Festsetzung von Pfändungsgebühr wegen Nichtverbuchung eines Umsatzsteuerguthabens
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch Ri über die Beschwerde der ***Bf1***, Adresse, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Steuernummer x, betreffend die Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen des Vollstreckungsverfahrens nach der am in Anwesenheit des Liquidators der ***Bf1***, L, des Vertreters der Beschwerdeführerin, Rechtsanwalt RA, der Vertreterin des Finanzamtes Österreich, V, sowie des Schriftführers SF durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.
Die Pfändungsgebühr wird mit 15,03 € (1% von 1.503 €) festgesetzt.
Die Höhe der Auslagenersätze bleibt unverändert.
Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine im Jahr 2021 errichtete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die infolge rechtskräftiger Nichteröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens und Zahlungsunfähigkeit aufgelöst ist. Liquidator der Gesellschaft ist ihr bisheriger Geschäftsführer L (Firmenbuchabfrage FN).
Mit dem Bescheid des Finanzamtes Österreich vom wurde der Bf. im Zuge der Pfändung einer Geldforderung eine Pfändungsgebühr in der Höhe von 33,98 € sowie Barauslagen in der Höhe von 11,40 € zur Entrichtung vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid brachte die Bf. durch ihren Liquidator im undatierten, am beim Finanzamt eingebrachten Schriftsatz das Rechtsmittel der Beschwerde ein und führte aus:
"Betreffend des im Winter/Frühjahr2023 eingereichten Vorlageantrages zum Jahr 2021 reichen wir einen Devolutionsantrag ein. Es wurde seit mehr als 6 Monaten in dieser Sache noch nicht entschieden und ist somit die BAO-gemäße Frist verstrichen. Dieser Schritt erscheint insofern notwendig, als daß der N.GmbH fortlaufend Pfändungsgebühren und Barauslagenersätze vorgeschrieben werden für Rückstände. Das sich aus der Veranlagung der Umsatzsteuer 2021 ergebende Vorsteuerguthaben i.d.H.v. mehreren 10 Tausend EUR bleibt dabei als Guthaben sowie als Gegenverrechnungsposition unberücksichtigt.
Es wird daher der Antrag gestellt, das Bundesfinanzgericht raschest möglich dazu aufzufordern, möglichst rasch in dieser Sache eine Verhandlung auszuschreiben.
So nicht bereits im Vorlageantrag eingebracht wird hiermit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
Sollte bereits eine Entscheidung zugestellt worden sein, so wird der Erfolg der Zustellung gleichwie seiner Hinterlegung bestritten und gleichzeitig ein Antrag auf Wiedereinsetzung in der vorherigen Stand durchgeführt.
In eventu diesem Antrag nicht stattgegeben würde, so wird hiermit das entsprechende Rechtsmittel gegen die unbekannten Feststellung in dem Falle, daß nicht antragsgemäß beschieden worden sei, gestellt.
In eventu die Behörde eine Verfristung behauptete und den beiden obgenannten Anträgen - im Falle einer ergangenen Entscheidung - wird die entsprechende Oberbehörde, diesfalls das VwGH angerufen, sollte dies explizit notwendig sein, erginge ein entsprechendes anwaltliches Schreiben Bitte diesbezüglich mit unserer rechtsfreundlichen Vertretung ….. in Kontakt treten.
Für sämtlichen offenen Beträge und Rückstände wird eine Aussetzung beantragt, da diese einem allenfalls zustehendem Guthaben entgegenstehen.
Betreffend laufender Festsetzung von Gebühren und Auslagenersätzen wird ebenso Beschwerdeeingebracht, da diese sich gegen zur Zeit strittige, da mit einem beantragten und belegmäßig nachweisbaren Guthaben aus Vorsteuer gegenrechenbaren, Rückstände richten.
Für sämtliche Rückstände wird ebenso ein Aussetzungsantrag gestellt, da eine genauere Aufgliederung den zugestellten Schreiben (Buchungsmitteilung 4 / 2023) nicht zu entnehmen ist, kann eine entsprechende detaillierte Aussetzung nicht beantragt werden. Dieser Antrag fußt ebenso darauf, daß es keinen Rückstand gäbe bei antragsgemäßer Bescheidung der Umsatzsteuer."
Mit der Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Da zum Zeitpunkt der durchgeführten Vollstreckungshandlung (Pfändung einer Geldforderung vom ) ein vollstreckbarer Rückstand (Rückstandsausweis vom ) auf dem Abgabenkonto unberichtigt aushaftete, sei die Pfändung und somit auch die Vorschreibung der Pfändungsgebühren und Auslagenersätze zu Recht erfolgt.
Im am eingebrachten Vorlageantrag wurde ausgeführt:
"Es wird das Rechtsmittel der Beschwerde (Vorlageantrag) erhoben und der Antrag auf das Führen einer mündlichen Verhandlung gestellt. Es wird darauf hingewiesen, daß die Finanzbehörde durch eigene Untätigkeit das zustehende Guthaben von ca. 40.000,-- EUR als auszuweisen auf dem Finanzamtskonto unnötig um über 8 Monate verzögerte, somit eigentlich in dieser Sache schon ein Urteil des BFG zu erfolgen gehabt hätte. Diese Untätigkeit der Finanzbehörde und somit die Nichteinhaltung der in der BAO begründeten Parteienrechte führten zu eben dieser Pfändung und dem Rückstand. Die Untätigkeit der Finanzbehörde nunmehr dazu zu benutzen, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, ist ein Affront gegen die Menschenrechte auf Durchführung ordentlicher öffentlicher Verfahren. Wir behalten uns vor, diese Vorgehensweise vor dem Hintergrund des Vorliegens von Amtsmißbrauch und Amtshaftung rechtsfreundlich beleuchten zu lassen und bejahendenfalls entsprechende rechtliche Schritte gegen die Behörde einzuleiten. Es darf auf die vorhin eingebrachte Beschwerde zum Aussetzungsantrag hingewiesen werden und darf auch hier wieder wiederholt ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung bis zur Klärung des diesfalls nicht das Schuldverhältnis begründenden aber dieses bereinigenden Sachverhaltes (Umsatzsteuer 2021) gestellt werden. Im Sinne der BAO darf um Durchführung eines ordentliche Verfahrens innerhalb der gesetzlichen Frist und unter Zugestehen des Parteiengehörs erwartet werden."
Im Vorlageantrag vom führte das Finanzamt aus, eine vor der gebührenauslösenden Pfändung eingebrachte Eingabe der Schuldnerin sei nachträglich als Antrag auf Aussestzung der Einhebung gewertet und bewilligt worden, weshalb zum Zeitpunkt der Forderungspfändung auf dem Abgabenkonto der Bf. nur ein vollstreckbarer Rückstand in der Höhe von 1.503 € unberichtigt ausgehaftet hat. Es werde daher die Herabsetzung der Pfändungsgebühr auf 15,03 € beantragt.
In der mündlichen Verhandlung am erklärte der Vertreter der Bf., den Ausführungen des Finanzamtes im Vorlageantrag sei zu folgen und beantragte, der Beschwerde teilweise stattzugeben.
Die Vertreterin des Finanzamtes beantragte ebenfalls die teilweise Stattgabe der Beschwerde laut den Ausführungen im Vorlagebericht vom .
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Nach der Aktenlage wird Folgendes festgestellt:
Am Abgabenkonto der Bf. wurden die Vorauszahlungen der Körperschaftsteuer 01-03/2023, fällig am , 04-06/2023, fällig am , und 07-09/2023, fällig am , mit jeweils 501 € verbucht. Eine Entrichtung der Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen erfolgte bis dato nicht (Buchungsabfrage vom , Abgabenkonto StNr. x).
Eine Prüfung der dem Rückstandsausweis zugrunde liegenden Abgabenschuldigkeiten ist im Einbringungsverfahren nicht vorgesehen. Ob die Forderung der Abgabenbehörde dem Grunde und der Höhe nach zu Recht besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Einbringungsverfahren (vgl. ).
Gemäß § 229 BAO ist als Grundlage für die Einbringung über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.
Gemäß § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO hat der Abgabenschuldner für Amtshandlungen des Vollstreckungsverfahrens anlässlich einer Pfändung die Pfändungsgebühr im Ausmaß von 1 % vom einzubringenden Abgabenbetrag zu entrichten. Das Mindestmaß dieser Gebühr beträgt 10 €.
Gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Pfändungsgebühr auch dann zu entrichten, wenn die Amtshandlung erfolglos verlief oder nur deshalb unterblieb, weil der Abgabenschuldner die Schuld erst unmittelbar vor Beginn der Amtshandlung an den Vollstrecker bezahlt hat.
Gemäß Abs. 3 erster Satz leg. cit. hat der Abgabenschuldner außer den gemäß Absatz 1 zu entrichtenden Gebühren auch die durch die Vollstreckungsmaßnahmen verursachten Barauslagen zu ersetzen.
Zufolge Abs. 5 leg. cit. werden Gebühren und Auslagenersätze mit Beginn der jeweiligen Amtshandlung fällig und können gleichzeitig mit dem einzubringenden Abgabenbetrag vollstreckt werden.
Die Pfändungsgebühr ist eine reine Amtshandlungsgebühr. Sie wird insbesondere wegen der der Behörde bei Durchführung der Pfändung auflaufenden Kosten erhoben und ist sohin auch dann zu entrichten, wenn die durchgeführte Amtshandlung zu keiner Pfändung führte, sei es, dass keine pfändbaren Gegenstände vorgefunden oder der Schuldner nicht angetroffen wurde ().
Die Festsetzung von Pfändungsgebühren gemäß § 26 Abs. 1 AbgEO und Auslagenersätzen gemäß § 26 Abs. 3 AbgEO liegt nicht im Ermessen der Abgabenbehörde ("Der Abgabenschuldner hat (…) zu entrichten/zu ersetzen").
Der Rückstandsausweis mit Vollstreckbarkeitsklausel bildet gemäß § 4 AbgEO den Exekutionstitel für die Vollstreckungsmaßnahmen. Nach der Aktenlage wurde im vorliegenden Fall ein Rückstandsausweis ausgestellt (Rückstandsaufgliederung StNr. x).
Aufgrund des ausgestellten Rückstandsausweises leitete das Finanzamt mittels Pfändungsbescheid vom das Exekutionsverfahren ein. Gepfändet wurden die der Bf. gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer zustehenden Forderungen (nicht entrichtete Stammeinlagen).
Da die Pfändungsgebühr bereits auf Grund der Tatsache anfällt, dass eine Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren (Pfändung) durchgeführt wird und nach der Aktenlage (laut Firmenbuchabfrage FN wurde auf die Stammeinlage von 35.000 € ein Betrag von 30.000 € geleistet) kein Anlass besteht, an der Zulässigkeit der durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen zu zweifeln, war das Finanzamt nicht nur berechtigt, sondern nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 26 Abs. 1 lit. a AbgEO iVm § 26 Abs. 2 AbgEO iVm § 26 Abs. 3 AbgEO) auch verpflichtet, den angefochtenen Bescheid zu erlassen.
Die Bf. hat inhaltlich keine Einwendungen gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagenersätze des Vollstreckungsverfahrens erhoben. In ihrer Beschwerde bekämpft die Bf. das Bestehen der Forderungen des Finanzamtes mit der Begründung, das sich aus der Veranlagung der Umsatzsteuer 2021 ergebende Vorsteuerguthaben in der Höhe von mehreren Zehntausend Euro sei als Gegenverrechnungsposition unberücksichtigt geblieben.
Zu dem aus der Umsatzsteuerveranlagung 2021 erwarteten Guthaben ist festzustellen, dass ein Guthaben auf einem Abgabenkonto erst entsteht, wenn die Summe der Gutschriften (Zahlungen, sonstige Gutschriften) die Summe der Lastschriften übersteigt. Dabei sind nur die tatsächlich durchgeführten Gutschriften und nicht diejenigen, die nach Meinung des Abgabepflichtigen durchgeführt hätten werden müssen, maßgeblich (, , ).
Nach der Aktenlage bestand am Abgabenkonto der Bf. im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises kein Guthaben, das mit den fälligen Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen verrechnet hätte werden können. Der auf der Grundlage des Rückstandsausweises erlassene Pfändungsbescheid erging damit ebenso wie der angefochtene Bescheid über die Festsetzung von Pfändungsgebühren und Auslagenersätzen dem Grunde nach zu Recht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde die Pfändungsgebühr in der Höhe von 33,98 € festgesetzt. Grundlage der Pfändungsgebühr waren folgende einzubringende Abgabenbeträge:
Körperschaftsteuer 2021 1.839 €, Körperschaftsteuer 01-03/2023 501 €, Säumniszuschlag 2 2022 55,71 €, Körperschaftsteuer 04-06/2023 501 € und Körperschaftsteuer 07-09/2023 501 €.
Das Finanzamt hat im Vorlagebericht vom mitgeteilt, ein von der Bf. vor der gebührenauslösenden Pfändung eingebrachter Schriftsatz sei nachträglich als Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Körperschaftsteuer 2021 und des Säumniszuschlages 2 2022 gewertet und bewilligt worden.
Nach Stellung eines Aussetzungsantrages gemäß § 230 Abs. 6 BAO dürfen Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz BAO betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden, weshalb zum Zeitpunkt der Forderungspfändung auf dem Abgabenkonto der Bf. nur ein vollstreckbarer Rückstand in der Höhe von 1.503 € (3 x 501 € Körperschaftsteuer-Vorauszahlung) unberichtigt ausgehaftet hat.
Der Beschwerde ist daher teilweise stattzugeben und die Pfändungsgebühr, wie vom Finanzamt beantragt, mit 15,03 € festzusetzen.
Hinsichtlich der Höhe der Auslagenersätze erfolgte seitens der Parteien kein Vorbringen, weshalb der Auslagenersatz mit 11,40 € unverändert bleibt.
Die Gebühren der Amtshandlung betragen somit insgesamt 26,43 €.
Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. folgt die Entscheidung der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Beilage für die Parteien: Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 26 Abs. 1 lit. a AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103667.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at