Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.12.2023, RV/2100412/2021

Übertragung eines Eigentumswohnungsanteils an den ehemaligen Lebensgefährten - keine Begünstigung nach § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100412/2021-RS1
Die Übertragung eines Wohnungseigentumsanteils an den ehemaligen Lebensgefährten erfordert für die grunderwerbsteuerliche Begünstigung nach § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 einen Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft.
RV/2100412/2021-RS2
Der Begünstigung des § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 ist in Verbindung mit § 26a Abs 1 Z 1 GGG nicht zu entnehmen, dass Lebensgefährten stets diese Begünstigung in Anspruch nehmen können, sofern sie nur jemals über einen gemeinsamen Wohnsitz verfügt haben. Eine derart extensive Interpretation würde zu einer Bevorzugung von Lebensgemeinschaften in Vergleich mit Ehen und eingetragenen Partnerschaften führen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Helmut Klementschitz, Friedrichgasse 6, 8010 Graz über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Grunderwerbsteuer (Erfassungsnummer ***ErfNr***) zu Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Kaufvertrag vom verkaufte die vormalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ihre Liegenschaftsanteile an der Liegenschaft ***EZ/KG*** (87/3626 Anteile, untrennbar verbunden mit dem Wohnungseigentum an der im Haus D, ***Bf-Adr*** gelegenen Wohnung Top 1 und 9/3626 Anteile, untrennbar verbunden mit dem Wohnungseigentum am PKW-Abstellplatz C 13) an den Beschwerdeführer. Mit dem im gegenständlichen Verfahren angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid vom setzte das Finanzamt für diesen Kaufvertrag die Grunderwerbsteuer gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 1987 mit 3,5% von der Gegenleistung fest. Am wurde gegen diesen Bescheid Beschwerde erhoben. Diese Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Mit Schreiben vom wurde durch den Beschwerdeführer ein Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht erhoben und die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Lebensgefährtin (und nunmehrigen Verkäuferin) im Zeitraum bis an zwei unterschiedlichen Adressen lt Zentralem Melderegister (ZMR) einen gemeinsamen Hauptwohnsitz unterhalten. Am hat der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner (damaligen) Lebensgefährtin als Wohnungseigentumsbewerber einen Anwartschaftsvertrag betreffend den anteiligen Erwerb einer Wohnung auf der Liegenschaft ***EZ/KG*** mit einem Bauträger abgeschlossen. Die Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Lebensgefährtin wurde im Jahr 2017 aufgehoben, wobei das Gericht von einer Trennung dieser Lebensgemeinschaft mit Beendigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes am ausgeht. Es war dementsprechend die Aufhebung der Lebensgemeinschaft mit festzustellen.

Der Wohnungseigentumsvertrag wurde erst am von den Vertragsparteien unterfertigt. Die vormaligen Lebensgefährten - der Beschwerdeführer und seine ehemalige Lebensgefährtin - wurden mit diesem Wohnungseigentumsvertrag Eigentümer von einer Wohnung (Top 1) im Haus D auf der Liegenschaft ***EZ/KG*** und einem PKW-Abstellplatz (C 13).

Mit Kaufvertrag vom hat die vormalige Lebensgefährtin dem Beschwerdeführer ihre Liegenschaftsanteile an dieser Liegenschaft um € 95.765,11 verkauft. Im Kaufvertrag erklärten die Vertragsteile, dass es sich um einen Erwerb unter Lebenden im Rahmen des begünstigten Personenkreises (Familienverband) iSd § 26a Gerichtsgebührengesetz (GGG) handeln würde. Weiters erklärten die Vertragsteile im Kaufvertrag Folgendes:

"Weiters erklären die Vertragsteile, unmittelbar nach Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft bereits eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Veräußerung der vertragsgegenständlichen Anteile der Frau ***Lebensgefährtin*** an Herrn ***Bf*** getroffen zu haben und ist die gesonderte Wohnsitznahme durch Frau ***Lebensgefährtin*** und die Übergabe der Vertragsobjekte an Herrn ***Bf*** bereits erfolgt."

Das Finanzamt erließ am einen Grunderwerbsteuerbescheid mit welchem die Grunderwerbsteuer in der Höhe von € 3.351,78 festgesetzt wurde. Die Grunderwerbsteuer wurde vom Finanzamt gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 1987 mit 3,5% von der Gegenleistung in der Höhe von € 95.765,11 ermittelt. Begründend führte das Finanzamt aus:

"Die Begünstigung gem. § 26a GGG konnte nicht gewährt werden, da der gemeinsame Hauptwohnsitz bereits im Jahr 2017 aufgegeben wurde."

Der Beschwerdeführer führte in seiner Beschwerde vom begründend aus, dass der Anwartschaftsvertrag bereits am unterfertigt worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei die Lebensgemeinschaft mit der gegenständlichen Verkäuferin der Liegenschaft noch aufrecht gewesen. Die Trennung sei erst nach der Unterfertigung des Anwartschaftsvertrages erfolgt. Es sei aber richtig, dass die beiden Vertragsparteien und ehemaligen Lebensgefährten nie gemeinsam in die vertragsgegenständliche Wohnung eingezogen seien, da sie sich zwischenzeitlich getrennt hätten. Da es beim Bau durch Unzulänglichkeiten des Bauträgers zu massiven Verzögerungen gekommen sei, hätte der Wohnungseigentumsvertrag erst mit abgeschlossen werden können.

Diesbezüglich ist anzumerken, dass der Vertragspartner (Bauträger) des Beschwerdeführers und seiner damaligen Lebensgefährtin im Jahr 2020 insolvent und im Mai 2020 das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Zum chronologischen Ablauf des gegenständlichen Sachverhaltes konnte festgestellt werden, dass der Anwartschaftsvertag vom Beschwerdeführer und seiner damaligen Lebensgefährtin am unterschrieben wurde. Auf Grund von Bauverzögerungen kam es erst am zum Abschluss des Wohnungseigentumsvertrages zwischen der Bauträgerin einerseits und dem Beschwerdeführer und seiner ehemaligen Lebensgefährtin andererseits. Am wurde letztlich der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Kaufvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und seiner ehemaligen Lebensgefährtin abgeschlossen.

2. Beweiswürdigung

Auf Basis der Auszüge aus dem ZMR betreffend den Beschwerdeführer und seine damalige Lebensgefährtin (vgl BFG-Akt OZ 8 und 9) konnte festgestellt werden, dass diese im Zeitraum bis über einen gemeinsamen Hauptwohnsitz verfügten.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes erst am Ende eines längeren Prozesses der Entflechtung der familiären Bande steht. Als Zeitpunkt der Trennung des Beschwerdeführers von seiner Lebensgefährtin und nunmehrigen Verkäuferin der gegenständlichen Liegenschaftsanteile wurde somit der (Beendigung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes lt ZMR) festgestellt. Der Anwartschaftsvertrag wurde am unterfertigt und somit noch während der aufrechten Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers. Mit dem Anwartschaftsvertrag wurde den Wohnungseigentumsbewerbern (dem Beschwerdeführer und seiner damaligen Lebensgefährtin) die Einräumung eines Wohnungseigentumsrechtes zugesagt.

Das Bundesfinanzgericht hat in das Grundbuch und die Urkundensammlung Einsicht genommen. Dabei konnten der Anwartschaftsvertrag vom (BFG-Akt OZ 10) und der Wohnungseigentumsvertrag vom (BFG-Akt OZ 11) ausgehoben werden. Aus dem Anwartschaftsvertrag vom erschließt sich, dass eine Übertragung der Anwartschaft durch die Wohnungseigentumsbewerber (Beschwerdeführer und seine damalige Lebensgefährtin) nicht ausgeschlossen war und unter Punkt 14.2. bzw 15.3. dieses Vertrages Vereinbarungen hinsichtlich Kostentragung und Zustimmung des Bauträgers für den Fall einer Übertragung der Anwartschaft getroffen wurden.

Seitens des Beschwerdeführers wurde eine Berechnung des Grundstückswertes vorgelegt (BFG-Akt OZ 5). Aus dieser Berechnung erschließt sich, dass der anteilige Grundstückswert des übertragenen Anteils € 56.402,11 ist. Diese Berechnung des Grundstückswertes ist im weiteren Verfahren unstrittig geblieben.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Die im gegenständlichen Verfahren zu beurteilende Rechtsfrage lautet, ob die Veräußerung mit Kaufvertrag vom , mit welcher die ehemalige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers ihren Wohnungseigentumsanteil an den Beschwerdeführer verkauft hat, für Zwecke der Grunderwerbsteuer einen Erwerb unter Lebenden durch den zum Familienverband iS des § 26a Abs 1 Z 1 GGG zählenden Personenkreis und damit einen unentgeltlichen Erwerbsvorgang iSd § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 darstellt.

Nach § 4 Abs 1 GrEStG 1987 ist die Grunderwerbsteuer vom Wert der Gegenleistung, mindestens vom Grundstückswert zu berechnen. Diese Bestimmung führt weiter aus, dass bei Erwerben nach § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 die Grunderwerbsteuer immer vom Grundstückswert zu berechnen ist.

Die Bestimmung des § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 lautet im Beschwerdezeitraum (BGBl I Nr 62/2018) auszugsweise wie folgt:

"(1) 1. a) […]

c) Ein Erwerb unter Lebenden durch den in § 26a Abs. 1 Z 1 des Gerichtsgebührengesetzes, BGBl. Nr. 501/1984 in der geltenden Fassung, angeführten Personenkreis gilt als unentgeltlich.

[…]

2. a) Die Steuer beträgt beim unentgeltlichen Erwerb von Grundstücken
- für die ersten 250 000 Euro ……………………………………………………….0,5%,
- für die nächsten 150 000 Euro ……………………………………………………..2%,
- darüber hinaus …………………………………………………………………………..3,5%
des Grundstückswertes.
[…]"

§ 26a GGG lautet im Beschwerdezeitraum (BGBl I Nr 38/2019) auszugsweise wie folgt:

"(1) Abweichend von § 26 ist für die Bemessung der Eintragungsgebühr bei den nachstehend angeführten begünstigten Erwerbsvorgängen der dreifache Einheitswert, maximal jedoch 30% des Werts des einzutragenden Rechts (§ 26 Abs. 1), heranzuziehen:
1. bei Übertragung einer Liegenschaft an den Ehegatten oder eingetragenen Partner während aufrechter Ehe (Partnerschaft) oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft), an den Lebensgefährten, sofern die Lebensgefährten einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, an einen Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie, an ein Stief-, Wahl- oder Pflegekind oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragenen Partner, oder an Geschwister, Nichten oder Neffen des Überträgers;
[…]"

Gem § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 gilt ein Erwerbsvorgang unter Lebenden durch den in § 26a Abs 1 Z 1 GGG angeführten Personenkreis ex lege für Zwecke der Grunderwerbsteuer als unentgeltlich. Dementsprechend sind damit grundsätzlich auch Erwerbsvorgänge unter Lebensgefährten, die einen gemeinsamen Hauptwohnsitz haben oder hatten, mitumfasst.

Mit der Änderung des § 26a GGG - eingeführt durch die Grundbuchsgebührennovelle (GGN) BGBl I Nr 1/2013 - wurde die Grundbuchsgebührenpflicht für Übertragungen innerhalb der Familie geregelt. Die Materialien zur gesetzlichen Änderung des § 26a GGG (vgl 1984 der Beilagen XXIV. GP) führen dazu aus:

"[…]
Das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft setzt unter anderem eine Wohngemeinschaft voraus. Unter Berücksichtigung des der Verwaltungsvereinfachung dienenden Grundsatzes der Anknüpfung an formale äußere Tatbestände soll daher für die Anwendung der begünstigenden Bestimmung ein aktueller oder früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz der Lebensgefährten Voraussetzung sein. Ein früherer gemeinsamer Hauptwohnsitz muss zumindest im zeitlichen Nahebereich der Liegenschaftsübertragung gegeben sein. Dies wird immer dann zu bejahen sein, wenn zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung noch ein klar erkennbarer Zusammenhang besteht, etwa die Liegenschaftsübertragung binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Hauptwohnsitzes erfolgt.
[…]"

Diese in den Materialien angeführte Jahresfrist rührt aus der Vorgängerbestimmung des § 7 GrEStG 1987 her, der bis zur Fassung BGBl I Nr 36/2014 einen begünstigten Steuersatz für den Grundstückserwerb "durch einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten bei Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse anlässlich der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe" (§ 7 Abs 1 Z 2a GrEStG 1987 aF) vorsah. Gem § 95 EheG erlischt der Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse - beide Vermögensarten können auch in Liegenschaftsvermögen bestehen -, wenn dieser nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe durch Vertrag oder Vergleich anerkannt und gerichtlich geltend gemacht wird (vgl Arnold/Bodis, Grunderwerbsteuergesetz zu § 7, Rz 29).

Ebenfalls erlischt nach § 38 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz (EPG) der Anspruch auf Aufteilung des Gebrauchsvermögens und der Ersparnisse, wenn er nicht binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht wird.

Sofern nunmehr § 7 GrEStG 1987 nicht mehr selber den begünstigten Personenkreis regelt, sondern diesbezüglich auf § 26a GGG verweist, ist darauf hinzuweisen, dass auch § 26a GGG auf den Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft) tatbestandmäßig abstellt.

Im Lichte der sich aus den oben wiedergegebenen Materialien zu § 26a GGG erhellenden Absicht des Gesetzgebers und der inhaltlich vergleichbaren Vorgängerbestimmung schließt das Bundesfinanzgericht, dass auch der nunmehrigen Formulierung in § 26a Abs 1 Z 1 GGG "im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft)" die Jahresfrist des § 95 EheG bzw § 38 EPG zugrunde liegt.

Auch vor dem Hintergrund einer verfassungskonformen Interpretation des § 26a Abs 1 Z 1 GGG, die keinen Raum für eine unterschiedliche Behandlung von Ehe, Partnerschaft und Lebensgemeinschaft im Kontext des § 26a Abs 1 Z 1 GGG lässt, erscheint der vom Gesetzgeber geforderte Zusammenhang zwischen der Übertragung der Liegenschaft und der Auflösung der Ehe (Partnerschaft) auch in Fällen der Auflösung einer Lebensgemeinschaft zwingende Voraussetzung für die steuerliche Begünstigung zu sein.

Aus § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 ist eine strikte Jahresfrist, wie sie sich aus dem EheG und dem EPG hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen bzw partnerschaftlichen Gebrauchsvermögens ergibt, nicht eindeutig zu erschließen. Jedoch verweisen die Materialien zu § 26a GGG auf einen zeitlichen Nahebereich der Auflösung der Partnerschaft in Bezug auf die Liegenschaftsübertragung und sehen einen klar erkennbaren Zusammenhang zwischen der Aufhebung der Lebensgemeinschaft und der Liegenschaftsübertragung, wenn diese binnen Jahresfrist nach Aufhebung des gemeinsamen Wohnsitzes erfolgt.

Für die Auslegung der Bestimmung, sind die Auslegungsvorschriften der §§ 6 und 7 ABGB anzuwenden. Maßgebend ist der objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist (vgl ; ). Ziel der Auslegung ist es daher, den objektiven Willen einer Vorschrift zu erfassen. Diesem Auslegungsziel dienen die grammatikalische, die systematische, die teleologische und die historische Auslegung. Diese Auslegungsmethoden schließen einander nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich ().

Unter einer Lebensgemeinschaft (iSd § 72 Abs 2 StGB) wird eine auf längere Dauer ausgerichtete, ihrem Wesen nach der Beziehung miteinander verheirateter Personen gleichkommende Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft verstanden. Die Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft muss nicht in allen drei Merkmalen gegeben sein. Es kann - abhängig von den Umständen des Einzelfalles - durchaus das eine oder andere Element weniger ausgeprägt sein oder sogar zur Gänze fehlen. Durch eine Unterbrechung der faktischen Gemeinsamkeit für eine bestimmte Zeit (etwa für eine auswärtige Arbeit oder einen Spitalsaufenthalt) wird die Lebensgemeinschaft nicht aufgehoben, sofern beiderseits eine spätere Fortsetzung der Beziehung beabsichtigt ist. Die Auflösung der Lebensgemeinschaft beendet nicht nur die Angehörigeneigenschaft der Lebensgefährten (vgl ), sondern auch das durch die Lebensgemeinschaft begründete Angehörigenverhältnis der Kinder und Enkel eines der Partner im Verhältnis zum anderen Partner. (vgl dazu Ritz in BAO7, zu § 25 Rz 7 und 8)

Der Erwerb durch den Lebensgefährten bei Auflösung der Lebensgemeinschaft ist nur dann begünstigt, wenn dieser Erwerb eine unmittelbare Folge der Auflösung darstellt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist § 81 EheG. Wird die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so sind nach § 81 EheG das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse unter die Ehegatten aufzuteilen. Nur Rechtsvorgänge betreffend Grundstücke, die als Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens in die nacheheliche Aufteilungsmasse fallen, kommen als Erwerbsvorgänge infolge Auflösung einer Lebensgemeinschaft in Frage. (vgl Arnold in Arnold/Bodis (Hrsg), Kommentar zum Grunderwerbsteuergesetz 1987 (17. Lfg 2020) zu § 7 Rz 34)

Mit der Textierung in § 26a Abs 1 Z 1 GGG "oder im Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe (Partnerschaft)" wird ausdrücklich klargestellt, dass Übertragungen von Liegenschaften zwischen Ehegatten oder eingetragenen Partnern während aufrechter Ehe oder Partnerschaft oder im Zusammenhang mit der Auflösung dieser Beziehung (zB in einem Aufteilungsverfahren nach den §§ 81 ff EheG oder nach den §§ 24 ff EPG) begünstigte Erwerbsvorgänge sind. Eine ähnliche Bestimmung fehlt allerdings für die Erwerbsvorgänge zwischen Lebensgefährten. In der Rechtsprechung zu § 26a Abs 1 Z 1 GGG wurde aber davon ausgegangen, dass auch die Übertragung einer Liegenschaft an die Lebensgefährtin/den Lebensgefährten im Zusammenhang mit der Auflösung der Lebensgemeinschaft begünstigt ist, sofern auch der zweite Tatbestand - ein gemeinsamer Hauptwohnsitz - vorlag (BVwG , W208 2118964-1). Diese Auffassung wurde auch in der Verwaltungspraxis des BMF vertreten (vgl dazu Fellner in Fellner (Hrsg), Grunderwerbsteuer (15. Lfg 2016) zu § 3 GrEStG 1987 Rz 61). Die Rechtsprechung des BFG stellt ebenfalls darauf ab, ob zwischen der Auflösung der Lebensgemeinschaft und dem Liegenschaftserwerb ein Zusammenhang besteht, wobei stets der einzelne Sachverhalt in freier Beweiswürdigung zu beurteilen ist und eine starre Frist, innerhalb der von einem Zusammenhang auszugehen ist, gesetzlich nicht vorgegeben ist (vgl ; ; ; ; ).

Ein Zusammenhang ist dann gegeben, wenn der Erwerbsvorgang eine unmittelbare Folge der Auflösung der Lebensgemeinschaft ist. Nach den Erläuterungen zu § 26a GGG wird vermutet, dass ein Zusammenhang zwischen der Übertragung der Liegenschaft und der Beendigung der Lebensgemeinschaft jedenfalls dann besteht, wenn dies innerhalb eines Jahres erfolgt. Erfolgt die Übertragung der Liegenschaft mehr als ein Jahr nach der Auflösung der Lebensgemeinschaft, so ist ein Zusammenhang der Übertragung der Liegenschaft mit dieser Auflösung der Lebensgemeinschaft nachzuweisen.

Ob ein solcher Zusammenhang vorliegt, ist eine Frage des Sachverhaltes und sind Vorbringen und Nachweise im Rahmen der Beweiswürdigung (§ 167 Abs 2 BAO) zu beurteilen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Anwartschaftsvertrag am unterschrieben und die Partnerschaft mit (Datum der Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes) aufgelöst. Am wurde der Wohnungseigentumsvertrag unterschrieben und mit Kaufvertrag vom hat die ehemalige Lebensgefährtin ihren Anteil am Wohnungseigentum an den Beschwerdeführer verkauft. Es war somit festzustellen, dass die ehemalige Lebensgefährtin ihren Anteil an den Beschwerdeführer gut ein Jahr nach Erwerb des Wohnungseigentums wieder veräußert hat. Weiters war festzustellen, dass zwischen der Auflösung der Partnerschaft am und dem Erwerb des Wohnungseigentums fast 2 Jahre und 3 Monate und zwischen der Auflösung der Partnerschaft und dem endgültigen Verkauf des Wohnungseigentumsanteils 3 Jahr und 3 Monate vergangen sind.

Auch wenn dem § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 keine starre Jahresfrist zu entnehmen ist, war dennoch festzustellen, dass zwischen Auflösung der Partnerschaft und der Übertragung der Liegenschaftsanteile deutlich mehr als ein Jahr verstrichen ist. Für den Fall, dass zwischen der Auflösung der Partnerschaft bzw der Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes und dem Verkauf der Wohnungseigentumsanteile mehr als ein Jahr liegt, ist nachzuweisen, dass der Erwerbsvorgang noch in Zusammenhang mit der Auflösung der Partnerschaft steht.

Im Kaufvertrag vom wurde zwar erklärt, dass der Beschwerdeführer und seine ehemalige Lebensgefährtin bereits unmittelbar nach Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Veräußerung der beschwerdegegenständlichen Liegenschaftsanteile getroffen hätten. Ein diesbezüglicher Nachweis, beispielsweise durch Beratungen hinsichtlich der Finanzierung bei Banken oder nachgewiesene Konsultationen eines Notars oder Rechtsanwaltes etc, wurde durch den Beschwerdeführer nicht erbracht. Ein schriftlicher Vorvertrag wurden ebenfalls nicht abgeschlossen. Die Berufung auf eine mündliche Vereinbarung unmittelbar nach Beendigung der Lebensgemeinschaft, ohne unmittelbare weitere nachweisbare Schritte hinsichtlich einer Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaftsanteile, ist für sich alleine nicht ausreichend, um einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Auflösung der Lebensgemeinschaft und Übertragung der Liegenschaftsanteile darzulegen.

Soweit der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde auf einen Fachbeitrag in der Zeitschrift ecolex (vgl Rammelmüller in ecolex 2019/203) verweist, ist dem entgegenzuhalten, dass sich dieser Fachartikel auf eine konkrete Entscheidung des BFG () bezieht. In dieser Entscheidung des BFG wurde in den Erwägungen ua ausgeführt:

"Aus der Beschwerde und den beigebrachten Unterlagen (Aktenvermerke und e-mail) geht hervor, dass die Bf. bereits innerhalb dieser Jahresfrist Rechtsauskunft bezüglich eines Kaufes der gemeinsam bewohnten Eigentumswohnung ihres ehemaligen Lebensgefährten eingeholt hat. Aus der e-mail vom , somit nur 20 Tage nach Ablauf eines Jahres ab Aufgabe des gemeinsamen Hauptwohnsitzes durch den Lebensgefährten, kann zudem erschlossen werden, dass dieser als nunmehriger Veräußerer und die Bf. sich zumindest mündlich über die Veräußerung der Eigentumswohnung einig geworden sind. Bereits mit der mündlichen Einigung über Kaufgegenstand und Kaufpreis würde die Grunderwerbsteuerpflicht entstehen, weil damit zivilrechtlich der grundsätzlich formfreie Kaufvertrag zustande kommt (vgl. Fellner, Band II, § 1 GrEStG Rz 133 mit dort zitierter hg. Judikatur). Spätestens mit der vertraglichen Niederlegung des Verkaufes im Kaufvertrag vom wurde der Kauf perfekt.

Bereits aus dem zeitlichen Ablauf der Geschehnisse und der Intention, die Lebensgemeinschaft durch vorbereitende Schritte und schließlich durch Finalisierung im Kaufvertrag auch vermögensrechtlich durch Löschung des Wohnrechtes der Bf. und Übertragung des Eigentums an die Bf. abzuwickeln, kann davon ausgegangen werden, dass die Liegenschaftsübertragung im zeitlichen Nahebereich der Auflösung der Lebensgemeinschaft liegt. Weder dem Gesetz noch den Erläuterungen zum GGG ist eine starre Jahresfrist zu entnehmen."

Im gegenständlich zu entscheidenden Fall stellt sich der festgestellte Sachverhalt anders dar und gibt es, außer dem Hinweis im Kaufvertrag, dass sich die Parteien unmittelbar nach der Beendigung ihrer Lebensgemeinschaft eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Veräußerung getroffen hätten, keine weiteren Nachweise, dass der Beschwerdeführer und seine ehemalige Lebensgefährtin tatsächlich konkrete Schritte zur Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaftshälfte in zeitlicher Nähe zur Auflösung der Lebensgemeinschaft unternommen hätten.

Der Anwartschaftsvertrag vom hat eine Übertragung der Anwartschaft nicht ausgeschlossen. Dennoch wurden seitens des Beschwerdeführers bzw seiner ehemaligen Lebensgefährtin eine Übertragung des Anwartschaftsrechtes offensichtlich nicht erwogen. Nach Abschluss des Wohnungseigentumsvertrages am wurde ein weiteres Jahr bis zum Abschluss des gegenständlichen Kaufvertrages vom zugewartet. Für das Gericht ist durch den langen Zeitablauf von über drei Jahren zwischen Auflösung der Lebensgemeinschaft mit und Abschluss des Kaufvertrages vom ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Übertragung der Liegenschaft und der Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht erkennbar. Die Übertragung des Liegenschaftsanteiles im Jahr 2021 an den Beschwerdeführer ist daher nicht unmittelbar auf die Auflösung der Lebensgemeinschaft zurückzuführen.

Durch die Aufnahme der Lebensgefährten in den grunderwerbsteuerlich begünstigten Personenkreis gem § 26a Abs 1 Z 1 GGG sollte lediglich der Begriff "Familienverband" erweitert werden. Eine Bevorzugung von Lebensgefährten gegenüber Ehegatten oder eingetragenen Partnern war damit nach Ansicht des Gerichtes jedoch nicht bezweckt. Eine Rechtsauslegung, wonach auch ehemalige Lebensgefährten stets die Begünstigung erhalten sollen, sofern sie nur jemals einen gemeinsamen Hauptwohnsitz gehabt haben, ist gesetzlich nicht gedeckt. Eine solche extensive Auslegung würde zu einer Begünstigung von Lebensgemeinschaften gegenüber Ehen und Partnerschaften führen, die als systemwidrig einzustufen ist. Durch Aufnahme der Gruppe der Lebensgefährten in den begünstigten Personenkreis des § 26a Abs 1 Z 1 GGG sollte - wie es sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt - lediglich der Begriff des "Familienverbandes" erweitert werden, eine Bevorzugung von Lebensgefährten gegenüber Ehegatten oder eingetragene Partner war nicht bezweckt. Für die Auslegung einer gesetzlichen Norm kommt es auf Wortlaut, Systematik und Zweck der getroffenen Regelung an (). Es kann nicht ohne entsprechenden Anhaltspunkt im Gesetz selbst oder in den Materialien davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber völlig systemwidrige Ergebnisse schaffen möchte ().

Da im gegenständlichen Fall ein Erwerb unter Lebenden innerhalb des zum Familienverband iSd § 26a Abs 1 Z 1 GGG gehörenden Personenkreises nicht vorliegt, ist die Grunderwerbsteuer gem § 4 Abs 1 GrEStG 1987 vom Wert der Gegenleistung (mindestens vom Grundstückswert) zu berechnen. Die Gegenleistung in der Höhe von € 95.765,11 (Kaufpreis lt Kaufvertrag) übersteigt den unstrittigen Grundstückswert in der Höhe von € 56.402,11. Die Grunderwerbsteuer war dementsprechend gem § 7 Abs 1 Z 3 GrEStG 1987 in der Höhe von 3,5% der Gegenleistung (Kaufpreis) zu berechnen. Die Grunderwerbsteuer beträgt sohin € 3.351,78. Die Beschwerde war spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu der Rechtsfrage unter welchen Voraussetzungen nach der Auflösung einer Lebensgemeinschaft die Übertragung einer Liegenschaft einen nach § 7 Abs 1 Z 1 lit c GrEStG 1987 steuerlich begünstigten Erwerbsvorgang darstellt, liegt - soweit überblickbar - keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor. Es war dementsprechend die ordentliche Revision zuzulassen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100412.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at