Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.01.2024, RV/6100248/2023

Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag bei Vorliegen einer nicht als Lebensgemeinschaft zu qualifizierenden Beziehung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag.Dr. Thomas Leitner in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Recht:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Rahmen des vom Beschwerdeführer am elektronisch eingebrachten Antrages auf Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 wurde vom Beschwerdeführer der Alleinerzieherabsetzbetrag geltend gemacht. Mit Bescheid des Finanzamtes Österreich (im Folgenden bezeichnet als "belangte Behörde) vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2022 festgesetzt mit - 2.626,00 Euro, wobei der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt wurde. In der Bescheidbegründung wurde dazu ausgeführt, dass der Beschwerdeführer im Veranlagungsjahr mehr als 6 Monate in einer Gemeinschaft mit einer Ehepartnerin/einem Ehepartner oder einer Partnerin/einem Partner gelebt hätte.

Mit am über das FinanzOnline Portal gegen den vorgenannten Bescheid eingebrachter Beschwerde wendete sich der Beschwerdeführer gegen die Nichtberücksichtigung des Alleinerzieherabsetzbetrages und führte dazu zusammengefasst aus, dass er und seine beiden Kinder einerseits und seine Freundin ***AB*** andererseits im Jahr 2022 jeweils - abgesehen von einem Zeitraum von weniger als zwei Monaten - getrennte Wohnsitze gehabt hätten und er von seiner Freundin keine signifikante Unterstützung erhalten habe. Die Kinder des Beschwerdeführers seien nur deshalb polizeilich bei seiner Freundin mit Hauptwohnsitz und bei ihm selbst mit Nebenwohnsitz gemeldet, um ihnen einen (neuerlichen) Schulwechsel zu ersparen.

Mit Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dazu begründend - nach einer einleitenden Wiedergabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und von allgemeinen Aussagen aus der Kommentarliteratur zur Auslegung dieser Bestimmungen - im Wesentlichen ausgeführt, dass die polizeiliche Meldung am selben Wohnort ein Indiz für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft sei. Da es für die Beurteilung unerheblich sei, ob es sich um einen Hauptwohnsitz oder Nebenwohnsitz handelt und der Beschwerdeführer und seine Freundin bis (mehr als 6 Monate) an einer gemeinsamen Adresse in ***Ort2*** gemeldet gewesen seien, stehe der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht zu.

Am wurde daraufhin vom Beschwerdeführer über das FinanzOnline Portal ein Vorlageantrag eingebracht und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass keine ausreichende Prüfung der Lebensumstände des Beschwerdeführers stattgefunden habe. Die Freundin des Beschwerdeführers hätte beim Beschwerdeführer einen Nebenwohnsitz angemeldet, damit sie den Beschwerdeführer im Fall von weiteren Corona Bewegungseinschränkungen besuchen kann. Ihr Hauptwohnsitz sei in ***Ort1*** und habe sie ihre eigene Wohnung und ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren müssen. Sie habe auch in ***Ort1*** gearbeitet und habe pendeln müssen, um den Beschwerdeführer zu besuchen. Auch der Beschwerdeführer habe seine Wohnung in ***Ort2*** sowie den Lebensunterhalt für sich und seine Kinder selbst finanzieren müssen. Die Beziehung zu seiner Freundin sei in keiner Weise eine finanzielle Erleichterung für den Beschwerdeführer oder seine Freundin.

Am erfolgte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und wurde von der belangten Behörde beantragt, diese als unbegründet abzuweisen. Begründend wurde dazu auf die in der Beschwerdevorentscheidung erfolgten Ausführungen verwiesen. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Freundin des Beschwerdeführers gegenüber der belangten Behörde (Anm: im Rahmen einer abgabenbehördlichen Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe für ihre Kinder) angegeben habe, dass seit eine Lebensgemeinschaft mit dem Beschwerdeführer bestehe.

Mit wurde der Beschwerdeführer um schriftliche Beantwortung mehrerer Fragen betreffend seine tatsächliche Wohnsituation sowie betreffend die tatsächliche Wohnsituation seiner Kinder und seiner Freundin im Jahr 2022 ersucht.

Mit weiterem wurde Frau ***AB*** um schriftliche Beantwortung mehrerer Fragen betreffend ihre tatsächliche Wohnsituation sowie betreffend die tatsächliche Wohnsituation des Beschwerdeführers und seiner Kinder im Jahr 2022 als Zeugin ersucht. Zudem wurde Frau ***AB*** unter Bezugnahme auf die von ihr im Rahmen einer abgabenbehördlichen Überprüfung der Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe erfolgte Bekanntgabe des Bestehens einer "Lebensgemeinschaft" mit dem Beschwerdeführer ersucht, in eigenen Worten zu umschreiben, was sie dabei unter dem Begriff "Lebensgemeinschaft" verstanden hat und welche Kriterien ihrer Ansicht nach erfüllt sein müssen, damit eine "Lebensgemeinschaft" vorliegt.

Am langten beim BFG daraufhin eine Stellungnahme des Beschwerdeführers vom sowie eine schriftliche Zeugenaussage von Frau ***AB*** vom ein. Darin wurde jeweils ausführlich die Wohnsituation des Beschwerdeführers und seiner Kinder sowie die Wohnsituation von Frau ***AB*** im Jahr 2022 beschrieben. Demnach hätten der Beschwerdeführer und seine Kinder nur für einen Zeitraum von ca 2 Monaten bei Frau ***AB*** gewohnt und sei dieser Aufenthalt von vorneherein nur als vorübergehend geplant gewesen bis zu einer zum damaligen Zeitpunkt bereits in die Wege geleiteten Übernahme einer neuen Eigentumswohnung durch den Beschwerdeführer. Ansonsten habe kein gemeinsamer Haushalt bestanden und hätten sich der Beschwerdeführer und seine Freundin lediglich für einzelne Übernachtungen ein- bis zweimal pro Woche in der Wohnung des anderen wechselseitig besucht. Eine Übernahme von Lebenshaltungskosten des jeweils anderen Partners sei nicht erfolgt. Betreffend den Begriff der "Lebensgemeinschaft" gab Frau ***AB*** an, dass dieser für sie lediglich bedeute, mit jemandem in einer festen Beziehung zu sein. Dass mit diesem Begriff eine eheähnliche Beziehung gemeint sei, mit der auch eine gemeinsame Wohnung, Haushaltsführung und Kinderbetreuung verknüpft sei, sei ihr nicht bewusst gewesen und treffe dies auf die mit dem Beschwerdeführer geführte Beziehung nicht zu. Auf dem vom Finanzamt übermittelten Formular sei als einzige Alternative eine Angabe des Beziehungsstatus "ledig" möglich gewesen, was sie jedoch in Anbetracht der festen Beziehung zum Beschwerdeführer als unzureichend erachtete.

Mit wurden der belangten Behörde die beiden Beschlüsse des das Schreiben des Beschwerdeführers vom sowie die schriftliche Zeugenaussage von Frau ***AB*** vom übermittelt und wurde der belangten Behörde die Möglichkeit zur Übermittlung einer Stellungnahme zu diesen Unterlagen eingeräumt. Im Rahmen einer am an das BFG übermittelten Stellungnahme führte die belangte Behörde daraufhin aus, dass die Angaben des Beschwerdeführers bzw der Zeugin schlüssig und glaubwürdig erscheinen würden, sodass der Alleinerzieherabsetzbetrag dem Beschwerdeführer aus der Sicht des Finanzamtes zustehe.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer ist geschieden und lebte bis Mitte September 2022 mit seinem im Jahr 2011 geborenen Sohn ***BB*** und seiner im Jahr 2014 geborenen Tochter ***CB*** in einem dem Beschwerdeführer gehörenden Haus an der Adresse ***Straße2***, ***PLZ2*** ***Ort2***. Dem Beschwerdeführer wird seit August 2019 für die beiden Kinder die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag ausbezahlt.

Mitte 2021 lernte der Beschwerdeführer Frau ***AB*** kennen, die ihren Wohnsitz an der Adresse ***Straße1***, ***PLZ1*** ***Ort1*** hat, wobei es sich um eine Frau ***AB*** gehörende Eigentumswohnung handelt. In der Folge besuchten sich der Beschwerdeführer und Frau ***AB*** für einzelne Übernachtungen ein- bis zweimal pro Woche in der Wohnung des jeweils anderen. Insbesondere besuchte der Beschwerdeführer Frau ***AB*** in ***Ort1***, wenn seine Kinder ihr Kontaktwochenende bei ihrer Mutter verbrachten, ansonsten besuchte Frau ***AB*** den Beschwerdeführer in ***Ort2***. Gelegentlich kam es auch vor, dass der Beschwerdeführer Frau ***AB*** gemeinsam mit seinen Kindern am Wochenende besuchte, wobei die Kinder auf einer Bettcouch im Wohnzimmer übernachteten.

Im August 2022 leitete der Beschwerdeführer den Erwerb einer Eigentumswohnung an der Adresse ***Straße3***, ***PLZ1*** ***Ort3*** in die Wege. Da die Wohnung allerdings erst im November 2022 übernommen werden konnte, ließ Frau ***AB*** den Beschwerdeführer und seine Kinder vorübergehend ab Mitte September für circa zwei Monate bei ihr wohnen, bevor der Beschwerdeführer und seine Kinder Mitte November 2022 die neue Eigentumswohnung in ***Ort3*** bezogen. Seitdem besuchten sich der Beschwerdeführer und Frau ***AB*** wieder - wie vor dem Wegzug des Beschwerdeführers aus ***Ort2*** - für einzelne Übernachtungen ein- bis zweimal pro Woche in der Wohnung des jeweils anderen.

Eine gemeinsame Haushaltsführung und ein gemeinsames Wirtschaften (zB gemeinsame Konten und gegenseitige finanzielle Unterstützungen) lag nicht vor und trugen Frau ***AB*** und der Beschwerdeführer ihre jeweiligen Lebenshaltungskosten - ohne finanzielle Unterstützung durch den jeweils anderen - alleine. Gelegentlich kaufte Frau ***AB*** Lebensmittel oder Kleidungsstücke für die Kinder des Beschwerdeführers, wobei der Beschwerdeführer Frau ***AB*** die betreffenden Kosten ersetzte. Zudem kaufte Frau ***AB*** für die Kinder des Beschwerdeführers zu besonderen Anlässen (zB Geburtstag) Geschenke.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Feststellungen betreffend die Kinder des Beschwerdeführers und die dem Beschwerdeführer für die Kinder ausbezahlten Kinderabsetzbeträge und Beträge an Familienbeihilfe beruhen auf den entsprechenden im Auskunftssystem 4.0 der Finanzverwaltung aufscheinenden Informationen.

Im Übrigen ergeben sich die obigen Feststellungen aus den glaubhaften, weder der Aktenlage noch den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, im Vorlageantrag und in der an das BFG gerichteten Stellungnahme vom sowie auf der glaubhaften, weder der Aktenlage noch den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechenden und auch von der belangten Behörde nicht widersprochenen Ausführungen von Frau ***AB*** in der an das BFG gerichteten schriftlichen Zeugenaussage vom .

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen können somit gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 33 Abs 4 EStG 1988 (idF BGBl I Nr 135/2022) stehen zur Abgeltung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen ua folgende Absetzbeträge zu (vgl ):

- Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu; Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1 EStG 1988), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben;

- Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu; Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs 1 EStG 1988) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.

Gemäß § 106 Abs 3 EStG 1988 ist (Ehe-)Partner eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind iSd § 106 Abs 1 EStG 1988 in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft iSd Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes eingetragen ist.

Der Voraussetzung, "nicht in einer Gemeinschaft" zu leben, entspricht - als Gegensatz - für den Alleinverdienerabsetzbetrag bei aufrechter Ehe die in § 33 Abs 4 Z 1 EStG 1988 vorgesehene Voraussetzung, vom Ehegatten "nicht dauernd getrennt" zu leben. Die entsprechende Voraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag ohne aufrechte Ehe ist das Leben "in einer Lebensgemeinschaft". Der Status des Alleinerziehers ist gleichsam der entgegengesetzte Status eines Alleinverdieners; Alleinerzieherabsetzbetrag und Alleinverdienerabsetzbetrag schließen einander wegen der 6-Monats-Regel gegenseitig aus (vgl Herzog in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG18 § 33 Rz 49 unter Verweis auf ; vgl auch ).

Voraussetzung für den Alleinerzieherabsetzbetrag ist daher bei einem Steuerpflichtigen, der nicht mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist, dass dieser mehr als sechs Monate im Jahr alleine, dh nicht in einer Lebensgemeinschaft, lebt.

Eine allgemein gültige gesetzliche Definition der Lebensgemeinschaft fehlt. Bei der Lebensgemeinschaft handelt es sich der stRsp des VwGH zufolge um einen eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im allgemeinen eine Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft. Es kann aber auch wie in einer Ehe, bei der die Ehegatten nach § 91 ABGB ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen, das eine oder andere Merkmal fehlen. Eine bloße Geschlechtsgemeinschaft, die nicht über das hinausgeht, was üblicherweise als intimes Verhältnis bezeichnet wird, führt noch nicht zum Vorliegen einer Lebensgemeinschaft. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalles an. Eine nicht eheliche Lebensgemeinschaft ist dann anzunehmen, wenn nach dem äußeren Erscheinungsbild ein Zusammenleben erfolgt, wie es bei Ehegatten unter den gleichen Bedingungen zu erwarten wäre. Es muss dabei nicht immer zugleich Geschlechtsgemeinschaft, Wohnungsgemeinschaft und Wirtschaftsgemeinschaft als Merkmal der Lebensgemeinschaft gegeben sein, weil jedes dieser Elemente weniger ausgeprägt sein oder auch ganz fehlen kann (vgl zB , mit Hinweis auf ; vgl auch ; , 99/14/0224; , 2000/15/0101; , 99/14/0247).

Neben dem Zusammenspiel der Elemente Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft und der Eheähnlichkeit spielt für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft auch eine gewisse Dauer, auf die sie eingerichtet ist, eine Rolle (vgl ), wobei die "Dauer" bereits als erfüllt zu betrachten ist, wenn die Partner ein längeres Zusammenleben beabsichtigen (vgl ).

Eine Wohngemeinschaft liegt grundsätzlich vor, wenn die Lebensgefährten tatsächlich in einer Wohnung leben, die ihr dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt sein soll; sie muss über die bloßen "Nebenerscheinungen" einer Geschlechtsgemeinschaft hinausgehen. Durch fallweise gemeinsame Übernachtungen in unregelmäßigen Abständen wird sie daher nicht begründet. Der Annahme eines gemeinsamen Lebensmittelpunkts steht aber nicht entgegen, dass einer der beiden Partner nicht jeden Tag in die gemeinsame Wohnung zurückkehrt, etwa weil er regelmäßig auswärtige Berufstätigkeiten verrichten muss (vgl ; , 1 Ob 98/22a).

Für das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft ist wesentlich, dass die Partner einander an den zur Bestreitung des Unterhalts, der Zerstreuung und der Erholung dienenden gemeinsamen Gütern teilnehmen lassen. Der Begriff der Wirtschaftsgemeinschaft beschränkt sich aber nicht auf diese rein materielle Seite. Vielmehr wird zudem gefordert, dass die beiden Partner Freud und Leid miteinander teilen sowie einander Beistand und Dienste leisten. Neben dem Vorliegen einer seelischen Gemeinschaft ist - mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Bedeutung einer Ehe - allerdings ein Mindestmaß an einer wirtschaftlichen Gemeinschaft unverzichtbar. Dies gilt auch für eine "moderne" Lebensgemeinschaft, bei der die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Partner den Regelfall bildet (vgl ; , 3 Ob 35/20y, mwN).

Die notwendige Gesamtschau über alle bedeutsamen Umstände des hier vorliegenden Einzelfalls ergibt folgendes Bild:

Das Vorliegen einer Wohngemeinschaft ist zu verneinen, weil der Beschwerdeführer und seine Partnerin nach den unter Punkt 1 wiedergegebenen Feststellungen im Streitzeitraum keinen gemeinsamen Lebensmittelpunkt hatten. Auch mehrere gemeinsame Übernachtungen pro Woche rechtfertigen eine gegenteilige Beurteilung nicht, weil weder die jeweiligen Wohngelegenheiten aufgegeben noch zwei gemeinsame Wohnsitze geschaffen, sondern die selbständigen Wohnsitze beibehalten wurden und im Wesentlichen nur gegenseitige Besuche stattfanden. Dieser Umstand spricht nicht nur für die Aufrechterhaltung einer gewissen Unabhängigkeit beider Seiten (und damit gegen das Eingehen einer bedingungslosen Bindung), sondern auch gegen die Einrichtung einer von vornherein auf Dauer angelegten Beziehung, weil sie faktisch jederzeit einen Rückzug ermöglicht (vgl zB auch ). Auch der circa zwei Monate währende Aufenthalt des Beschwerdeführers und seiner Kinder in der Wohnung seiner Partnerin von Mitte September bis Mitte November 2022 führt noch nicht zu einer Wohngemeinschaft im hier beschriebenen Sinn, da dieser Aufenthalt von beiden Seiten von vorneherein nur als vorübergehend betrachtet wurde und die Wohnung seiner Partnerin somit zu keinem Zeitpunkt dem Beschwerdeführer und seiner Partnerin als dauernder gemeinsamer Lebensmittelpunkt dienen sollte.

Was die Wirtschaftsgemeinschaft betrifft, so kann eine solche ebenso wenig uneingeschränkt bejaht werden. Wirtschaftliche Verflechtungen im Sinne einer gemeinsamen Haushaltsführung und eines gemeinsamen Wirtschaftens (zB gemeinsame Konten und gegenseitige finanzielle Unterstützungen) fehlten im Streitzeitraum vollkommen. Dass der Beschwerdeführer und seine Partnerin wechselseitig an gemeinsamen Gütern teilhatten, ist ebenfalls nicht ersichtlich. Allfällige gelegentliche Arbeiten oder Unterstützungsleistungen bei der Kinderbetreuung reichen für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft nicht aus (vgl zB auch ). Allenfalls könnte somit eine teilweise Wirtschaftsgemeinschaft, nämlich beschränkt auf die zwischenmenschliche Komponente, angenommen werden.

Insgesamt ist somit aber - ausgehend von einer gänzlich fehlenden Wohngemeinschaft und einer allenfalls auf die zwischenmenschliche Komponente beschränkten Wirtschaftsgemeinschaft - ein eheähnlicher Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht, bei Berücksichtigung aller bedeutsamen Umstände zu verneinen.

Vor diesem Hintergrund steht dem Beschwerdeführer im Jahr 2022 der Alleinerzieherabsetzbetrag für zwei Kinder zu und ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ob im konkreten Einzelfall sich die nach außen sichtbaren Anzeichen der Intensität und Stabilität der Beziehungen der Lebensgefährten derart verdichteten, dass bereits von einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gesprochen werden kann, betrifft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage, weil dies unter Berücksichtigung aller Umstände nur im konkreten Fall beurteilt werden kann (vgl ) und handelt es sich sohin um keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG.

Salzburg, am

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