Schätzung der durch Freispiele erzielten Gewinne mittels Gewinnquote
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, vertreten durch PROCONSULT Gmunden Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Obersperr 11, 4644 Scharnstein, über die Beschwerde vom gegen die Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO des Finanzamtes Österreich vom betreffend Glücksspielabgabe (samt Finanzierungsbeitrag und Landeszuschlag für ***BL1*** und ***BL2***), Steuernummer ***BF-StNr***, zu Recht erkannt:
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RV/510307/2023 | RV/5100301/2023 | RV/5100306/2023 | RV/5100308/2023 |
3/2018 - 12/2018 | 1/2019 - 12/2019 | 1/2020 - 3/2020 | 5/2020 - 11/2020 |
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang und Parteienvorbringen
Die Fa. ***BF***, nunmehrige Beschwerdeführerin, =Bf., betreibt auf Basis landesbehördlicher Bewilligungen gemäß § 5 Glücksspielgesetz (GSpG) Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten in den Bundesländern ***BL1*** (***BL1***) und ***BL2***. Im Zuge des Betriebes werden an Spieler in ***BL1*** sogenannte "Boni" unentgeltlich ausgefolgt, welche die Bf. bei der Selbstberechnung der Glücksspielabgaben (GSpA) von den Einsätzen abgezogen hat.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat im Jahr 2020 zu einem Sachverhalt nach dem GSpG unter anderem ausgeführt, dass die Beurteilung, ob und in welcher Weise Boni bei Bemessung der GSpA zu berücksichtigen sind, vom jeweils zu beurteilenden Sachverhalt abhängt.
Daraufhin hat das Finanzamt (FA) zur Abzugsfähigkeit der Boni Ermittlungen bei der Bf. wie folgt durchgeführt:
Nachschau gemäß § 146 BAO - Auftragsbuchnummer ***ABNr***
Zur Überprüfung des Sachverhaltes in Bezug auf Höhe und Art der Boni hat das FA mit zwei Ergänzungsersuchen vom und vom die Bf. unter Berufung auf das Erkenntnis, , aufgefordert, Unterlagen bezüglich der GSpA für Landesausspielungen für ***BL2*** und ***BL1*** für Zeiträume zwischen 1/2018 und 12/2020 vorzulegen und außerdem konkrete Fragen zu beantworten.
Die Bf. ist diesen Ersuchen mit Schreiben vom und vom unter Vorlage der Spielbedingungen nachgekommen und hat die Fragen zu allfälligen Boni zusammengefasst wie folgt beantwortet:
"Es gibt nur eine Art von Bonus, den Willkommens-Bonus. Dieser Bonus wird einmalig bei einer Neuregistrierung ausgegeben. Die Ausgabe der Boni in Höhe von 20 € erfolgt ausnahmslos im Bundesland ***BL1***. Bei diesem Bonus wird vom Spieler kein Entgelt bezahlt.
Systemseitig wird dafür ein sogenanntes Promotionticket gedruckt, welches samt Ticketnummer in der Systemdatenbank gespeichert ist. Das Bonus-Ticket kann ausschließlich an dem Standort eingelöst werden, an dem es ausgestellt wurde. Eine Barablöse ist nicht möglich. Die Weitergabe des Tickets ist untersagt.
Im Zuge der Neuregistrierung wird dem Kunden das Bonus-Ticket ausgehändigt. Der Mitarbeiter hat unter Verweis auf die Spiel- und Teilnahmebedingungen jeden Gast darauf hinzuweisen, dass das Promotionticket nur mit seiner personifizierten ***BF***-Card gespielt werden darf. Der Mitarbeiter begleitet den Kunden in den Automatensalon, führt die Einweisung am Automaten durch und überprüft, ob der Bonus gespielt wird. Eine missbräuchliche Verwendung führt zu Maßnahmen bis hin zum weiteren Ausschluss von einer Spielteilnahme.
Die erste Ausgabe des Willkommens-Bonus erfolgte am .
Der Bonus setzt nicht voraus, dass auch Echtgeld gespielt wird. Es besteht allerdings die Möglichkeit in einem Spiel gleichzeitig teilweise Bonusguthaben und Echtgeld einzusetzen. Gewinne durch den Einsatz von Boni können ausbezahlt werden, allerdings keine Restguthaben. Erfahrungsgemäß werden alle gewährten Boni eingesetzt.
Einzelaufzeichnungen über Spiele mit Boni können nicht vorgelegt werden, weil die Geräte aufgrund ihrer Programmierung nicht erkennen, ob ein Einsatz aus einem Bonusticket oder einem Echtgeldticket stammt. Systemseitig werden zwar immer zuerst die Bonustickets abgebucht, die Gewinne sind aber nicht einem bestimmten Einsatz zurechenbar."
Bei einer anschließenden Besprechung zwischen den Nachschauorganen und der Bf. hat das FA zur Behandlung der Boni aufgrund der obigen Darstellungen der Bf. die folgende Auffassung vertreten (Niederschrift vom zu ***ABNr***):
"Die Bf. ist aufgrund von Bewilligungen im Sinne des § 5 GSpG berechtigt, diversen Kunden in ihren Geschäftsräumlichkeiten Glücksspiele an Automaten anzubieten. Zum Zwecke der Werbung von Kunden wurden Boni gewährt, deren Art und Umfang den Teilnahmebedingungen entnommen werden kann. Für die Boni war kein Entgelt zu leisten und sie sind weder in Geld ablösbar noch übertragbar. Im Zuge der Ermittlung der Bruttoeinspieleinnahmen (BSE) wurden die eingesetzten Boni nicht als Einsätze angesetzt. Für die Berechnung der GSpA werden die darauf entfallenden Gewinne lt. Auszahlungsquote wieder hinzugerechnet."
In einem weiteren Ergänzungsersuchen vom hat das FA seine anlässlich obiger Besprechung vertretene Ansicht zu den Boni dahingehend modifiziert, dass bei Berechnung der BSE und der GSpA betreffend die Hinzurechnung der mit Freispielen erzielten Gewinne die Gewinnquote anzuwenden sei (nicht die Auszahlungsquote).
Zwecks Berechnung der Gewinnquote sollte die Bf. für die Zeiträume 5/2018 für ***BL2*** und 5/2018 bis 12/2020 für ***BL1*** Aufstellungen über Einsätze und Gewinne nachreichen. Nachdem die Bf. am zunächst Aufstellungen über Einzahlungen und Auszahlungen (Total IN, Total OUT) vorgelegt hat, hat das FA mit Mail vom die Bf. nochmals ersucht, anstelle dieser Zahlen eine Aufstellung über die Spieleinsätze und Gewinne vorzulegen.
Am hat die Bf. letztendlich die gewünschten Daten übermittelt (Gesamte BETS und WINS für die Standorte ***BL2*** und ***BL1***).
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Bets | Wins | ||
- | ***BL2*** | 13,731.650,55 | 13,105.860,28 |
***BL1*** | 79,944.769,80 | 75,851.341,63 | |
- | 181,497.718,30 | 172,108.378,93 | |
- | 169,962.902,70 | 160,838.968,43 |
Anlässlich der genauen Überprüfung aller Daten hat sich weiters herausgestellt, dass einmalig im März 2018 auch in ***BL2*** Boni ausgegeben wurden, im Februar 2020 Landeszuschläge ***BL2*** und ***BL1*** bei der Selbstberechnung vertauscht wurden und im März 2020 geringfügige Abweichungen bei den Einspielergebnissen bestanden haben. Teilweise wurden auch Geräte in der Buchhaltung vertauscht. Die Abrechnungszeiten hat das FA trotz geringfügiger Differenzen als richtig anerkannt.
Diese Abweichungen und Fehlberechnungen haben FA und Bf. einvernehmlich bereinigt.
Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO vom
Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens hat das FA sodann für die Monate März 2018 bis November 2020 (ausgenommen April 2020) die folgenden Abgaben festgesetzt:
GSpA: Gemäß § 57 Abs. 4 GSpG 10 % von den um die gesetzliche USt verminderten Jahresbruttospieleinnahmen (JBSE)
Finanzierungsbeitrag: Gemäß § 1 Abs. 4 GSpG 1 %o von den um die gesetzliche USt verminderten JBSE
Landeszuschlag ***BL1***: Gemäß § 14 ***BL1*** Spielautomatengesetz 150% von der anteiligen GSpA gemäß § 57 Abs. 4 GSpG
Dabei hat das FA die JBSE derart neu berechnet, dass die Freispiele insgesamt, sowohl auf Seiten der Einsätze als auch gewinnseitig, unberücksichtigt geblieben sind. In seiner umfangreichen Bescheidbegründung führt das FA zu den Freispielboni im Wesentlichen aus:
"Diese gewährten Boni können nicht unabhängig von einer (weiteren) Spielteilnahme verwertet werden (eingelöst oder weitergegeben) und handelt es sich daher nicht um vermögenswerte Leistungen und folglich auch nicht um Einsätze iSd. § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG. Die Teilnahme an Glücksspielen erfolgt unter ausschließlicher Leistung dieser Boni und handelt es sich daher nicht um Rabatte, sondern um eine Art Freispiele. Im Sinne der Rechtsprechung liegt mangels Einsatzleistung keine Ausspielung gem. § 2 GSpG vor. Diese Glücksspiele haben bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gem. § 57 Abs. 4 GSpG unberücksichtigt zu bleiben. Die Einsätze dieser Boni sind somit einerseits den JBSE nicht als Einsätze iSd. § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG hinzuzurechnen. Andererseits ist der darauf entfallende Gewinn nicht abzugsfähig. …
Betreffend Boni (Freispiele) hat die Pflichtige keine Aufzeichnungen über die bei diesen Spielen erzielten Gewinne geführt. Zur Ermittlung des nicht abzugsfähigen Teils (welcher der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden muss) muss auf eine Schätzung gem. § 184 BAO zurückgegriffen werden. Die Schätzung wurde wie folgt durchgeführt:
Im Abgabezeitraum wurden durch die Pflichtige nur Boni in Form von Freispielen ausgegeben, die Höhe der Boni wurde am an das FA übermittelt. Da es für die Freispielboni keine Einzelaufzeichnungen über mögliche Gewinne gibt, wurden die Gewinne mittels der durchschnittlichen Gewinnquote für das Land ***BL1*** für den jeweiligen Monat geschätzt. … Die Gewinnquote wurde als Schätzungsmethode gewählt, da der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Rz 99, wie folgt ausführt:
"Im Falle eines Freispiels ist hinsichtlich dieses Teilnehmers von einem Einsatz von Null auszugehen. Sollten an einem Glücksspiel Spieler ausschließlich unter Inanspruchnahme ihrer Freispiele teilnehmen, so ist mangels Einsätzen das Vorliegen einer Ausspielung zu verneinen, und zwar unabhängig davon, ob der Spieler dabei gewinnt oder verliert. Dieses Glücksspiel findet bei der Ermittlung der JBSE keinen Eingang."
Somit ist jedes einzelne Glücksspiel auf das Vorhandensein einer Ausspielung für sich zu bewerten, daher kommt aus Sicht des FA als Schätzungsgrundlage nur das Verhältnis zwischen Einsatz und Gewinn (Gewinnquote) in Frage, um eine möglichst realistische Schätzung der Gewinne auszuweisen."
Beschwerde vom
Die Bf. wendet in ihrem Rechtsmittel gegen die Bescheide, mit denen das FA die GSpA am festgesetzt hat, im Wesentlichen ein:
1. Die Ansicht des FA, dass bei Gratistickets kein Glückspiel vorliege und daher diese Spiele weder einnahmenseitig noch mit der Seite der Auszahlungen in die Berechnung der GSpA einfließen dürften, entspreche nicht den gesetzlichen Bestimmungen, wo vielmehr eine summarische Darstellung vorgesehen sei.
2. Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage habe das FA sodann seiner Schätzung der durch Boni (Freispiele) erzielten Gewinne fälschlich die Gewinnquote von 95 % (95 % aller Spiele führen zu einem Gewinn) zugrunde gelegt, während richtig die Auszahlungsquote von 85 % heranzuziehen gewesen wäre. Da nämlich erspielte Gewinne von den Spielern in einem erheblichen Ausmaß wieder bei neuen Spielen eingesetzt würden, führe wirtschaftlich betrachtet ein Gratisticket von € 10 nur zu einer Reduktion des Kasseninhaltes um € 8,50.
Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom
Das FA hat die Beschwerde vom als unbegründet abgewiesen und nochmals umfassend dargestellt, wie es zu dieser Entscheidung gekommen ist. Die wesentlichen Teile der ausführlichen Begründung des FA lauten zusammengefasst wie folgt:
"Steuergegenstand des § 57 Abs. 4 GSpG ist die Ausspielung (§ 2 GSpG). Voraussetzung für die Erfüllung des Steuertatbestandes gem. § 57 Abs. 4 GSpG ist daher insbesondere das Vorliegen einer Ausspielung. Bei der Beurteilung, ob der Abgabentatbestand erfüllt ist, kommt es auf die einzelne Ausspielung an. Was die einzelne Ausspielung im konkreten Einzelfall ist, hängt vom jeweiligen Glücksspiel, d.h. dessen Art und Ausgestaltung, ab. Vom Steuergegenstand ist die Bemessungsgrundlage der Abgabe zu unterscheiden. Bemessungsgrundlage der GSpA nach § 57 Abs. 4 GSpG sind die JBSE gem. § 57 Abs. 5 GSpG, dh. die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne - der Ausspielung.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis , ausgesprochen, dass im konkreten Einzelfall zu untersuchen ist, ob eine konkrete Begünstigung einen von einer allfälligen weiteren Spielteilnahme unabhängigen Vermögenswert darstellt - dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Bargeldablöse oder eine Weitergabe des konkreten Bonus möglich ist. Nur wenn ein Bonus eine vermögenswerte Leistung darstellt, kann dieser überhaupt einen Einsatz gem. § 2 Abs. 2 Z 2 GSpG darstellen. Die durch die Bf. gewährten Boni können nicht unabhängig von einer Spielteilnahme verwertet werden und handelt es sich daher nicht um vermögenswerte Leistungen und folglich auch nicht um Einsätze iSd. § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG.
Seitens des FA wird nicht, wie in der Beschwerde angeführt, in Zweifel gezogen, dass es sich bei jenen Spielen, bei denen ausschließlich Boni eingesetzt werden, um Glücksspiele (§ 1 GSpG) handelt. Es geht vielmehr um die Frage, ob in konkreten Fällen Ausspielungen (§ 2 GSpG) vorliegen oder nicht. … Im Sinne der Rechtsprechung sind somit die Einsätze der Boni einerseits den JBSE nicht als Einsätze iSd § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG hinzuzurechnen und andererseits ist der darauf entfallende Gewinn nicht abzugsfähig. …
Betreffend Boni (Freispiele) hat die Bf. keine Aufzeichnungen über die bei diesen Spielen erzielten Gewinne geführt, dh es ist nicht bekannt, wann und welche Gewinne bei diesen Spielen erzielt und im Rahmen der Selbstberechnung bei der Bemessungsgrundlage berücksichtigt (abgezogen) wurden. Zur Ermittlung der auf diese Spiele entfallenden Gewinne musste somit auf eine Schätzung gem. § 184 BAO zurückgegriffen werden. Für die Schätzung wurde die Berechnung anhand der Gewinnquote gewählt. Die Bf. hat sämtliche Gewinne (also auch jene, welche mit Boni erzielt wurden) bei der Bemessungsgrundlage berücksichtigt (abgezogen). … Ziel der Schätzung ist es nun jenen Anteil der Gewinne, welcher auf die Nichtausspielungen entfällt, zu schätzen. Mit anderen Worten soll mittels Schätzung die Höhe der Gewinne ermittelt werden, welche unter ausschließlichem Einsatz von Boni erzielt wurden. Um zu diesem Ziel zu kommen, kommt nur die Schätzung anhand der Gewinnquote in Frage. Die Gewinnquote stellt das Verhältnis Einsatz Gewinn dar. Ein eventuelles erneutes Einsetzen der (mittels Gutschein erzielten) Gewinne ist in Zusammenhang mit der Schätzung nicht relevant. Die Gewinne aus Freispielen/Nichtausspielungen sind jederzeit auszahlbar und stellen daher vermögenswerte Leistungen dar. Wenn der Spieler dieses Guthaben einsetzt, ist es als Einsatz (vermögenswerte Leistung) in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen und sollte er damit einen Gewinn erzielen, ist dieser von der Bemessungsgrundlage abzuziehen."
Vorlageantrag vom
Ihrem Vorlageantrag stellt die Bf. zunächst voran, dass die durch das FA angesetzten Zahlen aus den Bonispielen unstrittig seien und keine unterschiedliche Auffassung hinsichtlich der zugrundeliegenden Sachverhalte bestünde. Strittig sei lediglich die steuerliche Behandlung der Bonispiele.
a) Gewinnquote versus Auszahlungsquote
Seitens des FA sei für die Erhöhung der Bemessungsgrundlage die Gewinnquote herangezogen worden. Dabei werde allerdings übersehen, dass die Bemessungsgrundlage "JBSE" durch die Differenz aus Geldeinsätzen und verbleibendem Kasseninhalt gebildet werde. Diese Auszahlungsquote (85 %) sei deshalb geringer als die Gewinnquote (95 %), da von Spielern erzielte Gewinne wieder für neue Spiele verwendet würden. Abgestellt werde bei der Berechnung der Abgaben auf die betragsmäßige Differenz zwischen den vom Spieler geleisteten Geldeinsätzen und den an die Spieler wieder in bar ausgezahlten Gewinnen. Bemessungsgrundlage sei somit der dem Spieleanbieter verbleibende Geldbetrag.
Methodisch sei daher seitens des FA die Auszahlungsquote für die Berechnungen zu verwenden, weil zwar die gewährten Boni nicht in Geld eingelöst werden könnten, sehr wohl aber die aus diesen Boni erzielten Spielgewinne. Diese würden somit einen echten Einsatz iSd Argumentation des FA und damit auch eine vermögenswerte Leistung durch den Spieler darstellen. Das Abstellen auf die höhere Gewinnquote führe im Ergebnis zu einer Besteuerung gar nicht vorhandener Erträge.
b) Ermittlung der JBSE, Behandlung der eingesetzten Boni
Seitens der Bf. sei die Bemessungsgrundlage immer durch Gegenüberstellung der von den Spielern geleisteten Geldbeträge für die Spielmöglichkeit und den getätigten Auszahlungen an Spieler gebildet worden. Das FA habe dagegen die geleisteten Auszahlungen um die rechnerisch aus den eingesetzten Boni entstehenden Gewinne entlastet und so die Bemessungsgrundlage JBSE erhöht. Als Begründung werde angeführt, dass bei einem Spiel mit zur Verfügung gestellten Boni kein Glückspiel vorliege.
"Diese Rechtsauffassung deckt sich unserer Ansicht nach nicht mit wesentlichen Inhalten des GSpG. So führen Bergmann/Pinetz; GebG, 2. Auflage 2020 in Rz 340 zu § 57 aus, dass § 57 Abs. 5 GSpG die Bemessungsgrundlage für die Abgaben als eine "saldierte Größe zwischen sämtlichen Einsätzen abzüglich der gesamten ausbezahlten Gewinne" definiert. In Rz 343 wird zusätzlich festgehalten, dass "die Berechnung der JBSE und damit die gebotene saldierte Betrachtung nicht für jeden einzelnen Spielvertrag gesondert zu erfolgen hat". "Folglich sind die gesamten in einem bestimmten Kalenderjahr geleisteten Einsätze den gesamten in diesem Kalenderjahr ausgezahlten Gewinnen gegenüberzustellen." - ebenfalls Rz 343 in Bergmann/Pinetz. Aus der gesamten Konstruktion der Abgaben im GSpG ist jedenfalls für den § 28, aber insbesondere auch für den § 57 festzuhalten, dass sich die Besteuerung dieses Bereiches nicht am einzelnen Spiel, sondern vielmehr an der durch die JBSE ausgedrückten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Spieleanbieters orientiert. …"
Von Bedeutung sei auch die historische Entwicklung. Mit dem GSpG 1989 sei ein Paradigmenwechsel erfolgt. Die Besteuerungsgrundlagen seien vom Einzelspiel auf die summarische Besteuerung der Rohgewinne des Spieleanbieters umgestellt worden. Nicht mehr das Einzelspiel sollte Besteuerungsgrundlage sein, sondern vielmehr der Überschuss des Spieleanbieters aus der Differenz Spieleinsatz und Gewinnauszahlung an die Spieler. Nach der Rechtsmeinung der Bf. bestehe daher keine Basis dafür, jetzt doch wieder plötzlich einzelne Spiele aus der Basisbildung herauszunehmen.
"Es ist zutreffend, dass die von der Bf. gewährten Boni nicht direkt in Geld abgelöst werden konnten. Im Rahmen der Schätzung durch das FA wird aber immanent unterstellt, dass alle Boni sozusagen durchgehend ausgespielt wurden und bei diesen Spielen permanent durch den Spieler ein geringer Verlust erzielt wurde. Die Berechnungsmethode unterstellt, dass der Spieler solange gespielt hat, bis nur mehr 95 % des Bonieinsatzes (bzw. 85 % entsprechend unserer Berechnungsmethode) vorhanden waren. Der Spieler hat dann das Geld genommen und den Betrieb verlassen.
Diese Rechenmethode geht völlig an der Lebenserfahrung vorbei. Spieler werden mit ihren Bonieinsätzen sowohl gewonnen als auch verloren haben. Die 95 % (bzw. 85 %) Gewinn- bzw. Auszahlungsquote sind nur ein Durchschnittswert. Es wird dabei völlig übersehen, dass ein Spieler, der mit seinem Bonieinsatz einen Gewinn erzielt hat, durchaus einen Vermögenswert für weitere Spiele einsetzt. Er hätte ja genauso gut seinen Gewinn in bar ablösen und damit nach Hause gehen können. Hierzu darf auf die ständige Rechtsprechung des OGH verwiesen werden. Dieser führt aus, dass ein Glückspiel auch dann vorliegt, wenn der Gewinn zwar nicht in bar ausgezahlt wird, aber als weiterer Wetteinsatz verwendet wird. Eine weitere Tatsache ist, dass wohl kaum ein Spieler nur unter Verwendung der Boni-Einsätze gespielt hat. Die weitaus überwiegende Anzahl der mit Boni ausgestatteten Spieler hat nach allen Erfahrungen aus dem täglichen Geschäft auch eigenes Vermögen durch den zusätzlichen Einsatz von Echtgeld für die Spiele verwendet. Eine genaue Aufgliederung dazu ist mangels entsprechender Datenerfassungen leider nicht möglich. Seitens des Unternehmens wird dieser Anteil aber auf zumindest 80 % geschätzt."
Am hat das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht (BFG) zur Entscheidung vorgelegt.
Ergänzende Fragen des BFG zum Verständnis des Rechenwerkes hat die Bf. mit Schreiben vom wie folgt beantwortet:
1. Wie wurden die monatlich bei der Selbstberechnung von den Einsätzen abgezogenen Boni ermittelt?
Im System wurden die von den Spielern eingesetzten Gratistickets mit den Beträgen als Einsätze erfasst und entsprechend bei der Differenz Spieleinsätze (TOT IN lt. BH) zu Gewinnauszahlungen (TOT lt. BH) abgezogen. Ohne diese Maßnahme wäre einerseits der Bruttospielertrag zu hoch gewesen, andererseits hätten die Bargeldeingänge nicht gestimmt.
2. Wie wurden die ausgezahlten Gewinne ermittelt?
Die Ermittlung der ausgezahlten Gewinne erfolgt wieder durch das System selbst. Das System erfasst alle Einsätze und alle Gewinne und jeder Automat hat eine Online-Anbindung an das Bundesrechenzentrum.
3. Wie erfolgte der Abrechnungs- bzw. Aufzeichnungsvorgang bei jedem Gerät, was genau wurde im Gerät aufgezeichnet und in der Systemdatenbank erfasst?
Jedes Gerät erfasst jeden einzelnen Spielvorgang. Jeder Einsatz wird als Einzahlung festgehalten, jeder Gewinn wird als Auszahlung festgehalten. Die summarische Gegenüberstellung dieser Werte ergibt unter Berücksichtigung der als Einzahlung gewerteten Promotion-Tickets den Bruttospielertrag bzw. Kasseninhalt.
4. Wie kommen die am bekanntgegebenen Beträge "Total IN, Total OUT" für ***BL1*** zustande, wie sind darin die Freispiele erfasst?
Im Betrag Total IN sind auch die eingelösten Promotion-Tickets enthalten. Wenn sie den Betrag Total IN um die in der Tabelle aufgeführten eingelösten Promotion-Tickets kürzen, kommen sie auf den Betrag der Spalte Total In abz. Promo. Dieser Betrag stellt die "Eigenleistungen" der Spieler dar.
5. Sind in den am bekanntgegebenen Bets und Wins für die Standorte in ***BL1*** die Boni auf beiden Seiten zur Gänze erfasst?
Bezogen auf die Standorte ***BL1*** sind in den "Bets" auch die Einsätze aus den ausgegebenen Promotion-Tickets enthalten. Hinsichtlich der Rubrik "Wins" ist eine Trennung ob diese aus Promotion-Einsätzen oder regulären Einsätzen stammen nicht möglich.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Bf. bietet Ausspielungen mit Glücksspielautomaten an. Bei der Selbstberechnung der hierfür anfallenden GSpA hat die Bf. die BSE derart berechnet, dass sie die von den Spielautomaten registrierten (gesamten) Einsätze um solche aus Willkommensboni verringert hat. Dh. die Willkommensboni sind in die Bemessungsgrundlage nicht als Einsätze eingeflossen. Diesen Einsätzen hat die Bf. alle ausbezahlten Gewinne gegenübergestellt.
Die Willkommensboni werden einmalig bei der Neuregistrierung eines Spielers derart gewährt, dass der Spieler ohne weitere Bedingung - insbesondere setzt der Bonus nicht voraus, dass auch Echtgeld gespielt wird - unentgeltlich ein sogenanntes Promotionticket im Wert von 20 € erhält, welches ausschließlich am ausstellenden Standort eingelöst (gespielt) werden kann; eine Barablöse ist nicht möglich und auch die Weitergabe des Tickets ist untersagt. Gewinne durch den Einsatz solcher Boni können ausbezahlt werden, nicht allerdings verbleibende Restguthaben. Es besteht die Möglichkeit in einem Spiel gleichzeitig teilweise Bonusrestguthaben und Echtgeld einzusetzen. Nach den Erfahrungen der Bf. werden alle gewährten Boni eingesetzt und der überwiegende Teil der Spieler setzt neben den Boni auch Echtgeld.
Willkommensboni wurden primär in ***BL1*** gewährt und ausschließlich im Monat März 2018 auch am Standort ***S*** in ***BL2***.
Die Gewinnquote ***BL1*** hat das FA anhand der von der Bf. bekannt gegebenen BETS und WINS wie folgt berechnet und zugunsten der Bf. auch auf die Freispiele in ***BL2*** angewendet:
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2018 | 2019 | 2020 | |
Einsätze | 79,944.769,80 | 181,494.718,30 | 169,962.902,70 |
Gewinne | 75,851.341,63 | 172,108.378,93 | 160,838.968,43 |
=Gewinnquote ***BL1*** | 94,88 % | 94,83 % | 94,63 % |
2. Rechtsgrundlagen
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des GSpG zur Regelung des Glücksspielwesens lauten:
§ 1 Abs. 1 GSpG
Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.
§ 2 Abs. 1 GSpG
Ausspielungen sind Glücksspiele,
1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und
2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung im Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
§ 57 Abs. 4 GSpG
Für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten und für elektronische Lotterien über Video-Lotterie-Terminals beträgt die Glücksspielabgabe 10 vH der um die gesetzliche Umsatzsteuer verminderten JBSE (Bundesautomaten- und VLT-Abgabe), wenn sie
- im Falle von Glücksspielautomaten auf Basis einer landesrechtlichen Bewilligung nach § 5 oder
- im Falle von Video-Lotterie-Terminals auf Basis einer Konzession nach § 14 durchgeführt werden.
Die Regelung von Zuschlägen der Länder (Gemeinden) zur Bundesautomaten- und VLT-Abgabe bleibt den jeweiligen Finanzausgleichsgesetzen vorbehalten.
§ 57 Abs. 5 GSpG
JBSE sind die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres.
3. Beweiswürdigung
Die Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Aktenteile, insbesondere betreffend die Nachschau ***ABNr*** und die zu StNr. ***BF-StNr*** ergangenen Bescheide. Das den bekämpften Bescheiden zugrundeliegende Zahlenwerk wird von der Bf. ausdrücklich nicht bestritten (siehe Vorlageantrag).
4. Rechtliche Beurteilung
Streitpunkt im gegenständlichen Fall ist ausschließlich die Frage, wie die Willkommens-Boni bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die GSpA (=JBSE) zu berücksichtigen sind. Die Bf. hat bei ihrer Selbstberechnung der GSpA von den um die Willkommensboni gekürzten Einsätzen die ausbezahlten Gewinne in voller Höhe abgezogen. Das FA vertritt demgegenüber die Ansicht, dass mit den Freispielen erzielte Gewinne (zu denen es keine Aufzeichnungen gibt) bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage hätten unberücksichtigt bleiben müssen.
Behandlung von Freispielen
Die GSpA gemäß § 57 GSpG besteuern "Ausspielungen" und knüpfen an den Abschluss bestimmter, entgeltlicher Spielverträge an. Gemäß dem hier für Ausspielungen mit Glücksspielautomaten anzuwendenden § 57 Abs. 4 GSpG ist Bemessungsgrundlage für die GSpA die JBSE, welche sich aus den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewinne ergibt. Die JBSE sind eine Rechengröße, die sich aus dem Ertragsrest der Spiele eines Monats ergibt (vgl. ).
Zu dem Problemkreis der JBSE hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem grundlegenden Erkenntnis Ro 2018/17/0003, wie folgt Stellung genommen:
In Bezug auf "Boni" (Rabatte, Freispiele) hat der VwGH zunächst in Rz 89 dargetan, dass deren Berücksichtigung bei den JBSE schon mangels Vorliegens eines aleatorischen Elements nicht zulässig sei. Die Gewährung von Freispielen sei nicht das Ergebnis einer Ausspielung, sondern beruhe auf der Willensentscheidung des Spielunternehmers, dem Spieler eine Vergünstigung zu gewähren. Bei der Bemessung der GSpA sei aber die Berücksichtigung von Betriebsausgaben (etwa für Werbung) nicht vorgesehen und dem Gesetzgeber könne auch nicht unterstellt werden, dass ein bestimmter Werbeaufwand dennoch steuerbegünstigend sein soll. Sodann zieht der VwGH den Schluss, die Gewährung von Boni führe noch zu keiner Berücksichtigung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage. Erst bei der Inanspruchnahme der Boni trete Gewissheit über deren Verwendung ein, dh. in jenem Kalendermonat, in dem der Bonus tatsächlich eingelöst wird, sei dessen Berücksichtigung bei der Ermittlung der BSE überhaupt erst denkbar. Ob und in welcher Weise die Inanspruchnahme von Boni die BSE beeinflusse, hänge von den jeweils zu beurteilenden Sachverhalten ab. …
"Rz 97 Weiters ist zu unterscheiden, ob für den begünstigten Spieler der erhaltene Bonus einen von einer allfälligen weiteren Spielteilnahme unabhängigen Vermögenswert darstellt. Das ist dann der Fall, wenn der Spieler den Gutschein (auch) in Geld (Waren) ablösen kann. Eine vom Unternehmer zugestandene und tatsächlich erfolgte Bargeldeinlösung ist weder bei den Gewinnen noch bei den Einsätzen zu berücksichtigen und hat somit keine Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage. Ob der Spieler diesen eingelösten Betrag in der Folge verwendet, um wieder an einem Spiel desselben Unternehmens teilzunehmen, oder ob er eine allfällige weitere Spielteilnahme anders finanziert, ist für die Bemessung der GSpA des Spielunternehmers, der den Gutschein begeben hat, ohne Belang. Wenn der Spieler das erhaltene Bargeld oder den Gutschein aber als Einsatz für eine weitere Spielteilnahme verwendet, findet dies wie jeder andere Einsatz auch im Rahmen der Ermittlung der Einsätze in die Bemessungsgrundlage Eingang.
Rz 98 Dasselbe gilt auch für Gutscheine, die zwar nicht beim begebenden Glücksspielunternehmer in Bargeld abgelöst werden können, die aber an andere Spieler (allenfalls gegen Entgelt) weitergegeben werden können. Im Falle einer Einlösung durch einen Spieler in Form der Teilnahme an einer Ausspielung ist dieser Gutschein wieder bei den Einsätzen zu berücksichtigen und erhöht damit die Bemessungsgrundlage.
Rz 99 Eine andere Beurteilung kann nur dann stattfinden, wenn der Spieler für die Teilnahme an weiteren Spielen einen Rabatt oder ein Freispiel erhält und er diese Vergünstigung weder weitergeben noch in Geld ablösen lassen kann. Bei einer tatsächlichen Inanspruchnahme des Rabatts anlässlich einer späteren Spielteilnahme braucht der Spieler nur einen um diesen Rabatt verminderten Einsatz oder im Falle eines Freispiels gar keinen Einsatz zu leisten. Daher kann bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage im Rahmen der Einsätze nur der um den Rabatt verringerte tatsächlich geleistete Einsatz dieses Spielers angesetzt werden. Im Falle eines Freispiels ist hinsichtlich dieses Teilnehmers von einem Einsatz von Null auszugehen. Sollten an einem Glücksspiel Spieler ausschließlich unter Inanspruchnahme ihrer Freispiele teilnehmen, so ist mangels Einsätzen das Vorliegen einer Ausspielung zu verneinen, und zwar unabhängig davon, ob der Spieler dabei gewinnt oder verliert. Dieses Glücksspiel findet bei der Ermittlung der JBSE keinen Eingang.
Ob und in welcher Weise die Inanspruchnahme von Boni die Höhe der Einsätze einer Ausspielung beeinflusst, hängt somit von den jeweils zu beurteilenden Sachverhalten ab.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass es in keinem Fall zulässig ist, begebene Boni als Gewinne von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Im Zeitpunkt ihrer Einlösung erhöhen Boni hingegen als Einsätze die Bemessungsgrundlage, sofern sie einen Vermögenswert im obigen Sinne darstellen. Andernfalls ist der um den geltend gemachten Rabatt verminderte Einsatz in Ansatz zu bringen."
Daraus hat das BFG betreffend die Auswirkungen von Boni auf die JBSE folgende grundsätzlichen Schlüsse gezogen ( RV/7103142/2020):
Einlösbare Gutscheine (=Gutscheine mit Vermögenswert) erhöhen die Einsätze
nicht einlösbare Rabatte vermindern die Einsätze,
Freispiele sind keine Ausspielungen und bei den JBSE nicht zu berücksichtigen.
Im Sinne der Rechtsprechung ist somit für die Frage der Einbeziehung der Boni in die Bemessungsgrundlage zunächst deren jeweilige, konkrete Ausgestaltung relevant. Gegenständlich handelt es sich bei den gewährten Willkommensboni unstrittig um Boni, die weder in Geld eingelöst noch weitergegeben werden können, sodass ihnen kein unabhängiger Vermögenswert zukommt. Nach Auskunft der Bf. besteht auch keine Verpflichtung des Spielers, neben den Boni Echtgeldeinsätze zu tätigen. Die Willkommensboni sind daher als echte Freispiele (Spielteilnahme ist ohne Hingabe einer vermögenswerten Leistung durch den Spieler möglich) zu qualifizieren.
Bei einem Freispiel liegt zwar ein zufallsabhängiges Glücksspiel gemäß § 1 Abs. 1 GSpG vor, aber keine Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 GSpG, weil der Spieler unentgeltlich am Glücksspiel teilnimmt. Diese Glücksspiele unterliegen nicht der GSpA gemäß § 57 Abs. 2 GSpG.
Das Freispiel ist daher bei Ermittlung der JBSE weder als Einsatz zu berücksichtigen, noch können für Freispiele ausbezahlte Gewinne abgezogen werden.
JBSE - Schätzung
Im Gegenstandsfall hat die Bf. alle Freispiele zwar zutreffend bei den Einsätzen nicht berücksichtigt, allerdings hat sie sämtliche ausbezahlten Gewinne (auch jenen Anteil, der auf die Freispiele entfällt) von den Einsätzen abgezogen (vgl. auch ). Die Bf. hat keine Einzelaufzeichnungen betreffend die konkreten Freispiele geführt, weshalb das FA die damit erzielten und im Rahmen der Selbstberechnung bei der Bemessungsgrundlage zu Unrecht berücksichtigten (abgezogenen) Gewinne im Sinne des § 184 BAO geschätzt hat.
Schätzungsbefugnis besteht bei Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen. Das Ergebnis der Schätzung muss mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen und die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Es sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Zu schätzen waren die mit Freispielen erzielten Gewinne. Diese können im Schätzungsweg nachvollziehbar durch eine einfache Verhältnisrechnung ermittelt werden. Setzt man alle Einsätze (vor Abzug der Freispiele) ins Verhältnis zu allen ausbezahlten Gewinnen (Gewinnquote), so kann in diesem Verhältnis unbedenklich auch auf die mit allen Freispielen im Durchschnitt erzielten Gewinne geschlossen werden. Nach Auffassung des BFG ist daher die Berechnungsmethode des FA nach den Denkgesetzen als zutreffend anzusehen.
Demgegenüber vertritt die Bf. die Ansicht, für die Schätzung der hinzuzurechnenden Gewinne sei die Auszahlungsquote heranzuziehen, welche sich aus dem Verhältnis von Geldeinsätzen zu verbleibendem Kasseninhalt ergäbe.
Einer solchen Sichtweise steht jedoch gerade die oben dargestellte Rechtsauffassung des VwGH entgegen, wonach bei Ermittlung der JBSE das (unentgeltliche) Freispiel gänzlich unberücksichtigt zu bleiben hat, weil es eben keine (steuerpflichtige) Ausspielung im Sinne des GSpG darstellt. Allerdings ist nur das Freispiel ansich aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, sowohl auf Seiten der Einsätze als auch auf Seiten der Gewinne. Erst wenn der Spieler seinen Gewinn aus dem Freispiel wiederum als Einsatz verwendet, so fällt dieser weitere Einsatz in die JBSE (vgl. VwGH Ro 2018/17/0003, Rz 97).
Das Beschwerdevorbringen, systematisch und historisch sei die summarische Betrachtung geboten, trifft erst auf die Bemessung der GSpA anhand der JBSE zu, welche sich im Sinne des § 57 Abs. 5 GSpG aus den Einsätzen abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres ergeben. Soweit die Bf. in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise vorbringt, das Abstellen auf die höhere Gewinnquote führe im Ergebnis zu einer Besteuerung gar nicht vorhandener Erträge, ist ihr entgegenzuhalten, dass der VwGH ausdrücklich ausgesprochen hat, dass das GSpG eben nicht Erträge besteuert, weshalb eine Berücksichtigung von Betriebsausgaben (etwa für Werbung) nicht vorgesehen sei (vgl. nochmals VwGH Ro 2018/17/0003 Rz 89).
Dem FA kann somit zugestimmt werden, dass für die gegenständliche Frage der Höhe der auf die Freispiele entfallenden Gewinne die Gewinnquote (Verhältnis Einsätze/Gewinne) die größere Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich hat, weil sie allein auf die Freispiele Bedacht nimmt, während die Auszahlungsquote (Verhältnis Einzahlungen/Auszahlungen) Freispiele und Ausspielungen vermengt.
Die Beschwerde war daher wie im Spruch ersichtlich abzuweisen.
5. Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, grundlegende Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Glücksspiel |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 Abs. 4 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 57 Abs. 5 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 § 2 Abs. 1 GSpG, Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100301.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at