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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.01.2024, RV/5100807/2023

Pflichtveranlagung gemäß § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 bei Bezug von Krankengeld.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

A. Aufforderungsschreiben, Einkommensteuerbescheid 2021, Beschwerde

Mit Schreiben vom wurde die Beschwerdeführerin durch das belangte Finanzamt darüber informiert, dass sie zur Abgabe einer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 verpflichtet sei und dieser Verpflichtung bis spätestens durch Übermittlung einer Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung via FinanzOnline nachkommen solle.

Mit Einkommensteuerbescheid vom hat das belangte Finanzamt eine amtswegige Veranlagung der Beschwerdeführerin für das Jahr 2021 durchgeführt. Im Rahmen dieses Bescheides wurde eine Nachzahlung von EUR 835,00 festgesetzt. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

Sie haben uns trotz Erinnerung keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung übermittelt, obwohl Sie dazu gemäß § 42 EStG 1988 verpflichtet sind. Wird der Verpflichtung zur Einreichung einer Steuererklärung nicht nachgekommen, ist das Finanzamt zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO berechtigt. Ihre Veranlagung erfolgte daher auf Basis der uns vorliegenden Informationen (Lohnzettel Ihres Arbeitgebers, Kontrollmitteilungen, automatisch übermittelte Sonderausgaben, etc.).

Mit Schreiben vom hat die Beschwerdeführerin Beschwerde gegen den obig angeführten Einkommensteuerbescheid 2021 erhoben. Im Rahmen dieser Beschwerde wurde die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Erlassung eines neuen Bescheides beantragt. Gleichzeitig erhob die Beschwerdeführerin "Einspruch auf den Antrag auf Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG" und teilte mit, dass dieser Antrag zurückgezogen werde. In diesem Fall gelte der Antrag als nicht abgegeben und es sei somit auch keine Nachzahlung zu leisten.

Weiters führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie sich aufgrund ihrer finanziellen Situation eine Nachzahlung in der geforderten Höhe ohnedies nicht leisten könne.

B. Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

Da Sie im Veranlagungszeitraum Krankengeld gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 bezogen haben, liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung gem. § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 vor. Deshalb ist die Zurückziehung Ihres Antrages nicht möglich.

Mit Schreiben vom hat die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit dem angefochtenen Bescheid für das Kalenderjahr 2021 eine unbegründete Nachforderung festgesetzt worden sei. Zudem wies die Beschwerdeführerin erneut auf ihre finanzielle Situation hin, die eine Entrichtung der Nachzahlung ohnedies unmöglich mache.

C. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.

Im Rahmen eines Schreibens an das Bundesfinanzgericht vom hat die Beschwerdeführerin - als Reaktion auf den Vorlagebericht des belangten Finanzamtes - erneut ausgeführt, dass ihre finanzielle Situation äußerst angespannt sei. Sie bitte daher darum, die aus dem angefochtenen Bescheid resultierende Nachzahlung zu erlassen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin hat im streitgegenständlichen Jahr 2021 neben Einkünften aus einem Dienstverhältnis (***Dienstgeber***; bis ) zusätzlich Krankengelder von der Österreichischen Gesundheitskasse bezogen (siehe die nachfolgende Aufstellung). Sowohl der Dienstgeber als auch die Österreichische Gesundheitskasse haben die gesetzliche Lohnsteuer einbehalten.


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezugszeitraum
Höhe der Krankengelder in EUR
Einbehaltene Lohnsteuer in EUR
bis
399,19
13,86
bis
626,81
11,40
bis
989,70
18,00
bis
527,84
9,60
bis
32,99
0,60
bis
227,46
9,48
bis
32,99
0,60
bis
265,37
11,06
bis
73,66
2,74
bis
32,99
0,60
bis
257,81
9,59
bis
580,64
68,16
bis
1.418,57
25,80
bis
1.022,69
18,60
bis
362,89
6,60
bis
626,81
11,40
bis
1.022,69
18,60
bis
989,70
18,00
bis
362,89
6,60

Ein Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 wurde von der Beschwerdeführerin nicht eingebracht.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen betreffend das Dienstverhältnis der Beschwerdeführerin, den Bezug von Krankengeldern im Jahr 2021, deren Höhe sowie die einbehaltene Lohnsteuer beruhen auf den vom Dienstgeber sowie von der Österreichischen Gesundheitskasse übermittelten Lohnzetteln. Eine Unrichtigkeit dieser Lohnzettel wurde von der Beschwerdeführerin nicht behauptet (siehe dazu das unter Punkt "I." dargestellte Vorbringen der Beschwerdeführerin).

Die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin keinen Antrag auf Veranlagung gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 eingebracht hat, ergibt sich aus dem elektronischen Akteninhalt bzw. den Datenbanken der Finanzverwaltung, in denen kein solcher Antrag ersichtlich ist.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A. Rechtliche Grundlagen

§ 41 EStG 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

(1) Sind im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten, so ist der Steuerpflichtige zu veranlagen, wenn

[…]

3. im Kalenderjahr Bezüge gemäß § 69 Abs. 2, 3, 5, 6, 7, 8 oder 9 zugeflossen sind,

[…]

(2) 1. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht vor, hat das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Veranlagung vorzunehmen, wenn der Antrag innerhalb von fünf Jahren ab dem Ende des Veranlagungszeitraums gestellt wird (Antragsveranlagung). § 39 Abs. 1 dritter Satz ist anzuwenden.

[…]

§ 42 Abs. 1 EStG 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

Der unbeschränkt Steuerpflichtige hat eine Steuererklärung für das abgelaufene Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) abzugeben, wenn

1. er vom Finanzamt dazu aufgefordert wird oder

[…]

§ 69 Abs. 2 EStG 1988 in der für das streitgegenständliche Jahr maßgeblichen Fassung lautet:

Bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c und e, bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und bei Auszahlung von Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG sind 20% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.

B. Erwägungen

Gemäß dem festgestellten Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Jahr 2021 Einkünfte aus einem Dienstverhältnis bezogen, im Zuge dessen vom Dienstgeber Lohnsteuer einbehalten wurde. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zusätzlich, dass die Beschwerdeführerin über weite Teile des streitgegenständlichen Jahres (siehe den festgestellten Sachverhalt für die genauen Zeiträume) Krankengelder von der Österreichischen Gesundheitskasse bezogen hat. Bei derartigen Krankengeldern handelt es sich um steuerpflichtige Bezüge iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c EStG 1988 und somit um solche, die von § 69 Abs. 2 EStG 1988 umfasst sind (Kirchmayr/Schaunig in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG22, § 69, Rz 23).

Daraus ergibt sich aber auch, dass der Pflichtveranlagungstatbestand des § 41 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 auf Ebene der Beschwerdeführerin im Jahr 2021 erfüllt war. Dies deshalb, da im Einkommen der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Jahr lohnsteuerpflichtige Einkünfte, nämlich jene aus ihrem Dienstverhältnis, enthalten waren und ihr zusätzlich Bezüge gemäß § 69 Abs. 2 EStG 1988 zugeflossen sind hat. Ob die Beschwerdeführerin einen diesbezüglichen Antrag gemäß § 41 Abs. 2 EStG 1988 gestellt hat - der gemäß der obig zitierten Gesetzesstelle ohnedies nur dann zur Geltung kommen würde, wenn gerade kein Pflichtveranlagungstatbestand gemäß § 41 Abs. 1 EStG 1988 vorliegt - ist unerheblich bzw. wurde ein solcher Antrag gemäß dem festgestellten Sachverhalt ohnedies nicht gestellt. Somit vermag auch das Vorbringen, dass der Antrag auf Veranlagung zurückgezogen wird, der Beschwerdeführerin nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Die Beschwerde war somit abzuweisen.

Lediglich der Vollständigkeit halber und aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin betreffend ihre finanzielle Situation wird darauf hingewiesen, dass ein etwaiger Antrag auf Nachsicht beim für die Beschwerdeführerin zuständigen Finanzamt einzubringen wäre.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen). Da dies im gegenständlichen Fall erfüllt ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.5100807.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at