TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.01.2024, RV/2200001/2022

Pfändung einer Geldforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/05154/31/2012, betreffend die Pfändung einer Geldforderung zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/05154/29/2012, wurde der ***Bank*** mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer (Bf) Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von € 63.917,32 schulde. Wegen eines Teilbetrages in Höhe von € 10.000,00 wird die dem Bf gegen die ***Bank*** wegen des Guthabens auf einem bezeichneten Girokonto zustehende Forderung gepfändet. Der ***Bank*** wurde, soweit die Forderung gepfändet ist, verboten, an den Abgabenschuldner zu zahlen.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf mit der Begründung die Aufhebung der Kontopfändung, er habe den Juni-Lohn in der Höhe von € 1.098,57 sowie den Urlaubszuschuss in der Höhe von € 1.083,03 von seinem Dienstgeber in bar erhalten und am den Betrag auf das Girokonto einbezahlt. Da er sein unpfändbares Einkommen für seine Fixkosten benötige, beantrage er die Aufhebung der Kontopfändung mit Ausnahme eines pfändbaren Betrages von € 133,60.

Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/05154/31/2012, wurde der Antrag auf Aufhebung der mit Bescheid vom durchgeführten Pfändung des Girokontos gemäß § 16 Abs.1 Z.2 iVm § 54 Abs.3 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Kontenschutz des § 54 AbgEO bestehe nur, wenn beschränkt pfändbare Geldforderungen auf ein Konto überwiesen werden, nicht aber bei Bareinzahlungen des zuvor bar ausbezahlten Arbeitseinkommens.

Gegen diesen Bescheid hat der Bf mit Eingabe vom Beschwerde erhoben. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass die Barauszahlung auf Grund mangelnder Kontodeckung seines Dienstgebers im gegenständlichen Zeitraum notwendig gewesen sei. Durch die erfolgte Abweisung seien Dienstnehmer, die aus rein in der Sphäre des Arbeitgebers gelegenen Gründen ihren Lohn in bar ausbezahlt erhalten, gegenüber Dienstnehmern, deren Lohn auf ihr Girokonto überwiesen wird, schlechter gestellt.

Mit Beschwerdevorentscheidung des Zollamtes Österreich vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde neuerlich ausgeführt, dass durch die Barauszahlung des Lohnes kein Kontenschutz gemäß § 54 Abs.1 AbgEO bestehe.

Mit Eingabe vom stellte der Bf binnen offener Frist einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Begründend verwies der Bf auf die eingebrachte Bescheidbeschwerde. Der Bf beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

In der mündlichen Verhandlung vom meldete das Zollamt Österreich Zweifel daran an, dass die gepfändete Forderung aus Lohnzahlungen der Mutter des Bf als Arbeitgeber stammt. Der Bf erklärte, die Lohnzahlungen meistens zum Monatsende erhalten zu haben. Nach Vorhalt der unregelmäßigen Einzahlungen (, und ) erklärte der Bf möglicherweise einen Vorschuss erhalten zu haben oder sich etwas Geld ausgeborgt zu haben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid des Zollamtes Österreich vom , Zl. 700000/05154/29/2012, wurde der ***Bank*** mitgeteilt, dass der Bf Abgaben einschließlich Nebengebühren in Höhe von € 63.917,32 schuldet. Wegen eines Teilbetrages in Höhe von € 10.000,00 wurde die dem Bf gegen die ***Bank*** wegen des Guthabens auf einem bezeichneten Girokonto zustehende Forderung gepfändet. Der ***Bank*** wurde, soweit die Forderung gepfändet ist, verboten, an den Abgabenschuldner zu zahlen.

Dem Bf wurden die Löhne April, Mai, Juni und Juli 2021 von seiner Arbeitgeberin, der Mutter des Bf, in bar ausbezahlt. Der dem Bf zustehende monatliche Nettolohn betrug € 1.098,57.

Mittels Eigenerlag zahlte der Bf. am den Betrag von € 1.350,00, am den Betrag von € 67,00 und € 946,30 und am den Betrag von € 2.150,00 auf sein Girokonto ein. Am wies das Girokonto des Bf ein Guthaben von € 2.374,56 aus.

Am wurde der Betrag von € 2.270,56 an das Zollamt Österreich überwiesen, am erfolgte ein neuerlicher Eigenerlag durch den Bf in Höhe von € 540,00.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

Gemäß § 167 Abs.1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß Abs.2 leg. cit. hat im Übrigen die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt (zB ; , 2006/15/0301; , 2011/16/0011; , 2009/17/0132).

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Zollamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten und den Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom . Die festgestellten Buchungsdaten auf dem Girokonto des Bf ergeben sich aus den vorgelegten Bankauszügen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 65 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmungen des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

Gemäß Abs.2 leg. cit. ist sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.

Gemäß Abs.3 leg. cit. ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.

Gemäß § 54 Abs.1 AbgEO ist, wenn beschränkt pfändbare Geldforderungen auf ein Konto des Abgabenschuldners bei einem Kreditinstitut überwiesen werden, eine Pfändung des Guthabens auf Antrag des Abgabenschuldners insoweit aufzuheben, als das Guthaben dem der Pfändung nicht unterworfenen Teil der Einkünfte für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht.

Gemäß Abs.3 leg. cit. hat die Abgabenbehörde die Pfändung des Guthabens über Antrag des Abgabenschuldners für den Teil aufzuheben, dessen dieser bis zum nächsten Zahlungstermin dringend bedarf, um seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten und seine laufenden gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen. Der freigegebene Teil des Guthabens darf den Betrag nicht übersteigen, der dem Abgabenschuldner voraussichtlich nach Absatz 1 zu belassen ist. Der Abgabenschuldner hat wenigstens glaubhaft zu machen, dass beschränkt pfändbare Geldforderungen auf das Konto überwiesen worden sind und dass die Voraussetzungen des ersten Satzes vorliegen.

Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis sind gemäß § 290a Abs.1 Z.1 Exekutionsordnung (EO) iVm § 53 AbgEO beschränkt pfändbare Forderungen. Da in aller Regel der Arbeitslohn vom Arbeitgeber auf ein Konto des Arbeitnehmers bei einem Kreditinstitut überwiesen wird und mit diesem Zeitpunkt dem Pfändungsschutz der EO entzogen wäre, wurde mit der Exekutionsordnungsnovelle BGBl. 628/1991 der § 292i EO, der inhaltsgleich mit § 54 AbgEO ist, eingefügt.

Im gegenständlichen Fall wurde der Arbeitslohn nicht auf ein Girokonto des Bf überwiesen, sondern bar ausbezahlt. § 54 AbgEO ist daher nicht anwendbar.

Beim Abgabepflichtigen vorgefundenes Bargeld, dessen Bezug durch Gesetz oder Privileg der Vollstreckung ganz oder teilweise entzogen ist, unterliegt bei einer Fahrnisexekution gemäß § 29 Z.7 AbgEO dem Pfändungsschutz in Höhe des Existenzminimums (Liebig, Abgabenexekutionsordnung § 54 Rz.5).

Der vom Bf getätigte Eigenerlag unterliegt aber als Forderung des Bf gegenüber einem Kreditinstitut weder dem Kontenschutz des § 54 AbgEO oder dem § 290a EO, noch der Schutzbestimmung des § 28 Z.7 AbgEO für Bargeld.

Zudem wurden vom Bf binnen 6 Wochen ( bis ) insgesamt € 4.513,30 auf sein Girokonto einbezahlt. Der Bf. räumte in der mündlichen Verhandlung vom selbst ein, dass zumindest Teile davon aus einem Lohnvorschuss oder einer Ausleihe entstammen könnten, womit die einbezahlten Beträge in keinem Fall zur Gänze dem Pfändungsschutz unterlegen wären.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Beschwerdeverfahren keine Rechtsfragen aufgeworfen worden sind, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt und die Entscheidung auf dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes beruht, ist eine Revision nicht zulässig.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 28 Z 7 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 54 Abs. 3 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 54 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2200001.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at