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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 02.01.2024, RV/4100331/2023

mangelnde Aktivlegitimation

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, mit dem vormaligen Sitz in ***Bf1-Adr*** gemäß § 80 Abs. 3 BAO vertreten durch die X GmbH, Adresse X GmbH, betreffend die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für Großbetriebe je vom betreffend Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2019 und Körperschaftsteuer 2020 (Steuernummer ***BF1StNr1***) beschlossen:

I. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht zulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

I. Verfahrensgang

Im Anschluss an eine durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung erließ die belangte Behörde mit Ausfertigungsdatum der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz: Bf.) gegenüber einerseits einen Feststellungsbescheid Gruppenmitglied 2019 sowie andererseits einen Körperschaftsteuerbescheid das Jahr 2020 betreffend. Dagegen wurde - nach entsprechender Fristverlängerung - am das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht.

Am wies die belangte Behörde die Beschwerden als unbegründet ab.

Dagegen richtet sich der mit datierende Antrag auf Vorlage der Beschwerden an das Verwaltungsgericht.

Die belangte Behörde legte die Beschwerden am - unter gleichzeitiger Verständigung der Bf. - dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Sachverhalt

Die Bf. war eine mit Gesellschaftsvertrag vom xx.xx.xxxx gegründete, im Firmenbuch des Handelsgerichtes Wien unter der FN xxxxxx erfasste, juristische Person des Privatrechts mit dem Sitz in ***Bf1-Adr***.

Mit Generalversammlungsbeschluss vom xx.xx.xxxx wurde die Gesellschaft aufgelöst und in weiterer Folge das Liquidationsverfahren eingeleitet. Zudem wurde AA, geb. am tt.mm.jjjj, zum Liquidator bestellt.

Am xx.xx.xxxx fassten die Gesellschafter der Bf., die Y AG (FN xxxxxx) und die Z GmbH (FN xxxxxx), den Beschluss, einerseits den Bericht des Liquidators über die Beendigung der Liquidation der Bf. genehmigend zur Kenntnis zu nehmen, dem Liquidator die Entlastung zu erteilen und schließlich die X GmbH, FN xxxxxx, ***1*** zur Verwahrerin der Bücher und Schriften der Bf. für die gesetzlich vorgeschriebene Dauer zu bestellen.

Mit Wirksamkeit zum xx.xx.xxxx wurde die Bf. infolge beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöscht.

Die verfahrensgegenständlichen Bescheide wurden der Bf. elektronisch zu Handen der Verwahrerin, nämlich der X GmbH, am zugestellt. Auch die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen vom ergingen der Bf. gegenüber in der gleichen Art und Weise.

Der Antrag auf Vorlage der Beschwerden an das Verwaltungsgericht vom enthält zwar im Briefkopf den Namen und die (vormalige) Geschäftsadresse der Bf., am Ende des Schreibens scheint jedoch plötzlich die Y AG als Verfasserin desselben auf. Das Schriftstück wurde schließlich von 2 Prokuristen der (ehemaligen) Hauptgesellschafterin der Bf., somit der Y AG, unter jeweiliger Beifügung des Hinweises "ppa" vor der Unterschrift, sowie dem weiteren Hinweis auf eine Vertreterfunktion der AG für die Bf. gemäß § 80 Abs. 3 BAO unterfertigt, wie folgt:

[...]

Einen Hinweis darauf, dass die X GmbH die Y AG (bzw. deren Prokuristen) zur Stellung des Vorlageantrages bevollmächtigt hätte, findet man im Vorlageantrag nicht.

III. Beweiswürdigung

Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Bf., zur Y AG sowie zur X GmbH gehen aus einer Einsicht in das öffentliche Firmenbuch (samt den in der Urkundensammlung hinterlegten Urkunden) hervor.

Der Verfahrensgang ist zwischen den Parteien unstrittig und korrespondiert mit den von der belangten Behörde dem Gericht zur Verfügung gestellten Unterlagen, sowie dem elektronischen Veranlagungsakt.

IV. Rechtliche Beurteilung

Die Löschung einer GmbH im Firmenbuch wirkt insofern deklarativ, als sie nicht zum Verlust der Parteifähigkeit führt, solange Vermögen vorhanden ist (; , Ra 2017/17/0066; , Ro 2014/13/0035; , 2006/15/0027). Die Rechtspersönlichkeit besteht so lange fort, als es noch Abwicklungsbedarf gibt (; , 2006/15/0027). Vor diesem Hintergrund kommt der Bf. im gegenständlichen Beschwerdeverfahren - trotz bereits erfolgter Löschung im Firmenbuch - Parteifähigkeit zu, weil bei vollständigem Obsiegen eine mögliche Forderung (bzw. ein mögliches Aktivvermögen) der Bf., die die mit den Bescheiden vorgeschriebene Steuer bereits entrichtet hat, entstehen könnte (sinngemäß ). Da Aktivvermögen somit nicht auszuschließen ist, ist die Bf. somit trotz der durchgeführten Löschung im Firmenbuch nicht als vollbeendet anzusehen (). Sie ist sohin weiterhin rechtsfähig iSd § 79 BAO, sohin als Trägerin von Rechten und Pflichten weiterhin Partei des gegenständlichen Verfahrens. Anders verhält es sich jedoch mit ihrer Handlungsfähigkeit, somit der Fähigkeit durch eigenes Verhalten Rechte und Pflichten zu begründen: Nach der Rechtsprechung des OGH ist mit der Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (OGH 20.05.19999, 6 Ob 330/98t; , 3 Ob 113/07z); auch das Liquidatorenamt endet mit der Löschung der Gesellschaft [RS0060028; 2 Ob 611/84 GesRZ 1986, 36; Wasserer in U.Torggler (Hrsg), GmbHG § 89, Rz 7 (Stand: , rdb.at)]. Als Zwischenergebnis ist sohin einerseits festzuhalten, dass die Vertretungsbefugnis des vormaligen Geschäftsführers, sowie der Prokuristen bzw. auch des Liquidators mit der Löschung der Gesellschaft weggefallen ist, sowie andererseits, dass die Bf. ab dem xx.xx.xxxx zwar rechts- aber nicht mehr handlungsfähig ist. Zu klären gilt somit, wer zur Vertretung der (handlungsunfähigen) Bf. nach ihrer Löschung im Firmenbuch berufen ist. § 80 Abs. 3 BAO normiert, dass Vertreter iSd Abs. 1 leg. cit. der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2004, BGBl I 180/2004 (686 BlgNR 22. GP), wird zu § 80 Abs. 3 BAO wie folgt ausgeführt: "Insbesondere für im Zeitpunkt der Löschung der GmbH im Firmenbuch offene Rechtsmittelverfahren sowie für Außenprüfungen (§ 147 Abs. 1 BAO) benötigt die Abgabenbehörde einen Vertreter der aufgelösten, aber noch nicht beendeten (somit noch parteifähigen) GmbH. Die Vertretungsregelung im neuen § 80 Abs. 3 BAO ist zweckmäßiger als eine ua für die Gerichte aufwendige Bestellung eines Vertreters nach § 15a GmbHG bzw. nach § 93 Abs. 5 GmbHG." Im vorliegenden Fall wurde - wie festgestellt - die X GmbH, FN xxxxxx, mit Gesellschafterbeschluss vom xx.xx.xxxx zur Verwahrerin der Bücher und Schriften der am xx.xx.xxxx infolge beendeter Liquidation im Firmenbuch gelöschten Bf. bestellt. Die X GmbH - und einzig diese - ist daher die (gesetzliche) Vertreterin iSd § 80 Abs. 3 BAO der - noch parteifähigen - Bf.. Nun wurde der Vorlageantrag jedoch nicht von ihr sondern von der Y AG - unter Hinweis auf eine tatsächlich gar nicht bestehende Vertretungsbefugnis gemäß § 80 Abs. 3 BAO für die Bf.- unterfertigt; die unterschreibenden Prokuristen haben schließlich durch Beifügung des Zusatzes "ppA" über dem Firmennamen der AG unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, in Vertretung der Hauptgesellschafterin der Bf., und somit der AG und nicht für die Bf. oder allenfalls die X GmbH zu handeln.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist eine Bescheidbeschwerde mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist, was sinngemäß auch für Vorlageanträge gilt (§ 264 Abs. 4 lit. e BAO). Eine Beschwerde ist etwa bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters unzulässig (). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat sich die Prüfung, ob eine Beschwerde oder ein Vorlageantrag von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, am äußeren Tatbestand zu orientieren. Maßgeblich ist, wer nach dem objektiven Erklärungswert der Eingabe unter Berücksichtigung aller Umstände als derjenige anzusehen ist, der mit dieser Eingabe die Tätigkeit der Behörde (des Verwaltungsgerichts) für sich in Anspruch nimmt (; ; ). Laut ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung muss schließlich derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines Anderen oder als Organ einer juristischen Person rechtsgeschäftlich handeln will, dies auf unzweifelhafte Weise zum Ausdruck bringen (). Rücksichtlich dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass nach dem objektiven - unzweifelhaften - Erklärungswert des Vorlageantrages, die Y AG als Vertreterin der Bf. den Antrag einbringen wollte. Sie war jedoch nicht zu deren Vertretung berufen, dies wäre die X GmbH gewesen. Der von der Y AG als Vertreterin der Bf. eingebrachte Vorlageantrag wurde sohin von einer juristischen Person eingebracht, der es an der Aktivlegitimation zur Setzung dieses Verfahrensschrittes mangelte. Der Antrag war sohin zurückzuweisen.

Der Ordnung halber ist festzuhalten, dass die Bf. den diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde im Vorlagebericht - dem Vorhaltcharakter zukommt - nicht entgegengetreten ist.

Festzuhalten ist schließlich, dass auch kein Mängelbehebungsverfahren gem. § 2a BAO iVm § 85 Abs. 2 leg. cit. zu initiieren war, da sich der Anwendungsbereich des § 85 Abs. 2 BAO nur auf "zulässige" Anbringen beschränkt. Unzulässige, sprich nicht von legitimierten Personen eingebrachte Anbringen, sind ohne einen vorhergehenden Auftrag zur Mängelbehebung zurückzuweisen (Ritz, BAO6, § 85 Tz 15 und die dort zitierte Rechtsprechung; zuletzt auch bestätigt durch ).

V. Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor, da das Gericht mit der vorliegenden Entscheidung der oben zitierten Rechtsprechung des Höchstgerichts gefolgt ist. Die Zurückweisungsfolge ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetzestext. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 80 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 93 Abs. 3 GmbHG, GmbH-Gesetz, RGBl. Nr. 58/1906
Schlagworte
mangelnde Vertretungsvollmacht
Zurückweisung
Löschung nach Liquidation
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100331.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at