Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.01.2024, RV/4100088/2023

Zuerkennung von Alleinverdienerabsetzbetrag und Kinderfreibetrag bei getrennt lebenden Ehepartnern

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 (ergangen zu StNr. ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte die Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2017.

Im Einkommensteuerbescheid 2017 vom (Erstbescheid) blieb zunächst die Anerkennung des begehrten Alleinerzieherabsetzbetrages (AEAB) sowie des Kinderfreibetrages für die Tochter ***R*** versagt.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde führte der Bf aus, dass er und seine Gattin sich im Jahre 2016 getrennt hätten und die gemeinsame Tochter ***R*** bei ihm, dh in seinem Haushalt verblieben sei. Die von seiner (nunmehrigen) Exgattin - die Scheidung sei im Dezember 2017 erfolgt - für die Monate 01-03/2017 für ***R*** bezogene Familienbeihilfe habe sie ihm erstattet. ***R*** habe bis zu ihrem Lehrabschluss am seinem Haushalt angehört. In dieser Zeit habe er seine Tochter allein erzogen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde Folge und zuerkannte den AEAB sowie den Kinderfreibetrag für ein Kind gemäß § 106a (1) EStG 1988.

Im Zuge einer im Jahr 2022 von Amts wegen vorgenommenen Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 BAO - dieser Verfahrensschritt erfolgte aufgrund einer Datenübermittlung im Zusammenhang mit Sonderausgaben - erging ein mit datierter nunmehr in Anfechtung stehender Einkommensteuerbescheid für 2017. In diesem Sachbescheid blieb die Zuerkennung von AEAB sowie Kinderfreibetrag für die ***R*** wiederum versagt.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Bescheidbeschwerde verwies der Bf auf seine Ausführungen in der gegen den ursprünglich ergangenen Einkommensteuerbescheid vom gerichteten Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Behörde die Bescheidbeschwerde als unbegründet ab. In der Bescheidbegründung führte diese aus, dass der AEAB nur dann zustehe, wenn der (die) Alleinerzieher (-in) im Kalenderjahr mehr als sechs Monate Anspruch auf Familienbeihilfe für mindestens ein Kind habe. Da der Bf im Streitjahr für lediglich vier Monate (Anm: für 04-07/2017) Familienbeihilfe für seine Tochter bezogen habe, komme eine Zuerkennung des begehrten Absetzbetrages nicht in Betracht.

Mit Vorlageantrag vom begehrte der Bf die Vorlage seiner Beschwerde an das Verwaltungsgericht, wobei dieser wiederum auf sein im Erstverfahren erstattetes Vorbringen verwies und dieses wie folgt ergänzte: Ihm sei für seine Tochter Familienbeihilfe für die Monate 04 bis 07/2017 gewährt worden, indessen die Auszahlung der Familienbeihilfe hinsichtlich der Monate 01 bis 03/2017 an seine damals bereits getrennt von ihm lebende Gattin erfolgt sei. Er sei bis zum Ende des Lehrverhältnisses von ***R*** (07/2017) Alleinerzieher gewesen. ***R*** habe seinem Haushalt zugehört. Insgesamt habe die Finanzbehörde im Jahr 2017 für sieben Monate (01 bis 07/2017) Familienbeihilfe für das Kind ***R*** gewährt.

In ihrem Vorlagebericht beantragte die belangte Behörde die Abweisung der Beschwerde und führte stellungnehmend dazu aus:

"Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 sind Alleinerziehende Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben. Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn - sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und - das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz - FLAG - 1967) und - für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.

Gemäß § 2 Abs. 5 FLAG 1967 gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn
a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,
b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,
c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).
Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

Gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 gelten als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

Gemäß § 106 Abs. 2 EStG 1988 geltend als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

Gemäß § 106 Abs. 3 EStG 1988 ist (Ehe-)Partner eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist.

Gemäß § 106a Abs. 1 EStG 1988 steht für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 auf Antrag ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt
- 440 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;
- 300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe-) Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,
- 300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.

Gemäß § 106a Abs. 2 EStG 1988 ist bei Steuerpflichtigen, denen der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird, für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. In diesem Fall kann für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 300 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen beantragt werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.

Gemäß § 106a Abs. 3 EStG 1988 ist bei Alleinerziehenden, denen der Alleinerzieherabsetzbetrag gewährt wird, für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. Wird für dieses Kind kein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 2 erster Satz berücksichtigt, kann von Alleinerziehenden für dieses Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 440 Euro beantragt werden.

Da im gegenständlichen Fall die Tochter dem Haushalt des Beschwerdeführers zugehört (§ 2 Abs. 5 FLAG 1967), steht diesem kein Unterhaltsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 zu. Mangels Anspruchs auf den Unterhaltsabsetzbetrag steht dem Beschwerdeführer auch kein Kinderfreibetrag nach § 106a Abs. 2 EStG 1988 zu.

Voraussetzung für die Gewährung eines Alleinerzieherabsetzbetrags ist, dass es sich um ein Kind gemäß § 106 Abs. 1 EStG 1988 handelt. Ein solches Kind liegt nur vor, wenn dem Steuerpflichtigen ein Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht. Der Kinderfreibetrag gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht nur dem Steuerpflichtigen zu, dem Familienbeihilfe gewährt wird.

Im gegenständlichen Fall wurde die Familienbeihilfe im Zeitraum 01/2014-03/2017 der Kindesmutter, ***KM***, gewährt. Dem Beschwerdeführer wurde die Familienbeihilfe im Zeitraum 04/2017-07/2017 gewährt. Da dem Beschwerdeführer die Familienbeihilfe nur für den Zeitraum 04/2017-07/2017 gewährt wurde, steht ihm der Kinderabsetzbetrag nur für den Zeitraum 04/2017-07/2017 zu. Darüber hinaus steht mangels gewährter Familienbeihilfe kein Kinderabsetzbetrag zu. Die Tatsache, dass die Kindesmutter die Familienbeihilfe an den Kindesvater bzw. an das Kind weitergibt, ändert nichts daran, dass die Familienbeihilfe im Zeitraum 01/2017-03/2017 der Kindesmutter gewährt wird und somit nur die Kindesmutter Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag hat. Daher handelt es sich im gegenständlichen Fall beim Beschwerdeführer, mangels Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag, nicht um ein Kind iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988. Somit steht dem Beschwerdeführer weder ein Alleinerzieherabsetzbetrag noch ein Kinderfreibetrag zu. (..)"

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf lebte im Streitjahr bis zum mit seiner Tochter ***R*** im gemeinsamen Haushalt. ***R*** absolvierte bis zum eine Lehre. Der Bf und seine Gattin ***KM*** hatten sich im Jahre 2016 getrennt. Dies wird dokumentiert durch verschiedenen Wohnanschriften bzw. Hauptwohnsitze des ehemaligen Ehepaares (getrennte Wohnsitze ab ). Im Dezember 2017 erfolgte nach Angaben des Bf die Scheidung des Ehepaares.

Der Bezug der Familienbeihilfe für die gemeinsame Tochter ***R*** erfolgte in den Monaten 01 bis 03/2017 durch die Kindesmutter, in den Monaten 04 bis 07/2017 durch den Bf.

Da die Tochter mit ihr Ausbildungsverhältnis beendete, endete auch der Bezug von Familienbeihilfe mit 07/2017.

2. Beweiswürdigung

Die vom Gericht vorgenommene Beweiswürdigung gründet sich auf die aktenkundigen Urkunden sowie auf die schriftlich erstatteten Vorbringen der Verfahrensparteien.

3. Rechtliche Beurteilung

1. Alleinerzieherabsetzbetrag

Die Bestimmung des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung des BGBl I Nr. 118/2015 ordnet an:

"Alleinerziehenden steht ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
-
bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich. Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben."

§ 106 EStG 1988 enthält eine Legaldefinition der Begriffe "Kind" und "(Ehe)Partner. Darin heißt es:

"(1) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.

(2) Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch Kinder, für die dem Steuerpflichtigen mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Unterhaltsabsetzbetrag nach § 33 Abs. 4 Z 3 zusteht.

(3) (Ehe-)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer Lebensgemeinschaft lebt. Einem (Ehe-)Partner ist gleichzuhalten, wer in einer Partnerschaft im Sinn des Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes - EPG eingetragen ist."

Die Bestimmung des § 33 Abs. 3 EStG 1988 normiert in Bezug auf die Anspruchsberechtigung für den Kinderabsetzbetrag Folgendes:

"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 anzuwenden."

Außer Streit steht, dass der Bf im Streitjahr 2017 von seiner Ehegattin getrennt lebte. Dies wird durch die getrennten Wohnsitze - der Bf lebte in ***Orr1***, ***Str1***, während seine damalige (Noch-)Gattin ***KM*** bereits seit dem in ***Orr1***, ***Str2*** gemeldet war - untermauert. Die Scheidung des Ehepaares erfolgte laut Angaben des Bf im Dezember 2017.

Aufgrund der vorliegenden Sachlage steht für das erkennende Gericht fest, dass der Bf im Streitjahr nicht in der Gemeinschaft mit seiner damaligen Ehepartnerin gelebt hatte.

Es stellt sich weiters die Frage, ob die Tochter ***R*** als Kind iSd § 106 (1) EStG 1988 anzusehen ist. Als Kinder gelten Abkömmlinge, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 EStG 1988 zusteht.

Der Kinderabsetzbetrag ist an den Bezug der Familienbeihilfe geknüpft und wird gemeinsam mit dieser zur Auszahlung gebracht (€ 58,40 pro Kind und Monat).

Aus den zur Vorlage gebrachten Verwaltungsakten geht hervor, dass der Bf lediglich für die Monate 04 bis 07/2017 für Tochter ***R*** Familienbeihilfe bezogen hat, für die Monate 01 bis 03/2017 erfolgte der Bezug der Familienbeihilfe durch die damals bereits getrennt vom Bf lebende Gattin. Nun stellt sich die Frage, wie sich der Umstand der getrennten Auszahlung letztlich für die Beurteilung des Begriffes "Kind" iSd § 106 EStG 1988, respektive der Anspruchsberechtigung für den AEAB auswirkt.

Nun ordnet § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichgesetz (FLAG) an, dass grundsätzlich die Person Anspruch auf Familienbeihilfe hat, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Daraus erhellt, dass für den Zeitraum 01 bis 03/2017 aufgrund der Haushaltszugehörigkeit von ***R*** der Bf und nicht dessen Gattin anspruchsberechtigt für den Bezug der Familienbeihilfe für die Tochter ***R*** gewesen wäre. Der Bezug der Familienbeihilfe durch ***KM*** für die Monate 01 bis 03/2017 erfolgte daher zu Unrecht.

Nach Auffassung des Gerichts macht es bei aufrechter Ehe keinen Unterschied, ob die Familienbeihilfe für das Kind durch die Ehegattin oder den Ehegatten bezogen wird. Zwar lebte das Ehepaar ***EP*** im Jahr 2017 bereits getrennt, allerdings waren diese noch bis Dezember 2017 verheiratet.

Fest steht auch, dass die Familienbeihilfe für Tochter ***R*** im Jahr 2017 für mehr als sechs Monate (konkret für sieben Monate) bezogen wurde.

Fakt ist, dass ***R*** in der Zeit zwischen dem und dem ihren Hauptwohnsitz an derselben Adresse unterhielt wie der Bf. Damit ist auch offensichtlich, dass diese im Jahre 2017 bis zum dem Haushalt des Bf angehörte.

Dass die Kindesmutter in den ersten drei Monaten trotz des Umstandes, dass ***R*** bei ihr nicht haushaltszugehörig war, für diese Familienbeihilfe bezogen hatte, erweist sich im Lichte der hier anzustellenden Betrachtung als unschädlich (vgl. BFG RV/6100058/2014). Die Trennung der damaligen (Noch-) Ehepartner in Form einer getrennten Wohnsitznahme vermag an der Tatsache, dass für ***R*** in 2017 Familienbeihilfe durch die Eheleute für die Dauer von sieben Monaten bezogen wurde, nichts zu ändern.

Im gegenständlichen Fall liegen die Tatbestandsvoraussetzung für die Gewährung des Alleinerzieherabsetzbetrages nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 vor.

Dem Beschwerdebegehren war daher Folge zu geben.

2. Kinderfreibetrag

Die Bestimmung des § 106a EStG 1988 idF des BGBl I Nr. 117/2016 ordnet an:

"(1) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 steht auf Antrag ein Kinderfreibetrag zu. Dieser beträgt
- 440 Euro jährlich, wenn er von einem Steuerpflichtigen geltend gemacht wird;
- 300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn er für dasselbe Kind von zwei (Ehe-) Partnern, die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr in einem gemeinsamen Haushalt leben, geltend gemacht wird,
- 300 Euro jährlich pro Steuerpflichtigem, wenn einem anderen nicht im selben Haushalt lebenden Steuerpflichtigen für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag nach Abs. 2 zusteht.

(2) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2 ist bei Steuerpflichtigen, denen der Unterhaltsabsetzbetrag gewährt wird, von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. In diesem Fall kann für dasselbe Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 300 Euro nur von jenem Steuerpflichtigen beantragt werden, der mehr als sechs Monate Anspruch auf einen Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 hat.

(3) Für ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 ist bei Alleinerziehenden, denen der Alleinerzieherabsetzbetrag gewährt wird, von Amts wegen ein Kinderfreibetrag in Höhe von 300 Euro jährlich zu berücksichtigen. Wird für dieses Kind kein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 2 erster Satz berücksichtigt, kann von Alleinerziehenden für dieses Kind ein Kinderfreibetrag gemäß Abs. 1 in Höhe von 440 Euro beantragt werden.

(4) Der Kinderfreibetrag wird im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigt. In der Steuererklärung ist die Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder die persönliche Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) jedes Kindes, für das ein Kinderfreibetrag geltend gemacht wird, anzuführen."

Wie unter Pkt 1. ausgeführt liegen im vorliegenden Beschwerdefall die Voraussetzungen für die Zuerkennung des AEAB nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 vor. Da der Kinderfreibetrag mit der Zuerkennung des AEAB verknüpft ist, ist dieser ex offo zu gewähren.

Der Bf brachte vor, dass seine nunmehr geschiedene Gattin für 2017 keine ertragsteuerlichen Begünstigungen (Absetzbeträge, o.dgl.) für ***R*** geltend gemacht hat. Dieses Vorbringen wurde überprüft und für zutreffend befunden.

Dem Begehren auf Zuerkennung des Kinderfreibetrages kommt demnach Berechtigung zu.

Die Steuerbemessungsgrundlage sowie die Abgabenhöhe ermitteln sich in Bezug auf das Streitjahr wie folgt (Beträge in Euro):


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Einkünfte aus nsA lt FA
27.696,55
Sonderausgaben lt FA (kumuliert)
-369,77
Kinderfreibetrag für haushaltszugeh. Kind gem. § 106a (1) lt BFG
-440,00
Einkommen
26.886,78
Einkommensteuer lt Tarif § 33 (1)
4.860,37
AEAB
-494,00
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Steuer nach Absetzbeträge
3.966,37
Steuer sonst. Bezüge
189,00
Einkommensteuer
4.155,37
Anrechenbare Lohnsteuer
-4.604,44
Festgesetzte Einkommensteuer (ger.)
-449,00

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Einer Rechtsfrage kommt in der Regel nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt.

Im vorliegenden Fall ist die Beurteilung der Rechtsfrage aus dem Gesetzeswortlaut klar zu entnehmen und bedarf keiner weiteren Auslegung.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.4100088.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at