstort des Beschwerdeführers bewusst bzw. wahrscheinlich von diesem sogar beabsichtigt gewesen ist, dass Telearbeit (nach einer Einschulungsphase) eingerichtet werde. Der Arbeitgeber dürfte daher bereits bei Dienstvertragsabschluss bzw. nach der Einschulung die Einrichtung eines Arbeitsplatzes am Betriebssitz für den Beschwerdeführer nicht geplant haben. Ein freiwilliger Verzicht des Beschwerdeführers auf einen Arbeitsplatz des Arbeitgebers erscheint aus diesen Gründen weniger glaubhaft.

Der erkennende Richter wertet den Sachverhalt dahingehend, dass von bis sowie von bis das beschwerdegegenständliche Arbeitszimmer für den Beschwerdeführer notwendig war, und daher den ausschließlichen Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit als Sachverständiger bildete.

Dass dieses Arbeitszimmer im Zeitraum vom 2. Oktober bis zum notwendig war und den ausschließlichen Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit als Sachverständiger darstellte, konnte aufgrund der notwendigen Einschulung und des dafür vorläufig eingerichteten Arbeitsplatzes beim Arbeitgeber nicht erwiesen werden.

Sind die Voraussetzungen von § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 erfüllt, sind die auf das Arbeitszimmer entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung als Werbungskosten abzugsfähig.

Diese umfassen zB anteilige Betriebskosten und bei Eigenheimen eine anteilige Absetzung für Abnutzung. Die Aufwendungen sind der Höhe nach - wie im Sachverhalt festgestellt - als Werbungskosten abzugsfähig.

Aufgrund der Berücksichtigung von Ausgaben für ein Arbeitszimmer gemäß § 20 Abs 1 Z 2 lit d EStG 1988 kann ein Homeoffice-Pauschale im Jahr 2021 als Werbungskosten nicht abgezogen werden (§ 16 Abs 1 Z 7a iVm § 26 Z 9 lit a EStG 1988).

Aufgrund der Höhe der im Jahr 2017 abzugsfähigen Werbungskosten für das Arbeitszimmer (105,90 €) von weniger als das Werbungskostenpauschale von 132,00 € ergeben sich keine Änderungen hinsichtlich der Höhe des Einkommens und der Einkommensteuer. Der Spruch des Bescheides bleibt daher unverändert. Betreffend die Jahre 2018 bis 2021 wird der Spruch der Bescheide entsprechend der Feststellungen abgeändert und in den beiliegenden Berechnungsblättern dargestellt.

4. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision (Spruchpunkt III.)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Erwägungen beruhen im Wesentlichen auf der Beantwortung von Sachverhaltsfragen, insbesondere, ob ein freiwilliger Verzicht auf ein vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellter Arbeitsplatz vorliegt, sowie von Rechtsfragen, die der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Punkt 3.) folgen.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7101139.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at