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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2024, RV/5100587/2023

Aussetzung der Einhebung nur im Ausmaß der aus dem angefochtenen Bescheid resultierenden Nachforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Susanne Feichtenschlager in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch den Geschäftsführer ***GF*** und durch die ***Stb***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , mit dem die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich Umsatzsteuer 10/2021 iHv 1.558,20 € und Umsatzsteuer 01/2022 iHv 9.762,00 € abgewiesen wurde, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Geschäftsverteilung des Bundesfinanzgerichtes die Zuständigkeit für die materiellrechtliche Beschwerde betreffend Umsatzsteuer in einer anderen Zuteilungsgruppe ist als die gegenständliche Beschwerde betreffend Aussetzung der Einhebung. Die Gerichtsabteilung der erkennenden Richterin ist daher nur für die Beschwerde betreffend Aussetzung der Einhebung zuständig.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer 10/2021, 11/2021, 12/2021, 01/2022, 02/2022, 03/2022, 04/2022 und 05/2022 das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und der Antrag gemäß § 212a BAO gestellt, dass die in der Beschwerde bekämpften Beträge ausgesetzt werden.

Mit Bescheid vom (Mängelbehebung) wurde der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt, dass der Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO vom mangelhaft sei. Es fehle die Darstellung der Ermittlung der für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommenden Abgabenbeträge (§ 212a Abs. 3 BAO). Die angeführten Mängel seien bis beim Finanzamt Österreich zu beheben. Bei Versäumung dieser Frist gelte das Anbringen als zurückgenommen.

Mit Schriftsatz vom wurden die nach Ansicht der beschwerdeführenden Partei auszusetzenden Beträge wir folgt dargelegt:


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U 10/2021
6.528,00 €
U 11/2021
22.016,00 €
U 12/2021
37.536,00 €
U 01/2022
9.792,00 €
(vgl. Seite 6 der Niederschrift vom )

Mit Bescheid vom wurde die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich folgender Beträge bewilligt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabe
Fälligkeit
Betrag in Euro
Umsatzsteuer 12/2021
37.536,00
Umsatzsteuer 11/2021
22.016,00
Umsatzsteuer 10/2021
4.969,80

Ebenfalls mit Bescheid vom wurde die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO hinsichtlich folgender Abgaben abgewiesen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
Betrag in Euro
Umsatzsteuer
20/2021
1.558,20
Umsatzsteuer
01/2022
9.762,00
Summe
11.320,20

Begründend wurde ausgeführt, dass eine Aussetzung der Einhebung nur für Nachforderungen in Betracht komme. Nachforderungen seien vor allem aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtungen.
Bei der Umsatzsteuer 10/2021 habe sich aus dem angefochtenen Festsetzungsbescheid vom lediglich eine Abgabennachforderung iHv 4.969,80 € ergeben. Die Einhebung dieses Betrages sei mit gesondertem Bescheid ausgesetzt worden. Hinsichtlich des Mehrbetrages von 1.558,20 € wäre der Antrag abzuweisen.
Der angefochtene Festsetzungsbescheid betreffend Umsatzsteuer 01/2022 vom habe eine Abgabengutschrift iHv 2.967,04 € ergeben. Mangels einer Nachforderung wäre der Antrag daher abzuweisen gewesen.

Mit Schriftsatz vom wurde gegen den Bescheid über die Abweisung der Aussetzung der Einhebung vom das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht und der Antrag gestellt, die gegenständliche Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorent-scheidung sofort dem Bundesfinanzgericht vorzulegen, wobei die Beschwerdeführerin auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichten würde, sowie eine mündliche Verhandlung anzusetzen.
Begründend wurde ausgeführt, dass es unstrittig sei, dass sich aus dem Festsetzungsbescheid der Umsatzsteuer 10/2021 eine Abgabennachforderung iHv 4.969,80 € ergeben würde. Die Einhebung dieses Betrages sei auch mit gesondertem Bescheid ausgesetzt worden. Tatsächlich sei aber bisher ein Guthaben am Steuerkonto der Beschwerdeführerin gegeben gewesen, welches ihr ebenfalls im Zusammenhang mit dem Beschwerdebegehren nunmehr nicht mehr zur Verfügung stünde und deshalb die Beschwerdeführerin die Ansicht vertreten würde, dass unter Nachforderung nicht nur der tatsächliche Nachzahlungsbetrag vom Gesetzesinhalt gemeint sei, sondern der gesamte Betrag, der Gegenstand der Beschwerde sei.
Die Begründung sei aus der nunmehr einen integrierten Bestandteil dieser Beschwerde bildenden Beschwerde gegen den Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid der Umsatzsteuer 10/2021 zu entnehmen, woraus ersichtlich sei, dass Vorsteuerbeträge eines Vorlieferanten nicht anerkannt worden seien. Diese stünden aber als Gegenstand des Beschwerdebegehrens dieser Beschwerde gegen den Festsetzungsbescheid an Umsatzsteuer für 10/2021 in gesamter Höhe der Beschwerdeführerin zu.
Die logische Konsequenz der von Seiten der belangten Behörde vertretenen Rechtsansicht wäre, dass im Falle des Vorhandenseins eines des Beschwerdebegehren übersteigenden Betrages das Rechtsinstrument der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO niemals zur Anwendung gelangen könnte. Dies sei aber denkunmöglich und stelle eine rechtswidrige Gesetzesauslegung dar.
Auf die Begründung im Festsetzungsbescheid sei bereits verwiesen worden, worin der gesamte auszusetzende Betrag hinsichtlich des gesamten strittigen Vorsteuerbetrages anzusehen sei.
Es werde um die sofortige Vorlage an das Bundesfinanzgericht mit Dringlichkeitsvermerk ersucht.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerdesache dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung von der beschwerdeführenden Partei zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am erfolgte die bescheidmäßige Festsetzung der Umsatzsteuer 10/2021 iHv 11.300,87 € (Abgabenbetrag laut BP). Im Vergleich zur eingereichten Umsatzsteuervor-anmeldung, die eine Gutschrift von 6.331,07 € ausgewiesen hatte, ergab sich eine Nachforderung iHv 4.969,80 €.

Am erfolgte die bescheidmäßige Festsetzung der Umsatzsteuer 01/2022 mit einer Gutschrift von 469,24 € (Abgabenbetrag lt. BP). Im Vergleich zur eingereichten Umsatzsteuer-voranmeldung, die eine Gutschrift von 2.467,80 € ausgewiesen hatte, ergab sich nunmehr eine Gutschrift von insgesamt 2.967,04 €

Soweit für dieses Verfahren relevant beantragte die beschwerdeführende Partei die Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO betreffend Umsatzsteuer 10/2021 iHv 6.528,00 € und betreffend Umsatzsteuer 01/2022 iHv 9.792,00 €.

Das Finanzamt verfügte hinsichtlich der Umsatzsteuer 10/2021 die Aussetzung der Einhebung im Ausmaß von 4.969,80,00. Hinsichtlich der Umsatzsteuer 10/2021 im Ausmaß von 1.558,20 € und hinsichtlich der Umsatzsteuer 01/2022 iHv von 9.792,00 € wurde der Antrag auf Aussetzung der Einhebung abgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich unbestritten aus dem Parteienvorbringen und aus den Buchungen am Abgabenkonto der beschwerdeführenden Partei.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Grundsätzlich ist über eine Bescheidbeschwerde nach Durchführung etwa noch erforderlicher Ermittlungen von der Abgabenbehörde mit Beschwerdevorentscheidung abzusprechen (vgl. § 262 Abs. 1 BAO).

Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Beschwerde beantragt wird und die Abgabenbehörde die Bescheidbe-schwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Die beschwerdeführende Partei hat in der Beschwerde vom , eingebracht am , den Antrag gestellt, die Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerde-vorentscheidung sofort dem Bundesfinanzgericht vorzulegen. Gleichzeitig hat sie auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet.
Mit Vorlagebericht vom , also innerhalb von drei Monaten ab Einlangen der Beschwerde beim Finanzamt, wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Das Finanzamt war daher gemäß § 262 Abs. 2 BAO nicht verpflichtet eine Beschwerde-vorentscheidung zu erlassen, sodass die Vorlage ohne Erlassung einer Beschwerdevorent-scheidung gesetzeskonform ist.

§ 212a Abs. 1 BAO lautet: "Die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, ist auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird."

Wesentliche Voraussetzung für die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO ist eine noch unerledigte Beschwerde gegen einen Abgabenbescheid, der von einem Anbringen abweicht oder dem kein Anbringen zugrunde liegt, der zu einer Nachforderung geführt hat.

Im Rechtssatz zur Entscheidung vom , Ra 2018/15/0003, hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen: "Nach § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einem Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zu Grunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld."
Den gleichen Wortlaut hat auch der Rechtssatz zur Entscheidung vom , Ra 2016/13/0034.

Eine Aussetzung der Einhebung kommt nur für Nachforderungen in Betracht. Nachforderungen sind vor allem aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtungen (vgl. Ritz/Koran, BAO7 (2021) § 212a, Rz 13)

In Abgabenverfahren I 3 Fischerlehner/Brennsteiner § 212a BAO (Fischerlehner) wird Folgendes ausgeführt: "Die Einhebung einer Abgabe kann nur dann ausgesetzt werden, wenn Einhebungsschritte in Betracht kommen ().
Die Aussetzung kommt höchstens insoweit in Betracht, als der Bescheid eine Nachforderung zur Folge hat (; ).
Unter "Nachforderung" iSd § 212a Abs 1 ist jede aus einer Abgabenfestsetzung resultierende Zahlungsverpflichtung zu verstehen (). § 212a Abs 1 gilt auch für Beschwerden gegen den Widerruf einer Abgabennachsicht () oder Löschung."

Aus dem zitierten Gesetzestext des § 212a Abs. 1 BAO, der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und den Literaturmeinungen ergibt sich übereinstimmend, dass die Aussetzung der Einhebung einer Abgabe von der Abgabenbehörde nur insoweit verfügt werden darf, als eine Nachforderung auf den angefochtenen Bescheid zurückzuführen ist. Die Bestimmung nimmt nicht Rücksicht darauf, ob zuvor ein Guthaben am Abgabenkonto bestand oder nicht, sondern stellt ausschließlich auf das Vorliegen einer Nachforderung aus dem jeweiligen Bescheid ab. Auch der materiellrechtliche Grund für das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Nachforderung (hier: Nichtanerkennung von Vorsteuerbeträgen) spielt in einem Aussetzungsverfahren iSd § 212a BAO keine Rolle.
Die gegenständliche Umsatzsteuerfestsetzung 10/2021 ergab eine Nachforderung iHv 4.969,80 €. Dieser Betrag wurde mit Bescheid vom ausgesetzt. Das darüber hinaus gehende Begehren iHv 1.558,20 € wurde richtigerweise abgewiesen.
Die Umsatzsteuerfestsetzung 01/2022 ergab gar keine Nachforderung, sodass der Antrag, den Betrag iHv 9.762,00 € auszusetzten, ebenfalls korrekt abgewiesen wurde.

3.2. Zu Spruchpunkt II.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Es ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 212a BAO, dass eine Aussetzung der Einhebung von Abgaben über eine Nachforderung hinaus unzulässig ist. Darüber hinaus existiert diesbezüglich eine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurde.
Eine ordentliche Revision ist daher nicht zuzulassen.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100587.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at