Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.01.2024, RV/2100006/2023

Rückforderung der FB: Kind ist bei Mutter nicht (mehr) haushaltszugehörig

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung der Familienbeihilfe und des Kinderabsetzbetrages für Kind, geb. xx.xx.2005, für die Monate April 2022 bis August 2022, SV-Nr. --, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Kindesvater, Herr ***1***, beantragte am die Zuerkennung der Familienbeihilfe für seinen Sohn Kind ab , da dieser in seinem Haushalt lebe.

Lt. Abfrage im ZMR ist der Sohn ab mit Hauptwohnsitz nicht mehr bei seiner Mutter, der Beschwerdeführerin (Bf.), gemeldet, sondern an der Adresse seines Vaters.

Das Finanzamt forderte daraufhin von der Bf. mit Bescheid vom die im Zeitraum von April 2022 bis August 2022 ausgezahlte Familienbeihilfe und die entsprechenden Kinderabsetzbeträge zurück, insgesamt in der Höhe von 1.179,50 €, da das Kind nicht im Haushalt der Kindesmutter lebe.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde vom legte die Beschwerdeführerin eine Bestätigung ihres Sohnes vor, dass seine Mutter die Familienbeihilfe auf sein Bankkonto überwiesen bzw. ihm bar übergeben habe, und die entsprechenden Bankbestätigungen vor.

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. In der Begründung wurde unter Verweis auf § 2 Abs. 2, § 25 und § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ausgeführt:
"Sachverhalt:
Sie haben für Ihren Sohn
Kind, geboren am xx.xx.2005, Familienbeihilfe bis inklusive August 2022 bezogen. Im Zeitraum ab dem war Ihr Sohn nicht mehr in Ihrem Haushalt wohnhaft. Die Familienbeihilfe für die Monate April - August 2022 wurde daraufhin vom Finanzamt rückgefordert.
Am legten Sie in offener Frist Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom ein. Laut Ihren Angaben wurde die Familienbeihilfe direkt an Ihren Sohn weitergegeben.
Würdigung:
Im vorliegenden Fall ist unbestritten dass Ihr Sohn ab März 2022 im Haushalt des Kindesvaters wohnhaft war. Ein Anspruch auf Familienbeihilfe Ihrerseits liegt ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor.
Zur Rückzahlung zu unrechtbezogener Familienbeihilfe ist die Person verpflichtet, die die Familienbeihilfe bezogen hat. Da die Familienbeihilfe Ihnen als anspruchsberechtigte Person gewährt wurde, muss diese auch von Ihnen rückgefordert werden. Eine private Weitergabe der an Sie ausbezahlten Geldbeträge an Ihren Sohn ändert nichts an der Tatsache, dass Ihnen die Familienbeihilfe zu Unrecht gewährt wurde
."

Daraufhin brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) ohne ergänzende Begründung ein.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit a des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige Kinder.

Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Nach § 2 Abs. 5 erster Satz FLAG 1967 gehört ein Kind zum Haushalt einer Person dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.

Nach § 7 FLAG 1967 wird Familienbeihilfe für ein Kind nur einer Person gewährt.

Gemäß § 10 Abs. 2 zweiter Satz FLAG 1967 erlischt der Familienbeihilfeanspruch mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG 1967 hat, wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs. 5 näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) an. Wie sich aus § 2 Abs. 2 ergibt, knüpft der Anspruch auf Familienbeihilfe primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an. Dabei geht das Gesetz erkennbar auch davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann (; , 2006/13/0120).
Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine rein objektive Rückzahlungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (vgl. etwa ; , 1019/77; , 2006/15/0076; , 2008/15/0323; , 2009/15/0089; , 2008/15/0329; , 2007/13/0120; , 2012/16/0047).

Es kommt nur auf die objektive Rechtswidrigkeit des Bezugs von Familienbeihilfe an (vgl. etwa ; , 98/13/0067), also auf das Fehlen der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug (vgl. ; , 2005/13/0142); (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 12f).

Die Verpflichtung zur Rückerstattung zu Unrecht bezogener Beihilfen ist also von subjektiven Momenten unabhängig und allein an die Voraussetzung des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug geknüpft. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. ).

Bezüglich der Kinderabsetzbeträge ist festzustellen, dass diese gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 dann gewährt werden, wenn der Steuerpflichtige auch Familienbeihilfe bezieht. Der Kinderabsetzbetrag ist somit derart mit der Familienbeihilfe verknüpft, dass ein unrechtmäßiger Bezug der Familienbeihilfe auch den gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlten Kinderabsetzbetrag unrechtmäßig macht. Die Kinderabsetzbeträge waren somit zusammen mit der Familienbeihilfe gemäß § 26 FLAG zurückzufordern.

Lt. der Abfrage im ZMR ist der Sohn ab mit Hauptwohnsitz nicht mehr bei seiner Mutter gemeldet, sondern an der Adresse seines Vaters. Dass der Sohn ab diesem Zeitpunkt im Haushalt des Vaters lebt, wird von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Damit steht fest, dass ab April 2022 der Kindesvater und nicht die Beschwerdeführerin gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Da für die Anspruchsberechtigung der Familienbeihilfe nach dieser Gesetzesbestimmung primär die Haushaltszugehörigkeit des Kindes ausschlaggebend ist, hat die Bf. die Familienbeihilfe im beschwerdeggst. Zeitraum zu Unrecht bezogen.

Auch die Überweisungen bzw. die Barauszahlung der Familienbeihilfe an den Sohn können den Beschwerdestandpunkt nicht stützen, da nach § 2 Abs. 2 FLAG 1967 primär die Person anspruchsberechtigt ist, zu deren Haushalt das Kind gehört, und privatrechtliche Vereinbarungen im FLAG nicht vorgesehen sind.

Der Bezieher der Familienbeihilfe wird in der Mitteilung des Finanzamtes darauf aufmerksam gemacht, dass Änderungen der Verhältnisse, die nach Gewährung der Familienbeihilfe eingetreten sind und die bewirken, dass der Anspruch auf die gewährte Familienbeihilfe erlischt und damit kein Bezug der Familienbeihilfe mehr gegeben ist, umgehend dem Finanzamt bekannt zu geben sind.

Mit diesem Hinweis wird der Bezieher der Familienbeihilfe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihn eine Verpflichtung trifft, Tatsachen oder Änderungen, die Einfluss auf den Anspruch und damit auf die Auszahlung der Familienbeihilfe haben, dem Finanzamt ohne zeitliche Verzögerung mitzuteilen.

Somit ist die Rückforderung der Familienbeihilfe durch das Finanzamt zu Recht erfolgt und es war wie im Spruch zu entscheiden.

Abschließend wird auf die Möglichkeit hingewiesen, beim Finanzamt einen Antrag gemäß § 212 BAO auf Zahlungserleichterung und gemäß § 236 BAO auf Nachsicht einzubringen.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at